TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/26 W157 2118404-1

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Veröffentlicht am 26.03.2019
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Entscheidungsdatum

26.03.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
E-ControlG §7 Abs1
ElWOG §48
ElWOG §51 Abs2
ElWOG §59
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W157 2118404-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Margret KRONEGGER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Schneider`s Rechtsanwalts-KG in 1010 Wien, Ebendorferstraße 10/6b, gegen den Bescheid des Vorstandes der Energie Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control) vom 28.09.2015, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.02.2019, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss vom 26.01.2015 leitete der Vorstand der E-Control (im Folgenden: belangte Behörde) ein Verfahren zur Feststellung der Kosten, der Zielvorgaben sowie des Mengengerüsts gem. § 48 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) betreffend die nunmehrige beschwerdeführende Partei ein. Nach Durchführung des behördlichen Verfahrens sprach die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.09.2015, XXXX (im Folgenden: Kostenbescheid 2016), aus wie folgt:

"1. Der Kostenanpassungsfaktor wird mit 3,191 % festgestellt.

2. Die Kosten für das Systemnutzungsentgelt gemäß § 51 Abs. 2 ElWOG 2010 für das Jahr 2016 werden wie folgt festgestellt (in TEUR):

Bild kann nicht dargestellt werden

3. (...)

4. (...)

5. (...)

6. (...)"

Begründend führte die belangte Behörde hinsichtlich der in Folge durch die vorliegende Beschwerde angefochtenen Beschwerdepunkte (Kostenanpassungsfaktor, Kostenbasis) auf das Wesentliche zusammengefasst aus wie folgt:

Die belangte Behörde gebe zu Beginn der Regulierungsperiode den Unternehmen, um deren Effizienz zu steigern, ausgehend von einer geprüften Kostenbasis einen Kosten- und Erlöspfad zur Erreichung eines Zielwertes am Ende der Regulierungsperiode vor. Dieser Pfad orientiere sich am Effizienzniveau des individuellen Unternehmens, d. h., jedes Unternehmen folge seinem individuellen Erlös- bzw. Kostenpfad. Der Kostenanpassungsfaktor drücke die aus den Zielvorgaben resultierenden Effizienzabschläge aus und setze sich aus einem generellen und einem individuellen Produktivitätsfaktor zusammen. Zur Festlegung des individuellen Produktivitätsfaktors würden mittels Benchmarking-Verfahren die Kosten des Unternehmens den entsprechenden Kostentreibern gegenübergestellt und Zielvorgaben zur Effizienzsteigerung vorgegeben. Für die seit 01.01.2014 laufende Regulierungsperiode sei im Verfahren zu XXXX auf Basis eines Benchmarking-Verfahrens für jedes Unternehmen ein individuelles Effizienzniveau sowie ein neuer Kostenanpassungsfaktor für die dritte Regulierungsperiode ermittelt worden. Details hinsichtlich der Ausgestaltung für die dritte Regulierungsperiode seien in einem dem Bescheid beiliegenden Grundsatzdokument für die dritte Regulierungsperiode ("Regulierungssystematik für die dritte Regulierungsperiode Stromnetzbetreiber 1. Jänner 2014 - 31. Dezember 2018", im Folgenden: Regulierungssystematik) dargestellt. Generell würden somit auch Ermittlungsergebnisse aus Vorverfahren herangezogen.

Die Kostenbasis für die Systemnutzungsentgelte 2016 werde schrittweise, basierend auf der im Bescheid zu XXXX dargestellten Methodik der Kostenermittlung und Rewgulierungssystematik für die dritte Regulierungsperiode ermittelt. In einem ersten Schritt würden die im Verfahren XXXX für das Entgeltjahr 2015 festgestellten beeinflussbaren Kosten entsprechend dem vordefinierten Regulierungspfad auf das Entgeltjahr 2016 übergeleitet. Anschließend werde eine Kostenprüfung für jene Parameter durchgeführt, welche anhand der Regulierungssystematik jährlich neu zu bestimmen seien. Die Prüfung der Kosten im Verfahren für den angefochtenen Bescheid basiere auf dem Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2014, den Angaben aus dem Erhebungsbogen 2014 sowie den Angaben aufgrund weiterer Anforderungslisten und dem sonstigen Vorbringen des Unternehmens. Die Daten des Geschäftsjahres 2014 seien darüber hinaus auch in Hinblick auf die Entwicklungen in den vorangegangenen Jahren plausibilisiert und gegebenenfalls normalisiert worden, um eine reine Stichtagsbetrachtung zu vermeiden bzw. um außerordentliche Effekte zu berücksichtigen. In einem weiteren Schritt würden die Positionen der übergeleiteten Kostenbasis hinzugerechnet bzw. davon abgezogen. Schließlich würden die Auflösung der Baukostenzuschüsse, die Messerlöse und die sonstigen Entgelte berücksichtigt. Ergebnis der Kostenermittlung sei die Kostenbasis für die Netznutzungsentgelte 2016.

2. Mit Schriftsatz vom 27.10.2015 erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht.

Die Beschwerde rügt insbesondere die von der belangten Behörde angewendete Gutachtensmethode und fordert für das Benchmarkingverfahren zur Festsetzung des individuellen Produktivitätsfaktors eine differenzierte (zweistufige) Ausreißeranalyse.

Ein für die beschwerdeführende Partei von der XXXX erstattetes Gutachten vom 05.02.2014 ("Zur Ausreißeranalyse im regulatorischen Benchmarking für die dritte Regulierungsperiode der österreichischen Stromverteilnetzbetreiber und deren Auswirkung auf den Effizienzwert der XXXX ") wurde der vorliegenden Beschwerde als integrierender Bestandteil beigeschlossen.

Beantragt werden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Abänderung von Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides insofern, als der Kostenanpassungsfaktor mit einem Wert, der jedenfalls weniger als 2,3 % beträgt, festgestellt werde sowie die neue Festlegung der in Spruchpunkt 2. des Bescheides festgestellten Summe Netzkosten 2016 unter Berücksichtigung des neu festgestellten Kostenanpassungsfaktors. In eventu wird Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides beantragt.

3. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 10.12.2015 vor. Das Bundesverwaltungsgericht machte mit Schreiben vom 10.02.2016 Beschwerdemitteilung an die Verfahrensparteien. Am 15.03.2016 beantragte die belangte Behörde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie die Abweisung der Beschwerde und regte die Verbindung bestimmter beim Bundesverwaltungsgericht anhängiger Beschwerdeverfahren an. Mit Schreiben vom 14.03.2016 nahm die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) Stellung zur verfahrensgegenständlichen Beschwerde: Sie unterstütze im Wesentlichen das Vorgehen der belangten Behörde.

4. In Einem mit den Ladungen zur mündlichen Verhandlung übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die Schriftsätze der belangten Behörde und der WKÖ sowie das Gutachten "Ausreißeranalysen im Rahmen der Kostenfeststellung für Stromnetzbetreiber" von DI Dr. Clemens Wagner-Bruschek vom 20.12.2017 an die Verfahrensparteien.

5. Am 15.02.2019 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung betreffend die gegenständliche Beschwerden vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Es nahmen Vertreter aller Parteien an der Verhandlung teil. Für die beschwerdeführende Partei war auch ein Mitarbeiter der XXXX als Privatgutachter anwesend. Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung zog das Bundesverwaltungsgericht DI Dr. Clemens Wagner-Bruschek als Amtssachverständigen dem Beschwerdeverfahren bei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die im angefochtenen Bescheid verwendete Effizienzvergleichsmethode (Benchmarkingmodell) zur Festlegung des Kostenanpassungsfaktors basiert auf der Regulierungssystematik und wird für alle Stromverteilernetzbetreiber Österreichs, welche eine Abgabemenge von über 50 GWh im Jahr 2008 verzeichnen konnten, verwendet. Dies trifft auf die beschwerdeführende Partei zu (vgl. S. 9 und 138f der Regulierungssystematik).

1.2. Die Regulierungssystematik, welche als Beilage zum angefochten Bescheid Teil der Bescheidbegründung ist, stellt eine einheitliche Vorgehensweise der belangten Behörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidungen gegenüber den betroffenen Unternehmen sicher. Die belangte Behörde hat sich - zum Zweck der Erstellung der Regulierungssystematik - mit der Auswahl des Benchmarkingmodells und der Methode zur Ausreißeranalyse mit Branchenvertretern aus der Elektrizitätswirtschaft und deren Experten im Rahmen eines transparenten Konsultationsprozesses eingehend auseinandergesetzt (vgl. S. 4 und 66ff der Regulierungssystematik). Teil der Datenanalyse im Zuge der Erstellung der Regulierungssystematik war die Überprüfung der Ausgangsdaten, also der in das Benchmarking einbezogenen Unternehmen, im Hinblick auf deren Homogenität bzw. Heterogenität (vgl. S 4ff, 31ff der Regulierungssystematik). In diesen Konsultationsprozess waren neben XXXX und der XXXX auch alle betroffenen Unternehmen eingebunden (vgl. S. 4 und 66ff der Regulierungssystematik).

1.3. Dem mit den Ladungen zur gegenständlichen Beschwerdeverhandlung in anonymisierter Form versendeten und damit auch in dieses Verfahren als Beweismittel eingeführten Gutachten des Amtssachverständigen vom 20.12.2017 lagen folgende hiergerichtliche Fragen zu Grunde:

"Frage 1: Was ist der Zweck der sogenannten "Ausreißeranalyse" im Zusammenhang mit der Feststellung der Kosten von Stromnetzbetreibern?

Frage 2: Stellen Sie einerseits die von der E-Control verwendete Methode der "Ausreißeranalyse" und andererseits die von der beschwerdeführenden Gesellschaft unter Bezugnahme auf die gutachterlichen Ausführungen der XXXX geforderte Methode dar. Was sind die entscheidenden Unterschiede?

Frage 3: Entsprach die von der E-Control angewendete Methode der "Ausreißeranalyse" einerseits und die von der beschwerdeführenden Gesellschaft geforderte Methode andererseits dem bei Bescheiderlassung aktuellen Stand der Wissenschaft?

Frage 4: Kann die Einbeziehung einer größeren Zahl neuer Unternehmen (von geringer Größe) in das Benchmarking-Verfahren dazu führen, dass es zu erheblichen Verschiebungen in den Benchmarking-Grenzen kommt? Birgt die Einbeziehung zusätzlicher (v.a. kleinerer) Unternehmen die Gefahr der Verfälschung von Benchmarking-Ergebnissen, weil bei diesen (relativ kleinen) Unternehmen spezifische Strukturen bestehen können?

Frage 5: Setzen Sie sich mit der Einschätzung im vorgelegten XXXX (z.B. zu [Name eines Unternehmens]) auseinander, dass das von der belangten Behörde beim für die dritte Regulierungsperiode durchgeführten Benchmarking zur Ausreißeranalyse angewendete Verfahren nicht dem Stand der Wissenschaft entspricht, da es wesentliche Grundprinzipien einer angemessenen Ausreißeranalyse missachtet."

1.4. Die von der belangten Behörde auf Basis der Regulierungssystematik verwendete Methode zur Ausreißeranalyse "Cook's Distance" entspricht dem Stand der Wissenschaft (vgl. S. 20f des Gutachtens des Amtssachverständigen).

1.5. Die von der beschwerdeführenden Partei auf Basis des Gutachtens der XXXX geforderte Verwendung einer "differenzierte[n] Ausreißeranalyse" entspricht nicht dem Stand der Wissenschaft (vgl. S. 22 des Gutachtens des Amtssachverständigen).

1.6. Vor diesem Hintergrund sieht das Bundesverwaltungsgericht den von der belangten Behörde für die beschwerdeführende Partei ermittelten gewichteten Effizienzwert als bestätigt an.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf dem Verwaltungsakt, der Regulierungssystematik, den schriftlichen Äußerungen und Stellungnahmen der Verfahrensparteien im Beschwerdeverfahren und ihrem mündlichen Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.02.2019 sowie dem Gutachten des Amtssachverständigen vom 20.12.2017 und seinen Erläuterungen dazu in der Beschwerdeverhandlung (teilweise wurde in den Feststellungen auf das konkret herangezogene Beweismittel bereits hingewiesen).

Für die Feststellungen zur Kostenermittlung und zu den Zielvorgaben hat das Bundesverwaltungsgericht insbesondere das Gutachten des Amtssachverständigen vom 20.12.2017 als Beweismittel herangezogen. Dieses Gutachten setzt sich mit der von der beschwerdeführenden Partei geforderten Methode des Benchmarking anhand einer differenzierten Ausreißeranalyse sowie mit der von der Behörde angewendeten Methode wissenschaftlich fundiert auseinander und ist in sich schlüssig, nachvollziehbar und im Ergebnis überzeugend. Die Erläuterungen des Amtssachverständigen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht waren ebenso überzeugend, da er alle an ihn gerichteten Fragen ohne zu zögern, mit erkennbarer Sachkunde und klar strukturiert beantwortete. Hingegen gelang es der beschwerdeführenden Partei weder, das erkennende Gericht von der geforderten Methode (differenzierte Ausreißeranalyse) zu überzeugen, noch das als Beweismittel eingeführte Gutachten des Amtssachverständigen zu erschüttern. Vonseiten der beschwerdeführenden Partei wurden zumeist eher allgemein gehaltene Angaben gemacht und wurde dem Gutachten des Amtssachverständigen nicht unter Angabe von konkreten inhaltlichen Punkten im Gutachten entgegengetreten. Insbesondere zum Vorwurf, der von belangten Behörde im Rahmen des Benchmarkings verwendete Schwellenwert sei nicht objektiv, blieb die beschwerdeführende Partei - bzw. die von ihr in die Beschwerdeverhandlung mitgebrachte Auskunftsperson (Privatgutachter) - konkrete Ausführungen schuldig.

Zur Feststellung, dass die Überprüfung der Ausgangsdaten, also der in das Benchmarking einbezogenen Unternehmen, im Hinblick auf deren Homogenität bzw. Heterogenität Teil der Datenanalyse im Zuge der Erstellung der Regulierungssystematik war, ist beweiswürdigend Folgendes festzuhalten: Die belangte Behörde hat sich - wie die diesbezüglichen Ausführungen in der Regulierungssystematik (vgl. S. 4ff und insbesondere S. 31ff) zeigen - mit der Frage, ob die Unternehmen vergleichbar sind, im Rahmen des Konsultationsprozesses befasst. Die Überprüfung für das Anwenden mathematisch-statistischer Methoden insbesondere auch in Hinblick auf Homogenität oder Heterogenität der Ausgangsdaten ist Teil der erfolgten Datenanalyse.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. § 48 ElWOG 2010 lautet:

"Feststellung der Kostenbasis

§ 48. (1) Die Regulierungsbehörde hat die Kosten, die Zielvorgaben und das Mengengerüst von Netzbetreibern mit einer jährlichen Abgabemenge an Entnehmer von mehr als 50 GWh im Kalenderjahr 2008 von Amts wegen periodisch mit Bescheid festzustellen. Die Kosten und das Mengengerüst der übrigen Netzbetreiber können von Amts wegen mit Bescheid festgestellt werden.

(2) Der Wirtschaftskammer Österreich, der Landwirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund ist vor Abschluss des Ermittlungsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Regulierungsbehörde hat deren Vertretern Auskünfte zu geben und Einsicht in den Verfahrensakt zu gewähren. Wirtschaftlich sensible Informationen, von denen die Vertreter bei der Ausübung ihrer Einsichtsrechte Kenntnis erlangen, sind vertraulich zu behandeln. Die Wirtschaftskammer Österreich sowie die Bundesarbeitskammer können gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde gemäß Abs. 1 wegen Verletzung der in § 59 bis § 61 geregelten Vorgaben Beschwerde gemäß § 9 Abs. 2 E-Control-Gesetz sowie in weiterer Folge an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 B-VG erheben."

"Kostenermittlung

§ 59. (1) Die den Entgelten zugrunde liegenden Kosten haben dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen und sind differenziert nach Netzebenen zu ermitteln. Dem Grunde und der Höhe nach angemessene Kosten sind zu berücksichtigen. Der Netzsicherheit, der Versorgungssicherheit unter Berücksichtigung von Qualitätskriterien, der Marktintegration sowie der Energieeffizienz ist Rechnung zu tragen. Die Bestimmung der Kosten unter Zugrundelegung einer Durchschnittsbetrachtung, die von einem rationell geführten, vergleichbaren Unternehmen ausgeht, ist zulässig. Investitionen sind in angemessener Weise ausgehend von den ursprünglichen Anschaffungskosten sowie den Finanzierungskosten zu berücksichtigen. Außerordentliche Aufwendungen oder Erträge können über einen mehrjährigen Zeitraum anteilig verteilt werden. Die bei einer effizienten Implementierung neuer Technologien entstehenden Kosten sind in den Entgelten unter Berücksichtigung der beschriebenen Grundsätze und der Nutzung von Synergieeffekten angemessen zu berücksichtigen. Internationale Transaktionen und Verträge für den Transport von Energie gemäß § 113 Abs. 1 sind bei der Kostenermittlung zu berücksichtigen.

(2) Für die Ermittlung der Kosten sind Zielvorgaben zugrunde zu legen, die sich am Einsparungspotential der Unternehmen orientieren. Dabei sind die festgestellten Kosten sowohl um generelle Zielvorgaben, die sich an Produktivitätsentwicklungen orientieren, als auch um die netzbetreiberspezifische Teuerungsrate anzupassen. Individuelle Zielvorgaben können aufgrund der Effizienz der Netzbetreiber berücksichtigt werden. Die dabei anzuwendenden Methoden haben dem Stand der Wissenschaft zu entsprechen. Bei der Ermittlung der individuellen Zielvorgaben können neben einer Gesamtunternehmensbetrachtung bei sachlicher Vergleichbarkeit auch einzelne Teilprozesse herangezogen werden. Dabei ist sicher zu stellen, dass für die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber Anreize bestehen, die Effizienz zu steigern und notwendige Investitionen angemessen durchführen zu können.

(3) Der Zeitraum zur Realisierung der Zielvorgaben (Zielerreichungszeitraum) kann durch die Regulierungsbehörde im jeweiligen Kostenbescheid in ein- oder mehrjährige Regulierungsperioden unterteilt werden. Zum Ende einer Regulierungsperiode können die unternehmensindividuellen Effizienzfortschritte einer Evaluierung unterzogen werden. Nach einer Regulierungsperiode kann neuerlich ein Effizienzvergleich oder ein alternatives dem Stand der Wissenschaft entsprechendes Regulierungssystem zur Ermittlung der Netznutzungsentgelte umgesetzt werden.

(4) Beeinflusst das vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen die Kosten des Netzbetreibers durch Verrechnungen, muss der Netzbetreiber diese Kosten ausreichend belegen. Auf Verlangen der Regulierungsbehörde hat das vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen die Kalkulationsgrundlage für die Verrechnungen vorzulegen.

(5) Zur Abdeckung der netzbetreiberspezifischen Teuerungsrate ist ein Netzbetreiberpreisindex zu berücksichtigen. Dieser setzt sich aus veröffentlichten Teilindices zusammen, die die durchschnittliche Kostenstruktur der Netzbetreiber repräsentieren.

(6) Zielvorgaben gemäß Abs. 2 sowie die netzbetreiberspezifische Teuerungsrate gemäß Abs. 5 wirken ausschließlich auf die vom Unternehmen beeinflussbaren Kosten. Nicht beeinflussbare Kosten sind insbesondere Kosten:

1. die mit der Umsetzung von Maßnahmen entstehen, die auf Grund von Netzentwicklungsplänen von der Regulierungsbehörde genehmigt worden sind;

2. für die Nutzung funktional verbundener Netze im Inland;

3. zur Deckung von Netzverlusten auf Basis transparenter und diskriminierungsfreier Beschaffung;

4. für die Bereitstellung von Primär- und Sekundärregelung auf Basis transparenter und diskriminierungsfreier Beschaffung;

5. für Landesabgaben zur Nutzung öffentlichen Grundes (Gebrauchsabgabe);

6. aufgrund gesetzlicher Vorschriften im Zuge von Ausgliederungen, welche dem Grunde nach zum Zeitpunkt der Vollliberalisierung des Elektrizitätsmarktes mit 1. Oktober 2001 bestanden haben. Die näheren Kostenarten sind spätestens nach Ablauf von 3 Monaten ab Inkrafttreten dieses Gesetzes durch eine Verordnung der Regulierungskommission festzulegen.

(7) Die Kosten für die Bestimmung der Netzverlust- und Netznutzungsentgelte sind bezogen auf die jeweiligen Netzebenen auf Basis der festgestellten Gesamtkosten abzüglich vereinnahmter Messentgelte, Entgelte für sonstige Leistungen sowie der anteiligen Auflösung von passivierten Netzbereitstellungs- und Netzzutrittsentgelten sowie unter angemessener Berücksichtigung etwaiger Erlöse aus grenzüberschreitenden Transporten zu ermitteln. Die festgestellten Gesamtkosten sind um vereinnahmte Förderungen und Beihilfen zu reduzieren.

(8) Sofern die angewandte Regulierungssystematik für ein- oder mehrjährige Regulierungsperioden gemäß Abs. 1 bis Abs. 6 einen Zeitverzug in der Abgeltung durch die Systemnutzungsentgelte bewirkt, können entsprechende Differenzbeträge im Rahmen des Jahresabschlusses aktiviert werden bzw. sind diese im Rahmen des Jahresabschlusses als Rückstellung zu passivieren. Die Bewertung der Posten richtet sich nach den geltenden Rechnungslegungsvorschriften."

3.2. Zu Spruchpunkt A) - Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 48 ElWOG 2010 hat die Regulierungsbehörde die Kosten, die Zielvorgaben und das Mengengerüst von Netzanbietern mit einer jährlichen Abgabemenge an Entnehmer von mehr als 50 GWh im Kalenderjahr 2008 mit Bescheid festzustellen, wobei die Kosten gemäß § 59 Abs. 1 ElWOG 2010 dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen haben und differenziert nach Netzebenen zu ermitteln sind. Die dem Grunde und der Höhe nach angemessenen Kosten sind zu berücksichtigen, wobei als Ausgangspunkt geprüfte Jahresabschlüsse heranzuziehen sind. Es sind nur jene Kosten über Netzentgelte zu verrechnen, die ursächlich mit der Netztätigkeit verbunden sind; dadurch wird dem Grundsatz der Kostenwahrheit entsprochen. Im Rahmen der Kostenermittlung kann die Regulierungsbehörde durch allgemeine Angemessenheitsüberlegungen von den im Jahresbericht des Unternehmens dargelegten Kosten abgehen (vgl. die Erläuterungen zur RV, 994 BlgNR, XXIV. GP, 19 f). Gemäß § 59 Abs. 2 ElWOG 2010 sind für die Ermittlung der Kosten Zielvorgaben zugrunde zu legen, die sich am Einsparungspotential der Unternehmen orientieren. Dabei sind die festgestellten Kosten sowohl um generelle Zielvorgaben, die sich an Produktivitätsentwicklungen orientieren, als auch um die netzbetreiberspezifische Teuerungsrate anzupassen. Für die im vorliegenden Zusammenhang aufgeworfene Frage ist die weitere gesetzliche Anordnung entscheidend, dass individuelle Zielvorgaben aufgrund der Effizienz der Netzbetreiber berücksichtigt werden können. Die dabei anzuwendenden Methoden haben dem Stand der Wissenschaft zu entsprechen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 18.11.2014, ZI. 2012/05/0092, ausgesprochen: "Der Behörde ist somit ein weiter Ermessensspielraum in Bezug auf die Festsetzung der Kosten eingeräumt (K. Oberndorfer, Das neue Systemnutzungsentgelte-Regime nach dem ElWOG 2010, ZTR 2011, 4), weshalb die von der Behörde getroffene Ermessensentscheidung in einer Weise zu begründen ist, die es dem Verwaltungsgerichtshof ermöglicht zu prüfen, ob die Behörde das Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat."

Wenn nun die Beschwerde die Feststellung des Kostenanpassungsfaktors auf Basis einer "differenzierte[n] Ausreißeranalyse" fordert, so ist dem zu entgegnen:

In der Regulierungssystematik, die die belangte Behörde allen betroffenen Unternehmen gegenüber als Richtschnur für ihre Ermessensausübung heranzieht und die den angefochtenen Bescheiden als Teil der Bescheidbegründung beiliegt, ist auf S. 66ff nach einer Erklärung der Ziele und Verfahren zur Klassifizierung von Ausreißern und nach einer Auseinandersetzung mit den von der XXXX vorgebrachten und in den vorliegenden Beschwerden wiederholten Argumenten ausgeführt, warum sich die belangte Behörde - nach eingehender Konsultation mit Branchenvertretern und Experten - für eine bestimmte Kombination von Benchmarkingmodellen und die Ausreißeranalyse anhand der Methode "Cook's Distance" mit vordefinierten Schwellenwerten entschieden hat: Insbesondere seien für das Benchmarking neben der Sachgerechtigkeit des Analyseverfahrens auch Objektivität und Transparenz wesentliche Elemente; es sei daher konsequent, wenn von Seiten der belangten Behörde ex ante determinierte Methoden zur Ausreißeridentifikation auf Basis vordefinierter Schwellenwerte zur Anwendung gebracht werden.

Bereits in der Regulierungssystematik, die den angefochtenen Bescheiden beiliegt und Teil der Bescheidbegründung ist, hat die belangte Behörde also nachvollziehbar begründet, warum sie sich für eine bestimmte Vorgehensweise entschieden hat, mit der sie ihr Ermessen ausübt. Das Bundesverwaltungsgericht hat darüber hinaus jedoch die behördliche Vorgehensweise betreffend den Effizienzvergleich hinsichtlich der Methode zur Ausreißeranalyse "Cook's Distance" durch konkrete Fragestellungen an einen Amtssachverständigen einer Prüfung unterzogen, welche ergeben hat, dass die von der belangten Behörde gewählte Methode dem Stand der Technik entspricht. Für das Bundesverwaltungsgericht besteht daher kein Zweifel, dass die belangte Behörde das Ermessen betreffend die Berücksichtigung individueller Zielvorgaben im Sinne des - in diesem Fall allein verbindlichen - § 59 Abs. 2 ElWOG 2010 geübt hat. Es ist der beschwerdeführenden Partei nicht gelungen, ein willkürliches bzw. den Ermessensspielraum überschreitendes Verhalten der belangten Behörde aufzuzeigen. Das Gutachten des Amtssachverständigen hat mit der klaren Aussage betreffend den Stand der Technik für das Bundesverwaltungsgericht zweifelsfrei ergeben, dass das von der belangten Behörde gewählte Vorgehen § 59 Abs. 2 ElWOG 2010 nicht widerspricht.

Was das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerdeverhandlung vom 15.02.2019 hinsichtlich der Homogenität der in das Benchmarking einbezogenen Unternehmen betrifft, ist das Bundesverwaltungsgericht zur Überzeugung gelangt, dass die belangte Behörde sich damit im Rahmen des Konsultationsprozesses für die Regulierungssystematik umfassend auseinandergesetzt hat, da die Überprüfung für das Anwenden mathematisch-statistischer Methoden insbesondere auch in Hinblick auf Homogenität oder Heterogenität der Ausgangsdaten als Teil der erfolgten Datenanalyse zu sehen ist (vgl. dazu die Beweiswürdigung in Pkt. II.2.). Das Bundesverwaltungsgericht hält fest, dass der belangten Behörde auch in diesem Zusammenhang jedenfalls keine § 59 Abs. 2 ElWOG 2010 verletzende Ermessensüberschreitung vorzuwerfen ist, weil sie ihr Vorgehen in der Regulierungssystematik, welche einen Teil der Bescheidbegründung darstellt, nachvollziehbar begründet hat.

Aus den genannten Gründen war die Beschwerde abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (zB VwGH 28.05.2014, Zl Ro 2014/07/0053).

Zu den im Zusammenhang mit der Ermittlung der relativen Effizienz des Unternehmens der beschwerdeführenden Partei im Rahmen eines "Benchmarking"-Prozesses und insbesondere der Ausreißeranalyse aufgeworfenen Fragen ist festzuhalten, dass die Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise der belangten Behörde anhand der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Ermessensspielraum gemäß § 59 ElWOG (VwGH 18.11.2014, 2012/05/0092) bestätigt werden konnte. Die verfahrensrechtliche Vorgangsweise des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf die Bestellung eines Amtssachverständigen ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vorgezeichnet (vgl etwa VwGH 06.07.2016, Ro 2016/08/0012; 28.03.2017, Ro 2016/09/0009). Es liegen somit keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung vor.

Schlagworte

Amtssachverständiger, Berechnung, Ermessen, Ermessensausübung,
Feststellungsbescheid, Feststellungsverfahren, Gleichbehandlung,
Gutachten, Kostenbestimmungsbescheid, mündliche Verhandlung,
Nachvollziehbarkeit, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W157.2118404.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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