Entscheidungsdatum
03.04.2019Norm
AlVG §1 Abs1 litaSpruch
L511 2005426-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , SVNR XXXX , gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 17.07.2012, Beitragskontonummer: XXXX , zu Recht erkannt (mitbeteiligte Partei XXXX ):
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt
1. Verfahren vor der Gebietskrankenkasse
1.1. Gegenständliches Verfahren wurde durch Anzeige der Finanzpolizei an die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse [OÖGKK] vom 11.10.2011, FA-GZ 053/73154/14/2011, eingeleitet, wonach der Finanzpolizei am 24.08.2011 bekannt wurde, dass die mitbeteiligte Partei XXXX [SD] mehrere Bauarbeiter, darunter XXXX [ZB], geb. XXXX 1978, XXXX [FL], geb. XXXX 1954 sowie der Beschwerdeführer XXXX [VB], geb. XXXX 1984 beschäftige, ohne diese zur Sozialversicherung anzumelden.
1.2. Am 24.08.2011 wurden ZB und SD von der Finanzpolizei niederschriftlich einvernommen.
ZB führte aus, dass er zunächst ab März für SD auf einer Baustelle gearbeitet habe und dabei über XXXX [SC] bei der XXXX [GmbH in Liquidation] [S] angemeldet worden sei. Ab Mitte April habe er auf der Baustelle XXXX [R] für SD bei der Rohbauerstellung gearbeitet. Auf dieser Baustelle seien im Normalfall vier Leute, manchmal bis zu 8 Personen tätig gewesen. Er sei bis ca. Mitte Mai [Anmerkung:
tatsächlich bis 06.05.2011] bei der S versichert gewesen. Danach sei ihm von SC und SD mitgeteilt worden, dass er bei der Firma XXXX [SK] angemeldet werde, wobei der Konkurs dieser Firma kein Problem für ihn sein werde. Parallel dazu habe SC ihm, dem Beschwerdeführer und FL ab Mitte April eine Arbeit auf einer Baustelle in Linz vermittelt für die alle drei bei der Einzelfirma SK angemeldet worden seien. Werkzeuge und Material für die jeweiligen Baustellen habe er von SD und / oder SC erhalten, welche auch jeweils das Geld bar in Teilbeträgen ausgezahlt haben. Am 04.07.2011 habe er im Zuge eines Krankenhausaufenthaltes erfahren, dass für ihn keine Sozialversicherung vorliege.
SD führte aus, dass er die Baustelle R als Ausführender übernommen habe. R habe den Großteil des Materials selber besorgt und ihm für Kleinmaterial und Arbeitsleistung pauschal EUR 39.000 übergeben. Er habe mit fünf Personen auf dieser Baustelle von Mai bis 24.08.2011 gearbeitet, wobei er die Stundenaufzeichnungen kontrolliert habe. Die fünf Personen seien ZB, VB, FL und zwei weitere Personen, deren voller Name ihm nicht mehr bekannt sei, gewesen. Alle fünf hätten "pfuschen" wollen, weshalb sie auch nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden seien. Das Geld für die Arbeiten sei er allen fünf Personen noch schuldig.
1.3. Mit Bescheid vom 17.07.2012, Beitragskontonummer: XXXX , zugestellt mit 19.07.2012, stellte die OÖGKK fest, dass der Beschwerdeführer auf Grund der Tätigkeit als Bauhilfsarbeiter für SD, im Zeitraum vom 01.05.2011 - 24.08.2011 als Dienstnehmer der Pflichtversicherung in der Vollversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit.a AlVG unterlag.
Begründend wurde ausgeführt, dass SD Bauarbeiten anbiete und durchführe, ohne die von ihm beschäftigen Dienstnehmer, darunter den Beschwerdeführer, zur Sozialversicherung anzumelden. Dies sei durch Vernehmungen von SD und ZB ermittelt worden und deren Aussagen könnten auf Grund der gleichen Sachverhaltslage auch für das Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers herangezogen werden.
1.4. Mit Schreiben vom 16.08.2012 wurde gegen oben bezeichneten Bescheid fristgerecht Einspruch, nunmehr Beschwerde, erhoben.
Das Vorliegen eines Dienstverhältnisses wurde bestritten. Der Beschwerdeführer führte aus, dass er von 18.04.2011 - 20.05.2011 bei SK gearbeitet und sich nach dem Konkurs dieser Firma arbeitslos gemeldet habe. Seiner Ansicht nach sei es daher unmöglich, dass er von 01.05.2011 - 24.08.2011 bei SD tätig gewesen sei. Der Beschwerdeführer ging vom Vorliegen eines Fehlers aus und wies darauf hin, dass er niemals in der Firma SD gearbeitet habe.
1.5. Die OÖGKK übermittelte dem Landeshauptmann von Oberösterreich mit Vorlagebericht vom 17.09.2012 den Verwaltungsakt samt Einspruch.
Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass es zwar richtig sei, dass der Beschwerdeführer von 18.04.2011 - 20.05.2011 bei SK zur Sozialversicherung gemeldet gewesen sei und er ab 21.05.2011 Notstandshilfe bezogen habe, die Aussagen von SD und ZB seien jedoch gleichlautend und frei von groben Widersprüchen und könnten daher auch für den Beschwerdeführer herangezogen werden. SD habe den Beschwerdeführer von sich aus genannt und darüber hinaus dessen Dienstnehmereigenschaft auch anerkannt. Die Anmeldungen bei SK seien nur zum Schein erfolgt, tatsächlich sei immer SD der Dienstgeber gewesen.
2. Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 ging die Zuständigkeit zur Weiterführung dieses oben bezeichneten zum 31.12.2013 beim Landeshauptmann von Oberösterreich anhängig gewesenen Verfahrens gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht [BVwG] über (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1).
2.1. Das BVwG forderte den Beschwerdeführer auf, zu den ihm übermittelten Niederschriften von SD und ZB Stellung zu nehmen; dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach (OZ 2-4). Die GKK übermittelte über Ersuchen des BVwG Auszüge aus dem Datensystem der Sozialversicherungsträger (OZ 6) und legte in der Verhandlung weitere vor (OZ 7/A).
Aus den Auszügen aus dem SV-Datensystem (OZ 6, 7/A) ergibt sich, dass sich diese mit den Aussagen von ZB weitgehend decken. Darüber hinaus ergibt sich daraus auch, dass der Beschwerdeführer nie bei der S angemeldet gewesen war, bei SK 1 Woche länger als die anderen Bauarbeiter angemeldet war, und sich von 06.05.2011 bis 20.05.2011 auf Grund einer Verletzung im Krankenstand befand.
2.2. Am 03.04.2019 führte das BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der die OÖGKK teilnahm, der er Beschwerdeführer jedoch unentschuldigt fernblieb (OZ 7).
II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. entscheidungswesentliche Feststellungen
1.1. Der Beschwerdeführer hat von 01.05.2011 bis 24.08.2011 gemeinsam mit weiteren Personen für XXXX auf der Baustelle von XXXX [R] gearbeitet.
1.2. Familie R hatte mit SD einen Vertrag über die Errichtung eines Rohbaus abgeschlossen. Der Großteil des Materials wurde von R besorgt. SD hat von R für Kleinmaterial und Arbeitsleistung pauschal EUR 39.000 erhalten. Er hat in weiterer Folge das Kleinmaterial besorgt, das erforderliche Werkzeug zur Verfügung gestellt und die erforderliche Anzahl an Arbeitern für die Baustelle, darunter ZB, FL und der Beschwerdeführer, angeworben. Er kontrollierte sowohl die Arbeit, als auch die Stundenaufzeichnungen der Bauarbeiter und entlohnte die Bauarbeiter anhand dieser Stundenaufzeichnungen mit EUR 16,00 je Stunde.
2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung
2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen, sowie durch die mündliche Verhandlung vom 03.04.2019 [VHS] (OZ 7). Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG folgende Unterlagen herangezogen:
* Anzeige vom 11.10.2011 [A]
* Niederschriften der Einvernahmen von ZB und SD [EV]
* Vertrag zwischen Familie R und SD
* Beschwerde [Bsw]
* Bescheid [B] und Vorlagebericht [V]
* Verhandlungsschrift vom 03.04.2019 [VHS]
* Auszüge aus dem SV-Datensystem (OZ 6, 7/A)
2.2. Dass SD die Arbeit auf der Baustelle R koordinierte und kontrollierte und gegenüber Familie R auch als Bauunternehmer auftrat, ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen von SD und ZB vor der Finanzpolizei sowie aus dem Vertrag zwischen SD und Familie R.
2.3. Dass auch der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auf der Baustelle R tätig war, ergibt sich aus den Angaben von SD, welche dieser unmittelbar im August 2011 vor der Finanzpolizei getätigt hatte. Es ist für die erkennende Richterin nicht ersichtlich, warum SD diesbezüglich eine Falschaussage hätte machen sollen, zumal er sich dabei selbst eines Vergehens, nämlich der fehlenden Sozialversicherungsanmeldung, bezichtigte. Der Beschwerdeführer hingegen ist trotz wiederholter Aufforderung zur Stellungnahme, den Aussagen nicht substantiiert entgegengetreten und ist auch zur mündlichen Verhandlung unentschuldigt nicht erschienen, um diesen Aussagen entgegenzutreten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG].
3.1.2. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die OÖGKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).
3.1.3. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.
3.1.4. Verfahrensgegenständlich maßgebliche Rechtsgrundlagen des ASVG
Gemäß § 4 Abs. 1 Z1 ASVG sind aufgrund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet. Gemäß Z14 leg.cit. sind auch die den Dienstnehmern im Sinne des Abs. 4 gleichgestellten Personen in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
§ 35 Abs. 1 ASVG: Als Dienstgeber gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht) geführt wird, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in den Dienst genommen hat, oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgelts verweist.
§1 ALVG§ 1 Abs. 1 lit.a AlVG: Für den Fall der Arbeitslosigkeit sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, versichert (arbeitslosenversichert) soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind."
3.2. Zum Vorliegen eines Dienstverhältnisses
3.2.1. Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
3.2.2. Verfahrensgegenständlich bestritt der Beschwerdeführer zwar das Tätigwerden für SD, das BVwG gelangte jedoch zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer für SD im fraglichen Zeitraum als Bauarbeiter beschäftigt war.
3.2.3. Gegenständlich sind die typisch für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien - persönlich zu erbringende Leistung gegen Entgelt, keine eigenen Betriebsmittel des Beschwerdeführers, örtliche und zeitliche Gebundenheit auf der Baustelle R, Weisungs- und Kontrollunterworfenheit des Beschwerdeführers gegenüber SD - erfüllt. Bei zu beurteilenden einfachen manuellen Tätigkeiten, wozu zweifelsohne auch die vorliegenden Bauhilfstätigkeiten zählen, kann das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit (auch ohne weitwendige Untersuchungen) vorausgesetzt werden, wenn sich wie verfahrensgegenständlich im Verfahren keine gegenläufigen Anhaltspunkte ergeben haben (VwGH 11.05.2016, Ra 2015/08/0143 uHa VwGH 03.11.2015, 2013/08/0153 mwN).
3.2.4. Zusammengefasst ist daher vom Vorliegen eines entgeltlichen Dienstverhältnissen iSd § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen und die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
III. ad B) Unzulässigkeit der Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Im gegenständlichen Verfahren lag der Schwerpunkt auf der Beweiswürdigung zur Sachverhaltsfeststellung. Die sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebende rechtliche Subsumtion stützt sich auf die umfangreiche jeweils zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 ASVG und weicht bei der Betrachtung des gegenständlichen Einzelfalls von dieser Rechtsprechung auch nicht ab. Es ergaben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.
Schlagworte
Dienstnehmereigenschaft, Dienstverhältnis, PflichtversicherungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2005426.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.06.2019