TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/26 W239 2217177-1

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Veröffentlicht am 26.04.2019
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Entscheidungsdatum

26.04.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W239 2217177-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.04.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, wurde am 22.03.2019 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und es wurde über ihn wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet die Schubhaft verhängt.

Zu seiner Person liegt zu Bulgarien ein EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vom 16.10.2018 vor.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 25.03.2019 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Bulgarien, dem die bulgarische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 27.03.2019 ausdrücklich gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO zustimmte.

Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Beschwerdeführer am 27.03.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 28.03.2019 gab der Beschwerdeführer an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Seine Angehörigen seien in Afghanistan aufhältig; in Österreich oder einem anderen EU-Staat habe er niemanden.

Zur Reiseroute führte der Beschwerdeführer aus, er habe Afghanistan vor etwa einem Jahr, und zwar im Jahr 2018, verlassen und sei über Pakistan und den Iran in die Türkei gelangt, wo er sich vier Monate lang aufgehalten habe. Anschließend sei er eineinhalb Monate in Bulgarien und drei Monate in Serbien gewesen und sei dann über Ungarn nach Österreich gelangt. In Bulgarien und Serbien habe er Kontakt mit der Polizei gehabt und sei erkennungsdienstlich behandelt worden. Er habe in Bulgarien einen Asylantrag gestellt, aber nicht freiwillig. Er sei in einem geschlossenen Lager gewesen und geschlagen worden. In welchem Stadium sich sein Asylverfahren befunden habe, wisse er nicht. Er sei etwa ein Monat und zehn Tage in Bulgarien gewesen und dann nach Serbien weitergereist. Nach Bulgarien wolle er auf keinen Fall zurück, da er dort geschlagen worden sei. Er wolle hier in Österreich bleiben, Dokumente bekommen und dann arbeiten. Österreich sei ein sicheres Land.

Nach Durchführung einer Rechtsberatung und unter Mitwirkung der Rechtsberaterin erfolgte am 04.04.2019 die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er sich psychisch und physisch in der Lage sehe, die gestellten Fragen zu beantworten. Er habe keine Krankheiten. Ab und zu bekommen er Kopfschmerzen und nehme dagegen Tabletten ein. Besondere private oder familiäre Bindungen an Österreich habe er nicht.

Aufgefordert, die Reiseroute vom Herkunftsstaat bis zur Einreise in Österreich chronologisch zu schildern, führte der Beschwerdeführer aus, er habe Afghanistan vor etwa einem Jahr verlassen, sei zwei Tage durch Pakistan gereist, habe zehn bis elf Tage im Iran verbracht und sei dann in die Türkei gekommen, wo er drei bis vier Monate geblieben sei. Anschließend sei er nach Bulgarien gereist und sei dort für etwa eineinhalb Monate inhaftiert gewesen. Danach sei er nach Serbien gereist; dort habe er vier bis fünf Monate verbracht. Er sei weiter nach Ungarn gereist und nach zwei bis drei Nächten nach Österreich gekommen.

In Bulgarien sei der Beschwerdeführer dazu gezwungen worden, einen Asylantrag zu stellen, damit er wieder freigelassen werde. Er sei geschlagen worden und man habe ihm gesagt, dass er hinaus müsse. Zur Frage, wie lange er nach der Asylantragstellung noch in Bulgarien gewesen sei, erklärte der Beschwerdeführer, das wisse er nicht. Zwei bis drei Tage sei er in einem geschlossenen Camp gewesen, dann sei er ausgereist. Über Wiederholung der Frage gab er an, insgesamt sechs Tage; nach der Antragstellung sei er noch zwei Tage in Haft gewesen und dann sei er in ein großes geschlossenes Lager verlegt worden. Dort sei er auch zwei Tage gewesen, dann sei er nach Sofia gereist. In Sofia habe er zwei Tage lang warten müssen, bis er die Gelegenheit zur Weiterreise bekommen habe. Den Stand seines Asylverfahrens in Bulgarien wisse er nicht. Aber es sei so: Man werde für einen Monat nach der Antragstellung freigelassen, dann werde man wieder festgenommen und werde für zwei Jahre gesperrt. Man bekomme dort keine Dokumente, 18 Monate oder zwei Jahre lang, er wisse es nicht ganz genau. Nachgefragt, woher er das alles überhaupt wisse, antwortete der Beschwerdeführer, dass es dort Leute gebe, die das erlebt und ihm erzählt hätten. Auf die Frage, ob er in Bulgarien von der dortigen Asylbehörde einvernommen worden sei, meinte der Beschwerdeführer: "Ich weiß nicht, ich glaube schon." Vorgehalten, wie es sein könne, dass er das nicht wisse, entgegnete er: "Weil wir mit dem Kopf dort sehr beschäftigt waren und wir kannten die Behörden dort nicht. Jeden Tag dort gab es eine Einvernahme und jeden Tag wurden wir geschlagen und jeden Tag wurde uns gesagt, dass wir einen Antrag stellen sollten." Sie hätten sie umsonst geschlagen. Sie hätten sie auch geschlagen, um sie dazu zu bringen, einen Antrag zu stellen. Nachgefragt, was er damit meine, wenn er sage, dass es jeden Tag eine Einvernahme gegeben habe, erklärte der Beschwerdeführer: "Wir waren jeden Tag dort bei der Behörde und fragten die Leute von der Behörde, warum sie uns nicht freilassen möchten. Es war ein iranischer Dolmetscher dort, den wir auch nicht gut verstehen konnten. Sie sagten zu uns, wir müssten einen Antrag stellen, wir haben aber gesagt, dass wir keinen Antrag stellen wollen." Vorgehalten, dass Bulgarien ein sicheres Land sei, und nachgefragt, weshalb er dort nicht gleich einen Asylantrag gestellt habe, wiederholte der Beschwerdeführer: "Wie könnte man in einem Land einen Asylantrag stellen, wenn man für einen Monat frei ist und dann für 18 Monate eingesperrt wird. Sie haben uns geschlagen und dort gibt es auch keine Beschäftigung." Es sei richtig, dass er weitergereist und nach Österreich gekommen sei, weil er gehofft habe, dass die Lage hier für Flüchtlinge besser sei. Hier werde man nicht geschlagen und es werde keine Gewalt angewandt.

Über Nachfrage gab der Beschwerdeführer weiter an, dass er sich in Serbien in Belgrad aufgehalten habe. In Bulgarien sei er in einem versperrten Raum in einem Gefängnis gewesen. Es seien zwei Gebäude gewesen. In einem Gebäude seien sie inhaftiert gewesen und auf der anderen Seite sei das Gebäude der Asylbehörde gewesen. Das Gefängnis heiße XXXX . Zur Frage, weshalb er nach Serbien gereist sei, gab der Beschwerdeführer an, man müsse nach Serbien, damit man dann weiterreisen könne. Beweismittel dafür, dass er überhaupt jemals in Serbien gewesen sei, habe er nicht dabei. Er habe eine Karte vom Camp gehabt, eine Art Zettel, mit der habe man dort Essen bekommen. Aufgefordert, möglichst genau anzugeben, wie lange er sich in Serbien aufgehalten habe, antwortete der Beschwerdeführer: "Ich habe genau gesagt, vier bis fünf Monate gesagt. Ich kann nicht genau sagen, wie viele Tage. Ich war dort über vier Monate, aber ich weiß nicht, wie viele Tage noch dazu." Vorgehalten, dass er bei der Erstbefragung von drei Monaten gesprochen habe, entgegnete der Beschwerdeführer, es könne sein, dass er dort drei bis vier Monate gesagt habe. Er sei Nomade, er spreche nicht so genau, er sage es nur ungefähr.

Anschließend bestätigte der Beschwerdeführer, dass er in Bulgarien erstmals das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten betreten habe. Zur geplanten Vorgehensweise des BFA, ihn aufgrund der Zuständigkeit Bulgariens dorthin außer Landes zu bringen, brachte der Beschwerdeführer vor, dass man verrückt und psychisch krank werde, wenn man dorthin geschickt werde. Einmal hätten ihn die bulgarischen Polizisten im Grenzgebiet erwischt bzw. aufgegriffen, ihm die Kleidung weggenommen und ihn zurück über die Grenze geschickt. Es sei eisig kalt gewesen. Irgendwelche Beweise für diese Behauptung habe er nicht. Es sei nicht einmal erlaubt gewesen, zu reden. Es sei ihm alles weggenommen worden, auch das Handy. Es seien Polizeihunde auf ihn gehetzt worden und er habe eine Narbe von einem Hundebiss davongetragen. Zu den Länderinformationen zu Bulgarien erklärte der Beschwerdeführer, man könne ihn hier einsperren, aber man möge ihn nicht nach Bulgarien schicken, da er dort sonst psychisch krank werde. Er hoffe, nicht zurückgeschickt zu werden. Er habe noch immer Beinschmerzen, wenn es kalt werde; das sei wegen der Verletzung.

Die anwesende Rechtsberaterin erstattete kein Vorbringen und stellte keine weiteren Fragen.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 05.04.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bulgarien zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Bulgarien traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert):

KI vom 13.12.2017, Dublin-Charterübertstellungen (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer und Abschnitt 7/Schutzberechtigte)

Im Zuge eines bilateralen Arbeitstreffens des BFA mit Bulgarien Ende November 2017 hat sich Bulgarien sehr kooperativ gezeigt und erklärt, dass aufgrund der derzeitigen Kapazitäten Charterüberstellungen nach Sofia weiterhin möglich wären. Der etablierte Prozess (individuelle Anfrage für ein bestimmtes Datum und Bestätigung durch BG) funktioniere gut (BFA 11.12.2017).

Quellen:

-

BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (11.12.2017):

Arbeitstreffen mit SAR, per E-Mail

Allgemeines zum Asylverfahren

Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). Es existiert ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:

(...)

(AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

99,8% der betretenen illegalen Migranten geben an, dass Bulgarien nicht ihr Zielland ist. Ende 2016 stieg die Quote der Antragsteller, die ihr Verfahren nicht zu Ende führen, auf 84%. 44% der Asylverfahren wurden eingestellt (discontinued) und 41% in Abwesenheit entschieden. Nur 15% der Asylwerber blieben lange genug im Land, um eine inhaltliche Entscheidung zu erhalten (AIDA 2.2017). Illegale Ausreise ist eine Straftat und kann zu Haftstrafen von über einem Jahr führen (AI 2.2017). In Bulgarien gab es 2017 bis 16.11.2017 3.334 Asylanträge (VB 22.11.2017).

Es gibt weiterhin Berichte über Gewalt gegen Migranten und Asylwerber durch Mitglieder ziviler "Bürgerwehren" und Beamte an den Landesgrenzen. Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte "Pushbacks" an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten. Dabei soll in hunderten Fällen vonseiten der Polizei und Grenzwache körperliche Gewalt zum Einsatz gekommen und die Migranten bisweilen auch beraubt und erniedrigend behandelt worden sein. Im November 2016 wurde im Zuge der Niederschlagung eines gewaltsamen Aufstandes im Unterbringungszentrum Harmanli von der Polizei angeblich übertriebene Gewalt angewendet. Im Juni 2016 wurden zwei Männer wegen versuchten Mordes angeklagt, die einen Asylwerber aus fremdenfeindlichen Motiven niedergestochen hatten (USDOS 3.3.2017; vgl. BHC 25.1.2017). Die Handlungen der zivilen "Bürgerwehren", welche Migranten an den Grenzen bis zum Eintreffen der Polizei festhielten und bisweilen auch misshandelten, wurden von Teilen von Politik und Gesellschaft zunächst begrüßt. Nach formellen Beschwerden von NGOs wurden einige Mitglieder dieser Gruppen verhaftet und das bulgarische Innenministerium rief dazu auf, von der eigenmächtigen Anhaltung von Migranten Abstand zu nehmen (AI 2.2017). Die NGO Ärzte ohne Grenzen (MSF) betreibt in Serbien eine mental health clinic. MSF berichtet, dass von den verletzten Minderjährigen, die sich zwischen Jänner und Juni 2017 an diese Klinik wandten, nach Eigenangaben der Betroffenen, 48% der Verletzungen auf verschiedene bulgarische Behörden zurückgingen und ihnen in den Grenzregionen, in Lagern, Polizeistationen, Hafteinrichtungen u.a. Einrichtungen beigebracht worden seien (MSF 3.10.2017). Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind - wie überall - nicht völlig auszuschließen. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB 31.1.2017). Asylwerber und Schutzberechtigte haben dieselben gesetzlichen Beschwerdemöglichkeiten wie bulgarische Staatsbürger. Sie können die Behörden informieren. Die Zuständigkeit ergibt sich aus dem Charakter der Beschwerde. Ansprechbar sind der Direktor der jeweiligen Institution; der Vorsitzende der SAR über den Direktor der jeweiligen territorialen SAR-Einheit oder über NGOs; UNHCR; das Bulgarische Rote Kreuz; das Bulgarische Helsinki Komitee und andere NGOs, welche reguläre Vertreter bei den territorialen Einheiten der SAR haben; der Direktor des jeweiligen Unterbringungszentrums (VB 9.7.2015).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/336454/479095_de.html, Zugriff 27.6.2017

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017

-

BHC - Bulgarian Helsinki Committee et al. (25.1.2017): Pushed Back at the Door. Denial of Access to Asylum in Eastern EU Member States, http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/pushed_back.pdf, Zugriff 29.6.2017

-

MSF - Médecins Sans Frontières (3.10.2017): Serbia; Games of violence; Unaccompanied children and young people repeatedly abused by EU member state border authorities, https://ecoi3.ecoi.net/en/file/local/1410135/1226_1507125161_serbia-games-of-violence-3-10-17.pdf, Zugriff 24.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/337129/479890_de.html, Zugriff 27.6.2017

-

VB des BM.I Bulgarien (9.7.2015): Auskunft SAR, per E-Mail

-

VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

-

VB des BM.I Bulgarien (22.11.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Ein Verfahren ist zu suspendieren, wenn sich der Antragsteller diesem für mehr als zehn Arbeitstage entzieht oder seine Adresse ändert ohne dies zu melden. Nach weiteren drei Monaten des Nichterscheinens ist das Verfahren zu beenden (Act Art. 14f.; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017).

Wurde der zugrundeliegende Asylantrag bereits inhaltlich behandelt hat der Antragsteller ab Beendigung sechs Monate Zeit, triftige Gründe für sein Fernbleiben vorzubringen und somit das Verfahren wiederzueröffnen. Kann er keine triftigen Gründe vorbringen oder ist die 6-Monats-Frist verstrichen, kommt nur noch ein neuerlicher Asylantrag infrage, der jedoch neue Elemente enthalten muss um zulässig zu sein (Act Art. 77; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017).

Wurde der zugrundeliegende Asylantrag vor Beendigung noch nicht inhaltlich behandelt, ist das Verfahren im Falle einer Dublin-Rückkehr jedenfalls wiederzueröffnen und der Antrag inhaltlich zu behandeln (Act Art. 77; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017; VB 13.11.2017). Wenn in einem solchen Fall die 6-Monats-Frist verstrichen ist, kann der Rückkehrer einen erneuten Asylantrag stellen, welcher als Erstantrag gewertet wird (und nicht als Folgeantrag) (SAR 17.5.2016b).

Wurde der zugrundeliegende Asylantrag bereits rechtskräftig negativ entschieden, werden Schritte zur Außerlandesbringung des Rückkehrers gesetzt. Auch hier besteht die Möglichkeit einen neuen Asylantrag einzubringen, der jedoch neue Elemente enthalten muss um zulässig zu sein (EASO 24.10.2017; vgl. VB 13.11.2017).

Dublin-Rückkehrer haben bis zum Vorliegen einer inhaltlich rechtskräftigen Entscheidung dieselben Unterbringungsrechte wie andere Asylwerber und auch ihre Krankenversicherungen werden erneuert (EASO 24.10.2017).

Folgeantragsteller (außer Vulnerable) haben während der Zulässigkeitsprüfung ihres Folgeantrags (de jure 14 Tage) kein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversicherung/-versorgung und psychologische Hilfe (Act Art. 29 und 76b; vgl. AIDA 2.2017). Bei Antragstellern, deren suspendiertes Verfahren wiedereröffnet wird, weil es triftige Gründe für Ihr Fernbleiben gibt, ist laut Gesetz das Recht auf Krankenversicherung als fortdauernd (continuous) zu betrachten (Act Art. 29).

Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und -Gesetzgebung und folgt diesen sehr streng. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird von denen medizinisch, bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum "Nadya", IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017a).

Quellen:

-

Act - Asylum and Refugees Act (amend. 22.12.2015), per E-Mail

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.

Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

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SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (17.5.2016b): Auskunft SAR, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (20.6.2017a): Auskunft SAR, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (13.11.2017): Auskunft SAR, per E-Mail

Non-Refoulement

Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten (AIDA 2.2017).

Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte "pushbacks" an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten (USDOS 3.3.2017; vgl. BHC 25.1.2017).

Die Regierung garantiert einen gewissen Schutz vor Ausweisung oder Rückkehr von Migranten und Asylwerbern in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017

-

BHC - Bulgarian Helsinki Committee et al. (25.1.2017): Pushed Back at the Door. Denial of Access to Asylum in Eastern EU Member States, http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/pushed_back.pdf, Zugriff 29.6.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/337129/479890_de.html, Zugriff 27.6.2017

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27.6.2017

Versorgung

Gemäß der bulgarischen Gesetzgebung haben die Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Versorgung - Unterkunft und Verpflegung, soziale Unterstützung, Krankenversicherung, kostenlose medizinische Versorgung nach den Bedingungen und Regelungen wie bulgarische Staatsbürger, außerdem auf psychologische Unterstützung, Dolmetscher oder Dolmetsch-Hilfe (VB 13.11.2017).

Falls das Asylverfahren aus objektiven Umständen länger als 3 Monate dauert, haben die Asylwerber noch während des Asylverfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. zu Jobtrainings und Sozialleistungen im Falle von Arbeitslosigkeit. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen aber schwierig (AIDA 2.2017; vgl. VB 13.11.2017).

Asylwerber haben laut Gesetz das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens, inklusive eines etwaigen Beschwerdeverfahrens. Die Aufenthaltsdauer in den Zentren ist gesetzlich nicht begrenzt. Wenn es für Neuankömmlinge nicht genug Unterbringungsplätze geben sollte, werden in der Praxis solche ohne eigene Mittel prioritär untergebracht. Spezifische Bedürfnisse und das Armutsrisiko (finanzielle Mittel, Arbeitsmöglichkeiten, Arbeitserlaubnis, Zahl der abhängigen Familienmitglieder, etc.) werden in jedem Fall bewertet. Mit Erhalt der Asylwerbekarte, welche die Verfahrensidentität bestätigt, ist das Recht sich in Bulgarien aufzuhalten, auf Unterbringung und Versorgung, sowie zu Sozialhilfe im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger und zu Krankenversicherung, medizinischer Versorgung, psychologischer Versorgung und Bildung gegeben. Folgeantragsteller erhalten keine Asylwerberkarte und haben auch kein Recht auf materielle Versorgung. Sie haben lediglich ein Recht auf Übersetzerleistungen während die Zulässigkeit ihres Folgeantrags im Eilverfahren geprüft wird. Wurde der Folgeantrag nur eingebracht, um die Außerlandesbringung zu verzögern, besteht auch kein Recht auf Verbleib im Land. Die Zulässigkeit muss binnen 14 Tagen geklärt werden. Im Frühjahr 2015 wurde rückwirkend mit 1. Februar 2015 beschlossen, die Sozialhilfe für Asylwerber in Höhe von BGN 65,- (EUR 33,-) nicht mehr auszubezahlen, weil die Asylwerber in den Zentren der SAR drei warme Mahlzeiten am Tag erhalten würden. Letzteres ist Berichten zufolge aber nicht immer zutreffend. Einige NGOs haben daher gegen diese Entscheidung gerichtliche Beschwerde erhoben, welche jedoch nicht zugelassen wurde. Wenn Antragsteller sich dem Verfahren entziehen, verlieren sie bei Rückkehr in der Praxis das Recht auf Versorgung (AIDA 2.2017).

Bulgarien verfügt über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna Rampa), Banya und Harmanli sowie Pastrogor. Die Kapazität der Unterbringungszentren liegt bei 5.190 Plätzen, von denen im Oktober 2017 etwa 18% belegt waren (AIDA 2.2017; vgl. FRA 11.2017).

Die Unterbringungsbedingungen in den Zentren werden als ärmlich beschrieben, vor allem in Bezug auf die sanitären Anlagen, variieren aber zum Teil erheblich von Zentrum zu Zentrum. Wo immer möglich, erfolgt die Unterbringung von Familien ohne deren Trennung. Auf die Trennung der verschiedenen Nationalitäten wird geachtet. Asylwerber können mit Erlaubnis auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums leben, verlieren dann aber das Recht auf Unterbringung und soziale Unterstützung. Gegen Verweigerung der Unterbringung ist binnen sieben Tagen ein gerichtliches Rechtsmittel möglich (AIDA 2.2017). Bulgarien bietet entsprechend der Flüchtlingskonvention ausreichende Unterkunft, Verpflegung und medizinische Versorgung. Die Aufnahmezentren werden dahingehend immer wieder von NGOs auf Mindeststandards kontrolliert (VB 31.1.2017). In den meisten Aufnahmezentren gibt es weiterhin Bau- und Renovierungstätigkeiten (FRA 10.2017).

Seit Jänner 2016 können Antragsteller während ihres Asylverfahrens, in Übereinstimmung mit Art. 8 (3) (a), (b), (d) und (f) der Neufassung der Aufnahmerichtlinie, auch geschlossen untergebracht werden, etwa aus Gründen der nationalen und öffentlichen Sicherheit. Dazu wurde von SAR ein geschlossenes Unterbringungszentrum geschaffen, der sogenannte "Block 3" des Schubhaftzentrums Busmantsi (60 Plätze). Darüber hinaus sind noch die Schubhaftkapazitäten Bulgariens zu nennen. Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren:

Busmantsi (400 Plätze), Lyubimets (300 Plätze) und das geschlossene Verteilerzentrum Elhovo (240 Plätze). Die Haftbedingungen werden vor allem bezüglich Hygiene kritisiert. Medizinische Versorgung ist nicht in jedem Haftzentrum täglich verfügbar. Die Sprachbarriere und Mangel an Medikamenten werden kritisiert (AIDA 2.2017). Die bulgarischen Behörden verbessern weiterhin die Unterbringungsbedingungen in den beiden Schubhaftzentren (FRA 11.2017).

Das Zentrum in Pastrogor wird renoviert um es in eine geschlossene Einrichtung umzuwandeln (FRA 4.2017). Es soll Ende 2017 eröffnet werden und etwa 300 Plätze haben. Es sei für Personen gedacht sein, welche die Hausordnung offener Zentren verletzt haben (FRA 10.2017).

Derzeit sind in Bulgarien untergebracht (Stand 16.11.2017): 934 Personen in offen Zentren (18% Auslastung), 416 Personen in geschlossenen Zentren (42% Auslastung) und 348 privat (auf eigene Kosten). Das sind gesamt 1.698 Personen (VB 22.11.2017).

Wenn das Asylverfahren länger als drei Monate dauert, haben Antragsteller Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. zu Jobtrainings und Sozialleistungen im Falle von Arbeitslosigkeit. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen aber schwierig (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017

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FRA - Fundamental Rights Agency (4.2017): Monthly data collection on the migration situation in the EU. April 2017 monthly report. 1-31 May 2017,

http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews/april-2017, Zugriff 29.6.2017

-

FRA - Fundamental Rights Agency (10.2017): Monthly data collection on the migration situation in the EU. October 2017 monthly report. 1-30 September 2017,

http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews/october-2017, Zugriff 23.11.2017

-

FRA - Fundamental Rights Agency (11.2017): Monthly data collection on the migration situation in the EU. October 2017 monthly report. 1-31 October 2017,

http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews/november-2017, Zugriff 23.11.2017

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VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (13.11.2017): Auskunft SAR, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (22.11.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO Bulgarien für die inhaltliche Prüfung des gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei. Beweiswürdigend kam das BFA zu dem Ergebnis, dass die Zuständigkeit Bulgariens zwischenzeitlich auch nicht erloschen sei; dies aus den folgenden Überlegungen: "Sie haben im Verfahren zwar behauptet, dass Sie nach der Einreise in Bulgarien das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten wieder verlassen hätten, aufgrund Ihrer widersprüchlichen Angaben und aus Mangeln an Beweisen von Ihrer Seite her, konnte Ihnen zu Ihrem behaupteten mehrmonatigen Aufenthalt in Serbien kein Glauben geschenkt werden. So haben Sie in der Erstbefragung angegeben drei Monate lang in Serbien aufhältig gewesen zu sein, im Rahmen des Parteiengehörs haben Sie dann jedoch von vier bis fünf Monaten gesprochen. Sie haben auf Nachfrage erklärt, dass Sie nur wüssten, dass es vier ganze Monate waren, aber nicht wie viele Tage danach. Konfrontiert mit Ihrer Aussage aus der Erstbefragung, wo Sie eben nur drei Monate angegeben hatten, versuchten Sie zu erklären, dass Sie wohl eigentlich drei bis vier Monate gesagt hätten. Selbst wenn das tatsächlich der Fall gewesen wäre, ist es nicht verständlich, warum Sie bei der Polizei drei bis vier Monate angegeben hätten, wenn Sie sich doch sicher sind, dass Sie eindeutig über vier Monate dort gewesen wären.

Sie wurden auch konkret gefragt, wie lange Sie nach der Asylantragstellung in Bulgarien noch im Land waren, bevor Sie nach Serbien weitergezogen wären. Sie meinten, dass Sie dann noch sechs Tage dort gewesen wären. Die Antragstellung ist laut EURODAC-Treffermeldung mit 16.10.2018 datiert. Dementsprechend wären Sie dann bis ungefähr 22.10.2018 noch in Bulgarien gewesen. Rechnet man dazu die drei Monate Aufenthalt in Serbien, die Sie in der Erstbefragung angegeben hatten, dann wären Sie bereits Ende Jänner 2019 in Österreich gewesen (inklusive der behaupteten zwei Tage Durchreise in Ungarn). Rechnet man vier Monate in Serbien, wären Sie Ende Februar nach Österreich gekommen. Erst wenn man fünf Monate Aufenthalt in Serbien heranziehen würde, kommt man Ihrem tatsächlichen Einreisezeitpunkt in Österreich, dem 22.03.2019, nahe. Es ist demnach davon auszugehen, dass Sie Ihre ursprüngliche Angabe aus der Erstbefragung nun so modifizieren wollten, damit Ihre behauptete Reiseroute und der mehrmonatige Aufenthalt in Serbien zu Ihrer Geschichte passen.

Es ist dazu auch anzumerken, dass es gängige Praxis ist, dass Asylwerber welche erkennungsdienstlich in den östlichen EU-Mitgliedsstaaten behandelt worden sind, behaupten, mindestens drei Monate in Serbien, also einem Drittstaat, aufhältig gewesen wären, um einer Dublin-Überstellung entgegenzuwirken. Es ist anzunehmen, dass Sie sich schon dementsprechend erkundigt hatten oder bereits von Ihrem Schlepper diesbezüglich instruiert worden sind. Es ist Ihnen jedoch nicht gelungen diese Behauptung vor dem BFA glaubhaft zu machen. Es besteht daher kein Zweifel für das BFA, aber auch für die bulgarischen Behörden, dass Bulgarien für Ihren in Österreich gestellten Asylantrag zuständig geworden ist.

Auch spricht die sofortige Zusage der bulgarischen Behörden dafür, dass zu Recht eine Dublin-Zuständigkeit für Bulgarien vorliegt. Hätten die bulgarischen Behörden nur den kleinsten Hinweis oder Verdacht darauf, dass sie keine Zuständigkeit trifft, hätten sie dem Amtswissen zufolge sofort interveniert und vorerst keine Zustimmung abgegeben. Demnach ist davon auszugehen, dass Sie nach Asylantragstellung noch wesentlich länger in Bulgarien aufhältig waren, als Sie behauptet haben. Ihr Verfahren in Bulgarien ist auch bereits abgeschlossen und nicht offen oder eingestellt (Zustimmung Bulgariens nach Art. 18 (1) (d)) - auch dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass Sie nach Antragstellung noch wesentlich mehr als lediglich sechs Tage in Bulgarien verbracht haben, da ein inhaltliches Verfahren kaum innerhalb weniger Tage abgeschlossen werden kann und wenn Sie sich nach wenigen Tagen dem Verfahren durch Ausreise entzogen hätten, wäre Ihr Verfahren wohl eingestellt und nicht abgeschlossen worden.

In Gesamtschau gibt es viele Indizien, die gegen Ihren behaupteten mehrmonatigen Aufenthalt in Serbien sprechen. Für den einen solchen Aufenthalt sprechen nur Ihre Aussagen, welche jedoch widersprüchlich waren. Sie haben keinerlei Beweismittel vorgelegt, um Ihre Behauptungen zu untermauern. Demnach besteht für das BFA kein Zweifel, dass die Dublin-Zuständigkeit von Bulgarien rechtmäßig ist."

Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben.

3. Der Bescheid des BFA wurde dem Beschwerdeführer am 05.04.2019 durch persönliche Übernahme zugestellt. Ihm wurde amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt. Am selben Tag stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (vgl. Aktenvermerk; AS 205). Dieser neuerliche Antrag wurde dem Bundesverwaltungsgericht samt Verwaltungsakt gemäß § 17 Abs. 7 AsylG 2005 als Beschwerde vorgelegt und langte am 09.04.2019 ein.

Am 10.04.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein vom Beschwerdeführer ausgefülltes Antragsformular für unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe (Zieldestination: Kabul) informationshalber weitergeleitet.

4. Mit Parteiengehör vom 11.04.2019, zugestellt durch persönliche Übernahme am selben Tag, wurde dem Beschwerdeführer seitens des Bundesverwaltungsgerichts die Möglichkeit eingeräumt, seine Beschwerdegründe schriftlich näher zu präzisieren.

Dazu langte am 15.04.2019 die Information ein, dass der Beschwerdeführer nach erfolgter Beratung im Rahmen des anhängigen Beschwerdeverfahrens keine Vertretung durch die Rechtsberatungsorganisation wünsche, weshalb von dieser auch keine Stellungnahme für ihn eingebracht werde.

Der Beschwerdeführer ließ die ihm gewährte Frist zur Präzisierung seiner Beschwerdegründe letztlich ungenützt verstreichen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, wurde am 22.03.2019 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und es wurde über ihn wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet die Schubhaft verhängt.

Zuvor war der Beschwerdeführer von der Türkei kommend über Bulgarien illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist und hatte dort am 16.10.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer nach seiner Einreise in Bulgarien das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat.

Das BFA richtete am 25.03.2019 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Bulgarien, dem die bulgarische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 27.03.2019 ausdrücklich gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO zustimmte.

Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Beschwerdeführer am 27.03.2019 den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat Bulgarien an.

Besondere, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Bulgarien sprechen, liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer ist gesund; er leidet an keinen äußerst schwerwiegenden oder lebensbedrohenden Krankheiten. Die Überstellbarkeit des Beschwerdeführers im Sinne der Reisefähigkeit ist gegeben.

Besonders intensiv ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.

Am 09.04.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe (Zieldestination: Kabul).

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise des Beschwerdeführers über Bulgarien und hinsichtlich seiner dortigen Asylantragstellung ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers, die mit dem vorliegenden EURODAC-Treffer in Einklang stehen. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, danach das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate wieder verlassen zu haben und in Serbien gewesen zu sein, ist festzuhalten, dass seine diesbezüglichen Ausführungen nicht glaubwürdig sind. Dazu wird auf die oben dargelegte schlüssige Beweiswürdigung des BFA verwiesen, die völlig richtig zahlreiche Ungereimtheiten in den Aussagen des Beschwerdeführers aufzeigt und der sich das Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich anschließt. Den Ausführungen wurde vom Beschwerdeführer - mangels einer substantiierten Beschwerdebegründung - letztlich auch nicht entgegengetreten.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers seitens Bulgariens ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der bulgarischen Dublin-Behörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist festzuhalten, dass sich hier keine maßgeblichen Änderungen ergeben haben. Das BFA hat in seinen Entscheidungen, neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Bulgarien, auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen, wobei auch aktuelle Stellungnahmen von UNHCR in die Erwägungen eingeflossen sind. Zutreffend ist, dass das bulgarische Asylsystem Belastungen ausgesetzt war, bei Einreisen aus der Türkei Übergriffe staatlicher Organe gegenüber Drittstaatsangehörigen vorgefallen sind, und es zuletzt in Lagern zu Ausschreitungen von Bewohnern, die in andere europäische Länder weiterreisen wollten, gekommen ist. Dies lässt aber angesichts einer Gesamtschau der Quellenlage weder den Schluss auf das Vorliegen systemischer Mängel (entsprechend Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO) zu, noch einen solchen auf eine Übertragbarkeit dieser Ereignisse hinsichtlich geregelter Rückübernahmen wie im Falle des Beschwerdeführers.

Hervorzuheben ist, dass die in UNHCR-Berichten vom Jänner und Februar 2014 empfohlene Aussetzung von Rückführungen nach Bulgarien nicht mehr aktuell ist. Den Länderfeststellungen zufolge - insbesondere basierend auf dem diesbezüglichen UNHCR-Update-Bericht vom April 2014 - wird eine vormals ausgesprochene Anregung einer generellen Suspendierung von Dublin-Überstellungen nicht mehr aufrechterhalten. Weiters ist der Beschwerdeführer weder besonders schutz-, noch pflegebedürftig und leidet an keinen schwerwiegenden Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden, die die Schwelle des Art. 3 EMRK berühren. Die vorliegende Entscheidung folgt der aktuellen Einschätzung von UNHCR, da dessen Expertisen als Garant des internationalen Flüchtlingsschutzes regelmäßig auch von den nationalen Höchstgerichten und dem EGMR bei deren Entscheidungen maßgeblich berücksichtigt werden. Auch aus einer Anfragebeantwortung von UNHCR Bulgarien an UNHCR Deutschland vom Juni 2015 geht hervor, dass UNHCR an seiner Empfehlung vom April 2014, eine Einzelbewertung vorzunehmen, festhält und keine (neuerliche) Aussetzung von Überstellungen nach Bulgarien empfiehlt.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Bulgarien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht. Der Beschwerdeführer gab im Laufe des Verfahrens zwar an, von der Polizei geschlagen worden zu sein und inhaftiert gewesen zu sein. Dass er diesbezüglich in Bulgarien eine Anzeige oder Beschwerde erstattet habe, ist dem Vorbringen nicht zu entnehmen. Medizinische Unterlagen zu allfälligen erlittenen Verletzungen wurden von ihm auch nicht vorgelegt. Aus diesen vom Beschwerdeführer vorgebrachten bzw. gegebenenfalls ihm widerfahrenen Geschehnissen lassen sich keine systemischen Mängel ableiten, die Dublin-Überstellungen aus Österreich generell als rechtswidrig erscheinen ließen. Der Umstand, dass sich derartige Ereignisse tatsächlich zugetragen haben, kann zwar eines von vielen Indizien für die Behandlung von Asylwerbern sein, lässt aber keinen (alleinigen) Rückschluss darauf zu, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien als Dublin-Rückkehrer Gleiches widerfahren würde. Entscheidend ist vielmehr eine prognostische Beurteilung der Verhältnisse im Aufnahmestaat (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0113-0120). Sohin liegt kein ausreichend konkreter Anhaltspunkt dafür vor, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Bulgarien vor dem Hintergrund seines Vorbringens mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmenschliche Behandlung bzw. neuerliche körperliche Misshandlungen drohen würden, zumal eine solche Überstellung in Zusammenarbeit der Behörden organisiert erfolgt. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer nach seinen Angaben beim Voraufenthalt in Bulgarien geschlagen und schlecht behandelt worden sei, bildet keinen Beleg dafür, dass dieser im Falle einer Rücküberstellung dem realen Risiko entsprechender Übergriffe ausgesetzt sein sollte. Da bei einer Rücküberstellung des Beschwerdeführers im Rahmen des Dublin-Verfahrens eine geordnete Übergabe an die bulgarischen Behörden erfolgen würde, ist davon auszugehen, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass der Beschwerdeführer neuerlich entsprechenden Übergriffen ausgesetzt sein sollte (VwGH 25.07.2016, Ra 2016/18/0131 und VwGH 22.09.2017, Ra 2017/18/0166). In diesem Zusammenhang ist auch auf die einschlägige Judikatur des EGMR zu verweisen, wonach einzelne beanstandete Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Asylrichtlinien in einem Mitgliedstaat jedenfalls noch keine Grundlage dafür darstellen, die auf unionsrechtlicher Stufe stehende Dublin-Verordnung auf diesen Mitgliedstaat nicht mehr anzuwenden, etwa durch regelmäßige Ausübung des Selbsteintrittsrechtes (vgl. EGMR 06.06.2013, 2293/12, Mohammed).

Auf Grundlage der im aktuellen Länderinformationsblatt Bulgarien enthaltenen Informationen für Dublin-Rückkehrer sind mehrere Szenarien denkbar. Im Fall des Beschwerdeführers, der bereits in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hat, bedeutet dies, dass sein Verfahren jedenfalls wiederzueröffnen ist, vorausgesetzt, sein Verfahren wurde noch nicht inhaltlich geführt. Sind mehr als sechs Monate seit Beendigung des Verfahrens in Bulgarien vergangen, würde ein erneuter Antrag als Erstantrag und nicht als Folgeantrag gelten, wenn er noch nicht inhaltlich behandelt worden ist. Asylwerber haben in Bulgarien Anspruch auf Unterbringung und Versorgung während des gesamten Asylverfahrens, auch während der Beschwerdephase. Dies umfasst Unterkunft, Verpflegung, Krankenversicherung und psychologogische Betreuung, dabei werden spezielle Bedürfnisse und das Risiko der Obdachlosigkeit jedenfalls berücksichtigt. Würde die Unterbringung in einem Zentrum verweigert, hat ein Asylwerber das Recht dies vor Gericht binnen sieben Tagen anzufechten. Die Verhängung von asylrechtlicher Haft ist für sich genommen kein Indiz für eine Grundrechtsverletzung gegenüber dem Beschwerdeführer. Im Besonderen ergeben sich aus dem Umstand der Möglichkeit der Verhängung der asylrechtlichen Haft keine substantiierten Zweifel, dass Bulgarien den Beschwerdeführer in seinen durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte aufgrund der mögliche

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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