TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/26 W235 2192119-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 2192119-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2018, Zl. 1163551210-170936151, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 09.08.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.08.2017 gab er zu seiner Person an, dass er aus dem Dorf XXXX im Distrikt XXXX in der pakistanischen Provinz Punjab stamme. Er spreche neben Punjabi auch Urdu. Ferner sei er ein Angehöriger der Volksgruppe der Punjabi sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Im Jänner 2017 sei er von seinem Wohnort aus in den Iran gereist, wo er sich einen Monat lang aufgehalten habe. Anschließend sei er weiter in die Türkei gereist, von wo aus er nach einem Aufenthalt von vier Monaten durch ihm unbekannte Länder nach Österreich gefahren sei.

Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, seine Familie gehöre der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an, während er auch schiitische Freunde gehabt habe. Durch seine Freunde habe er den schiitischen Glauben näher kennengelernt und sei in weiterer Folge konvertiert. Daraufhin sei er von seiner Familie schlecht behandelt worden. Ferner habe man ihm verboten, seinen Glauben auszuüben. Seine Familie sei von sunnitischen Extremisten unter Druck gesetzt worden, weshalb er von seiner eigenen Familie mit dem Tod bedroht worden sei. Der Beschwerdeführer habe dann in einer anderen Stadt bei einem Freund gewohnt, sei jedoch auch dort verfolgt worden. Trotz des Versuches, in mehreren Städten zu leben, sei er immer wieder gefunden worden und habe aus Angst um sein Leben das Land verlassen. Weitere Fluchtgründe habe er nicht.

1.3. Am 28.02.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Punjabi einvernommen, wobei er eingangs zu seinem Gesundheitszustand angab, er habe seit seiner Kindheit Asthma und leide seit eineinhalb bis zwei Monaten auch an Magenproblemen. Bereits im Herkunftsstaat sei er aufgrund seiner Asthma-Erkrankung mehrmals zum Arzt gegangen und habe auch Medikamente erhalten. Zur Behandlung verwende er einen Spray. Befragt zur Behandlung seiner Magenprobleme gab der Beschwerdeführer an, er sei im Krankenhaus untersucht worden und habe in weiterer Folge Medikamente verschrieben bekommen, welche er auch aktuell einnehme. Es handle sich um eine Virusinfektion und er habe in zwei Monaten einen Kontrolltermin im Krankenhaus. Die Befunde werde er nachreichen. Ferner bestätigte er seine Personaldaten und brachte verfahrenswesentlich und zusammengefasst vor, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben im Asylverfahren zu machen.

Betreffend seine Familie gab der Beschwerdeführer an, in seinem Herkunftsstaat würden noch seine Eltern, sein Bruder, seine zwei Schwestern, seine Großeltern, zwei Onkel väterlicherseits, eine Tante mütterlicherseits sowie fünfzehn Cousinen und Cousins leben. Er habe allerdings zu niemanden mehr Kontakt. Sie würden sich nicht so gut miteinander vertragen, da es Probleme gebe. Sein Großvater sei das Familienoberhaupt und jeder befolge, was der Großvater sage. Den Lebensunterhalt würden sein Großvater, sein Vater und sein älterer Onkel von ihrer Landwirtschaft bestreiten. Ein weiterer Onkel habe ein eigenes Immobiliengeschäft. Sein jüngerer Bruder mache gelegentlich Nebenjobs. Der Beschwerdeführer habe bis zur achten Klasse die Schule besucht, habe jedoch keinen Beruf erlernt. Fallweise habe er in der Landwirtschaft seines Vaters ausgeholfen; durchgehend gearbeitet habe er aber nicht. Sonst sei er keiner Beschäftigung nachgegangen. Die Familie habe insgesamt ganz gut leben können.

Bis etwa Ende Dezember 2015 oder Jänner 2016 habe er an der genannten Adresse mit seinen Eltern, Großeltern und seinem jüngeren Bruder gelebt. Von dort sei er nach XXXX gegangen, wo er in einem Hotel untergekommen sei. Schließlich sei er nach XXXX weitergereist, wo er einen Mann kennengelernt habe, der ihm eine Unterkunft organisiert habe. Schließlich habe er auch jemanden gefunden, der seine Ausreise organisiert habe. Ab ca. Mitte Feber sei er über einen Zeitraum von etwa fünfzehn bis zwanzig Tagen immer wieder für ein paar Tage in umliegende Gebiete geschickt worden, um von dort aus jederzeit ausreisen zu können. Er wisse jedoch nicht genau, wo das gewesen sei. Ende Feber 2016 sei der Beschwerdeführer dann aus Pakistan ausgereist.

Der Beschwerdeführer sei nicht vorbestraft, sei von den pakistanischen Behörden nicht erkennungsdienstlich behandelt worden und habe sich nie im Gefängnis oder in Polizeihaft befunden. Einer politischen Partei habe er nicht angehört; seine Familie sei aber politisch engagiert und habe gute Beziehungen, auch zu Klerikern. Probleme mit der Polizei, mit dem Militär oder mit sonstigen Behörden habe er nicht gehabt. Auch ein Haftbefehl habe nie gegen ihn bestanden. Von sich aus habe er nie eine Sicherheitsbehörde aufgesucht. Einer bewaffneten Gruppierung habe er ebenso wenig angehört.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, seine Familie sei ursprünglich der Überzeugung der Sipae Sahaba gefolgt. Dabei handle es sich um eine extremistisch geneigte islamische Organisation, die von der Regierung vor einigen Jahren verboten worden sei. Schließlich sei die Organisation unter einem anderen Namen weitergeführt worden. Es handle sich um eine extremistische sunnitische Ausrichtung, die Schiiten bekämpfe. Der Beschwerdeführer habe jedoch auch schiitische Freunde gehabt und habe immer mehr Gefallen an diesem Glauben gefunden. Seine Familie habe ihn vor Treffen mit "diesen Leuten" gewarnt. Auch Imame sowie Kleriker seien zu seinem Vater gekommen, um ihm zu sagen, dass der Beschwerdeführer "damit" aufhören solle. Er sei dem jedoch nicht nachgekommen, weshalb er von seinem Vater und von seinem Großvater geschlagen und geschimpft worden sei. Seine Mutter habe dies anfangs geduldet, sei jedoch dann doch schockiert gewesen, dass die Älteren der Familie etwas gegen ihn unternehmen hätten wollen. Sein Großvater habe gesagt, sie würden ihm auch Schaden zufügen, sollte er sich weiter mit Schiiten treffen. Seine Mutter habe ihm erklärt, sie hätten viel Druck von der Außenwelt, konkret von den Klerikern, den Molwis. Daraufhin habe es eine Auseinandersetzung mit seiner Mutter gegeben, bei welcher sie ihn aufgefordert habe, zu seinem eigenen Schutz den Kontakt zu den Schiiten abzubrechen. Der Beschwerdeführer habe erwidert, er könne nicht mehr aufhören, sondern nur das Haus verlassen, woraufhin seine Mutter argumentiert habe, sie würden ihn überall finden. Die Molwis hätten von seinen religiösen Aktivitäten erfahren. Seine Familie sei aber unter den Sipae Sahaba sehr angesehen gewesen, deshalb sei der Druck auf die Familie groß gewesen. Er sei dann nachts nicht mehr heimgekommen, sondern habe bei Freunden übernachtet. Vier Monate vor dem Verlassen des Heimatdorfes habe ihm sein Großvater gesagt, sollte er damit nicht aufhören, sei es nun Zeit um etwas zu unternehmen bzw. um ihn umzubringen. Daraufhin habe der Beschwerdeführer vorgetäuscht, sich wieder dem sunnitischen Glauben zugewandt zu haben. Den Kontakt zu seinen schiitischen Freunden und die Besuche in der Moschee habe er jedoch aufrechterhalten. Seine Freunde, bei denen er übernachtet habe, hätten dann aber auch Angst vor der Organisation bekommen und hätten ihm geraten, wegzuziehen, um seinen Glauben leben zu können. Die Lage habe sich nach einigen Wochen für kurze Zeit beruhigt. Etwa ein Monat nach diesem Gespräch sei er unter anderem von seinem Großvater gesehen worden, als er zu einem Treffen in der schiitischen Moschee gegangen sei. Sein Großvater habe ihn aus Wut mit einem speziellen Stock geschlagen. Seine Mutter habe versucht, die Lage zu beruhigen; der Beschwerdeführer habe sich jedoch dazu entschieden wegzugehen. Dann habe er wieder begonnen, an anderen Orten zu nächtigen und sei "irgendwann" ausgereist. Näher befragt, gab der Beschwerdeführer an, vor zweieinhalb Jahren die ersten Kontakte zur schiitischen Gemeinschaft geknüpft zu haben. Seine Probleme mit seiner Familie hätten im Jahr 2015 angefangen. Auf Nachfrage brachte er vor, er könne sich an keine genauen Zeiträume erinnern.

Zu seinem Glauben gab der Beschwerdeführer an, er bevorzuge, wie die Schiiten den Islam leben. Dies sei besser als das extremistische Gedankengut seiner Leute. Zu den genauen Unterschieden gab er an, die Sunniten würden den Schiiten vorwerfen, dass die Schiiten die noblen Personen in der Geschichte des Islam der Sunniten nicht schätzen, sondern abwerten würden. Er habe Schiiten kennengelernt und wisse, dass das nicht stimme. Konkret behaupte man, sie würden die Gefährten des Propheten Mohammed, wie beispielsweise Abu Bark, den - nach der sunnitischen Lehre - ersten Nachfolger des Propheten, abwerten. Die Schiiten würden ihn ablehnen, da er nicht berechtigter Nachfolger des Propheten gewesen wäre. Den Schiiten würde auch nachgesagt werden, dass sie Aisha, die Frau des Propheten, hassen würden. Auf die Frage, welcher schiitischen Strömung er angehöre, führte der Beschwerdeführer aus, es gebe den Islam und die schiitische Glaubensrichtung sei die Strömung, der er angehöre. Er würde dem Gelehrten Abdullah folgen. Dieser befinde sich in XXXX. Er habe Sitzungen gehört und den Prediger kennengelernt. In Pakistan kenne er die Sunniten, die Schiiten, die Sipae Sahaba-Gruppe, die Barelvis und Ehle Hadeeth. Die Schiiten würden die Mosche als "Imam Bargah" bezeichnen, das sei "der Typ". Er habe die "Imam Bargah Husssainiya" in XXXX besucht. Diese gebe es auch in Islamabad und XXXX . Dort sei er ebenso gewesen. Zur Moschee, welche seine Familie besuche, gab er an, in ihrer Gegend gebe es viele Moscheen der Sipae Sahaba. Die Namen kenne er jetzt nicht.

Nachdem er nach XXXX und XXXX gegangen sei, habe er noch einmal zu seiner Mutter Kontakt gehabt, sonst habe es keinen Kontakt mehr zu seiner Familie gegeben. Ein Familienmitglied oder ein Mitglied der von ihm genannten Organisation habe er nicht mehr gesehen. Anzeige habe er nicht erstattet, da die Polizei auf "so etwas" nicht reagiere. Die Leute würden nicht mehr unter dem verbotenen Namen, sondern unter dem Namen "Ehle Sunnah Wal Jammat" agieren. Er könne nicht nachweisen, dass es sich um dieselben Leute handle und sie seien viel mächtiger als die Polizei. Ferner hätten sie auch innerhalb der Polizei Kontakte. Sie seien sehr gut vernetzt, hätten in allen Orten Pakistans Niederlassungen sowie Moscheen und ihre Mitglieder würden sich auch in Landes- und Lokalregierungen finden. Daher hätten sie ihn leicht finden können. Zwar gebe es kein Meldewesen, jedoch hätte die Möglichkeit bestanden, ihren Helfern ein Bild von ihm zu senden.

Im Anschluss an die Befragung zu seinen Fluchtgründen wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, in die Länderinformationen zu Pakistan Einsicht zu nehmen und eine Kopie zu erhalten.

Abschließend gab der Beschwerdeführer zu seinem Aufenthalt in Österreich zu Protokoll, er trage in Österreich Zeitungen aus; tue das jedoch nicht offiziell unter seinem Namen. Einer offiziellen Erwerbstätigkeit sei er im Bundesgebiet nicht nachgegangen. Er befinde sich nicht in der Grundversorgung. Freunde habe er nicht gefunden. Kurse oder Ausbildungen habe er ebenso wenig absolviert. Er spreche ein paar Worte Deutsch. In einer Familiengemeinschaft oder einer familienähnlichen Gemeinschaft lebe er nicht und er habe auch keine Verwandten in Österreich.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

In seiner Begründung hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Er sei pakistanischer Staatsangehöriger und Moslem. Der Beschwerdeführer sei gesund, arbeitsfähig, ledig und habe keine Kinder. In Österreich sei er unbescholten. Es könne nicht festgestellt werden, dass er in Pakistan asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei oder eine solche künftig zu befürchten hätte. Sein Vorbringen, wonach er aufgrund seiner Konversion vom sunnitischen zum schiitischen Islam von seiner Familie, die der extremistisch-sunnitischen Organisation Sipae Sahaba angehöre, mit dem Tod bedroht worden sei, werde nicht als glaubhaft erachtet. Ferner stelle das Vorbringen auch keine asylrelevante Verfolgung dar. Der Beschwerdeführer befinde sich im arbeitsfähigen Alter, habe in Pakistan acht Jahre die Schule besucht und verfüge über Arbeitserfahrung in der Landwirtschaft. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Pakistan sei ihm daher zumutbar. Ferner verfüge er im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Beziehungen. Er beherrsche die Sprache und habe bis zu seiner Ausreise im Herkunftsstaat gelebt. Folglich sei anzunehmen, dass er mit der dortigen Kultur und Lebensweise vertraut sei. Den Lebensunterhalt könne er durch eigene Arbeitsleistung und Unterstützung durch seine Familie sichern. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer unter schweren psychischen oder physischen Erkrankungen leide. Hinsichtlich der behaupteten Virusinfektion habe er keine Befunde in Vorlage gebracht. Seit seiner Kindheit habe er Asthma und stünde in Behandlung, sodass dies kein Problem darstelle. Im Fall seiner Rückkehr nach Pakistan geriete er sohin nicht in eine Notlage im Sinne des Art. 2 EMRK und des Art. 3 EMRK. In Österreich befinde er sich erst seit Kurzem, verfüge über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte und habe auch keine sozialen Kontakte. Er spreche kaum Deutsch, sei kein Mitglied in einem Verein oder in einer sonstigen Organisation, absolviere keine Kurse oder Ausbildungen und sei auch nicht offiziell berufstätig. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 14 bis 74 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage in Pakistan.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die Identität des Beschwerdeführers mangels Vorlage von amtlichen Dokumenten nicht feststehe. Anhaltspunkte dafür, dass er an einer schwerwiegenden psychischen oder physischen Krankheit leide, hätten sich nicht ergeben, zumal er angegeben habe, es stelle für ihn kein Problem dar, dass er bereits seit seiner Kindheit an Asthma leide. Hinsichtlich der von ihm behaupteten Magenschmerzen, aufgrund welcher er sich in medikamentöser Behandlung befinde, habe er innerhalb der gesetzten Frist keine Befunde oder eine Medikamentenliste vorgelegt. Im Übrigen wurde darauf hingewiesen, dass laut dem Länderinformationsblatt in Pakistan Behandlungsmöglichkeiten bestünden, diese zugänglich seien und die medizinische Versorgung für den Beschwerdeführer sohin gewährleistet sei. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Religion, zum Familienstand sowie zu allfälligen familiären Anknüpfungspunkten in Österreich würden auf seinen Angaben gründen. Die Unbescholtenheit gehe aus einem Strafregisterauszug hervor. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates wurde ausgeführt, dass die diesbezüglichen Schilderungen des Beschwerdeführers nicht geeignet gewesen seien, begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen. So sei nicht nachvollziehbar, dass er sich einerseits mehrere Monate mit der schiitischen Strömung des Islams auseinandergesetzt habe, andererseits jedoch nicht in der Lage gewesen sei, die wichtigsten Strömungen der Schiiten zu nennen. Ferner wurde ausgeführt, aus seinem Fluchtvorbringen gehe nicht hervor, dass der pakistanische Staat nicht fähig oder willens wäre, den Beschwerdeführer vor einer etwaigen Gefährdung zu schützen. Der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, dass ihm Hilfe verweigert worden wäre. Er habe jedenfalls die Möglichkeit, sich an die dortigen Behörden zu wenden oder eine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch zu nehmen. Es sei in diesem Zusammenhang nicht glaubhaft, dass die pakistanischen Behörden kein Interesse an Informationen hätten, die dazu beitragen könnten, ein Fortbestehen einer verbotenen Organisation, nämlich der sunnitisch-extremistischen Sipae Sahaba, zu verhindern. Die pauschale Behauptung des Beschwerdeführers, sämtliche Behörden, sohin auch die Polizei, wären von dieser Organisation unterwandert, stelle eine bloße Spekulation dar, insbesondere da der Beschwerdeführer nicht einmal versucht habe, staatlichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Überdies sei nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt keinerlei Angaben über einen Fortgang der Bedrohungen durch seine Familie nach Verlassen seines Herkunftsortes gemacht habe, zumal er im Zuge der Erstbefragung behauptet habe, auch in anderen Städten verfolgt bzw. aufgefunden worden zu sein. Nach seinen Angaben vor dem Bundesamt sei es innerhalb eines Zeitraums von knapp zwei Wochen weder in XXXX noch in XXXX zu weiteren Zwischenfällen gekommen. Daraus schließe das Bundesamt, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative vorliege, zumal in Pakistan kein geordnetes Meldewesen bestehe. Der Beschwerdeführer habe nicht plausibel dargelegt, wie es möglich sei, ihn an anderen Orten zu finden, sondern habe nur pauschal behauptet, man könne sein Foto veröffentlichen, sodass er von jedem erkannt werden könne. Aus seinen persönlichen Umständen sowie aus den dem Bescheid zugrunde gelegten Länderinformationen ergebe sich ferner, dass er im Fall einer Rückkehr nach Pakistan nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine wirtschaftlich existenzbedrohende Lage geriete. Überdies ergebe sich die fehlende Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers aus seinem kurzen Aufenthalt in Österreich sowie aus seinen eigenen Angaben zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, eine asylrelevante Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe glaubhaft darzulegen. Sein Fluchtvorbringen, wonach er Pakistan aufgrund der Bedrohung durch seine Familie wegen seines Religionswechsels verlassen habe, stelle - selbst bei Wahrunterstellung - keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer als gesundem, jungem Mann, welcher über Schulbildung sowie über Berufserfahrung verfüge, zumutbar sei, seine existenziellen Grundbedürfnisse durch selbstständige Arbeit zu erwirtschaften. Aus den Länderfeststellungen gehe auch hervor, dass dies in Pakistan möglich sei. Ferner verfüge der Beschwerdeführer über ein familiäres Netzwerk im Herkunftsstaat. In Pakistan herrsche kein internationaler oder innerstaatlicher Konflikt, sodass für den Beschwerdeführer als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bestehe. Im Fall seiner Rückkehr drohe ihm sohin keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen des § 57 AsylG nicht erfüllt seien. Hinsichtlich des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens folgerte die Behörde, dass den öffentlichen Interessen an der Rückkehrentscheidung ein größeres Gewicht zukomme als dem Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet, zumal eine weitergehende Integration des Beschwerdeführers nicht ersichtlich sei. Eine Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1 bis Abs. 3 BFA-VG sei daher zulässig. Weiters wurde festgehalten, dass sich aus den bisherigen Erwägungen keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 50 Abs. 1 und Abs. 2 ergebe, eine vorläufige Maßnahme im Sinne des § 50 Abs. 3 FPG vom EGMR im konkreten Fall nicht empfohlen worden sei und sohin eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Zu Spruchpunkt IV. wurde ausgeführt, dass im Fall des Beschwerdeführers keine besonderen Umstände im Sinne des § 55 FPG festgestellt hätten werden können, weshalb er zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung verpflichtet sei.

Mit Verfahrensanordnung vom 06.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer von Amtswegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung fristgerecht am 05.04.2018 Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragte (unter anderem) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Nach Darstellung des wesentlichen Sachverhalts wurde begründend ausgeführt, die belangte Behörde sei ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhalts nicht nachgekommen, da die ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte unvollständig und teilweise veraltet seien. So habe sie keine Feststellungen zur Gruppe Sipae Sahaba getroffen. Ferner wäre sie durch aktuelle Länderberichte zu dem Ergebnis gekommen, dass pakistanische Behörden nicht in der Lage seien, Mitglieder religiöser Minderheiten zu schützen. Weiters seien die Feststellungen zum Religionsbekenntnis des Beschwerdeführers nicht ausreichend, da sie sich darauf beschränken würden, dass er Moslem sei. Durch entsprechende Ermittlungen hätte die Behörde hingegen zum Ergebnis kommen müssen, dass der Beschwerdeführer früher Sunnit gewesen sei, aus innerer Überzeugung jedoch nunmehr der schiitischen Glaubensrichtung des Islam angehören würde. Ferner sei die Beweiswürdigung widersprüchlich. Einerseits habe die belangte Behörde festgehalten, dass das Vorbringen bezüglich der Fluchtgründe "Gegenstand des Bescheids" sei (Seite 77 des angefochtenen Bescheides), andererseits sei sie zu dem Ergebnis gekommen, dass seine Angaben nicht glaubhaft seien (Seite 79 des angefochtenen Bescheides). Festzuhalten sei in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer über umfassendes Wissen hinsichtlich beider Strömungen des Islam verfüge. Er habe zudem klar dargelegt, dass er sich im Herkunftsstaat bei der gemäßigteren Richtung des schiitischen Islams besser aufgehoben fühle und sich daher zu dieser Glaubensrichtung bekenne. Zudem basiere die Feststellung zur Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des pakistanischen Staates auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung. Eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens im Sinne der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.11.2003, Zl. 2003/20/0389, sei im gegenständlichen Fall infolge des mangelhaften Ermittlungsverfahrens nicht vorgenommen worden. Insbesondere habe sich die Behörde mit ihren eigenen, dem Bescheid als Sachverhalt zugrunde gelegten Länderfeststellungen zur Frage der Situation von Konvertiten in Pakistan nicht auseinandergesetzt. Demnach würden Konvertiten von ihren Familien und von der Gesellschaft oft als Quelle der Schande empfunden. Viele würden es für ihre Pflicht halten, solche Personen zu töten, um die Ehre wiederherzustellen. Ferner versage die Polizei oft dabei, Mitglieder der religiösen Minderheiten, darunter auch Schiiten, vor Angriffen zu schützen. Die begrenzte Kapazität und der eingeschränkte Wille der Regierung, Täter, die für Übergriffe gegen religiöse Minderheiten verantwortlich sind, zu verfolgen und zu verhaften, lasse ein Klima von Straflosigkeit zu. Ferner wurde auf einen Artikel der FAZ vom 09.02.2015 verwiesen. Demnach würden Islamisten in Pakistan immer häufiger religiöse Minderheiten verfolgen. Ermutigt würden sie durch aberwitzige Blasphemiegesetze.

Hinsichtlich des Vorwurfes, der Beschwerdeführer habe keine Angaben über unterschiedliche Strömungen innerhalb des Schiitentums machen können, sei anzuführen, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme die Frage auf den Islam allgemein bezogen habe. Er könne jedenfalls Angaben zu den Unterschieden zwischen Schiiten und Sunniten sowie zu den einzelnen Strömungen der Schiiten machen. Diese unterschiedlichen Gruppierungen seien jedoch für viele Schiiten, so auch für den Beschwerdeführer, nicht von Bedeutung. Überdies seien die Ausführungen der Behörde, wonach es sich um reine Spekulation handle, dass die pakistanischen Behörden von Mitgliedern der extremistischen Organisationen unterwandert seien, nicht schlüssig, da objektivierbare Erkenntnisquellen hierzu fehlen würden. Im Weiteren wurde auf eine Anfragebeantwortung von ACCORD vom 08.07.2015 betreffend die Gruppierung Sipae Sahaba verwiesen. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Auszug aus einem Artikel der Tageszeitung "Der Standard" vom 20.02.2013 zitiert. Schließlich wurde festgehalten, dass auch die Beweiswürdigung hinsichtlich des Bestehens einer innerstaatlichen Fluchtalternative grob mangelhaft sei, zumal sie sich darauf beschränke, dass es in Pakistan kein geordnetes Meldewesen gebe. Abschließend wurden allgemeine Ausführungen zu den Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erstattet und unter anderem wurde ergänzend festgehalten, dass die Verfolgung des Beschwerdeführers durch seine Familie aufgrund seines Religionswechsels entgegen den Ausführungen des Bundesamtes einen Asylgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darstelle. Zwar handle es sich um eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, allerdings sei der pakistanische Staat nicht ausreichend schutzfähig. Ferner bestehe keine interne Fluchtalternative für den Beschwerdeführer und sei ihm sohin der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. In eventu wäre ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, da eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK oder Art. 3 EMRK aufgrund der schlechten Sicherheitslage in seiner Herkunftsregion im Fall seiner Rückkehr bestünde und eine innerstaatliche Fluchtalternative mangels eines tragfähigen sozialen Netzwerkes nicht angenommen werden könne.

4.1. Mit Verfahrensanordnung vom 29.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht binnen einer Frist von drei Wochen aufgetragen, zum Länderinformationsblatt Pakistan vom 15.11.2018 Stellung zu nehmen, neue Flucht- oder Verfolgungsgründe unter Nennung und Vorlage von Beweismitteln darzutun, sämtliche sonstige Beweismittel vorzulegen sowie folgende Informationen bekanntzugeben:

1. Befinden sich enge Familienangehörige im Bundesgebiet?

2. Sprechen Sie deutsch und wenn ja, wie gut?

3. Haben Sie Arbeit in Österreich bzw. waren Sie jemals in Österreich selbsterhaltungsfähig und nicht von Leistungen des österreichischen Staates abhängig?

4. Wie finanzieren Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

5. Haben Sie in Österreich jemals Kurse, Vereine, eine Schule oder eine Universität besucht?

6. Haben Sie einen Freundeskreis oder bisher nicht genannte Verwandte in Österreich?

7. Sind Sie legal in das Bundesgebiet eingereist?

8. Hatten Sie jemals ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich?

9. Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht verurteilt oder mit einem Aufenthaltsverbot oder einer Ausweisung belegt?

10. Haben Sie eine andere, besondere Bindung an Österreich?

Die Verfahrensanordnung wurde der ausgewiesenen Vertretung des Beschwerdeführers am 30.01.2019 zugestellt.

4.2. Mit verspätet eingebrachter Stellungnahme vom 22.02.2019 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung nach Wiederholung seines wesentlichen Fluchtvorbringens zusammengefasst vor, dem Länderinformationsblatt könne entnommen werden, dass militante Gruppen Angriffe auf Schiiten durchführen würden. Verwiesen wurde in diesem Zusammenhang auf einen Bericht aus dem Jahr 2017 über einen Anschlag des Islamischen Staates sowie auf einen Bericht der schiitischen politischen Organisation Majlis Wahdat-e-Muslimeen Pakistan. Ferner wurde der Annual Report 2018 der U.S. Commission on international religious freedom (USCIRF) auszugsweise zitiert. Daraus gehe hervor, dass religiöse Minderheiten, wie Schiiten, weiteren Angriffen und Diskriminierungen von extremistischen Gruppen sowie der Gesellschaft ausgesetzt seien. Der pakistanische Staat schütze religiöse Minderheiten nicht und verfolge Angriffe ihnen gegenüber nicht effektiv. Mit dem Einzug fundamentalistischer und extremistischer Parteien im Juli 2018 sei die Situation von religiösen Minderheiten weiter gefährdet. Auch Übergriffe durch Sicherheitskräfte selbst könnten nicht ausgeschlossen werden und Korruption sei in Pakistan weit verbreitet. Zur Sicherheits- und Versorgungslage in Pakistan bzw. in der Provinz Punjab wurde ebenso auf das Länderinformationsblatt verwiesen. Demnach habe sich die Zahl terroristischer Angriffe im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus sei ein zentrales Problem für die innere Sicherheit. Die Taliban und andere terroristische Organisationen würden seit Jahren schwere Terroranschläge verüben, wobei insbesondere auch Schiiten als Opfer aufgelistet würden. Den Ausführungen im Länderinformationsblatt, wonach es im Jahr 2017 zu 14 Anschlägen mit 61 Todesopfern gekommen sei, werde die aktuelle ACLED entgegengehalten, woraus hervorgehe, dass es im Punjab zu 837 Vorfällen und 215 Todesopfern gekommen sei. Ferner wurde auf die im Länderinformationsblatt beschriebene prekäre Situation von Binnenflüchtlingen verwiesen. Die medizinische Versorgung sei in weiten Landesteilen unzureichend und es gebe auch keine staatlichen Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen für Rückkehrende. Im Übrigen bleibe das Vorbringen zu den Flucht- und Verfolgungsgründen aufrecht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist ein pakistanischer Staatsangehöriger und Zugehöriger der Volksgruppe der Punjabi. Er ist Moslem, wobei nicht festgestellt werden kann, ob er der sunnitischen oder der schiitischen Glaubensrichtung des Islam zugehörig ist. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Dorf XXXX im Distrikt XXXX in der pakistanischen Provinz Punjab. Der genaue Zeitpunkt seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat kann nicht festgestellt werden. Er reiste über den Iran in die Türkei, von wo aus er seine Reise nach Österreich fortsetzte. Am 09.08.2017 stellte er nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan. Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt ist, die dem pakistanischen Staat zurechenbar ist. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner behaupteten Konversion von der sunnitischen zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten seiner Familie, ausgesetzt ist, die asylrelevante Intensität erreicht. Ferner kann nicht festgestellt werden, dass seine Familienangehörigen Mitglieder der Vereinigung Sipae Sahaba sind. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht. Darüber hinaus ist - bei Wahrunterstellung - davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den Schutz des pakistanischen Staates in Anspruch nehmen könnte.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Pakistan aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Punjabi einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Pakistan aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.1.3. Das Vorliegen von schwerwiegenden psychischen oder physischen Erkrankungen kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer leidet seit seiner Kindheit an Asthma und behandelt diese Erkrankung medikamentös mit einem Spray. Bereits vor seiner Ausreise war es ihm im Herkunftsstaat möglich, sich untersuchen zu lassen und sich die zur Behandlung dieser Krankheit erforderlichen Medikamente zu beschaffen. Auch im Fall seiner Rückkehr wird der Beschwerdeführer in der Lage sein, die notwendigen Medikamente und allfällig erforderliche Untersuchungen zu erhalten. Davon abgesehen kann beim Beschwerdeführer keine Behandlungsbedürftigkeit in medizinischer, therapeutischer oder medikamentöser Hinsicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage in Pakistan. Er verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und spricht neben Punjabi auch Urdu. Berufserfahrung sammelte er in Pakistan, indem er seinem Vater in dessen Landwirtschaft aushalf. Im Herkunftsstaat leben nach wie vor seine Eltern, sein Bruder, seine zwei Schwestern, seine Großeltern, zwei Onkel väterlicherseits, eine Tante mütterlicherseits sowie insgesamt fünfzehn Cousinen und Cousins. Es kann nicht festgestellt werden, dass jeglicher Kontakt zu seiner Familie abgebrochen wurde oder eine "Feindschaft" zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Kernfamilie besteht. Ferner verfügt er in Pakistan über einen Freundes- und Bekanntenkreis. Der gesunde Beschwerdeführer ist sohin jung, ledig ohne Obsorgeverpflichtungen, erwerbsfähig und verfügt über Berufserfahrung sowie über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in Pakistan. Folglich wird festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Pakistan nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

1.1.4. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 09.08.2017 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung, geht jedoch auch keiner rechtmäßigen Erwerbstätigkeit nach. Einen Deutschkurs oder weitere Aus- bzw. Weiterbildungen hat er in Österreich nicht absolviert. Der Beschwerdeführer ist weder in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation tätig. Über verwandtschaftliche Beziehungen zu einem österreichischen Staatsangehörigen oder zu einem dauerhaft aufenthaltsberechtigten Fremden verfügt er nicht. Hinweise auf eine besonders ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich, insbesondere in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, liegen nicht vor.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage in Pakistan:

1.2.1. Neueste Ereignisse:

1.2.1.1. Integrierte Kurzinformation vom 15.11.2018:

Der Oberste Gerichtshof Pakistans hat am 31.10.2018 das Todesurteil gegen Asia Bibi wegen Gotteslästerung aufgehoben und sie von allen Vorwürfen freigesprochen (Standard 3.11.2018. vgl. Guardian 31.10.2018). nachdem Bibis Berufung gegen das Todesurteil des Lahore High Court zuletzt im Oktober 2016 ohne Anhörung vom Obersten Gericht in Islamabad vertagt wurde. da sich einer der Richter weigerte. den Fall zu verhandeln (Dawn 8.10.2018). Die Urteilsverkündung. wodurch Bibi nach neun Jahren Haft im Todestrakt freigelassen werden soll (Guardian 31.10.2018). wurde ab 8.10.2018 drei Wochen lang vorgehalten (Dawn 8.10.2018; vgl. Guardian 31.10.2018). da Befürworter der Blasphemiegesetze drohten. das Land lahmzulegen und die Richter zu töten. falls Bibis Todesurteil nicht aufrechterhalten werde (Guardian 31.10.2018).

Nach Bekanntwerden des Urteils kam es landesweit zu tagelangen Protesten durch Islamisten (Standard 3.11.2018; vgl. Dawn 3.11.2018a). Paramilitärische Sicherheitskräfte wurden in der Hauptstadt Islamabad eingesetzt. um den Obersten Gerichtshof. die Diplomatenviertel und die Wohnsiedlung der Richter zu schützen (Guardian 31.10.2018; vgl. Dawn 30.10.2018). Nach einer Einigung mit der Regierung erklärte die Islamistenpartei Tehreek-e-Labaik (TLP) die Massenproteste am 3.11.2018 für beendet (Standard 3.11.2018; vgl. ORF 4.11.2018). Die Demonstranten entfernten die Barrikaden in den großen Städten; Karachi Lahore und Islamabad kehrten zur Normalität zurück. Geschäfte und Schulen waren wieder geöffnet (ORF 4.11.2018).

Nach dem Freispruch gab es Bestrebungen. Bibi so schnell wie möglich außer Landes zu bringen (Guardian 31.10.2018). Ein zwischen TLP und Regierung unterzeichnetes Fünf- Punkte-Papier sieht vor. dass sich die Regierung einem am 1.11.2018 eingebrachten Überprüfungsantrag zum Urteil (Review Petition) durch die TLP nicht entgegenstellt und Bibi die Ausreise aus Pakistan untersagt wird (Standard 3.11.2018; vgl. Zeit 3.11.2018; Express Tribune 1.11.2018; BBC 8.11.2018).

Zum derzeitigen Aufenthaltsort von Asia Bibi gab es keine offiziellen Angaben (Zeit 3.11.2018). Sie wurde am 7. November 2018 aus dem Gefängnis entlassen und befindet sich nun in Pakistan an einem geheimen Ort (BBC 8.11.2018). Pakistanische Medien haben seit dem Freispruch gemutmaßt. sie könne das Land bereits verlassen haben (BBC 8.11.2018; vgl. Tagesanzeiger 4.11.2018). Journalisten, die dies ohne offizielle Bestätigung berichteten, wurden von Informationsminister Fawad Hussein als "äußerst verantwortungslos" bezeichnet (BBC 8.11.2018).

Der Pakistanische Informationsminister Fawad Chaudhry erklärte, von der Regierung würden alle notwendigen Schritte gesetzt, um Bibis Sicherheit zu gewährleisten (BBC 3.11.2018). Bibis Ehemann und ihre Töchter wechseln ständig ihren Aufenthaltsort (ORF 4.11.2018) und bitten in anderen Staaten um Asyl (BBC 8.11.2018, vgl. Tagesanzeiger 4.11.2018). Der Anwalt von Asia Bibi hat aus Sorge um die eigene Sicherheit wie auch dem Wohlergehen seiner Familie das Land verlassen (Standard 3.11.2018; vgl. Zeit 3.11.2018, ORF 4.11.2018, BBC 8.11.2018).

Menschenrechtler kritisierten die Vereinbarung zwischen der Regierung und den Islamisten als Bankrotterklärung des Rechtsstaates (Zeit 3.11.2018), während Fawad Chaudhry erklärte, die Übereinkunft wurde getroffen, um die Proteste ohne Gewaltausübung zu beenden (BBC 3.11.2018).

Nachdem am 8.10.2018 das Urteil gegen Bibi vorgehalten wurde, wurden die Medien angehalten, über diesen Fall nicht zu berichten (Dawn 8.10.2018; vgl. Guardian 31.10.2018, Express Tribune 31.10.2018). Auch wurde eine Berichterstattung über die Proteste nach dem Freispruch von Medien vermieden (Guardian 31.10.2018). In Folge der Proteste, die teilweise von Vandalismus und Brandstiftung begleitet waren, wurden in der Provinz Punjab ca. 1.100 Personen festgenommen (Daily Pakistan 5.11.2018).

Die Spannungen in Pakistan wurden durch die Nachricht von der Ermordung des bedeutenden pakistanischen Religionsführers Sami ul-Haq verschärft, der am 2.11.2018 in seinem Haus in Rawalpindi von Unbekannten niedergestochen wurde. Ul-Haq, der auch als "Vater der Taliban" bekannt war, war ein Verbündeter der regierenden Tehreek-e-Insaf- Partei von Premierminister Imran Khan. Dieser verurteilte die Ermordung und ordnete eine Untersuchung an. Die afghanischen Taliban sprachen in einer Erklärung von "einem großen Verlust für die gesamte islamische Nation". In Ul-Haqs Koranschulen wurden spätere Taliban-Größen wie Mullah Omar und Jalaluddin Haqqani ausgebildet (Standard 3.11.2018; vgl. ORF 4.11.2018).

Quellen:

* BBC (3.11.2018): Asia Bibi: Deal to end Pakistan protests over blasphemy case, https://www.bbc.com/news/world-asia-46080067, Zugriff 5.11.2018;

* Dawn (3.11.2018): Live blog: Protests on Asia Bibi's acquittal, https://www.dawn.com/ live-blog/, Zugriff 5.11.2018;

* Dawn (30.10.2018): Supreme Court acquits Asia Bibi, orders immediate release, https://www.dawn.com/news/1442396, Zugriff 5.11.2018;

* Dawn (8.10.2018): Supreme Court reserves verdict on Asia Bibi's final appeal against execution, https://www.dawn.com/news/1437605/supreme-court-reserves-verdict-onasia-bibis-final-appeal-against-execution, Zugriff 5.11.2018;

* Express Tribune, the (1.11.2018): Review petition filed against SC verdict,

https://tribune.com.pk/story/1838656/1-review-petition-filed-aasia-bibis-acquittal/,

Zugriff 5.11.2018;

* Express Tribune, the (31.10.2018): Aasia Bibi acquitted by Supreme Court,

https://tribune.com.pk/story/1837746/1-security-beefed-sc-prepares-announce-aasia-

bibi-verdict/, Zugriff 5.11.2018;

* Guardian (31.10.2018): Asia Bibi: Pakistan court overturns blasphemy death sentence,

https://www.theguardian.com/world/2018/oct/31/asia-bibi-verdict-pakistancourt-overturns-blasphemv-death-sentence, Zugriff 5.11.2018;

* ORF (4.11.2018): Pakistan: Zukunft von Christin Asia Bibi weiter unsicher, https://religion.orf.at/stories/2945335/, Zugriff 5.11.2018;

* Standard, der (3.11.2018): Anwalt von freigesprochener Christin verließ Pakistan,

https://derstandard.at/2000090586614/Anwalt-von-freigesprochener-Christin-verliess-Pakistan, Zugriff 5.11.2018;

* Zeit (3.11.2018): Islamisten erzwingen mögliche Berufung im Fall Bibi,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/pakistan-asia-bibi-christin-freispruch-

proteste-gotteslaesterung-islam, Zugriff 5.11.2018;

* Tagesanzeiger (4.11.2018): Ehemann von freigesprochener Christin bittet um Asyl,

https://www.tagesanzeiger.ch/news/standard/ehemann-von-freigesprochener-christin-bittet-um-asyl/story/17378032, Zugriff 5.11.2018;

* DW - Deutsche Welle (3.11.2018): Nach Blasphemie-Freispruch: Asia Bibi immer noch in Haft,

https://www.dw.com/de/nach-blasphemie-freispruch-asia-bibi-immernoch-in-haft/a-46140621, Zugriff 5.11.2018;

* Daily Pakistan (5.11.2018): Hundreds arrested for vandalism during protests against Asia Bibi's acquittal, https://en.dailypakistan.com.pk/headline/hundreds-arrested-forvandalism-during-protests-against-asia-bibis-acquittal/, Zugriff 5.11.2018 und

* BBC (8.11.2018): Pakistan blasphemy case: Asia Bibi freed from jail, https://www.bbc.com/news/world-asia-46130189. Zugriff 14.11.2018

1.2.1.2. Kommentar:

Blasphemie wird laut pakistanischem Strafgesetzbuch mit dem Tode bestraft. Bisher wurde noch kein Mensch in Pakistan wegen Blasphemie hingerichtet (Guardian 31.10.2018; vgl. LIB Pakistan, Abschnitt 16.5). Jedoch wurden seit 1990 mindestens 65 Personen, die der Blasphemie bezichtigt wurden, bei Aktionen der Selbstjustiz getötet (Guardian 31.10.2018).

Der Fall gegen Bibi demonstriert, wie in Pakistan Beschuldigungen der Blasphemie verwendet werden, um persönliche Streitigkeiten auszutragen und wie Entscheidungen am Beginn des gerichtlichen Instanzenweges Angeklagte aus Angst um deren Leben nicht freisprechen möchten (Guardian 31.10.2018). Im Jahr 2011 wurden der Gouverneur der Provinz Punjab, Salmaan Taseer, sowie der Minister für Minderheiten, Shahbaz Bhatti, ermordet, nachdem sie öffentlich Asia Bibi verteidigt hatten und sich für eine Reform der Blasphemiegesetze ausgesprochen hatten (Guardian 31.10.2018; vgl. LIB Pakistan, Abschnitt 16.5).

1.2.1.3. Integrierte Kurzinformation vom 31.07.2018:

Am 25. Juli 2018 fanden in Pakistan Wahlen statt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass zwei gewählte Regierungen in Folge ihre volle Amtszeit dienen konnten (EUEOM 27.7.2018). Neben der Nationalversammlung wurden auch vier Provinzversammlungen (Punjab, Sindh, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan) gewählt (NDTV 26.7.2018).

Laut offiziellem Resultat der Wahlkommission erlangte die Partei Tehreek-e-Insaf (PTI) von Imran Khan 115 Sitze im Parlament in Islamabad. Die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) unter Shehbaz Sharif folgte mit 64 Sitzen, die Partei Pakistan Peoples Party (PPP) von Bilawal Bhutto kam mit 43 auf den dritten Platz (Dawn 30.7.2018). Khan hat noch keinen Koalitionspartner. Um alleine regieren zu können, hätte die PTI 137 Sitze benötigt (NZZ 28.7.2018). Die PML-N und PPP kündigten bereits an, in der Opposition gegen Imran Khan zusammenzuarbeiten (Dawn 30.7.2018). Imran Khan begann zunächst Koalitionsgespräche mit der Partei Muttahidda Qaumi Movement (MQM) (Dawn 28.7.2018).

Die Armee hatte am Wahltag 370.000 Soldaten eingesetzt, die die Wahllokale sichern sollten (NZZ 28.7.2018; vgl. EUEOM 27.7.2018). Zusätzlich waren 450.000 Polizisten im Einsatz. Die Befugnisse des Sicherheitspersonals wurden im Vergleich zur vorigen Wahl erweitert (EUEOM 27.7.2018). Erstmals waren Soldaten nicht nur vor, sondern auch in den Wahllokalen anwesend, auch während der Auszählung der Stimmen. Der Leiter der EU- Wahlbeobachtermission, Michael Gahler, sagte am Donnerstag gegenüber lokalen Medien, dem ersten Eindruck nach hätten sich die Soldaten strikt an ihren Einsatzbefehl gehalten (NZZ 28.7.2018).

Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlkommission landesweit bei 51,7 Prozent (ECP o.D.). Etwa 106 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. Neun Millionen Frauen hatten sich erstmals als Wählerinnen registrieren lassen. Obwohl es vereinzelt Beschwerden gab, dass Frauen von der Stimmabgabe abgehalten wurden, war die Wahlbeteiligung von Frauen anscheinend höher als früher. Die Wahlkommission hatte angeordnet, dass die Ergebnisse von Distrikten, in denen die Stimmen der Frauen unter 10 Prozent blieben, ungültig seien. Fast alle Parteien umwarben deshalb in diesem Jahr die Pakistanerinnen, wählen zu gehen (NZZ 28.7.2018). In den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) stieg die Zahl der Frauen, die als Wählerinnen registriert waren, um 66 Prozent gegenüber der vorhergehenden Wahl (EUEOM 27.7.2018; vgl. NZZ 28.7.2018).

Obwohl Schritte unternommen wurden, die Beteiligung von Minderheiten an den Wahlen zu sichern, blieb die Situation der Ahmadiya-Gemeinschaft unverändert. Ahmadis werden weiterhin in einem separaten Wählerverzeichnis geführt Eine Novelle des Wahlgesetzes 2017 hätte Ahmadis ins generelle Wählerverzeichnis inkludiert, diese Änderung wurde jedoch am 23.11.2017 nach Massenprotesten wieder rückgängig gemacht (EUEOM 27.7.2018).

Die Wahlverlierer prangerten auch Wahlfälschung an und erklärten, sie würden das Ergebnis nicht anerkennen. Sharif erklärte, das Militär habe die Abstimmung zugunsten Khans manipuliert. Auch Bilawal Bhutto sprach, ebenso wie Vertreter islamistischer Parteien, von Wahlfälschung (NZZ 28.7.2018). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlvorgang als transparent und gut durchgeführt ein, bemerkte jedoch Schwierigkeiten bei der Auszählung. Die Wahlhelfer hielten die Prozeduren nicht immer ein und hatten Schwierigkeiten, die Formulare für die Resultatsübermittlung korrekt auszufüllen (EUEOM 27.7.2018).

Bei der pakistanischen Wahlkommission wurden bis kurz nach Schließung der Wahllokale 654 Beschwerden registriert, die ausschließlich Verstöße gegen die Wahlordnung betreffen würden. Über das Militär habe es keine Beschwerde gegeben (Standard 26.7.2018). Durch technische Probleme im erstmals eingesetzten Result Transmission System (RTS) kam es zu Verzögerungen der Bekanntgabe von Sprengelergebnissen an die Wahlkommission (EUEOM 27.7.2018).

Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale (EUEOM 27.7.2018). Bei einem Selbstmordanschlag in Quetta kamen 31 Menschen ums Leben, darunter auch Kinder und Polizisten, 35 Personen wurden verletzt. Der IS reklamierte den Anschlag für sich (Standard 26.7.2018; vgl Dawn 26.7.2018). In Khuzdar wurde bei einem Granatenangriff auf ein Wahllokal ein Polizist getötet (Dawn 26.7.2018; vgl. Standard 25.7.2018).

Weiters gab es regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018). Bereits im Vorfeld der Wahl waren bei mehreren Anschlägen auf Parteien und Kandidaten mehr als 180 Menschen getötet worden (Standard 25.7.2018; vgl. Kurzinformation vom 18.7.2018).

Reporter ohne Grenzen berichten von zahlreichen Einschränkungen für Journalisten während des Wahlkampfes. In den vergangenen Monaten seien unabhängige Medien wiederholt zensiert und kritische Journalisten bedroht, tätlich angegriffen und entführt worden (ROG 25.7.2018). Auch die Wahlbeobachtermission der EU sah deutliche Hinweise für Einschränkungen der Redefreiheit durch staatliche und nicht-staatliche Akteure (EUEOM 27.7.2018).

Gemäß Reporter ohne Grenzen versuchten insbesondere das Militär und die Geheimdienste eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern (ROG 25.7.2018). Weit verbreitete Selbstzensur der Berichterstatter hinderte gemäß EU-Wahlbeobachtermission Wahlberechtigte daran, eine qualifizierte Wahlentscheidung zu treffen (EUEOM 27.7.2018).

Quellen:

* Dawn (26.7.2018): 'Naya Pakistan' imminent: PTI leads in slow count of 11 th general elections vote, https://www. dawn. com/news/1421984/voting- underway-acrosspakistan-amid-tight-security-with-only-hours-left-till-polling-ends, Zugriff 30.7.2018;

* Dawn (28.7.2018): Imran starts preparations for formation of govt at Centre.

https://www.dawn.com/news/1423370/imran-starts-preparations-for-formation-of-govt-at-centre, Zugriff 30.7.2018;

* Dawn (30.7.2018): PPP. PML-N join hands to give Imran tough time. https://www.dawn.com/news/1423776/ppp-pml-n-join-hands-to-give-imran-tough-time, Zugriff 30.7.2018;

* ECP -Election Commission of Pakistan (o.D.a): Assembly Wise Voters Turnout. https://www.ecp.gov.pk/frmstats.aspx, Zugriff 30.7.2018;

* EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities. https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu eom pakistan 2018 - _preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf, Zugriff 30.7.2018;

* NDTV - New Delhi Television Limited (26.7.2018): Pakistan Election Results Live Updates: "Want To Fix India-Pak Ties." Says Imran Khan.

https://www.ndtv.com/world-news/pakistan-election-result-2018-live-updates-imran-khan-on-brink-of-victory-after-millions-vote-in-pak-1889205, Zugriff 30.7.2018;

* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (28.7.2018): Imran Khan triumphiert in Pakistan, https://

www.nzz.ch/international/wahlen-in-pakistan-imran-khan-triumphiert-ld.1406380,

Zugriff 30.7.2018;

* ROG - Reporter ohne Grenzen (25.7.2018): Pakistan - Einschränkungen während Wahlkampfes, http://www.rog.at/pm/pakistan-einschraenkungen-waehrend-wahlkampfes/, Zugriff 30.7.2018;

* Standard. der (25.7.2018): Dutzende Tote in Pakistan bei Anschlag am Wahltag.

https://derstandard.at/2000084092243/Dutzende-Tote-bei-Anschlag-am-Tag-der-Parlamentswahl-in-Pakistan, Zugriff 30.7.2018 und

* Standard. der (26.7.2018): Ex-Cricketstar Imran Khan steuert auf Wahlsieg in Pakistan zu,

https://derstandard.at/2000084154112/Pakistans-Regierungspartei-PML-N-spricht-von-Wahlfaelschung, Zugriff 30.7.2018

1.2.1.4. Integrierte Kurzinformation vom 18.07.2018:

Im Vorfeld der Wahlen am 25. Juli 2018 kam es zu zahlreichen Anschlägen mit Todesopfern (Dawn 13.7.2018a).

Am 13. Juli sind bei einem Selbstmordanschlag in Mastung, Provinz Belutschistan, nach offiziellen Angaben 149 Menschen ums Leben gekommen und über 200 Menschen verletzt worden (CNN 16.7.2018). Das Attentat hatte einer Veranstaltung der Baluchistan Awami Partei gegolten (Dawn 13.7.2018a; vgl. ORF 13.7.2018, CNN 16.7.2018). Es ist der schwerste Anschlag in Pakistan seit vielen Jahren - ähnlich viele Tote gab es zuletzt beim Angriff der Taliban auf die Armeeschule in Peschawar im Dezember 2014 mit ca. 150 Toten (Standard 14.7.2018) - und der Terrorangriff mit den zweitmeisten Todesopfern in der Geschichte Pakistans (CNN 16.7.2018). Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich (ORF 13.7.2018; vgl. CNN 16.7.2018, Standard 14.7.2018), ebenso wie die Ghazi-Gruppe der radikalislamischen Taliban (Standard 14.7.2018). In Folge des Anschlages wurden die Wahlen im Wahlkreis PB-35 (Mastung) verschoben (Nation 14.7.2018).

Ebenfalls am 13. Juli wurden in Bannu [Provinz Khyber Pakhtunkhwa, nahe der Grenze zu den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA)] bei einem Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung des Chief Minister der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Akram Khan Durrani, vier Menschen getötet und 32 Menschen verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. News 13.7.2018). Durrani wurde bei dem Anschlag nicht verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. Dawn 13.7.2018b). Durrani tritt im Wahlkreis NA-35 (Bannu) als Kandidat der Partei Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) an (Dawn 13.7.2018b; vgl News 13.7.2018). Ebenfalls in Bannu wurden wenige Tage zuvor am 7.7. bei einem Bombenangriff auf einen Konvoi des Kandidaten der Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) für den Wahlkreis PK-89, Sherin Malik, sieben Personen, darunter der Kandidat, verletzt (Dawn 7.7.2018).

Am 10. Juli wurden bei einem Selbstmordanschlag in Peschawar, Hauptstadt der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, 22 Menschen getötet und 63 Personen verletzt (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 11.7.2018). Unter den Toten befindet sich Haroom Bilour, Provinzvorsitzender der Awami National Party (ANP) (Dawn 10.7.2018a) und Kandidat für den Wahlkreis Peschawar PK-78 (Nation 11.7.2018; vgl. Dawn 10.7.2018a). Die Pakistanischen Taliban haben sich zu dem Anschlag bekannt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die ANP war bereits im Vorfeld der Wahlen 2013 ein Hauptziel der Taliban (Nation 11.7.2018). Gemäß Angaben der Taliban wurde der Angriff auf Bilour aufgrund deren "anti-islamischen Politik" durchgeführt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die Behörden gaben an, dass der Bombenanschlag ein gezieltes Attentat auf Haroom Biloor gewesen sei. Als Folge des Angriffes wurden die Wahlen im Wahlkreis PK-78 verschoben (Dawn 10.7.2018a).

Am 13. Juli kehrten der ehemalige Premierminister Nawaz Sharif und seine Tochter Maryam aus Großbritannien nach Pakistan zurück. Sie wurden bei ihrer angekündigten Ankunft am Flughafen Lahore verhaftet, nachdem sie eine Woche zuvor wegen Korruption in Abwesenheit zu zehn bzw. sieben Jahren Haft verurteilt wurden (CNN 13.7.2018; vgl. New York Times 13.7.2018). In Lahore kam es zu Protesten von Anhängern der Partei Pakistani Muslim League-Nawaz (PML-N), die vom ehemaligen Chief Minister der Provinz Punjab und derzeitigem Parteiführer der PML-N Shahbaz Sharif - Bruder des ehemaligen Premierministers - angeführt wurden (CNN 13.7.2018). Im Vorfeld der angekündigten Proteste wurden etwa 500 Mitglieder der PML-N von den Sicherheitskräften verhaftet (CNN 13.7.2018).

Am 9. Juli veröffentlichte die Nationale Behörde für Terrorismusbekämpfung (National Counter Terrorism Authority - NACTA) die Namen von sechs Persönlichkeiten, für die besondere Gefahr durch terroristische Angriffe bestünde: Imran Khan, Vorsitzender der Pakistan Tehreek-i-Insaf; Asfandyar Wali und Ameer Haider Hoti, Vorsitzende der Awami Nati

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten