Entscheidungsdatum
30.04.2019Norm
BBG §40Spruch
W260 2205161-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS, sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Verein ChronischKrank Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 18.07.2018, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (im Folgenden "Beschwerdeführerin") stellte am 27.04.2018 erstmals einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (in der Folge "belangte Behörde") und legte dem Antrag medizinische Befunde bei.
2. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 18.06.2018 erstatteten Gutachten vom selben Tag wurden die Leiden "Depressive Störung", "Entfernung der Gebärmutter", "Zustand nach Metacarpale 4 Fraktur rechts" und "Reizdarmsymptomatik", und ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 vH festgestellt.
3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 19.06.2018 wurde der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und ihr diesbezüglich eine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
4. Die Beschwerdeführerin gab dazu mit Schreiben vom 13.07.2018 eine Stellungnahme ab und machte insbesondere geltend, dass ihre Depression zu gering eingestuft worden sei. Außerdem sei im Gutachten zu Unrecht festgestellt worden, dass zwischen den einzelnen Erkrankungen keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege.
Die Sachverständige gab dazu am 18.07.2018 eine Stellungnahme ab und führte aus, dass die vorgebrachten Argumente der Beschwerdeführerin insgesamt nicht geeignet seien, die bereits vorliegende Leidensbeurteilung zu entkräften.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.07.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH fest. Dem Bescheid wurden das eingeholte Sachverständigengutachten sowie die Stellungnahme der Sachverständigen in Kopie beigelegt.
6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin bevollmächtigt vertreten durch den Verein ChronischKrank, fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass die Leiden und Symptome der Beschwerdeführerin von der Sachverständigen nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Wie den vorgelegten Befunden vom 06.06.2018 und 30.05.2018 zu entnehmen sei, liege bei der Beschwerdeführerin sehr wohl eine Beeinträchtigung des Ernährungszustandes vor, insbesondere ein massiver Gewichtsverlust. Diesbezüglich sei die Beschwerdeführerin im Gutachten nur mit einem Grad der Behinderung von 10% eingestuft worden. Aufgrund der vorgelegten Befunde wäre ein Grad der Behinderung von 40% unter der Position 07.04.05 anzunehmen gewesen. Auch die Einstufung ihres psychischen Leidens sei zu gering, da sie an starken Rückzugstendenzen leide, große Menschenansammlungen meide und sozial nicht integriert sei. Somit seien sowohl das Darmleiden als auch die psychischen Leiden der Beschwerdeführerin nicht ausreichend eingestuft worden. Die Beweisaufnahme eines Sachverständigen aus den Fachgebieten Neurologie und Chirurgie/Interne werde beantragt.
7. Die belangte Behörde übermittelte mit Schreiben vom 06.09.2018 den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage, wo dieser am selben Tag eingelangt ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.
1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.
1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Allgemeinzustand: gut.
Ernährungszustand: zufriedenstellend.
Größe: 162,00 cm Gewicht: 48,00 kg Blutdruck: 100/60
Klinischer Status - Fachstatus:
46 Jahre
Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet
Caput:, Visus: unauffällig Hörvermögen nicht eingeschränkt
keine Lippenzyanose, Sensorium: altersentsprechend, HNA frei
Collum: SD: schluckverschieblich, keine Einflusstauung, Lymphknoten:
nicht palpabel
Thorax. Symmetrisch, elastisch
Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent
Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe
Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar, Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei.
Pulse: Allseits tastbar
Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. uneingeschränkt durchführbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluß und Spitzgriff bds. durchführbar. Geringgradiges Streckdefizit im PIP-Gelenk des Ringfingers rechts. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben.
Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken, bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird unauffällig angegeben keine Varikositas, keine Ödeme bds.
Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im Stehen: 20 cm, Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen frei beweglich.
Gesamtmobilität - Gangbild: normales Gangbild.
Status Psychicus: bewußtseinsklar, orientiert, kein kognitives-mnestisches Defizit.
Gedankenstuktur: geordnet, kohärent, keine Denkstörung, Konzentration ungestört, Antrieb vermindert, Stimmungslage depressiv, Affekte flach, keine produktive Symptomatik.
1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Pos.Nr.
GdB %
1
Depressive Störung
03.06.01
30
2
Entfernung der Gebärmutter
08.03.02
10
3
Zustand nach Metacarpale 4 Fraktur rechts
02.06.26
10
4
Reizdarmsymptomatik
07.04.04
10
Gesamtgrad der Behinderung 30 vH
Der Gesamtgrad der Behinderung (GdB) der Beschwerdeführerin beträgt 30 v. H., weil der führende GdB unter der Position 1 durch die Leiden 2-4 nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 27.04.2018 bei der belangten Behörde ein.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1. und 1.3.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.06.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am selben Tag, sowie die Stellungnahme der Sachverständigen vom 18.07.2018 sind schlüssig und nachvollziehbar, sie weisen keine Widersprüche auf. Es wird auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Außerdem setzt sich die Gutachterin mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
In ihrer Stellungnahme vom 13.07.2018 zum genannten Sachverständigengutachten bemängelt die Beschwerdeführerin, dass ihre psychische Erkrankung, trotz eindeutiger Befundlage einer mittelgradigen Depression, unter die Positionsnummer 03.06.01 "Depressive Störung - Dysthymie - leichten Grades", eingestuft worden sei und die Sachverständige keine Begründung abgegeben habe, wie sie auf diese Diagnose bei gegebener Befundlage komme. Gänzlich außer Acht gelassen worden sei der von der Beschwerdeführerin vorgelegte Befund einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 07.06.2018, worin eine Verschlechterung hin zu einer schweren Depression diagnostiziert worden sei. Diese Diagnose würde sogar eine Einstufung nach der Positionsnummer 06.03.03 "Depressive Störung schweren Grades" mit einem Mindestgrad der Behinderung von 80% rechtfertigen. Die Beschwerdeführer macht auch geltend, dass sie entgegen den Ausführungen der Sachverständigen nicht sozial integriert sei, da sie mit Ausnahme zu ihrem Lebensgefährten und einer Freundin, jegliche soziale Kontakte abgebrochen habe. Es sei ihr nicht möglich soziale Kontakte, die über die wesentlichen Dinge des häuslichen Lebens hinausgehen, zu pflegen.
Dazu ist auszuführen, dass sich die Gutachterin im Sachverständigengutachten vom 18.06.2018 ausführlich mit den psychischen Leiden der Beschwerdeführerin und den sozialen Auswirkungen dieser Erkrankung auseinandergesetzt hat. Die "Depressive Störung" ist als Leiden 1, Pos. Nr. 03.06.01, mit einem Grad der Behinderung von 30 vH gewertet. Begründend wurde nachvollziehbar ausgeführt, dass eine Einstufung 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz erfolgt ist, da eine medikamentöse und fachärztliche Stütze erforderlich ist und bei der Beschwerdeführerin eine beginnende soziale Rückzugstendenz besteht, die Beschwerdeführerin aber noch integriert ist. Den Argumenten der Beschwerdeführerin in deren Stellungnahme vom 19.06.2018 kontert die Sachverständige in der Stellungnahme vom 18.07.2018 damit, dass das von der Beschwerdeführerin nachgereichte Schreiben keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich noch nicht berücksichtigter, behinderungswirksamer Gesundheitsschäden beinhaltet. Insbesondere konnte eine depressive Störung schweren Grades anlässlich der ho Untersuchung gerade eben nicht objektiviert werden. Stationäre Aufenthalte an einer psychiatrischen Abteilung sind ebenfalls nicht befundbelegt. Soziale Rückzugstendenzen wurde im Leiden berücksichtigt, ebenso wie die medikamentöse und fachärztliche Stütze.
Diese Ansicht vermag die Beschwerdeführerin auch mit ihren Ausführungen in der Beschwerde nicht zu entkräften. Darin macht sie leidglich erneut geltend, dass die Einstufung ihrer psychischen Leiden zu gering erfolgt sei, da starke Rückzugstendenzen vorliegen und sie größere Menschenansammlungen meiden müsse. Es sei nicht richtig, dass sie noch sozial integriert sei, da sie nur mehr Kontakt zu ihrem Lebensgefährten, einer Freundin und ihren Ärzten habe. Die Beschwerdeführerin legte aber keinerlei Befunde vor, die geeignet wären, an der Richtigkeit des gegenständlichen Sachverständigengutachtens Zweifel aufkommen zu lassen.
Hinsichtlich des Reizdarmsyndroms führt die Beschwerdeführerin sowohl in ihrer Stellungnahme vom 19.06.2018 als auch in der Beschwerde aus, dass ihr Ernährungszustand sehr beeinträchtigt sei. Sie leide auch an Nahrungsmittelunverträglichkeiten und habe bereits 15 kg abgenommen. Sie wiege bei einer Körpergröße von 1,63 m nur mehr 48kg. Dies sei auch den von ihr vorgelegten Befunden vom 06.06.2018 und 30.05.2018 zu entnehmen. Die Leiden und Symptome seien im Sachverständigengutachten nicht ausreichend berücksichtigt und gewürdigt worden. Aufgrund der von ihr in den vorgelegten Befunden einwandfrei festgestellten Symptomen sei die Erkrankung richtigerweise unter Positionsnummer 07.04.05 mit einem Grad der Behinderung von 40 vH einzustufen.
Im Sachverständigengutachten vom 18.06.2018 werden die diesbezüglichen gesundheitlichen Probleme als Leiden 4 "Reizdarmsymptomatik", Pos. Nr. 07.04.04, mit einem Grad der Behinderung von 10 vH eingestuft. Begründend wurde ausgeführt, dass der untere Rahmensatz herangezogen wurde, da keine chronischen Schleimhautveränderungen vorliegen. Soweit die Beschwerdeführerin also eine Heranziehung der Positionsnummer 07.04.05 der Einschätzungsverordnung fordert, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Positionsnummer das Vorliegen von häufigen Durchfällen "mit" nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen erfordert. Chronische Schleimhautveränderungen, die eine höhere Einschätzung belegen würden, konnten aber bei der Begutachtung durch die Sachverständige eben nicht festgestellt werden.
In der Stellungnahme vom 19.06.2018 bemängelt die Beschwerdeführerin auch, dass die Sachverständige festgestellt habe, es gäbe zwischen den einzelnen Erkrankungen keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung. Die Meinung, dass zwischen einem Reizdarmsyndrom im Sinne einer somatoformen autonomen Funktionsstörung F45.32 und einer schweren Depression keine wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege, sei nicht nachvollziehbar. Da somatoforme Störungen körperliche Beschwerden sind, die sich nicht (hinreichend) auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen, sei es auch nicht verwunderlich, dass keine chronischen Schleimhautveränderungen vorliegen. Dazu ist zunächst einmal zu sagen, dass - wie bereits erwähnt - die Positionsnummer 07.04.05 der Einschätzungsverordnung das Vorliegen von Durchfällen "mit" nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen erfordert und dies im gegenständlichen Fall eben nicht gegeben ist. Hinsichtlich der Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung ist dem Sachverständigengutachten zu entnehmen, dass der führende Grad der Behinderung unter der Position 1 durch die Leiden 2-4 nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt. In der Stellungnahme vom 18.07.2018 führt die Sachverständige dazu ergänzend aus, dass die Leiden 2-4 deshalb nicht weiter erhöhen, da es sich um geringgradige Leiden handelt, welche keine Steigerung rechtfertigen.
In der Stellungnahme vom 13.07.2018 macht die Beschwerdeführerin auch geltend, dass die von ihr vorgebrachte Schlafstörung und das Burnout-Syndrom nicht Eingang in das Gutachten gefunden haben. Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen der Beschwerdeführerin sich unter Punkt "Derzeitige Beschwerden" im Sachverständigengutachten aufgenommen wurden, und auch in Entsprechung der Einschätzungsverordnung in der Folge rechtsrichtig beurteilt wurden (siehe dazu unten Punkt 3.). Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde keine aktuellen Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen herbeizuführen bzw. die geeignet wären, eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und die allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnten.
Die Beschwerdeführerin ist daher den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Insoweit in der Beschwerde die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten der Neurologie, Chirurgie und Interne beantragt wird, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.06.1997, 96/08/0114 ausgeführt hat, dass die Behörden im Zusammenhang mit der Einschätzung des Grades der Behinderung verpflichtet sind, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Es besteht jedoch kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an.
Das seitens der belangten Behörde eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten ist schlüssig und berücksichtigt sämtliche Einwendungen und die von der Beschwerdeführerin vorlegten Befunde.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens. Dieses seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten vom 18.06.2018 sowie die Stellungnahme der Sachverständigen vom 18.07.2018 werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
3.1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
§ 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft. (§ 54 Abs. 12 BBG auszugsweise)
Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:
"Behinderung
§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Grundlage der Einschätzung
§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
..."
Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN).
Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.06.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung am selben Tag, sowie die Stellungnahme der Sachverständigen vom 18.07.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 30 vH beträgt.
Das führende Leiden ist als Leiden 1 "Depressive Störung" gemäß Positionsnummer 03.06.01 zu Recht mit 30 vH, also mit 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz eingestuft, da eine medikamentöse und fachärztliche Stütze erforderlich ist und bei der Beschwerdeführerin eine beginnende soziale Rückzugstendenz besteht, die Beschwerdeführerin aber noch integriert ist.
Die Sachverständige hat die "Entfernung der Gebärmutter" als Leiden 2 gemäß Positionsnummer 08.03.02 mit dem fixen Rahmensatz von 10 vH eingestuft.
Der "Zustand nach Metacarpale 4 Fraktur rechts" wurde als Leiden 3 gemäß Positionsnummer 02.06.26 mit 10 vH eingestuft.
Die "Reizdarmsymptomatik" ist als Leiden 4 gemäß Positionsnummer 07.04.04 zu Recht mit dem unteren Rahmensatz von 10 vH eingestuft, da ohne chronische Schleimhautveränderungen.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wird ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die Leiden 2-4 nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
Diese Bewertung des Gesamtgrades der Behinderung steht im Einklang mit den oben genannten rechtlich relevanten Vorgaben der Einschätzungsverordnung.
Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023). Gemäß § 3 Abs. 2 dritter Satz der Einschätzungsverordnung sind Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen insgesamt nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 30 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß der Beschwerdeführerin entspricht.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 vH sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 vH ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des eingeholten und nicht substantiell bestrittenen Sachverständigengutachtens geklärt.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W260.2205161.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.06.2019