TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/30 W202 2137882-1

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Veröffentlicht am 30.04.2019
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Entscheidungsdatum

30.04.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §53
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W202 2137882-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHLAFFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.09.2016, Zl. 247431008/160133094/BMI-BFA, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.04.2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das mit Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 09.10.2006, Zahl SD 810/06, ausgesprochene unbefristete Rückkehrverbot aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

Der Beschwerdeführer (BF), ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 22.10.2003 den ersten Antrag auf Asyl; als sein Geburtsdatum gab er den 30.5.1988 an. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 04.02.2004 gab er an, er sei am XXXX geboren, habe sich aber bei seiner Antragstellung "jünger gemacht", um eine Unterkunft zu bekommen und einen Antrag stellen zu können.

Mit Bescheid vom 05.02.2004 wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I 1997/76 (in der Folge: AsylG 1997) ab; gemäß § 8 AsylG 1997 erklärte es, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien sei zulässig.

Mit Erkenntnis vom 29.10.2010, C5 247.284-0/2008/21E, wies der Asylgerichtshof die Beschwerde gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I 126/2002 und § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I 101/2003 ab.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 22.02.2011, Zl. U 2742/10, wurde die Behandlung der gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofs erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144a B-VG abgelehnt.

Am 22.03.2011 stellte der Beschwerdeführer (neuerlich) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.04.2012 wurde der zweite Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und nach § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 seine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgesprochen (Spruchpunkt II.).

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.05.2012, Zl. C11 247.248-2/2012/3E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen.

Mit Bescheid der BPD Wiener Neustadt vom 26.3.2004, GZ: IV-1008197/FrB/04, wurde gegen den Beschwerdeführer ein bis 26.3.2014 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dem Aufenthaltsverbot lag eine Verurteilung des Landesgerichtes Wiener Neustadt zugrunde, wonach der Beschwerdeführer am 17.03.2004 wegen § 104 Absatz 1 und Absatz 3, 1. und 2. Fall FrG im Verfahren zu GZ: 41 E Hv 17/2004t rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate Freiheitsstrafe bedingt, Probezeit 3 Jahre, zugrunde.

Mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 20.3.2006 wurde der BF neuerlich wegen Schlepperei gemäß § 104 Absatz 1 und 3, 1. und 2. Fall FrG, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt.

Aufgrund der Folgeverurteilung wurde gegen den BF mit Bescheid der BPD Wien vom 30.6.2006 ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot erlassen.

Einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid wurde durch die damalige Berufungsbehörde, Sicherheitsdirektion Wien, mit Bescheid vom 19.10.2006 keine Folge gegeben, und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass das Rückkehrverbot unbefristet ausgesprochen wurde.

Mit Antrag des BF vom 26.01.2016 begehrte der BF die Aufhebung dieses durch die SID Wien unbefristet ausgesprochenen Rückkehrverbotes.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 02.02.2016 wurde dem BF nachweislich zur Kenntnis gebracht, dass das Bundesamt beabsichtige, seinen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes abzuweisen.

Mit Schreiben vom 18.02.2016 brachte der Beschwerdeführer dazu eine Stellungnahme ein.

Mit Bescheid des BFA vom 09.09.2016, Zl. 247431008/160133094/BMI-BFA, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 26.01.2016 auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid der BPD Wien, fremdenpolizeiliches Büro, vom 30.06.2006, Zl. III-1226402/FRB/06, erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG abgewiesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Das Bundesverwaltungsgericht führte in dieser Angelegenheit am 24.04.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Seit der zweiten Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens der Schlepperei im Jahre 2005 wurde der Beschwerdeführer nicht mehr straffällig. Er hat den Deutschkurs auf Niveau A2 erfolgreich absolviert, er spricht bereits sehr gut Deutsch. Solange er im Besitz eines Ausweises war, ging der Beschwerdeführer einer Arbeit nach, danach tätigte er lediglich Hilfsarbeiten. Derzeit ist der Beschwerdeführer in der Grundversorgung. Er verfügt über soziale Kontakte zu Österreichern und zu Indern, die schon lange in Österreich leben. In seiner Freizeit betreibt der Beschwerdeführer Krafttraining und spielt Fußball mit Freunden. Der Beschwerdeführer wohnt in 1150 Wien in Untermiete. Er verfügt über einen Arbeitsvorvertrag.

II. Beweiswürdigung

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten, hinsichtlich der Deutschkenntnisse legte der Beschwerdeführer ein entsprechendes Zertifikat vor, und konnte sich das erkennende Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung diesbezüglich ein Bild machen. Dass er über soziale Kontakte verfügt, ergibt sich aus den vorgelegten Unterstützungserklärungen, zur Untermiete legte der Beschwerdeführer eine Nutzungsvereinbarung vor, ebenso legte er einen Arbeitsvorvertrag vor. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet bereits einer Arbeit nachging, ergibt sich aus den vorgelegten Honorarnoten.

Die Einbeziehung in die Grundversorgung ergibt sich aus dem diesbezüglichen Auszug, der Umstand, dass der Beschwerdeführer seit seiner Verurteilung im Jahr 2005 nicht weiter straffällig wurde, aus einer eingeholten Strafregisterauskunft.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl I 1961/194, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl I 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl I 100/2005 idgF und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Zu A )

§ 53 FPG:

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

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1.-wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.-wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.-wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.-wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.-wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.-den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7.-bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.-eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.-an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

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1.-ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.-ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.-ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.-ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.-ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.-auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7.-auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8.-ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9.-der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.

§ 125 FPG

...

(16) Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

...

(25) Ausweisungen gemäß § 62 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 bleiben bis zur Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus dem Bundesgebiet aufrecht. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Rückkehrverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 60 Abs. 4 und 5 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben oder für gegenstandslos erklärt werden. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Aufenthaltsverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 69 Abs. 2 und 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben werden oder außer Kraft treten. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Einreiseverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 60 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2013 aufgehoben, verkürzt oder für gegenstandslos erklärt werden.

...

§ 60 FPG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012

...

(4) Das Rückkehrverbot wird gegenstandslos, wenn einem Drittstaatsangehörigen

----------

1.-der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird;

2.-der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde, ohne dass damit eine Ausweisung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 verbunden wurde.

(5) Das Rückkehrverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Entgegen den Ausführungen im Antrag sowie im angefochtenen Bescheid, wonach das mit dem genannten Berufungsbescheid der SID Wien ausgesprochene unbefristete Rückkehrverbot als unbefristetes Aufenthaltsverbot gegolten hätte, ist festzuhalten, dass zwar das erste Asylverfahren mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.10.2010 endete, das damalige Verfahren aber noch nach dem Asylgesetz 1997 zu führen war, was bedeutete, dass in diesem Verfahren keine Ausweisung erfolgte. Da die damalige Rechtslage aber eine durchsetzbare Ausweisung als Voraussetzung für den Umstand, dass ein Rückkehrverbot als Aufenthaltsverbot gilt, vorsah, ist weiterhin von einem Rückkehrverbot auszugehen. In der Folge wurde im Rahmen eines zweiten Asylantrages der Beschwerdeführer mit Rechtskraft des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 25.05.2012 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Damals wäre allenfalls in Betracht gekommen, dass das bestehende Rückkehrverbot als Einreiseverbot zu gelten hat (vgl. § 54 Abs. 9 FPG in der damals geltenden Fassung). Dem steht jedoch die zitierte Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 16 FPG entgegen, wonach vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (das war der 01.07.2011) erlassene Aufenthaltsverbote oder Rückkehrverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig bleiben. Es bestehen keine Zweifel daran, dass von dieser Bestimmung sämtliche - auch unbefristete - Aufenthalts- bzw. Rückkehrverbote nach § 60 bzw. § 62 FPG in der Fassung vor dem FräG 2011 erfasst sind. Von einer Überleitung in das neue Recht ist dabei nicht die Rede, weshalb das gegenständliche Rückkehrverbot nicht als Einreiseverbot zu gelten hat (vgl. VwGH 10.04.2014, Zl. 2011/22/0333). Dementsprechend ist im gegenständlichen Fall § 60 Abs. 5 FPG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 maßgeblich, wonach das Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben ist, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Nach der Judikatur kann eine Änderung der Rechtslage den Wegfall eines Grundes für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes darstellen und ist demnach bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung dieser Maßnahme zu berücksichtigen (VwGH 07.11.2011, Zl. 2012/18/0052). Gleiches muss aber auch für das im gegenständlichen Verfahren erlassene, unbefristete Rückkehrverbot gelten. Im gegenständlichen Fall ist daher die Aufrechterhaltung eines unbefristeten Rückkehrverbotes aufgrund der nunmehr geänderten Rechtslage nicht mehr zulässig, weil die Verurteilungen des Beschwerdeführers nicht unter die in § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 FPG angeführten, schwerwiegenden Tatbestände subsumiert werden könnten. Diesem Umstand ist insofern Rechnung zu tragen, dass nach Ablauf von 10 Jahren das Rückkehrverbot jedenfalls aufzuheben ist. Da im gegenständlichen Fall diese 10 Jahre bereits verstrichen sind, war das Rückkehrverbot gemäß § 60 Abs. 5 idF vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 aufzuheben (VwGH 10.04.2014, 2011/22/0333). Zudem ist festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer seit seiner letzten Verurteilung im Jahre 2006 wohlverhalten hat, womit auch insoferne unter Zugrundelegung der obigen Feststellungen davon auszugehen ist, dass die Gründe, die zur Erlassung des Rückkehrverbotes geführt haben, weggefallen sind.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Einreiseverbot, Rechtslage, Rückkehrverbot, strafrechtliche
Verurteilung, Zeitablauf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W202.2137882.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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