Entscheidungsdatum
02.05.2019Norm
ASVG §41aSpruch
W201 2008618-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard PAIL, Evangelische Kirchengasse 2, 7400 Oberwart, gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom XXXX betreffend Vorschreibung von Beiträgen, Sonderbeiträgen und Umlagen sowie Beiträgen zur Betrieblichen Vorsorge zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Bei der XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführerin) wurde eine GPLA für den Prüfzeitraum01.01.2008 bis 31.12.2012 vorgenommen.
2. Am XXXX erließ die Burgenländische Gebietskrankenkasse (in weiterer Folge: belangte Behörde) einen Bescheid, in dem festgestellt wurde, dass aus GPLA vom 26.08.2013 und dem Bezug habenden Prüfbericht für den Prüfzeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2012 aufscheinenden Nachverrechnungspositionen für die dort angeführten Dienstnehmer und Zeiten, allgemeine Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen sowie Beiträge zur betrieblichen Vorsorge in Gesamthöhe von € 40.196,43 unter Anlastung eines Beitragszuschlags gemäß § 113 Abs. 1 Z 4 ASVG im Ausmaß der gesetzlichen Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG im Betrag von €
7.085,21 an die Burgenländische Gebietskrankenkasse zu entrichten seien.
Unter Gliederungspunkt 1 des Sachverhaltes war die Nachverrechnung von Überstunden für Fahrtätigkeiten der Bauarbeiter mit dem firmeneigenen Fahrzeug dargestellt:
Im Rahmen der GPLA sei festgestellt worden, dass die Beschwerdeführerin - als Dienstgeberin - ihren Dienstnehmern, anstelle der Vergütung von Fahrtkosten, einen firmeneigenen PKW für Fahrten zu den von ihr betreuten Baustellen zur Verfügung gestellt habe. Die Dienstnehmer seien in Gruppen, welche idR drei bis fünf Personen umfassten, eingeteilt. Der Vorarbeiter jeder Gruppe übernehme im Namen der Übrigen ein Fahrzeug (Klein-LKW, Pritsche). Der Fahrer, welcher auch die Verantwortung für das Fahrzeug übernehme, werde von der Gruppe bestimmt. All diese Dienstnehmer seien im Besitz eines von der Dienstnehmerin ausgestellten Fahrausweises, welcher dazu berechtige, den firmeneigenen PKW zu lenken. Die Dienstgeberin bestimme den jeweiligen Reiseweg. Privatfahrten mit dem firmeneigenen PKW seien nicht erlaubt; in den Wintermonaten verblieben die Fahrzeuge bei den Dienstnehmern, die Kennzeichen würden hinterlegt. Für Fahrtätigkeiten würden die Dienstnehmer keine gesonderte Entlohnung erhalten. Arbeitsbeginn sei idR um 07:00 Uhr (auf den diversen Baustellen); Arbeitsende um 17:00 Uhr.
Aus den Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin seien zwar Angaben über die Baustellen, nicht aber die Fahrer ersichtlich und sei es aus Gründen, welche in der Sphäre der Dienstgeberin gelegen seien, nicht möglich gewesen, diese Aufstellung für die Prüfung der tatsächlichen Fahrzeiten jedes einzelnen Dienstnehmers heranzuziehen. Fahrtenbücher für die einzelnen Fahrzeuge seien nicht geführt worden.
Weiters waren namentlich jene 26 Dienstnehmer genannt, welche im Prüfzeitraum als Bauarbeiter beschäftigt gewesen seien.
Wenn der Dienstnehmer während der Reisezeit vollwertige Arbeitsleistungen erbringe, zB Fahren mit dem firmeneigenen PKW, liege eine vollwertige Arbeitszeit vor. In der Regel würden dabei Überstunden anfallen, welche inkl. Überstundenzuschläge abzugelten seien.
Zur Ermittlung der Fahrzeiten sei die vorgelegte Aufstellung über Baustellen in einer Entfernung von mehr als einer Stunde Fahrzeit (einfache Fahrt) und in Ergänzung dazu vorhandene Bautagebücher herangezogen worden. Der Prüfer habe folglich die in den jeweiligen Kalenderjahren für Fahrtätigkeiten mit dem firmeneigenen PKW anfallenden Überstunden auf alle im gegenständlichen Zeitraum auf Baustellen außerhalb des Firmensitzes beschäftigten Bauarbeiter der Beschwerdeführerin aufgeteilt, weil der Geschäftsführer nicht gewillt gewesen sei, die Namen des Lenkers/der Lenker des Firmenfahrzeuges (Mannschaftsbusses) mitzuteilen. Auch wenn für den Prüfer in lebensnaher Betrachtung feststehe, dass nicht jeder der "Bauarbeiterpartie" den Firmenbus lenke, sei er mangels Information über die Person des Lenkers dazu angehalten, die aus der Lenkzeit - weil Arbeitszeit - errechneten Überstundengrundlöhne und -zuschläge auf alle Bauarbeiter umzulegen. Für das Jahr 2009 seien insgesamt 760 Stunden errechnet worden, d.h. bei einer Anzahl von 15 im Kalenderjahr von der Beschwerdeführerin beschäftigten Bauarbeitern entfielen auf jeden einzelnen Dienstnehmer Überstunden im Ausmaß von 50,67 Stunden. Im Jahr 2010 entfielen bei einer Anzahl von 19 beschäftigten Bauarbeitern auf jeden einzelnen 57,68 Stunden; im Kalenderjahr 2011 seien insgesamt 864,5 Stunden Fahrzeit auf 15 Dienstnehmer und im Kalenderjahr 2012 insgesamt 1240 Stunden Fahrzeit auf 14 Dienstnehmer aufgeteilt gewesen. Die Beitragsgrundlagen für die Nachverrechnung der einzelnen Dienstnehmer im jeweiligen Kalenderjahr würden sich aus dem Durchschnittsstundenlohn (berechnet aus dem anzuwendenden kollektivvertraglichen Stundenlohn des jeweiligen Kalenderjahres addiert mit dem Vorjahresstundenlohn) addiert mit der Überstundenvergütung (Stundenlohn multipliziert mit 50% plus 30%) multipliziert mit der Anzahl der auf einen Dienstnehmer entfallenden Überstunden im jeweiligen Kalenderjahr ergeben. Die daraus resultierende Höhe der Beitragsgrundlage und der nachverrechnete Zeitraum seien aus der Beitragsabrechnung ableitbar. Von der für den jeweiligen Zeitraum errechneten Beitragsgrundlage seien 22,40% Dienstgeber- und 18,90% Dienstnehmer-Anteil, d.h. insgesamt 41,30 berechnet worden, woraus sich in Summe der nach zu verrechnende Betrag ergebe. Die angegebenen Prozentsätze seien im Beitragsgruppenschema (A1), herausgegeben vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, ersichtlich. Aus dem Beanstandungsgrund "Nichtbezahlung von Überstunden für Fahrten mit dem firmeneigenen PKW" ergebe sich ein Nachverrechnungsbetrag in Höhe von insgesamt € 31.901,12.
Dem Bescheid war eine namentliche tabellarische Auflistung zu dieser Berechnung angeschlossen. Unter Gliederungspunkt 2 bis 7 wurden weitere Nachverrechnungspositionen (Umstufung, Ausfallsentgelt, Sonderzahlungen für Ferialpraktikanten, Reisekosten, fehlerhafte Entgeltsberechnungen) dargestellt.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters Beschwerde. Das Vorbringen richtet sich lediglich gegen die unter Gliederungspunkt 1 dargestellte Nachverrechnung betreffend Fahrtätigkeiten. Dazu wird ausgeführt, es seien keine Feststellungen getroffen worden, wer das jeweilige Fahrzeug gelenkt habe. Es seien die Bauarbeiter zwar anzahlmäßig erfasst worden aber nicht nachvollziehbar und nicht aufgeschlüsselt nach Fahrzeit eine durchschnittliche Fahrzeit pro Bauarbeiter ermittelt worden. Es werde daher geltend gemacht, dass mangels nachvollziehbarer Begründung der Bescheid nur eine Scheinbegründung enthalte. Die Beschwerdeführerin habe in einer Stellungnahme ausdrückliche darauf hingewiesen, dass die von ihr zur Verfügung gestellten Fahrzeuge für die Fahrten von der Wohnung zur Baustelle genutzt würden und diese Fahrten keine Arbeitszeiten seien. Es handle sich um keine Dienstreise, da der Arbeitsantritt von zuhause aus erfolge und nicht vom Betriebsgelände aus. Auch sei kein Dienstnehmer mit dem Abholen der anderen Mitarbeiter und dem Lenken von Fahrzeugen für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte betraut worden. Bei den Fahrten habe es sich also um Wegzeiten und keine Arbeitszeiten gehandelt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde daher feststellen müssen, dass die Zurücklegung einer Strecke Wegzeit sei, welche durch die Fahrtkostenvergütung (Zurverfügungstellung eines Fahrzeuges) abgegolten sei.
4. Die belangte Behörde legte die Beschwerde am 02.06.2014 dem Bundesverwaltungsgericht vor und gab eine Stellungnahme ab, in der sie im Wesentlichen auf den Bescheid verwies. Die belangte Behörde habe mangels vollständig von der Beschwerdeführerin vorgelegter Unterlagen nicht feststellen können, wer Fahrer eines Fahrzeuges gewesen sei. Aus verfahrensökonomischen Gründen sei eine individuelle Nachkontrolle mit derart unzureichenden Unterlagen nicht möglich.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um ein Unternehmen des Geschäftszweiges Baumeistergewerbe. Für den Prüfzeitraum 01.01.2008 bis 31.12.2012 wurde bei der Beschwerdeführerin eine GPLA durchgeführt. Im verfahrensrelevanten Zeitraum waren 26 Bauarbeiter bei der Beschwerdeführerin beschäftigt. Jeder Arbeiterpartie (3 bis 5 Personen) wurde von der Beschwerdeführerin ein Firmenfahrzeug (zB Kabinenbus) für die Fahrten zu den Baustellen zur Verfügung gestellt. In der Regel waren insgesamt ca 4 Fahrzeuge im Einsatz. Einstellungsvoraussetzung bei der Beschwerdeführerin war der Besitz eines Führerscheins der Klasse B. Jedem Mitarbeiter wurde zusätzlich ein Fahrausweis durch die Beschwerdeführerin ausgestellt, der zum Lenken des Firmenfahrzeuges berechtigte. Die Einteilung der einzelnen Fahrzeuge wurde jeweils innerhalb der Partie vorgenommen. Privatfahrten mit dem Firmenfahrzeug waren nicht erlaubt. Wo die Fahrzeuge am Wochenende abgestellt waren konnte nicht festgestellt werden. Die Fahrzeuge waren jedenfalls nicht auf dem Firmengelände abgestellt. Auch in den Wintermonaten verblieben die Fahrzeuge bei der Partie, die Kennzeichen wurden jedoch hinterlegt. Fahrtenbücher wurden nicht geführt. Es konnten daher im Zuge des GPLA-Verfahrens von Seiten der Beschwerdeführerin keine Nachweise darüber erbracht werden, wer zu welchem Zeitpunkt ein Firmenfahrzeuge gelenkt hat. Für das Lenken der Fahrzeuge erhielten die jeweiligen Arbeiter kein Entgelt. Nicht von der Beschwerde umfasst waren die Gliederungspunkte 2 bis 7 des Bescheides.
2. Beweiswürdigung:
Die Ausführungen zum Verfahrensgang und den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Die Feststellungen zum Unternehmen ergeben sich aus dem Auszug aus dem Firmenbuch. Die Anzahl der betroffenen Arbeiter ergibt sich aus dem GPLA-Prüfungsakt. Sämtliche Feststellungen zum Einsatz der Firmenfahrzeuge (Zuweisung, Führerscheinerfordernis, Fahrausweis, Verbot der Privatfahrten, Fehlen von Fahrtenbücher, etc.) ergeben sich aus den Angaben des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin, die er im Zuge einer Niederschrift durch die GPLA-Prüfer am 20.03.2013 getätigt hat.
In der Niederschrift vom 20.03.2019 gab der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Herr XXXX , an, die vier Fahrzeuge der Beschwerdeführerin würden von den jeweiligen "Partien", die in der Regel aus drei bis fünf Personen bestehen, eigenständig betrieben. Ihm sei jedenfalls nicht bekannt, wer, zu welchem Zeitpunkt die Fahrzeuge lenke. Genauso wenig wisse er, wer allfällige Strafmandate zahle. Er vermute, die Partie, bezahle diese. Ob es je Verkehrsstrafen gegeben habe, wisse er ebenfalls nicht. Ihm sei auch nicht bekannt, wo die Fahrzeuge nach Dienstschluss abgestellt werden. In den Wintermonaten verblieben die Fahrzeuge auch bei der Partie und kämen nicht auf den Bauhof. Lediglich die Kennzeichen würden hinterlegt. Dies belegt im Zusammenhang mit der Aussage, dass es die mündliche Anweisung gebe, die Fahrzeuge nicht für private Zwecke nutzen zu dürfen, dass die Fahrzeuge nur im dienstlichen Einsatz verwendet werden. Herr XXXX gab weiter an, dass für die einzelnen Fahrzeuge keine Fahrtenbücher geführt werden. Diese Aussagen wurden im Rahmen der Schlussbesprechung am 16.07.2013 nochmals bestätigt.
Wenn nunmehr in der Beschwerdebemängelt wird, dass die belangte Behörde nicht erhoben habe, welche Fahrtzeiten von welchem Dienstnehmer zu welcher Baustelle erbracht wurden, ist dem entgegenzuhalten, dass derartige Feststellungen nur auf Grundlage von ordnungsgemäß geführten Fahrtenbüchern möglich sind. Da der Geschäftsführer auch unzweifelhaft aussagte, dass er nicht angeben könne, wer, welches Fahrzeug, zu welchem Zeitpunkt, gelenkt hat, kann der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, dass sie aufgrund dieser mangelhaften Angaben eine Schätzung vorgenommen hat.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zuständigkeit und Verfahren
§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit EinzelrichterInnenzuständigkeit vor.
3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde
Rechtliche Grundlagen:
Arbeitszeitgesetz:
§ 20b. (1) Reisezeit im Sinne der Abs. 2 bis 5 liegt vor, wenn der Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers vorübergehend seinen Dienstort (Arbeitsstätte) verlässt, um an anderen Orten seine Arbeitsleistung zu erbringen, sofern der Arbeitnehmer während der Reisebewegung keine Arbeitsleistung zu erbringen hat.
§ 10. (1) Für Überstunden gebührt 1. ein Zuschlag von 50% oder
2. eine Abgeltung durch Zeitausgleich. Der Überstundenzuschlag ist bei der Bemessung des Zeitausgleiches zu berücksichtigen oder gesondert auszuzahlen. (.....)
ASVG:
§ 41a. (1) Die Krankenversicherungsträger (§ 23 Abs. 1) haben die Einhaltung aller für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Tatsachen zu prüfen (Sozialversicherungsprüfung). Hierzu gehört insbesondere
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--die Prüfung der Einhaltung der Meldeverpflichtungen in allen Versicherungs- und Beitragsangelegenheiten und der Beitragsabrechnung,
--die Prüfung der Grundlagen von Geldleistungen (Krankengeld, Wochengeld, Arbeitslosengeld usw.),
--die Beratung in Fragen von Melde-, Versicherungs- und Beitragsangelegenheiten.
(2) Sind für einen Dienstgeber mehrere Krankenversicherungsträger zuständig, so hat die Sozialversicherungsprüfung jener Krankenversicherungsträger durchzuführen, in dessen Bereich sich die Betriebsstätte im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes 1988 befindet.
(3) Gemeinsam mit der Sozialversicherungsprüfung ist vom Krankenversicherungsträger auch die Lohnsteuerprüfung nach § 86 des Einkommensteuergesetzes 1988 durchzuführen. Der Prüfungsauftrag ist von jenem Krankenversicherungsträger zu erteilen, der die Prüfung durchführen wird.
(4) Für die Sozialversicherungsprüfung gelten die für Außenprüfungen (§ 147 der Bundesabgabenordnung) maßgeblichen Vorschriften der Bundesabgabenordnung. Bei der Durchführung der Lohnsteuerprüfung (§ 86 EStG 1988) ist das Prüforgan des Krankenversicherungsträgers als Organ des für die Lohnsteuerprüfung zuständigen Finanzamtes tätig. Das Finanzamt ist von der Prüfung und vom Inhalt des Prüfungsberichtes oder der aufgenommenen Niederschrift zu verständigen.
(5) Die Krankenversicherungsträger (§ 23 Abs. 1) haben den Finanzämtern der Betriebsstätte (§ 81 EStG 1988) und den Gemeinden alle für das Versicherungsverhältnis und die Beitragsentrichtung bedeutsamen Daten zur Verfügung zu stellen. Diese Daten dürfen nur in der Art und dem Umfang verarbeitet werden, als dies zur Wahrnehmung der gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung ist. Die Verarbeitung nicht notwendiger personenbezogener Daten (Ballastwissen, Überschusswissen) ist unzulässig. Personenbezogene Daten, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr benötigt werden, sind möglichst rasch zu löschen.
§ 42. (1) Auf Anfrage des Versicherungsträgers haben 1. die Dienstgeber,
2. Personen, die Geld- bzw. Sachbezüge gemäß § 49 Abs. 1 und 2 leisten oder geleistet haben, unabhängig davon, ob der Empfänger als Dienstnehmer tätig war oder nicht,
3. sonstige meldepflichtige Personen und Stellen (§ 36),
4. im Fall einer Bevollmächtigung nach § 35 Abs. 3 oder § 36 Abs. 2 auch die Bevollmächtigten,
längstens binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß Auskunft über alle für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände zu erteilen. Weiters haben sie den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen zu gewähren, die für das Versicherungsverhältnis von Bedeutung sind. Die Versicherungsträger sind überdies ermächtigt, den Dienstgebern alle Informationen über die bei ihnen beschäftigten oder beschäftigt gewesenen Dienstnehmer zu erteilen, soweit die Dienstgeber diese Informationen für die Erfüllung der Verpflichtungen benötigen, die ihnen in sozialversicherungs- und arbeitsrechtlicher Hinsicht aus dem Beschäftigungsverhältnis der bei ihnen beschäftigten oder beschäftigt gewesenen Dienstnehmer erwachsen.
(1a) Besteht der begründete Verdacht auf das Vorliegen eines Verhaltens, das Sozialbetrug im Sinne des § 2 SBBG darstellt, oder auf das Vorliegen eines Scheinunternehmens nach § 8 SBBG, so sind 1. die Bediensteten der Versicherungsträger berechtigt,
a) zur Durchführung ihrer Aufgaben die Betriebsstätten sowie die Aufenthaltsräume der DienstnehmerInnen zu betreten;
b) die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte von allen auf der Betriebsstätte anwesenden Personen, die mit Arbeiten an der Betriebsstätte beschäftigt sind, einzuholen;
2. die DienstnehmerInnen verpflichtet, auf Verlangen der Bediensteten der Versicherungsträger ihre Ausweise oder sonstigen Unterlagen zur Feststellung ihrer Identität vorzuzeigen;
3. die Dienstgeber oder ihre Bevollmächtigten verpflichtet, den Bediensteten der Versicherungsträger die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
Der Dienstgeber hat dafür zu sorgen, dass bei seiner Abwesenheit von der Betriebsstätte eine dort anwesende Person den Bediensteten der Versicherungsträger die erforderlichen Auskünfte nach Z 3 erteilt und Einsicht in die erforderlichen Unterlagen gewährt.
(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann auf Antrag des Versicherungsträgers die nach Abs. 1 auskunftspflichtigen Personen (Stellen) zur Erfüllung der dort angeführten Pflichten verhalten. Entstehen durch diese Maßnahmen der Bezirksverwaltungsbehörde dem Versicherungsträger besondere Auslagen (Kosten von Sachverständigen, Buchprüfern, Reiseauslagen u. dgl.), so kann die Bezirksverwaltungsbehörde diese Auslagen auf Antrag des Versicherungsträgers der auskunftspflichtigen Person (Stelle) auferlegen, wenn sie durch Vernachlässigung der ihr auferlegten Pflichten entstanden sind. Diese Auslagen sind wie Beiträge einzutreiben.
(3) Reichen die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht aus, so ist der Versicherungsträger berechtigt, diese Umstände aufgrund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe festzustellen. Der Versicherungsträger kann insbesondere die Höhe von Trinkgeldern, wenn solche in gleichartigen oder ähnlichen Betrieben üblich sind, anhand von Schätzwerten ermitteln.
(4) Die Versicherungsträger sind berechtigt, die zuständigen Behörden zu verständigen, wenn sie im Rahmen ihrer Tätigkeit zu dem begründeten Verdacht gelangen, daß eine Übertretung arbeitsrechtlicher, gewerberechtlicher oder steuerrechtlicher Vorschriften vorliegt.
§ 44. (1) Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) ist für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt:
1. bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6; (.....)
§ 539a. (1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.
(2) Durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.
(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.
(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.
(5) Die Grundsätze, nach denen 1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,
2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie
3. die Zurechnung
nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.
3.3. Auf den Fall bezogen:
Als Vorfrage ist hier zu klären, ob das Lenken der der Bauarbeiterpartie von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeuge zwecks Fahrten zu den Baustellen für den jeweiligen Lenker als Arbeitszeit zu werten ist.
Fest steht, dass die Bauarbeiter über Auftrag der Beschwerdeführerin an anderen Orten außerhalb des Firmensitzes (auf den jeweiligen Baustellen) ihre Arbeitsleistung zu erbringen hatten. Die Anreise zu diesen Baustellen erfolgte jeweils mit den durch die Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeugen.
Aus § 20b AZG in der Fassung BGBl. I 46/1997 lässt sich im Umkehrschluss ableiten, dass eine Arbeitszeit dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer während der Reisebewegung eine Arbeitsleistung zu erbringen hat.
In der Fassung BGBl. I Nr. 152/2015 lautete § 20b Absatz 6:
"Verlässt die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer über Auftrag der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers ihren/seinen Arbeitsort, um an anderen Orten ihre/seine Arbeitsleistung zu erbringen, wird aber während der Reisebewegung durch das angeordnete Lenken eines Fahrzeugs eine Arbeitsleistung erbracht, die nicht eine Haupttätigkeit der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers darstellt, darf die tägliche Arbeitszeit durch die Reisebewegung auf bis zu zwölf Stunden ausgedehnt werden."
In der letztzitierten Fassung ist daher zu erkennen, dass das angeordnete Lenken eines (Firmen-)Fahrzeuges eine Arbeitsleistung darstellt.
Unter "passiver" Reisezeit versteht man die Reisezeit in einem öffentlichen oder privaten Verkehrsmittel, ohne dass selbst gelenkt oder eine dienstliche Tätigkeit (Vor- und Nachbereitungsbereitungsarbeiten, Telefonbereitschaft, Arbeiten mit mobiler Technik usw.) ausgeführt wird. "Aktive" Reisezeit ist demnach die eigene Lenkzeit bzw. die dienstliche Tätigkeit während der Reise.
Von der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, dass sie keinen Dienstnehmer mit dem Abholen der anderen Mitarbeiter und dem Lenken von Fahrzeugen für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte beauftragt habe.
Aus der Niederschrift mit dem handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vom 20.03.2013 geht eindeutig hervor, dass jedem Vorarbeiter stellvertretend für seine Partie ein Firmenfahrzeug zugewiesen wurde und die Einteilung des Fahrers in weiterer Folge durch die jeweilige Partie eigenständig vorgenommen wurde.
Als Begriff der "Beauftragung" zum Lenken von Fahrzeugen ist jedoch nicht nur isoliert der dezidierte Auftrag der Beschwerdeführerin selbst an einen bestimmten Arbeiter zum Lenken des Fahrzeuges zu sehen.
Mit der Übergabe des Fahrzeuges an den Vorarbeiter geht (zumindest konkludent) der Wille des Übergebers einher, dass das Fahrzeug für die Fahrten zu den Baustellen Verwendung findet. Eine andere Form der Nutzung war mündlich ausdrücklich ausgeschlossen (keine Privatfahrten, Hinterlegung der Kennzeichen im Bauhof obwohl die Fahrzeuge anderwärts abgestellt waren).
Es ist lebensfremd anzunehmen, dass diese Fahrzeuge nicht zum Zweck der Erreichung des Arbeitsortes eingesetzt werden, zumal auf diesen Fahrten gerade bei Bauunternehmen auch benötigte Arbeits- oder Baumaterialen auf die Baustellen transportiert werden und die Fahrzeuge somit zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes erforderlich sind.
Auch wenn nach Übergabe des Fahrzeuges an den Vorarbeiter dieser und nicht die Beschwerdeführerin selbst einen anderen Arbeiter mit dem Lenken des Fahrzeuges beauftragt hat, so liegt eine Beauftragung vor, die jedenfalls der Beschwerdeführerin zuzurechnen ist.
Für das BVwG steht daher fest, dass eine Beauftragung zum Lenken der Firmenfahrzeuge vorgelegen ist und für den jeweiligen Lenker des Firmenfahrzeuges die zurückgelegten Fahrtzeiten als Arbeitszeit zu bewerten sind.
Wenn vorgebracht wird, dass die belangte Behörde zu ermitteln gehabt hätte, wer die Lenker der Firmenfahrzeuge gewesen sind, so entspricht diese Auffassung nicht dem Gesetz bzw. der Judikatur: Bei Verletzung von Aufzeichnungspflichten ist die Behörde/das Gericht nicht verpflichtet, aufgrund weitwendiger Ermittlungen die genaue Höhe des Entgeltes und der Beitragsgrundlagen zu erforschen. Eine Verpflichtung, vor einer Schätzung nach § 42 Abs 3 ASVG jedenfalls die Dienstnehmer über die geleisteten Arbeitszeiten zu befragen, besteht schon deshalb nicht, weil die Behörde keine Verpflichtung trifft, zum Zwecke der Rekonstruktion von Aufzeichnungen, die vom Dienstgeber rechtswidrigerweise nicht geführt wurden, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen. Das Gesetz erlaubt vielmehr, bei Fehlen solcher Unterlagen sogleich mit Schätzung vorzugehen, vgl. Erk vom 21.06.2000, Zl 95/08/0050 u.a.
Grundsätzlich wird eine Überprüfung der lohnabhängigen Abgaben anhand der vorgelegten
Unterlagen vorgenommen. Zu einer Schätzung kommt es immer dann, wenn die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände mit zu berücksichtigen die für die Schätzung von Bedeutung sind. Für den Sozialversicherungsprüfungsteil der GPLA gilt, dass wenn die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht ausreichen, der Prüfer berechtigt ist, diese Umstände aufgrund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber, sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe festzustellen (Binder in Geppert, Sozialversicherung in der Praxis, Kapitel 6.6.3.4).
Sinn der Schätzung im Abgabenverfahren ist es, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen, somit ein Ergebnis zu erreichen, von dem anzunehmen ist, dass es die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich hat; eine Schätzung darf jedenfalls nicht den Charakter einer Strafbesteuerung haben. Unter "ermitteln", "berechnen" im Sinne des § 184 Abs. 1 BAO ist eine präzise und exakte Ermittlung oder Berechnung der Grundlagen für die Abgabenerhebung zu verstehen. Ihrem Wesen nach handelt es sich bei der Schätzung um ein Beweisverfahren, bei dem der abgabenrechtlich relevante Sachverhalt mittels indirekter Beweisführung ermittelt werden soll; angesichts der Unbeschränktheit der Beweismittel (siehe auch S 166 BAO) ist daher auch jede zielführend erscheinende Schätzungsmethode anwendbar. Anlass für eine Schätzung kann jede Verletzung einer Mitwirkungspflicht sein; die Durchführung allenfalls möglicher, aber die Grenzen des vom Verfahrenszweck gebotenen und zumutbaren Aufwands überschreitender behördlicher Maßnahmen zur exakten Ermittlung zur Berechnung der Besteuerungsgrundlagen ist nicht erforderlich (Ellinger/lro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO zu § 184 Anm. 6,8,13).
Bei der Schätzung geht es im Unterschied zum Beweisverfahren nicht um die Ausforschung einzelner Ereignisse, Tatsachen oder Gegebenheiten, sondern es wird versucht global zu einer Basis für die Besteuerung zu kommen, die der Gesamtsumme der abgabenrechtlich relevanten Wirtschaftsvorgänge entspricht, ohne diese im Einzelnen erheben und nachweisen zu müssen. Es wird durch Wahrscheinlichkeitsschlüsse sowie durch begründetes Einbeziehen und Ausschließen von Möglichkeiten ermittelt. Das Ziel muss die sachliche Richtigkeit des gewonnenen Ergebnisses sein. Je geringer die Anhaltspunkte, von denen auch schlüssige Folgerungen gezogen werden können, desto größer sind naturgemäß die Unsicherheiten, desto weiter kann sich das Schätzungsergebnis vom tatsächlichen Geschehen entfernen. Wer zu Schätzung begründeten Anlass gibt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Unsicherheit hinnehmen. Eine Fehlertoleranz - im Ergebnis (nicht im Verfahren und Denkvorgang) - muss aus der Schätzung immanent angenommen werden (VwGH 21.05.1980, 0779/79, 25.02.2004, 2003/13/0147). Es liegt im Wesen einer Schätzung, dass eine Beweisführung für ein bestimmtes Ergebnis nicht möglich ist (VwGH 30.1 1.1989, 88/13/0177; 08.04.1992, 90/13/0045). Der Schätzungsprozess enthält sowohl eine Sachfragenlösung als auch eine Rechtsfragenlösung (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, aaO, E25).
Die Schätzung muss auf allen tatsächlichen Feststellungen, die nach Lage des Falles tunlich waren, schlüssig aufgebaut sein; die Behörde ist verpflichtet, den Sachverhalt mit allen Mitteln, deren Anwendung ihr unter gegebenen Umständen zugemutet werden kann, zu erforschen (Ellinger, aaO, E 370 u 372), was gegenständlich jedenfalls geschehen ist. In Schätzungsfällen ist zu begründen, von welchen Ermittlungsergebnissen die Abgabenbehörde bei der Schätzung ausgegangen ist, auf welche Weise sie zu den Ermittlungsergebnissen gekommen ist, welche Schlussfolgerungen tatsächlicher Art aus den Ermittlungsergebnissen gezogen wurden und auf Grund welche Überlegungen dies geschah; die Begründung hat die für die Schätzungsbefugnis entsprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zu Grunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzergebnisse darzulegen (Ellinger, aaO, E 397, 398, 400).
Nach der Judikatur ist bei einer Schätzung die Methode, die der Schätzung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen (vgl. VwGH 95/15/0260). Diese Anforderungen erfüllte der Bescheid der belangten Behörde. Die belangte Behörde legte in ihrem Bescheid auf den Seiten 3 und 4 ausführlich dar, welche Parameter sie ihren Schätzungen zugrunde gelegt hat und wie die Berechnung der Beiträge erfolgte. Weitere - tiefergehende - Rechenvorgänge ergeben sich in weiterer Folge aus der Anlage zum Bescheid.
Entgegen den Beschwerdeausführungen ist es auch nicht Aufgabe der belangten Behörde, durch weitwendige Befragungen die Lenker der Firmenfahrzeuge an einzelnen Tagen über mehrere Jahre hinweg zu erheben und der Entscheidung zugrunde zu legen. Es wäre vielmehr - wie bereits ausgeführt - Pflicht der Beschwerdeführerin gewesen, entsprechende Fahrtenbuchaufzeichnungen zu führen.
Mangels geeigneter Aufzeichnungen (zB Fahrtenbuch) war es der belangten Behörde auch nicht möglich, zu ermitteln, welcher Ort Ausgangspunkt der Fahrten zu den Baustellen war. Selbst die Beschwerdeführerin konnte nicht angeben, wo sich ihre Fahrzeuge nach Arbeitsende befunden haben. Dies war ihr, ihren eigenen Angaben zufolge, schlicht unbekannt.
Es war daher auch im gegenständlichen Fall zulässig, dass die belangte Behörde für die Ermittlung der Fahrtzeiten eine Aufstellung der Beschwerdeführerin herangezogen hat, welche Baustellen sich im Umkreis von mehr als einer Stunde Fahrtzeit von der Beschwerdeführerin entfernt befunden haben. Die oben zitierte Fehltoleranz ist daher auch für diese Berechnung der Fahrtzeit anzuwenden.
Die von der belangten Behörde vorgenommene Gesamtbetrachtung, für die einzelnen überprüften Jahre eine fiktive Stundenzahl zu errechnen und auf alle Bauarbeiter die zum Lenken der Firmenfahrzeuge berechtigt gewesen wären, aufzuteilen war daher im Sinne der oben zitierten Judikatur zulässig.
Gemäß § 60 AVG in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. Dem Telos dieser Bestimmung entsprechend muss zum einen die Begründung so gestaltet sein, dass der Bescheidadressat über die für die Entscheidung der Behörde maßgebenden Erwägungen ausreichend und nachvollziehbar informiert wird, sodass er in der Lage ist, sie eventuell zu entkräften und Gegenargumente vorzubringen, und andererseits den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts eine nachprüfende Kontrolle ermöglichen (VwGH vom 16.05.2013, 2012/06/0079).
Der Modus zur Errechnung der Nachverrechnungsbeträge in Bezug auf das Lenken von Firmenfahrzeugen wurde von der belangten Behörde auf den Seiten 2 bis 4 des angefochtenen Bescheides detailliert dargelegt. Die Rechenvorgänge befinden sich nachvollziehbar in der Anlage zum Bescheid. Eine Scheinbegründung - wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht - liegt nicht vor.
Die rechnerische Richtigkeit der genannten Berechnungen wurde von der Beschwerdeführerin nicht beanstandet, auch von Seiten des BVwG konnten keine offensichtlichen Rechenfehler festgestellt werden.
Nicht von der Beschwerde umfasst waren die Gliederungspunkte 2 bis 7 (Umstufung, Ausfallsentgelt, Sonderzahlungen für Ferialpraktikanten, Reisekosten, fehlerhafte Entgeltsberechnungen).
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde abzuweisen.
3.4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Ungeachtet eines entsprechenden Antrags kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG die Durchführung einer Verhandlung auch dann unterbleiben, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 GRC nicht entgegenstehen:
Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von- der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.
Gemäß Art. 47 Abs. 2 GRC hat zwar jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Die in § 21 Abs. 7 BFA-VG vorgesehene Einschränkung der Verhandlungspflicht iSd Art. 52 Abs. 1 GRC ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch zulässig, weil sie eben - wie in der GRC normiert - gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt des in Art. 47 Abs. 2 GRC verbürgten Rechts achtet. Das Absehen von einer Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt festgestellt werden kann, ohne dass der Entfall der mündlichen Erörterung zu einer Verminderung der Qualität der zu treffenden Entscheidung führt, trägt zur Erreichung dieses Zieles bei. Damit erfüllt die in § 21 Abs. 7 BFA-VG vorgesehene Einschränkung auch die im letzten Satz des Art. 52 Abs. 1 GRC normierte Voraussetzung (vgl. dazu auch VfGH 14.3.2012, U 466/11 ua.).
Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 12 GRC auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten, und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 8.2.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).
Der VwGH hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, ZI. Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Umgelegt auf den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes die Grundlage des bekämpften Bescheides nachvollziehbar ist. Die Beschwerde bringt keine wesentlichen neuen Aspekte vor, eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt.
Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen und ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren vorangegangen. Mangels Vorliegens von Unterlagen war die belangte Behörde angehalten, die Beiträge im Schätzungswege zu ermitteln. Zudem wäre die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geeignet gewesen, die fehlenden Unterlagen zu rekonstruieren (unter Verweis auf Erk vom 21.06.2000, Zl 95/08/0050).
4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Arbeitszeit, Beitragsnachverrechnung, Fahrzeit, Nachweismangel,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W201.2008618.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.06.2019