TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/9 W264 2209364-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.05.2019
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Entscheidungsdatum

09.05.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W264 2209364-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 13.9.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist seit XXXX Inhaber eines Behindertenpasses mit einem seit 2014 eingetragenen Grad der Behinderung von 70 von Hundert (in der Folge v.H.).

Am 20.3.2018 stellte er beim Sozialministeriumservice (in der Folge "belangte Behörde" genannt) einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sowie "TrägerIn einer Prothese" mittels eines von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten Antragsformulars, verfasste eine Stellungnahme dazu und legte medizinische Unterlagen vor.

Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.4.2018 erstatteten Gutachten vom 24.6.2018 stellte der medizinische Sachverständige Dr. XXXX folgende Gesundheitsschädigungen fest:

1. Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Myocardinfarkt 04/2010, Zustand nach Stenting, Bluthochdruck

2. Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit diabetischer Nephropathie

3. Gonarthrose rechts und Zustand nach Kniegelenksersatz links

4. Degenerative Veränderung der Wirbelsäule

5. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

6. Gastroösophagealer Reflux bei Hiathushernie

7. Zustand nach minor Stroke mit Hirnstammsymptomen

8. Latente Hyperthyreose bei Rezidivstruma nodosa

9. Periphere arterielle Verschlusskrankheit mit arteriosklerotischen Plaques

10. Geringe Schließmuskelschwäche, Analmarisken

11. Zustand nach Gallenblasenentfernung

Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hielt der Sachverständige fest, dass beim Beschwerdeführer keine höhergradige Funktionsstörung der unteren Extremitäten vorliege. Es fänden sich im klinischen Befund keine signifikanten motorischen Ausfälle. Der Beschwerdeführer könne auch unter Verwendung eines Stockes eine Strecke von mehr als 300 Meter zu Fuß ohne überdurchschnittliche Kraftanstrengung, ohne große Schmerzen und ohne fremde Hilfe zurücklegen. Es seien keine Behelfe erforderlich, die das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung unter Verwendung von Aufstiegshilfen und Haltegriffen in einem öffentlichen Verkehrsmittel wesentlich beeinträchtigen. Ein Herzleiden, welches eine hochgradige Einschränkung der Auswurfleistung zur Folge hat und eine signifikante Belastungsstörung verursacht, könne bei der klinischen Untersuchung und aufgrund der vorliegenden Befunde nicht ermittelt werden. Eine völlige Stuhlinkontinenz werde nicht befunddokumentiert (siehe Defäkographie-Befund). Es lägen keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen und intellektuellen Funktionen vor; die Gefahreinschätzung im öffentlichen Raum sei gegeben. Es bestehe keine massive hochgradige Atemnot schon bei geringster Belastung und keine Indikation für eine Langzeitsauerstofftherapie.

Die belangte Behörde übermittelte das genannte Gutachten dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.6.2018 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte ihm die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb einer Frist von drei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

In einer Stellungnahme vom 3.7.2018, welche am 6.7.2018 bei der belangten Behörde einlangte, führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, keinesfalls eine Gehstrecke von mehr als 300 Meter zurücklegen zu können. Seine Zyste in der rechten Kniekehle schwelle auf Handballengröße an und verursache erhebliche Beschwerden. Er habe deshalb die Pflegestufe 2. Auch mit einem Rollator sei es ihm nicht möglich zu einem öffentlichen Verkehrsmittel zu gelangen. Seit seinem Schlaganfall leide er an einer erheblichen Sturzneigung, die der Beschwerdeführer nur aufgrund seiner Geschicklichkeit kompensieren könne. Eine Knochendichtemessung vom 17.5.2018 habe eine erhöhte Hüftbruchgefahr und die Notwendigkeit einer Injektionstherapie mit Ibandronsäure ergeben.

Die belangte Behörde ersuchte den befassten fachärztlichen Sachverständigen um eine ergänzende Stellungnahme, welche dieser am 12.9.2018 erstattet.

Darin führte er aus, wie folgt:

"Es werden folgende neue Befunde vorgelegt:

1) Densiometriebefund vom 17.05.2018/Ergebnis: Osteoporose: T-Score -2,7 (Schenkelhals rechts,

2) Gebrauchsinformation über die Anwendung von Ibandronsäure 3 mg,

Die neu vorgelegten Befunde enthalten keine Beschreibung eines höheren Funktionsdefizites, als anlässlich der hierorts durchgeführten physikalischen Untersuchung ermittelt wurde und sohin kann keine Änderung der unter lf. Nr. 3) und 4) erfassten Veränderung am Stützapparat erfolgen. Auch hinsichtlich der Mobilitätseinbuße liegen keine Befunde vor, die eine hochgradige Beeinträchtigung der Gehleistung widerspiegeln, welche eine Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel zur Folge hätte.

Von Seiten des Herz- und Lungenleidens werden keine neuen Befunde vorgebracht, die vom Ermittlungsergebnis abweichen und eine Änderung in Kalkül zur Folge hätten.

Bei Fehlen abweichender objektive medizinische Befunde muss an der Entscheidung festgehalten werden."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13.9.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab und stützte sich begründend auf das ärztliche Begutachtungsverfahren in welchem der Allgemeinmediziner Dr. XXXX als Sachverständiger beigezogen wurde und welches ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.

Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid das nach Untersuchung am 12.4.2018 erstattete Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 24.6.2018 und die ergänzende Stellungnahme Dris. XXXX vom 12.9.2018 in Kopie an.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die gegenständliche Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.

Darin brachte er im Wesentlichen vor, Schmerzen aufgrund seiner Gonarthrose im Knie zu haben und nur eine Wegstrecke von etwa 180 Meter ohne starke Schmerzen zurücklegen könne. Ab dann schwelle seine Zyste an, was von Dr. XXXX übersehen worden sei. Zu Hause benötige er wegen der exzessiven Sturzneigung eine Gehhilfe. Die Wegstrecke zur Haltestelle der Linie 38 betrage 980 Meter.

Mit seiner Beschwerde übermittelte der Beschwerdeführer den Arztbrief der Gruppenpraxis XXXX , Fachärzte für Innere Medizin und Kardiologie und Angiologie vom 23.2.2015 sowie ein Medikamenten-Rezept, ausgestellt vom Fachazrt für Lungenkrankheiten Dr. XXXX vom 12.10.2018.

Die belangte Behörde legte den bezughabenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo dieser am 13.11.2018 einlangte.

Zur Überprüfung der Einwendungen des Beschwerdeführers wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin, basierend auf der Aktenlage, von Dr. XXXX eingeholt:

(Es folgt nachstehend ein Auszug aus dem gerichtlichen Auftrag

an die medizinische Sachverständige):

"Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses und begehrt die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 13.9.2018 wurde dieser Antrag abgewiesen (basierend auf dem im dem bekämpften Bescheid vorangegangenen Ermittlungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin vom 24.6.2018 sowie der Stellungnahme vom 12.9.2018).

Der Beschwerdeführer bringt vor, wegen Schmerzen aufgrund der Gonarthrose, Knieendoprotese sei er lediglich zu einer Gehstrecke von etwa 180 m ohne starke Schmerzen fähig, danach gebe es eine Anschwellung und müsse er einen Klappsessel mitführen. Wegen seiner Sturzneigung verwende er zuhause eine Gehhilfe und sei er am 23.10. ohne Stock gestürzt und habe sich eine Rippe dabei angeknackst.

Der Beschwerdeführer brachte als Beweismittel einen Arztbrief älteren Datums ein, nämlich den Arztbrief der FÄ für Innere Medizin und Kardiologie und Angiologie vom 23.2.2015 bei sowie eine Verschreibung von SPIRIVA LSG RESPIMAT 2,5MCG des FA für Lungenkrankheiten vom 12.10.2018.

Der Beschwerdeführer wurde am 12.4.2018 von Dr. XXXX persönlich untersucht. So aus fachlicher Sicht nicht eine neuerliche persönliche Untersuchung als notwendig erachtet werden sollte, ergeht das höfliche Ersuchen um

Erstellung eines Aktengutachtens

und unter Beachtung der vorgelegten Beweismittel um Beantwortung folgender Fragen:

Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des VwGH entwickelten Beurteilungskriterien zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind Funktionseinschränkungen relevant, welche die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Nach der Judikatur des VwGH zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse: 300 m bis 400 m) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert.

a) Ist dem Beschwerdeführer das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300m bis 400m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und allenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln möglich?

b) Sind allenfalls für die Zurücklegung einer Wegstrecke benötigte Behelfe für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwerend?

c) Es möge eine Stellungnahme zu Art und Ausmaß dem von dem Beschwerdeführer in der Beschwerde Vorgebrachten (Sturzneigung, Notwendigkeit einer Gehhilfe) sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gegeben werden.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen.

a) Ist es dem Beschwerdeführer möglich, Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen zu überwinden?

b) Sind aufgrund der bei dem Beschwerdeführer festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt zu befürchten?

Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen.

Therapiefraktion - das heißt, keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des behandelnden Arztes ist nicht ausreichend.

Zur Zumutbarkeit eventueller therapeutischer Maßnahmen möge bitte Stellung genommen werden.

c) Es wird ersucht auszuführen, in welchem Ausmaß die Funktionseinschränkungen sich diese auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken.

Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor? (Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bänder an, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen).

d) Liegen beim Beschwerdeführer erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten vor?

Im Beschwerdeschriftsatz werden auch Schmerzen thematisiert und zur Belastbarkeit des Beschwerdeführers wird im Beweismittel vom 23.10.2015 zu einem ergometrischen Arbeitsversuch ausgeführt.

e) Es möge bitte erhoben werden, ob in der Beschwerde etwa Schmerzen vorgebracht werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch Beeinflussung der Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers oder durch Beeinflussung seiner cardiopulmonalen Belastbarkeit erheblich erschweren und somit die vorgebrachten Schmerzen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Einfluss haben. Es ist hierbei auf die Entscheidung des VwGH vom 20.10.2011, 2009/11/0032, hinzuweisen, wo das Höchstgericht ausgesprochen hat, dass im behördlichen Ermittlungsverfahren Art und Ausmaß von Schmerzen und der Umstand, inwieweit ein Beschwerdeführer dadurch an der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gehindert ist, zu erheben sind, um feststellen zu können, ob einem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tatsächlich zumutbar ist.

f) Es möge mitgeteilt werden, ob der Beschwerdeführer Schmerzmittel einnimmt und gegen welches seiner Leiden diese Linderung verschaffen sollen.

g) Liegt beim Beschwerdeführer eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor?

Sollte aus gutachterlicher Sicht die Beiziehung weiterer Sachverständigen aus anderen Teilbereichen der Medizin oder eine neuerliche Untersuchung für erforderlich erachten werden, so wird ersucht, dies dem Bundesverwaltungsgericht mitzueilen.

Sollte auf die Beiziehung weiterer Sachverständigen aus anderen Teilbereichen der Medizin aus gutachterlicher Sicht verzichtet werden, so möge dies im erbetenen Gutachten bitte kurz begründet werden."

Die medizinische Sachverständige Dr. XXXX wurde auch auf die Neuerungsbeschränkung des § 46, 3. Satz BBG hingewiesen, wonach ab 13.11.2018

(Einlangen der Beschwerdevorlage im Bundesverwaltungsgericht) keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden dürfen. Die Sachverständige wurde im Hinblick auf die Neuerungsbeschränkung ersucht, bloß die Befunde hinsichtlich jene Leiden, welche in den Sachverständigengutachten vom 24.6.2018 und vom 12.9.2018 anamnestisch angegeben und / oder gutachterlich berücksichtigt sind, als relevant anzusehen und Unterlagen welche nachgereicht werden, als "bei der Untersuchung am XX vorgelegt" zu bezeichnen / kennzeichnen und dem Akt zwar anzuschließen, aber in der gutachterlichen Beurteilung nicht zu berücksichtigen.

Die Sachverständige Dr. XXXX erstattete das angeforderte Aktengutachten vom 19.2.2019.

(Es folgt nachstehend ein Auszug aus dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten der medizinischen Sachverständigen):

"...

Diagnosen:

1. Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Myokardinfarkt04/2010, Zustand nach Stenting, Bluthochdruck

2. Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit diabetischer Nephropathie

3. Gonarthrose rechts und Zustand nach Kniegelenkersatz links

4. Degenerative Veränderung der Wirbelsäule

5. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

6. Gastroösophagealer Reflux bei Hiatushernie

7. Zustand nach minor stroke mit Hirnstammsymptomen

8. Latente Hyperthyreose bei Rezidivstruma nodosa

9. Periphere arterielle Verschlusskrankheit mit arteriosklerotischen Plaques

10. Geringe Schließmuskelschwäche, Analmarisken

11. Zustand nach Gallenblasenentfernung

Therapie:

Zanidip 10, Diamicron 30, Doxazosin 8, TASS 100, Metformin 500, Blopress plus 32/12,5; Esomeprazol, Ulsal, Thyrex, Vasatrel, Ebrantil, Concor

Befunde und Unterlagen im Akt:

• Intern. kard. angiolog. Gruppenpraxis Dr. XXXX - Dr. XXXX - Dr. XXXX 23.02.2015:

Diagnosen:

Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus, Reflux, Minorstroke mit Hirnstammsymptomen, Z.n. HW STEMI,hypertonie, lat Hyperthyreose, Knieendoprothese links, Gonarthrose rechts Ergometrie:

Abbruch bei 84 Watt (71%) wegen muskulärer Erschöpfung, regelrechte RR-Regulation in Ruhe und bei Belastung, keine VES, vermehrt SVES, keine AP-Symptomatik

Ko in 4 Monaten

TH:

Blopress, Thyrex, Zanidip, Diamicron, Doxazosin, TASS, Sortis, Concor, Metformin, Nexium, Ebrantil

• Rezept Dr. XXXX 10/18: Spiriva

• SVGA 04/18 und Stellungnahme 09/18

• Stellungnahme Herr XXXX 10/18 (Auszug):

Aufgrund der Schmerzen bei Gonarthrose könnte lediglich eine Wegstrecke von 180m ohne starke Schmerzen zurückgelegt werden.

Zu Hause würde eine Gehhilfe aufgrund von Sturzgefahr verwendet werden. Die Wegstrecke von der Haustür bis zu einer Haltestelle würde 980 m betragen.

Gutachterliche Stellungnahme

Ad a)

Trotz der Gonarthose und des Kniegelenkersatzes, sowie der übrigen Funktionseinschränkungen, kann eine kurze Wegstrecke unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels ohne fremde Hilfe zurückgelegt werden.

Ad b)

Da es sich bei den Behelfen um einfache Hilfsmittel handelt, wirken sich diese nicht erschwerend auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus.

Ad c/ab)

Trotz der Funktionseinschränkung aufgrund der Gonarthose und des Kniegelenkersatzes, sowie der übrigen Funktionseinschränkungen, sowie der beschriebenen Sturzneigung und der beschriebenen Schmerzen sind das sichere Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels ohne fremde Hilfe, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport gewährleistet. Niveauunterschiede können ausreichend sicher überwunden werden. Das Ein- und Aussteigen, das Anhalten, das Fortbewegen und Stehen im Verkehrsmittel, sowie die Sitzplatzsuche können ausreichend sicher erfolgen. Der sichere Transport ist gewährleistet, Ausreichend sicherer Stand und Gang. Ausreichend gute körperliche Belastbarkeit.

Therapeutische Optionen in Form von medikamentöser sowie Physiotherapie sind nicht voll ausgeschöpft, keine analgetische Therapie etabliert.

Sowohl medikamentöse, als auch Physiotherapie sind zumutbar.

Ad c/c)

Trotz der Funktionseinschränkung im Bereich beider Kniegelenke und der Wirbelsäule, sowie der Kardiopulmologischen Funktionseinschränkung und der Funktionseinschränkung bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit und der Ateriosklerose sind das sichere Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ohne fremde Hilfe, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport gewährleistet.

Erhebliche Einschränkungen der Funktion der unteren Extremitäten liegen nicht vor.

Ad d)

Erhebliche Einschränkungen der Funktion der oberen Extremitäten liegen nicht vor.

Ad e)

Die vorgebrachten Schmerzen im Bereich beider Kniegelenke wären durch analgetische Medikation zu minimieren, derzeit ist laut vorliegender Unterlagen keine analgetische Therapie etabliert.

Die vorgebrachten Schmerzen haben keinen Einfluss auf die Benützbarkeit der Öffentlichen Verkehrsmittel. Die zumutbare therapeutische Option ist bei Weitem nicht ausgeschöpft.

Die körperliche Belastbarkeit ist ausreichend gut, um eine kurze Wegstrecke ohne fremde Hilfe zurückzulegen trotz der kardiopulmunalen Funktionseinschränkung

Laut Ergometrischem Arbeitsversuch besteht eine regelrechte HF- und RR Regulation, keine AP-Symptomatik.

Eine kardiopulmonale Funktionseinschränkung mit erheblich verminderter körperlicher Belastbarkeit, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschwert, ist aus dem vorgelegten Befund nicht abzuleiten

Ad f)

Laut vorliegenden Unterlagen ist keine analgetische Therapie etabliert.

Es werden keine Schmerzmittel eingenommen.

Ad g)

Es liegt keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor.

Eine kardiale Funktionseinschränkung mit einer hochgradigen Einschränkung der Auswurfleistung, welche eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit verursachen würde ist aus den vorliegenden Unterlagen nicht objektivierbar.

Eine pulmonale Funktionseinschränkung mit massiver Atemnot bei geringster Belastung und Sauerstoffpflichtigkeit, welche eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit verursachen würde, liegt laut den vorliegenden Unterlagen nicht vor.

Auf die Beiziehung weiterer Sachverständiger aus anderen Teilbereichen der Medizin kann aus gutachterlicher Sicht verzichtet werden, da die Funktionseinschränkungen in den vorliegenden Unterlagen ausreichend dokumentiert sind."

Mit Erledigung vom 7.3.2019 wurden sowohl dem Beschwerdeführer als auch der belangten Behörde das Sachverständigengutachten vom 19.2.2019 im Wege des Parteiengehörs mit der Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen vier Wochen ab Zustellung übermittelt.

Laut unbedenklichem Rückschein RSb wurde das Gutachten vom BF am Montag 11.3.2018 von einem Mitbewohner an der Adresse XXXX Wien übernommen, sodass die vierwöchige Frist mit Ablauf des Tages Montag, 8.4.2019 ablief.

Der Beschwerdeführer erstattete mit Eingabe vom 1.4.2019 eine schriftliche Stellungnahme und führte darin aus, dass die Feststellung, es seien nicht alle Optionen die Schmerztherapie betreffend ausgeschöpft worden, unrichtig sei. Im Laufe seiner zehnjährigen Krankengeschichte seien selbstverständlich alle analgetischen Möglichkeiten ausgeschöpft worden. Von Cortisoninfiltrationen in das Gelenk über Infusionen, physikalische Therapien bis hin zur oralen Medikation. Befunde würden niedergelassene Orthopäden nicht ausstellen. Die letzte Option wäre ein Gelenksersatz (Prothese), welcher aus kardialen und neurologischen sowie Altergründen hoch riskant wäre. Er bedaure, dass in seinem Fall lediglich eine Untersuchung durch einen Allgemeinmediziner stattgefunden habe und kein Facharzt konsultiert worden sei.

Beweismittel aus der Feder eines ihn behandelnden niedergelassenen Arztes und / oder einer von ihm konsultierten Krankenanstalt legte er diesem Schreiben nicht bei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist seit XXXX Inhaber eines Behindertenpasses mit einem seit 2014 eingetragenen Grad der Behinderung von 70 v.H.

Der Beschwerdeführer leidet an folgenden Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Myocardinfarkt 04/2010, Zustand nach Stenting, Bluthochdruck

2. Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit diabetischer Nephropathie

3. Gonarthrose rechts und Zustand nach Kniegelenksersatz links

4. Degenerative Veränderung der Wirbelsäule

5. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

6. Gastroösophagealer Reflux bei Hiathushernie

7. Zustand nach minor Stroke mit Hirnstammsymptomen

8. Latente Hyperthyreose bei Rezidivstruma nodosa

9. Periphere arterielle Verschlusskrankheit mit arteriosklerotischen Plaques

10. Geringe Schließmuskelschwäche, Analmarisken

11. Zustand nach Gallenblasenentfernung

Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Es liegen weder erhebliche Einschränkungen der unteren noch der oberen Extremitäten vor.

Der Beschwerdeführer nimmt derzeit keine Schmerzmittel ein. Die therapeutischen Optionen in Form von medikamentöser sowie physiotherapeutischer Behandlungen sind nicht ausgeschöpft. Eine analgetische Therapie ist nicht etabliert.

Trotz der Funktionseinschränkung im Bereich beider Kniegelenke und der Wirbelsäule, sowie der kardiopulmologischen Funktionseinschränkung und der Funktionseinschränkung bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit und der Arteriosklerose sind das sichere Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ohne fremde Hilfe, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport gewährleistet.

Der Transport in öffentliche Verkehrsmittel ist nicht eingeschränkt.

Es liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum Besitz des Behindertenpasses beruht auf dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers und deren Auswirkungen auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beruhen - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf den vorgelegten und eingeholten Beweismitteln:

Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 24.6.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.4.2018, ist in Zusammenschau mit der ergänzenden Stellungnahme vom 12.9.2018, worin der medizinische Sachverständige aus der Disziplin Allgemeinmedizin auf die Einwendungen des Beschwerdeführers vollständig eingeht, schlüssig und nachvollziehbar und weisen weder das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 24.6.2018, noch dessen Stellungnahme vom 12.9.2018 Widersprüche auf und stammen diese beiden schriftlichen Gutachten aus der Feder jenes Allgemeinmediziners, welcher den Beschwerdeführer am 12.4.2018 persönlich untersuchte, in der Anamnese die bisherigen medizinischen Eingriffe und Therapien sowie das Vorgutachten aus 2014 erhob, Herrn XXXX nach seinen "derzeitigen Beschwerden" befragte und diese dokumentierte und die vom Beschwerdeführer vorgelegten relevanten Befunde in das Gutachten einfließen ließ.

Zur Überprüfung der mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen in der Beschwerde holte das Bundesverwaltungsgericht ein weiteres Sachverständigengutachten einer Allgemeinmedizinerin vom 19.2.2019 - basierend auf der Aktenlage - ein und wurde dieser der gesamte bezughabende Akt - in welchem das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 24.6.2018 sowie dessen Stellungnahme vom 12.9.2018 und die vom Beschwerdeführer bis dahin vorgelegten medizinischen Beweismitteln einlagen - für die Gutachtenserstellung übermittelt, sodass die medizinische Sachverständige Dr. XXXX sich ein Bild über die Leiden des BF bilden konnte.

Aus beiden Sachverständigengutachten des von der Behörde beigezogenen allgemeinmedizinische Sachverständigen Dr. XXXX ergab sich übereinstimmend mit den vorgelegten Befunden des Beschwerdeführers und mit dem am 12.4.2018 erhobenen Untersuchungsbefund, dass der Beschwerdeführer an keinen Funktionseinschränkungen leidet, welche ihn erheblich an der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel behindern. Im klinischen Befund vom 12.4.2018 finden sich keine signifikanten motorischen Ausfälle, sondern hat sich gezeigt, dass der Beschwerdeführer auch unter Verwendung eines Stockes eine Strecke von mehr als 300 Meter zu Fuß ohne überdurchschnittliche Kraftanstrengung und ohne fremde Hilfe zurücklegen kann.

Zu seinen angegebenen Schmerzen ist auszuführen, dass der BF derzeit keine Schmerzmittel einnimmt und ist damit eine zumutbare therapeutische Option nicht ausgeschöpft. Eine zumutbare therapeutische Option bestünde beispielsweise in Form einer medikamentösen Therapie oder auch Physiotherapie. Die vorgebrachten Schmerzen im Bereich beider Kniegelenke könnten durch eine analgetische Medikation minimiert werden.

Trotz der kardiopulmonalen Funktionseinschränkung ist die körperliche Belastbarkeit des Beschwerdeführers ausreichend gut, um eine kurze Wegstrecke ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde wurden bei dieser Beurteilung berücksichtigt und stehen damit nicht in Widerspruch. Laut dem ergometrischen Arbeitsversuch besteht eine regelrechte HF- und RR Regulation und keine AP-Symptomatik.

Auch steht der am 12.4.2018 erhobene Untersuchungsbefund damit in Einklang, in welchem zur Gesamtmobilität ein leicht hinkendes Gangbild unter Verwendung eines Gehstockes festgehalten wurde. Für den Sachverständigen war eine Sturzneigung hingegen nicht objektivierbar.

Insgesamt leidet der Beschwerdeführer nicht an Funktionseinschränkungen in einem Ausmaß, welche seine unteren Extremitäten oder auch seine körperliche Belastbarkeit erheblich einschränken, sodass nicht von einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausgegangen werden kann.

Eine massive hochgradige Atemnot schon bei geringster Belastung besteht beim Beschwerdeführer nicht und ist aufgrund seiner pulmonalen Erkrankung ebenso keine Indikation für eine Langzeitsauerstofftherapie gegeben.

In den allgemeinmedizinischen Sachverständigenbeweisen Dris. XXXX wird auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wird zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingehend Stellung genommen und nachvollziehbar ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer - trotz der vorliegenden Funktionseinschränkungen - möglich und zumutbar ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Der allgemeinmedizinische Sachverständige Dr. XXXX berücksichtigte bei Erstellung seines Gutachtens, neben dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Befunde und lies diese in seine Beurteilung miteinfließen. Die gerichtlich beauftragte und auf die Neuerungsbeschränkung hingewiesene allgemeinmedizinische Sachverständige Dr. XXXX befasste sich mit den im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens vorgebrachten Einwendungen des Beschwerdeführers und ließ in ihre Beurteilung neben den bisherigen Ermittlungsergebnissen die vom Beschwerdeführers nachgereichten Befunde einfließen.

Der Beschwerdeführer ist mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen in der Beschwerde den zum Teil auf der persönlichen Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten des behördlich beauftragten allgemeinmedizinischen Sachverständigen Dr. XXXX und den fachlichen Ausführungen der gerichtlich beauftragten allgemeinmedizinischen Sachverständigen Dr. XXXX im Lichte obiger Ausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Es steht einem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Sachverständigengutachten vom 24.6.2018, vom 12.9.2018 und vom 19.2.2019, und werden diese in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach stRsp des VwGH nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle dahingehend, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist, nicht aus.

Die vorliegenden Beweismittel (Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 24.6.2018, dessen Stellungnahme vom 12.9.2018 sowie das gerichtlich beauftragte Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 19.2.2019 und die von dem Beschwerdeführer im gesamten Verfahren vorgelegten medizinischen Beweismittel seiner niedergelassenen behandelnden Ärzte und der von ihm konsultierten Gruppenpraxen) sowie der sonstige Inhalt des vorgelegten Fremdakts der belangten Behörde (in welchem die vom Beschwerdeführer gemachten Angaben im Rahmen des Parteigehörs einliegen) ermöglichen dem erkennenden Gericht, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen.

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, welcher den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.9.1978, 1013, 1015/76).

Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.2.1987, 13 Os 17/87, aus:

"Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Die oben näher bezeichneten Sachverständigengutachten aus der Feder der beiden Allgemeinmediziner Dr. XXXX und Dr. XXXX werden daher dieser Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Ad A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Der Vollständigkeit halber wird zunächst darauf hingewiesen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 13.9.2018 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 59/2018 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(2) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idg F BGBl II Nr. 263/2016 lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:

"§ 1 ....

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. .......

2. ......

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller

Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1

Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)......"

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall relevant - Folgendes ausgeführt:

"Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):

...

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

...

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden..."

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist, und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.2.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.5.2009, 2007/11/0080).

Bei der Beurteilung der zumutbaren Wegstrecke geht der Verwaltungsgerichtshof von städtischen Verhältnissen und der durchschnittlichen Distanz von 300 bis 400 Metern bis zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels aus (VwGH 27.5.2014, Ro 2014/11/0013).

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen - wurde in dem eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 24.6.2018 (welches auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers beruht) und in dem allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 19.2.2019, worauf auf die im Parteigehör erstatteten Vorbringen Bezug genommen wurde, nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers - trotz der bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Mit dem Vorliegen der bei ihm objektivierten aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen vermag er noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung aufgrund von erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit sind im Falle des Beschwerdeführers nicht gegeben. Es kann im vorliegenden Fall außerdem keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, festgestellt werden.

Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner zuletzt erstatteten Stellungnahme vom 29.3.2019 betrifft, sein Fall sei von einem orthopädischen Sachverständigen zu beurteilen, so ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass das Gesetz keine Regelung enthält aus der geschlossen werden kann, dass ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht. Viel

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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