TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/16 99/02/0011

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Veröffentlicht am 16.02.1999
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §61 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde der I B in I, vertreten durch Dr. Jörg Lindpaintner, Rechtsanwalt in Innsbruck, Templstraße 5b, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 1. Dezember 1998, Zl. Fr 3/623/98, betreffend Anordnung der Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Wie sich aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt, hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 1. Dezember 1998 gegen die Beschwerdeführerin, eine italienische Staatsangehörige, gemäß § 61 Abs. 1 und 2 Fremdengesetz 1997, BGBl. Nr. 75/1997 (FrG), mit sofortiger Wirkung ab Ende der Gerichtshaft die Festnahme und Anhaltung (Schubhaft) zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die belangte Behörde begründete dies im wesentlichen damit, daß die Beschwerdeführerin verdächtig sei, an einem zu einem näher angeführten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort von drei italienischen Staatsangehörigen verübten Banküberfall mitbeteiligt gewesen zu sein. Die Täter - unter ihnen der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin - hätten unter Verwendung von Waffen 4,4 Mio. S erbeutet und nach Verlassen der Bank auf Polizeibeamte und Passanten geschossen. Die Beschwerdeführerin habe im Zuge der Tatvorbereitung ihren Lebensgefährten mit ihrem Personenkraftwagen von Italien nach Innsbruck gebracht und sei verdächtig, an der Vorbereitung der Flucht der Täter durch Bereitstellung von zwei Fahrrädern mitgewirkt zu haben. In weiterer Folge habe die Beschwerdeführerin versucht, nach dem Banküberfall ihren Lebensgefährten in den von ihr gelenkten Personenkraftwagen aufzunehmen, um dann gemeinsam nach Italien zu flüchten. Bei der wegen des Verdachtes der Beitragstäterschaft angezeigten, in Innsbruck in Untersuchungshaft gehaltenen Beschwerdeführerin, die im Bundesgebiet keinen Wohnsitz aufweise, handle es sich offensichtlich um eine gefährliche Rechtsbrecherin, die durch Anordung der nach Entlassung aus der Gerichtshaft zu vollziehenden Schubhaft gehindert werden müsse, sich den erforderlichen fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen. Auf Grund des Verhaltens der Beschwerdeführerin sei begründet anzunehmen, daß sie eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstelle, bzw. daß ihr Aufenthalt in Österreich anderen im Art. 8 Abs. 2 der EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe, weshalb beabsichtigt sei, gegen sie ein Aufenthaltsverbot zu erlassen oder mit einer Ausweisung vorzugehen. Die Verhängung der Schubhaft stehe angesichts des Verhaltens der Beschwerdeführerin in angemessenem Verhältnis zum Ausmaß des Eingriffes in ihre persönliche Freiheit. Beim gegebenen Sachverhalt scheide die Anwendung gelinderer Mittel im Sinne von § 66 Abs. 1 FrG aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, sie halte sich als EU-Bürgerin rechtmäßig in Österreich auf; die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, bestimmte Tatsachen im Sinne dieser Gesetzesstelle anzuführen, was aber unterblieben sei. Demgegenüber kann dem angefochtenen Bescheid mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, daß die belangte Behörde das Vorliegen solcher Tatsachen darin erblickt hat, daß die Beschwerdeführerin in Österreich unterstandslos sei und in Verdacht stehe, sich gesetzwidrig verhalten zu haben. Angesichts der der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Rechtsbrüche und des Umstandes, daß sie über keinen Wohnsitz in Österreich verfügt, kann nicht davon gesprochen werden, daß die belangte Behörde zu Unrecht vom Vorliegen solcher Tatsachen ausgegangen ist.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, auf sie sei die Unschuldsvermutung anzuwenden, ist ihr entgegenzuhalten, daß nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 41 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992 - diese Gesetzesbestimmung weist im wesentlichen den gleichen Wortlaut wie § 61 FrG 1997 auf - , von der abzugehen der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlaß erblickt, die Anordnung der Schubhaft nicht die Gewißheit, daß ein Aufenthaltsverbot verhängt werde, voraussetzt, sondern daß hiefür bereits die berechtigte Annahme der Möglichkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ausreicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. März 1997, Zl. 94/02/0135). Ausgehend von der Schwere der Rechtsbrüche, deren die Beschwerdeführerin verdächtig ist, konnte die belangte Behörde somit zu Recht ihrer Entscheidung die Wahrscheinlichkeit eines zu verhängenden Aufenthaltsverbotes zugrundelegen.

Die Beschwerdeführerin hat in Ausführung der Verfahrensrüge ins Treffen geführt, die belangte Behörde sei nicht berechtigt gewesen, den angefochtenen Bescheid gemäß § 57 AVG zu erlassen, weil sie sich noch in Untersuchungshaft und somit nicht bloß kurzfristig in Haft befinde. Dazu ist festzuhalten, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht auf § 57 AVG gestützt und diesem offenbar das Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens zugrundegelegt hat. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang der belangten Behörde eine Verletzung des Parteiengehörs vorwirft, hat es die Beschwerdeführerin unterlassen, die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels darzustellen. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kann dann nicht herbeigeführt werden, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ohne darzutun, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden wäre (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit 3, S 610 wiedergegebene hg. Judikatur).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf das Vorliegen einer Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 16. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999020011.X00

Im RIS seit

11.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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