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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der M in B, geboren am 17. April 1968, vertreten durch Dr. Gernot Gruböck, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Beethovengasse 4-6, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. April 1998, Zl. 201 389/0-IV/10/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine albanische Staatsangehörige, die am 28. Oktober 1997 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 24. November 1997 die Gewährung von Asyl. Sie wurde am 1. Dezember 1997 niederschriftlich zu ihren Fluchtgründen einvernommen.
Die Behörde erster Instanz gab ihr damaliges Vorbringen in ihrem den Asylantrag abweisenden Bescheid vom 3. Dezember 1997 folgendermaßen wieder:
"Sie seien in Tirana aufgewachsen und hätten dort nach Ihrer Verehelichung gemeinsam mit dem Gatten, dessen Eltern, Ihrem Schwager und den beiden Kindern in einer Eigentumswohnung gelebt. Ihr Gatte sei Kraftfahrer beim Innenministerium in Tirana gewesen.
Auch habe er einen Obst- und Gemüsehandel betrieben. Sie selbst hätten gemeinsam mit drei Freundinnen ein Textilgeschäft in Tirana besessen. Von diesen Einkünften habe die Familie gelebt.
Sie würden keiner politischen Partei angehören und seien auch nicht politisch tätig.
Auf die Frage, was dann der Grund Ihrer Flucht aus Albanien gewesen sei, gaben Sie an, daß ihre Probleme mit der Flucht Ihres Gatten begonnen hätten.
Am 05.05.1997 seien drei Polizisten in die Wohnung gekommen und hätten Sie nach dem Aufenthaltsort des Gatten befragt. Sollte er nach Hause kommen, müßten Sie ihm mitteilen, daß er sich bei der Polizei zu melden habe. Sollten Sie dies Ihrem Gatten nicht mitteilen, müßten Sie mit Problemen rechnen. Danach habe die Polizei die Wohnung wieder verlassen.
Am 07.05.1997 hätten Sie sich aus Angst gemeinsam mit den Kindern nach Nikel, Bezirk Kruje, ca. 30 km von Tirana entfernt, ins Elternhaus Ihrer Mutter, wo deren Brüder wohnhaft gewesen seien, begeben. Nach ca. zehntägigem Aufenthalt dort seien Sie ohne die Kinder nach Tirana zu den Schwiegereltern zurückgekehrt. Sie hätten wissen wollen, was sich zwischenzeitlich zugetragen, auch, ob Ihr Gatte bereits angerufen habe. In das Geschäft hätten Sie sich nur mehr einmal wöchentlich begeben.
Am 20.05.1997 seien Sie von der Polizei neuerlich in der Wohnung der Schwiegereltern nach dem Aufenthaltsort des Gatten befragt worden. Sollten Sie dies nicht bekanntgeben, würde man Sie zur Polizei mitnehmen.
Am 17.06.1997 sei die Polizei das dritte Mal in der Wohnung eingetroffen. Nachdem Sie den Aufenthaltsort des Gatten nicht bekanntgegeben hätten, habe man Sie festgenommen, zur "Untersuchungsbehörde" in Tirana gebracht und dort fünf Stunden angehalten. Während des Verhöres habe man Ihnen Schwierigkeiten mit den Familienangehörigen, insbesondere den Kindern, sowie Ihrem Geschäft angedroht. Sie hätten lediglich den Beamten gegenüber angegeben, daß Ihr Gatte Albanien verlassen habe. Schließlich habe man von Ihnen auch die Übergabe jener Videokassetten verlangt, die Ihr Gatte bei Demonstrationen aufgenommen habe. Während des Verhöres seien Sie auch geohrfeigt worden.
Im Anschluß daran seien Sie in die Wohnung der Schwiegereltern zurückgekehrt, hätten Ihre Sachen gepackt und sich noch am 17.06.1997 zu den Kindern nach Nikel begeben, wo Sie bis zu Ihrer Flucht am 27.10.1997 aufhältig gewesen seien. Ins Textilgeschäft hätten Sie sich in der Folge nur mehr zweimal monatlich begeben.
Am 14.10.1997 sei das Geschäft dann vermutlich von der Polizei - aufgrund der Vorgeschichte - in Brand gesteckt worden. Dies hätten Sie von Ihrem Bruder erfahren.
Während Ihres Aufenthaltes in Nikel hätten Sie keine Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes gehabt. Aufgrund der Drohungen durch die Polizei hätten Sie nunmehr aber nach dem Brand des Textilgeschäftes befürchtet, daß die Polizei Sie in Nikel aufsuchen und Ihrer Familie etwas zustoßen könnte."
Die Behörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung ua. damit, daß die Beschwerdeführerin nicht Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention sei.
In der dagegen erhobenen Berufung behauptete die Beschwerdeführerin, man habe ihr bei der Einvernahme mit Vergewaltigung und den Kindern "mit Ähnlichem" gedroht. Des weiteren führte sie einen, aufgrund eines "kürzlich erfolgten Telefonates" mit ihrer Cousine in Kenntnis gebrachten Vorfall vom 10. Dezember 1997 an.
Der unabhängige Bundesasylsenat führte am 9. April 1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser gab die Beschwerdeführerin an, sie kenne Umfang und Inhalt ihrer Berufung nicht. Sie habe anläßlich der Information für die Erhebung ihrer Berufung zwar gesagt, daß ihr gedroht worden sei. Von Vergewaltigung habe sie nicht gesprochen. Der in der Berufung erwähnte Vorfall vom 10. Oktober 1997 stimme nicht, sie habe auch niemanden angerufen. Des weiteren gab sie an, ihr Mann sei parteilos gewesen. Sie seien alle Demokraten gewesen, bevor diese Partei die Macht übernommen habe. Ihr Mann habe im Ministerium gegen die demokratische Partei "gesprochen".
Die Beschwerdeführerin habe schon vor Beginn der Unruhen daran gedacht, ihr mit drei weiteren Personen betriebenes Geschäft zu versichern, jedoch habe jeder im Geschäft eine andere Meinung vertreten. Sie habe vor den Nachfragen nach ihrem Gatten keine Probleme mit Behörden gehabt. Bei den Nachfragen nach ihrem Mann sei ihr der Grund nicht mitgeteilt worden. Des weiteren nannte sie Details des Vorfalls vom 17. Juni 1997. Sie bringe den Brandanschlag auf das auch von ihr betriebene Geschäft deshalb mit der Polizei in Verbindung, weil man ihr gesagt habe, sie würde kein Einkommen mehr haben bzw. sie solle es sich überlegen, sie habe Kinder und ein Geschäft. Auch sei im Geschäft einmal von der Polizei nach ihr gefragt worden. Der Brand sei von der Feuerwehr gelöscht worden, es sei Anzeige bei der Polizei erstattet worden. Diese habe mit der Feuerwehr festgestellt, daß es sich um Brandstiftung und/oder Einbruch handle, wahrscheinlich habe man ein Fenster eingeschlagen und eine Flasche mit Benzin in das Geschäft geworfen. Es gebe viele derartige Vorfälle in Tirana. Die Geschäftspartnerinnen hätten in der Folge von der Beschwerdeführerin je 10.000 $ verlangt, das Geschäft sei aus Geldmangel für Investitionen nicht wieder eröffnet worden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. April 1998 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 Asylgesetz 1997 ab. Sie erhob die vom Bundesasylamt in dessen Bescheid "richtig und vollständig" wiedergegebenen Angaben der Beschwerdeführerin anläßlich ihrer niederschriftlichen Vernehmung zum Inhalt des angefochtenen Bescheides. Nach Wiedergabe des Inhaltes der Berufung, der hiezu in der öffentlichen mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin erstatteten Stellungnahme, des Inhaltes ihrer Aussage in der Verhandlung und allgemeinen rechtlichen Ausführungen führte die belangte Behörde aus, daß den Angaben der Beschwerdeführerin Glaubwürdigkeit zukomme. Dies werde noch dadurch unterstrichen, daß sie die Behauptungen der Berufungsschrift von sich aus berichtigt habe.
Die von der Beschwerdeführerin geschilderten Nachfragen nach ihrem Gatten stellten mangels der erforderlichen Intensität keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar. Das Vorbringen betreffend die Brandstiftung in dem auch von ihr betriebenen Geschäft zeige angesichts des in der Verhandlung erörterten Situationsberichtes betreffend Albanien nicht auf, daß es sich hiebei um einen den staatlichen Behörden im Rahmen einer persönlichen, gegen die Asylwerberin gerichteten Verfolgung zuordenbaren Vorfall handle. Zu dieser Zeit habe in Tirana eine unsichere Situation bestanden, Einbruch, Diebstahl und Sachbeschädigung seien "an der Tagesordnung" gewesen.
Der Beschwerdeführerin komme die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 7 Asylgesetz 1997 (siehe Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention) nicht zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
In der Beschwerde gibt die Beschwerdeführerin zwar unter Punkt "Sachverhalt" richtig wieder, daß sie albanische Staatsangehörige sei. Sämtliche Rechtsausführungen der Beschwerdeführerin beruhen aber auf der Annahme, daß die belangte Behörde die Situation der "Albaner im Kosovo" nicht berücksichtigt habe und die Beschwerdeführerin im Falle der Nichtgewährung von Asyl nach "Jugoslawien" zurückkehren müsse.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeausführungen gehen schon deswegen ins Leere, weil sie sich zur Gänze auf den Kosovo beziehen, welcher ein Teil Jugoslawiens ist, somit auf einen anderen Staat als den Heimatstaat der Beschwerdeführerin (Albanien).
Der Verwaltungsgerichtshof vermag in der Ansicht der belangten Behörde keine von Amts wegen aufzugreifende inhaltliche Rechtswidrigkeit erblicken. Die belangte Behörde ist im Recht, daß sie den Vorfällen anläßlich der Nachfragen nach ihrem Gatten keine asylrechtlich relevante Intensität beigemessen hat. Die Beschwerdeführerin hat - insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Kriminalität - keinen konkreten Anhaltspunkt dafür geliefert, daß die Brandstiftung tatsächlich den Behörden ihrer Heimat zuzurechnen wäre. Zudem hat sie sich nach dem letzten Polizeikontakt am 17. Juni 1997 noch bis zum 27. Oktober 1997 in ihrer Heimat aufgehalten. Sie behauptete nicht, sich in dieser Zeit verborgen gehalten zu haben (sie begab sich in dieser Zeit sogar ca. zweimal im Monat in ihr Textilgeschäft in Tirana). Damit fehlt auch der notwendige zeitliche Konnex zwischen der letzten Polizeiaktion vom 17. Juni 1997 und ihrer Ausreise aus Albanien am 27. Oktober 1997.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998010415.X00Im RIS seit
20.11.2000