TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/12 LVwG-AV-86/001-2019

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Veröffentlicht am 12.04.2019
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Entscheidungsdatum

12.04.2019

Norm

BAO §9
BAO §80 Abs1
BAO §224 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch die B Rechtsanwälte OG, ***, ***, vom 7. Jänner 2019 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 6. Dezember 2018, AZ: ***, mit welchem einer Berufung vom 12. Oktober 2018 gegen den Haftungsbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 12. September 2018, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO für offene Abgabenschuldigkeiten der C GmbH, keine Folge gegeben wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wie folgt:

1.   Der angefochtene Bescheid wird wie folgt abgeändert:
Der Berufung wird Folge gegeben und der Haftungsbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 12. September 2018, AZ: ***, aufgehoben.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 279 iVm 288 Abs. 1 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Sachverhalt:

1.1. Grundsätzliche Feststellungen:

Herr A (in der Folge Beschwerdeführer), geboren am ***, war ab 10. Juli 2007 alleiniger Geschäftsführer der C GmbH, ***, über welche am 9. Jänner 2018 vom Handelsgericht *** zur Zahl *** das Konkursverfahren eröffnet wurde. Die Schließung des Unternehmens wurde angeordnet, das Konkursverfahren ist anhängig.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 12. Februar 2015, Zl. ***, wurde für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes auf der Liegenschaft EZ ***, KG ***, der C GmbH eine Aufschließungsabgabe im Betrag von € 18.192,62 vorschrieben.

Im Rahmen einer vom Stadtrat bescheidmäßig bewilligten Ratenzahlung wurden davon bis 1. Juli 2016 € 10.000,- entrichtet. Nach wie vor offen an Aufschließungsabgabe ist ein Betrag von € 8.192,62.

Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 8. November 2016, AZ. ***, wurden nach eingetretenem Terminverlust Stundungszinsen im Betrag von € 1.293,61 vorgeschrieben.

Ab 2016 wurden seitens der C GmbH keine Abgaben mehr entrichtet. Dass andere Forderungen beglichen worden wären, konnte nicht festgestellt werden. Es waren keine Mitarbeiter mehr im Unternehmen und auch waren keine liquiden Mittel mehr vorhanden.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 8. Juni 2017 wurde die seitens der Stadtgemeinde *** gegen die C GmbH beantragte Exekution bewilligt. Bewilligt wurde die zwangsweise Pfandrechtsbegründung ob der Liegenschaft EZ ***, KG ***, der C GmbH hinsichtlich eines Betrages von € 9.712,42.

Entsprechend dem angeschlossenen Rückstandsausweis vom 17. Mai 2017 ergibt sich dieser Betrag aus der offenen Aufschließungsabgabe von € 8.192,62, Stundungszinsen im Betrag von € 1.293,61, Säumniszuschlag von € 189,72 und Mahngebühr von € 36,47.

Im nunmehr anhängigen Konkursverfahren wurde seitens der Stadtgemeinde *** dieser Betrag zuzüglich offener Grundsteuerforderungen sowie der Antragskosten des Exekutionsverfahrens von € 367,60, insgesamt eine Forderung in Höhe von € 10.097,17 angemeldet.

1.2. Abgabenbehördliches Verfahren:

Mit Haftungsbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 12. September 2018, AZ. ***, wurde der Beschwerdeführer für die offenen Abgabenschulden der C GmbH haftbar gemacht.

Die Haftung wurde geltend gemacht hinsichtlich folgender Beträge:

-    Restbetrag Aufschließungsabgabe   € 8.192,62

-    Mahn-, Säumnis- und Gerichtsgebühren  € 596,79

-    Stundungszinsen     € 1.293,61

-    Grundsteuer      € 28,30

Daraus ergibt sich ein Gesamtbetrag von € 10.111,32.

Gemäß § 9 BAO hafte der Geschäftsführer als Vertreter einer GmbH bei Uneinbringlichkeit der Abgaben. Die Uneinbringlichkeit liege vor, da Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Primärschuldner erfolglos geblieben seien und ein Konkursverfahren eröffnet worden sei, bei welchem die offenen Forderungen laut KSV wegen Masseunzulänglichkeit zur Gänze als uneinbringlich zu bewerten seien.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ein.

Weder liege hinsichtlich der angeführten Abgaben Uneinbringlichkeit vor, noch habe der Beschwerdeführer seine ihm auferlegten Pflichten schuldhaft verletzt.

Für die Grundsteuerforderung bestehe ein gesetzliches Pfandrecht, zudem sei ein exekutives Pfandrecht für die Stadtgemeinde *** im Grundbuch der Liegenschaft EZ*** einverleibt. Es stehe der Stadtgemeinde jederzeit frei, zur Einbringlichmachung dieser Forderungen die Versteigerung der Liegenschaft zu beantragen. Schließlich normiere § 9 NÖ Bauordnung die dingliche Bescheidwirkung auch für die mit Bescheid vorgeschriebene Aufschließungsabgabe. Eine Uneinbringlichkeit der im Bescheid angeführten Abgaben könne nicht nachvollzogen werden. Beantragt wurde die Aufhebung des Haftungsbescheides.

Mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung vom 6. Dezember 2018, AZ: ***, gab der Stadtrat der Stadtgemeinde *** dieser Berufung keine Folge und bestätigte den Haftungsbescheid des Bürgermeisters vom 12. September 2018. Die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Haftung gemäß § 9 BAO seien gegeben.

Die Haftung des § 9 BAO sei subsidiär und akzessorisch. Ein Vertreter sei als Haftender in Anspruch zu nehmen, wenn der Hauptschuldner seiner Verbindlichkeit nicht nachkomme und diese Verbindlichkeit beim Hauptschuldner uneinbringlich sei. Die betreffende Haftung könne somit geltend gemacht werden, wenn beim Hauptschuldner selbst die Verbindlichkeit uneinbringlich sei. Sohin sei in diesem Zusammenhang nicht auf allfällige Rechtsnachfolger des Hauptschuldners bzw. auf eine dingliche Wirkung Bedacht zu nehmen. Abgaben seien im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO uneinbringlich, wenn Vollstreckungsmaßnahmen voraussichtlich erfolglos wären. Gegenständlich handle es sich um Liegenschaften, auf denen sich jeweils ein rudimentärer Rohbau befinde, was die Verwertbarkeit der Liegenschaften erheblich einschränke. Trotz bereits längerem Bemühen des Masseverwalters hätten die Grundstücke bis dato nicht verwertet werden können und sei auch anzunehmen, dass in einem allfälligen Versteigerungsverfahren die Forderungen nicht befriedigt werden können, da ausgehend davon, dass bei der Verwertung der Liegenschaften aufgrund der Belastungen (Höchstbetragshypotheken zugunsten der Bank) kein Hyperocha zugunsten der Masse verbleibe. Es sei demgemäß, auch auf Grund des bereits lange anhängigen Insolvenzverfahrens von einer Uneinbringlichkeit auszugehen, zumal Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Primärschuldner erfolglos wären, auch bereits vor Konkurseröffnung erfolglos waren, gemäß Mitteilung des KSV keine Quote zu erwarten sei und die Forderungen als gänzlich uneinbringlich zu bewerten seien.

1.3. Beschwerdevorbringen:

Mit Schreiben vom 7. Jänner 2019 erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und begründeten diese im Wesentlichen wie die Berufungsschrift.

Es sei nicht festgestellt worden, worin eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers liege bzw. sei dem Beschwerdeführer auch keine Gelegenheit gegeben worden, sich dazu zu äußern.

Die Begründungsausführungen der Behörde zur Verwertbarkeit der Liegenschaft und Uneinbringlichkeit seien unrichtig und im Widerspruch zum Insolvenzakt.

Die behauptete Uneinbringlichkeit liege nicht vor. Beantragt wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

1.4. Ermittlungsverfahren und Beweiswürdigung:

Mit Schreiben vom 14. Jänner 2019 legte die Stadtgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Stadtgemeinde *** sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8. April 2019.

Im Zuge der Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer Folgendes ausgeführt:

„Ich war Geschäftsführer der C GmbH seit 10. Juli 2007. Zum größten Teil habe ich mich selbst um die Entrichtung von Abgaben gekümmert. Das Unternehmen hatte meistens ca. 7 bis 10 Mitarbeiter. Es besteht nicht nur gegenüber der Gemeinde, sondern auch gegenüber anderen Gläubigern offene Forderungen. Aus meiner Sicht wurden sämtliche Gläubiger gleichmäßig behandelt. Die Aufschließungsabgabe wurde aus Anlass einer Bauplatzerklärung im Jahr 2015 vorgeschrieben. Es wurde eine Ratenzahlung auf Antrag durch den Stadtrat bewilligt. Die letzte Ratenzahlung ist im Juli 2016 erfolgt. Das Bauprojekt auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft wurde an ein Fertigteilhausbauunternehmen vergeben. Es wurde eine Anzahlung in Höhe von 180.000 Euro geleistet. Dieses beauftragte Unternehmen ist zwischenzeitig in Konkurs gegangen. Meines Wissens müsste dieses Konkursverfahren abgeschlossen sein. Aus diesem Konkurs ist keine Quote zurückgeflossen an mein Unternehmen. Eine Zwischenfinanzierung durch die Bank haben wir nicht mehr bekommen, jedenfalls wurden seit damals meines Wissens keinerlei Forderungen mehr befriedigt. Die letzten beiden Jahre waren keine Mitarbeiter mehr im Unternehmen, liquide Mittel waren nicht mehr vorhanden.

Auf Befragen durch die Beschwerdeführervertreterin gibt der Beschwerdeführer an, dass im Konkurs durch die Banken ca. 950.000 Euro an Forderungen angemeldet wurden, darüber hinaus wurden weitere 200.000 Euro (Gemeinden, Finanzamt, Sozialversicherungen, Vermieter, Lieferanten, etc; insgesamt 22 Forderungsanmeldungen) angemeldet.

Hinsichtlich des zugunsten der *** begründeten Pfandrechtes auf der Liegenschaft *** in Höhe von 480.000 Euro ist anzumerken, dass von diesem Betrag noch 300.000 Euro an Sicherheiten in Form von Sparbüchern hinterlegt wurden. Die Verwertung der Liegenschaft ist noch offen. Die Liegenschaft in *** wurde im Insolvenzverfahren mit einem Wert von 225.000 Euro geschätzt. Die Dauer des Insolvenzverfahrens ist nicht abschätzbar und hängt im Wesentlichen von der noch offenen Verwertung der Liegenschaften durch den Masseverwalter ab. Abgesehen von den Liegenschaften ist kein Vermögen in der Masse vorhanden. Die Forderung der Gemeinde *** wird höchstwahrscheinlich im Ausmaß des exekutiven Pfandrechtes befriedigt werden.

Auf Befragen durch die Vertreter der belangten Behörde gibt der Beschwerdeführer an, dass nach dem Zahlungsausfall der D Mitte 2016 kurzfristig ein anderes Bauunternehmen beauftragt wurde, das bewilligte Bauprojekt in Massivbauweise auszuführen. Die Bauausführung konnte jedoch nicht mehr vollständig finanziert werden, nach ca. 2 Monaten sind die Mittel ausgegangen, zurzeit ist ein Rohbau auf der Liegenschaft vorhanden.“

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt, den Feststellungen der Abgabenbehörden soweit der Beschwerdeführer diesen nicht entgegengetreten ist, dem Beschwerdevorbringen sowie den glaubwürdigen Ausführungen des Beschwerdeführers im Zuge der Einvernahme in der mündlichen Verhandlung.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Artikel 132. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:

         1.       wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;

Artikel 133.

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2.2. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. ( 1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 7. (1) Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, werden durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 224 Abs. 1) zu Gesamtschuldnern.

(2) Persönliche Haftungen (Abs. 1) erstrecken sich auch auf Nebenansprüche (§ 3 Abs. 1 und 2).

§ 9. (1) Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

§ 224. (1) Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

2.2. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3. Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Zur Vertretung der juristischen Person befugt ist im Falle der GmbH deren Geschäftsführer (vgl. § 18 Abs. 1 GmbHG).

Voraussetzung für die Geltendmachung dieser Vertreterhaftung ist zunächst das Bestehen einer offenen Abgabenforderung gegenüber der Gesellschaft.

Bei den im Haftungsbescheid ausgewiesenen Beträgen handelt es sich – mit Ausnahme der Antragskosten des Exekutionsverfahrens von € 367,60 – um offene Abgabenforderungen der Gemeinde aus Gemeindeabgaben.

Im Gegensatz zur Gefährdungshaftung des § 6a Kommunalsteuergesetz („Gefährdung der Einbringlichkeit“) handelt es sich bei der Vertreterhaftung des § 9 BAO um eine Ausfallshaftung (VwGH 2011/16/0082, 2009/15/0013, ua.).

Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (VwGH 2009/16/0092, 2007/13/0003, 2003/13/0153). Aus der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt sich noch nicht zwingend die gänzliche Uneinbringlichkeit (VwGH 99/14/0233, 99/14/0277, ua.).

Auch wenn das vorhandene Vermögen zur Befriedigung der Masseforderungen nicht ausreichen sollte, sind doch die geltend gemachten Forderungen pfandrechtlich sichergestellt. Im Hinblick darauf, dass die durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen nicht erfolglos waren, sondern zur Bewilligung einer zwangsweisen Pfandrechtsbegründung führten, kann von einer feststehenden Uneinbringlichkeit jedenfalls nicht gesprochen werden. Vor Verwertung der Liegenschaft bzw. der bestehenden (exekutiven bzw. gesetzlichen) Pfandrechte und vor Abschluss des Insolvenzverfahrens kann von einer gänzlichen Uneinbringlichkeit (noch) nicht ausgegangen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Zu Spruchpunkt 2 – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Bau- und Raumordnungsrecht; Aufschließungsabgabe; Vertreterhaftung; Ausfallshaftung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.86.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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