TE Bvwg Beschluss 2018/11/6 L506 2184095-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.11.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

06.11.2018

Norm

AsylG 2005 §18 Abs1
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34 Abs4
AVG §37
AVG §58
AVG §60
AVG §66 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L506 2184095-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA Iran, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. XXXX, Regionaldirektion Wien, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF), ein iranischer Staatsangehöriger, reiste am 08.11.2014 mit einem Visum "AT" nach Österreich ein. Am 27.08.2015 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In der Erstbefragung am 27.08.2015 gab der BF an, er sei verheiratet, gehöre der Volksgruppe der Perser an, habe vor seiner Ausreise in Teheran gelebt und habe nach zwölfjähriger Grundschule und vierjähriger universitärer Ausbildung als Buch-Designer gearbeitet. Eltern und drei Brüder seien nach wie vor im Heimatland aufhältig. Er sei am 08.11.2014 gemeinsam mit seiner Ehefrau XXXX, hg. Zl. XXXX, mit einem Direktflug legal von Teheran nach Wien gereist, lebe und studiere seitdem in Wien. Zum Grund für seine Asylantragstellung befragt gab der BF an, er sei bereits im Iran durch seine Frau vom Christentum informiert worden und er und seine Frau seien im Jahr 2015 zum Christentum konvertiert. Da dies im Iran mit der Todesstrafe bestraft werde, hätten er und seine Frau beschlossen, in Österreich zu bleiben.

3. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 21.11.2017 gab der BF an, dass er am XXXX in XXXX im Iran geboren sei, der Volksgruppe der Perser angehöre, vor seiner Ausreise zuletzt in Teheran gewohnt habe und verheiratet sei. Seine Eltern und drei Brüder seien nach wie vor im Iran aufhältig, er habe keinen Kontakt zu ihnen, weil sie sehr religiös seien und außer, dass er kein Moslem mehr sei, nichts über seinen Glauben wüssten. Er habe in seinem Heimatland zwölf Jahre die Schule und vier Jahre die Universität besucht und als Buch-Designer gearbeitet. Er sei gemeinsam mit seiner Frau mit einem Studentenvisum legal nach Österreich gereist. In Österreich habe er als Saisonarbeiter im Prater gearbeitet und mache derzeit zwei Ausbildungen. Er bestreite derzeit seinen Lebensunterhalt aus Leistungen des AMS und von Erspartem. Er sei Mitglied der Evangeliumsgemeinde und gehe am Wochenende in die Kirche. Zum Fluchtgrund befragt gab der BF nach vorheriger Manuduktion an, dass er für sich einen Antrag auf Familienverfahren gemäß § 34 AsylG stelle und sein Antrag sich auf das Asylverfahren seiner Ehefrau, XXXX, beziehen solle. Er habe keine eigenen Fluchtgründe. Sein erster Kontakt mit dem Christentum sei im Jahr 2003 durch seine Frau gewesen, er habe seine Religion nicht offen ausgelebt und habe im Iran aus Angst auch keine Hauskirchen besucht. Er gehöre sei 2006 dem Christentum an und sei am 26.08.2015 getauft worden. Seine Familie wisse nichts über seine Konversion oder seine neue Religion. Bei Rückkehr habe er Angst vor den Behörden, der Vergangenheit und seiner Familie.

Der BF brachte seinen iranischen Reisepass, Geburtsurkunde samt Übersetzung, Heiratsurkunde samt Übersetzung, sein iranisches Abschlusszeugnis über ein Bachelorstudium samt Übersetzung, sein Zeugnis über die Ergänzungsprüfung aus Deutsch, sein Taufzeugnis vom 26.08.2015, AMS-Arbeitsbewilligungen, Dienstzettel, Behandlungsbestätigungen, etc. in Vorlage.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 20.12.2017, Zl: XXXX, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.)

Begründend wurde ausgeführt, dass der BF keine individuellen Fluchtgründe geltend gemacht habe. Es habe weder eine Verfolgung des BF festgestellt werden können noch dass der BF zum Christentum konvertiert sei, zumal sich seine Antworten hinsichtlich seiner inneren Überzeugung zum Christentum auf Allgemeinplätze beschränkt hätten.

Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 AsylG zu verneinen sei.

Zu Spruchpunkt III. hielt das Bundesamt fest, dass die Rückkehrentscheidung im Falle der BF zulässig sei und keinen unrechtmäßigen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle.

Die Zustellung (durch Hinterlegung) des Bescheides erfolgte am 28.12.2017.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 27.12.2017 wurde der BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

6. Mit Schriftsatz vom 22.01.2018 erhob der BF durch seine Vertretung rechtzeitig vollumfängliche Beschwerde gegen den Bescheid des BFA.

Nach nochmaliger Darlegung des Sachverhaltes wurde die Rechtswidrigkeit der Entscheidung moniert, da die belangte Behörde es unterlassen habe, eine einzelfallbezogene Entscheidung zu erlassen. Zum Inhalt der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).

Im Rahmen der Beschwerde wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid mit Textbausteinen gearbeitet und das eigene Vorbringen des BF sei ignoriert worden. Die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der BF keine eigenen Fluchtgründe habe und habe es unterlassen, den BF zu seinen Fluchtgründen näher zu befragen. Auch seien beispielsweise die Deutschkenntnisse des BF falsch eingeschätzt worden, es sei die wortgleiche Beweiswürdigung eines anderen Asylverfahrens verwendet worden und es seien ihm fälschlich wirtschaftliche Fluchtgründe unterstellt worden. Der tatsächliche Sachverhalt sei nicht ausreichend ermittelt worden und werde daher in der Beschwerde ergänzt, zudem seien Fehlprotokollierungen vorgenommen, die Hinwendung zum Christentum nicht beachtet und zu Unrecht mangelndes Grundwissen über die neue Religion unterstellt worden.

7. Gegenständliche Beschwerde langte samt dem bezughabenden Verwaltungsakt am 24.01.2018 beim Bundesverwaltungsgerichtes ein und wurde der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung am gleichen Tag zugewiesen.

8. Am 01.02.2018 übermittelte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht als Nachreichung zur Beschwerde einen von der Ehefrau des Beschwerdeführers vorgelegten USB-Stick mit Fotos zum Beweis ihres Vorbringens (hg. Zl XXXX)

9. Mit 03.04.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die nunmehrige Vertretung der Beschwerdeführerin durch RA Dr. Helmut BLUM bekanntgegeben.

10. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

11. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin

1.1.1. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 22.01.2018 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage durch das BFA am 24.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.

1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.

Zu A)

1. Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG

1.1. Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 2 2. Satz VwGVG (vgl. VwGH 19.11.2009, 2008/07/0167: "Tatsachenbereich") (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 Anm. 11).

1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

* Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

* Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

* Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz dr Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche, detaillierte Erhebung des relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist.

2. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 VwGVG im gegenständlichen Fall:

2.1. Vorerst ist festzuhalten, dass im Falle des BF hinsichtlich seiner Ehefrau XXXX, hg. Zl. XXXX, ein Familienverfahren vorliegt.

Gem. § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat [...].

Gemäß § 34 Abs 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

2.2. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben. Die belangte Behörde ist nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Ermittlungs- und Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:

2.2.1. Der BF gab zwar in der niederschriftlichen Einvernahme vom 21.11.2017 an, dass er einen Antrag auf ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG stelle, sich sein Asylverfahren auf das seiner Ehegattin beziehen solle und er keine eigenen Fluchtgründe habe (AS 107). Der BF gab aber auch - und zwar sowohl in der Erstbefragung als auch in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA - an, dass er zum Christentum konvertiert sei, deshalb im Iran mit der Todesstrafe bedroht sei (AS 13) und dass er bereits im Iran mit dem Christentum in Kontakt gekommen sei, dort aber aus Angst keine Hauskirchen besucht habe (AS 109). Auch brachte der BF bereits zu Beginn des Verfahrens sein Taufzeugnis vom 27.08.2015 in Vorlage.

2.2.2. Obwohl das BFA um die Konversion des BF und somit Hinweise auf eine (mögliche) Hinwendung des BF zum Christentum hatte, ignorierte es diesen möglichen Fluchtgrund weitgehend und manuduzierte den BF hinsichtlich eines Antrags auf ein Familienverfahren (AS 107).

2.2.3. Im angefochtenen Bescheid stellte das BFA - trotz Antrags auf ein Familienverfahren und trotz Protokollierung, dass der BF keine eigenen Fluchtgründe habe - fest, dass beim BF eine Konversion zum Christentum aus innerer Überzeugung nicht festgestellt habe werden können. Aber schon die Durchsicht des Protokolls der niederschriftlichen Einvernahme lässt eine konkrete Befassung mit dem Konnex des BF zum Christentum vermissen. Obwohl der BF sowohl in der Erstbefragung als auch in der niederschriftlichen Einvernahme seine erfolgte Taufe vorgebracht hatte und auch durch die Vorlage seines Taufzeugnisses belegte, wurde er dazu nicht näher befragt. Zwar begründete das BFA die mangelnde innere Überzeugung damit, dass sich die Angaben des BF zur christlichen Lehre nur auf Allgemeinplätze beschränkt hätten und er nicht einmal gewusst hätte, dass die Mutter von Jesus bei den Protestanten nicht als Heilige angesehen werde (AS 368), vertiefende Fragen zu den Beweggründen des BF zum Religionswechsel, zu Glaubensinhalten und dem Praktizieren seines Glaubens wurden jedoch nicht gestellt.

Dem BFA ist grundsätzlich zuzugestehen, dass mangelnde Kenntnisse zum Christentum tatsächlich dafür sprechen könnten, dass sich der BF nur deshalb von der islamischen Glaubensrichtung abgewendet hätte, um in Österreich Asyl zu erlangen. Aus der Durchsicht des Protokolls der niederschriftlichen Einvernahme vom 21.11.2017 ist jedoch ersichtlich, dass das BFA zum einen davon ausging, dass der BF infolge des Antrags auf ein Familienverfahren gar keine eigenen Fluchtgründe habe, zum andern dem BF nur einige wenige Fragen zu den Beweggründen für sein Interesse am Christentum (Niederschrift [NS], S 8) sowie Fragen zum kirchlichen Gemeindeleben (NS, S 8 und 9) und zu Glaubensinhalten (NS, S 9) gestellt wurden.

Woraus nun das BFA aber ableitet, dass der BF keinerlei Verfolgung im Herkunftsland zu befürchten hätte (AS 367), erschließt sich - mangels diesbezüglicher Begründung des BFA - nicht. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass Bescheide iSd § 58 AVG zu begründen sind. Im Sinne des § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen, sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 20.03.2014, 2012/08/0024, und 21.12.2010, 2007/05/0231, beide mwH) erfordert dies in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076).

Im angefochtenen Bescheid findet sich nicht wie erforderlich die Angabe jener Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, die Feststellung der mangelnden Gefährdung des BF im Iran aufgrund seiner Konversion zu treffen.

Aber auch hinsichtlich der Hinwendung des BF zum Christentum beschränkten sich das BFA auf einige wenige Fragen, die der BF auch beantwortete. Das BFA schloss lediglich daraus, dass der BF angab, dass bei den Protestanten Maria als heilige Frau verehrt werde, dass sich der BF nicht mit den verschiedenen Glaubensrichtungen auseinandergesetzt habe. Vertiefende Fragen zu Glaubensinhalten oder den Beweggründen des BF, warum er sich zum Christentum hingezogen fühle und dem Praktizieren seines Glaubens, sodass das diesbezügliche Vorbringen im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden kann, wurden dem BF jedoch nicht gestellt.

2.2.3. Trotz Vorlage eines Taufzeugnisses (AS 29) kam das BFA zum Schluss, dass nicht festzustellen gewesen sei, dass der BF zum Christentum konvertiert sei (AS 310), begründete dies aber lediglich damit, dass der BF keine innere Überzeugung habe glaubhaft machen können (vgl. Pkt. 2.2.2.). Und es findet sich auch keinerlei beweiswürdigende Auseinandersetzung zu den Themenbereichen Religionsfreiheit, Christen, Apostasie und Konversion zum Christentum, obwohl im Iran eine Religions- und Glaubensfreiheit sowie das Recht, eine Religion zu wählen oder zu wechseln, nur in eingeschränktem Maße besteht und Konvertiten zudem Verfolgung und Bestrafung - bis hin zur Todesstrafe - droht. Das BFA hat in seiner Entscheidung jedoch weder die Absicht des BF, bei Rückkehr in seinen Heimatstaat sich weiterhin mit dem Christentum zu befassen, erhoben noch gegebenenfalls die Konsequenzen daraus berücksichtigt. Wie das BFA trotz Feststellung, dass Apostasie im Iran verboten und mit langen Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe bedroht sei (AS 347), zur Schlussfolgerung, dass der BF - trotz Taufe - im Iran keinerlei Verfolgung in seinem Heimatland zu befürchten habe (AS 367), gelangen konnte, erschließt sich der erkennenden Richterin nicht, zumal auch die beweiswürdigenden Ausführungen des BFA dazu keinen Aufschluss geben. Mit der Rückkehrsituation des BF als getaufter Christ - wenn auch möglicherweise nur zum Schein - und einer daraus allenfalls resultierenden Gefährdung hat sich das BFA überhaupt nicht auseinandergesetzt. Mit dieser Vorgehensweise hat es das BFA jedoch in rechtswidriger Weise unterlassen, dahingehend Ermittlungen zu führen sowie in der Folge Feststellungen zum individuellen Vorbringen des BF zu treffen und sich mit diesen auch gehörig auseinanderzusetzen.

2.2.4. Das BFA vermeint offenbar, dass der BF keine Verfolgung in seinem Heimatstaat zu befürchten habe, zumal er die Konversion immer geheim gehalten und nur mit seiner Ehegattin zu Hause praktiziert habe, sodass keiner von der Konversion Bescheid gewusst habe (AS 368). Dazu ist auszuführen, dass grundsätzlich eine öffentliche Religionsausübung möglich sein muss; eine sogenannte "forum internum" ist dem BF nicht zuzumuten (vgl. AsylGH 14.05.2012, E1 406.206-2/2009 uvm). Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 5. September 2012, C- 71/11 und C-99/11, BRD gg Y Z) kommt es darauf an, ob der Asylbewerber aufgrund der Ausübung der Religionsfreiheit in seinem Herkunftsland u.a. tatsächlich Gefahr läuft, verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210).

2.2.5. Aus Sicht des erkennenden Gerichtes verstößt daher das Prozedere der belangten Behörde gegen die in § 18 Abs. 1 AsylG normierten Ermittlungspflichten. Die Asylbehörden haben in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben vervollständigt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Einen Gesamteindruck hinsichtlich dieses Vorbringens des BF konnte das BFA mit seiner Vorgehensweise jedenfalls nicht erlangen.

2.2.6. Im Ergebnis ist das Ermittlungsverfahren derart mangelhaft, dass die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides unvermeidlich erscheint. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen sonst zweifelfrei, dass das Vorbringen des BF umfassend dargelegt wurde.

Der Sachverhalt ist somit in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Die Bescheidbegründung erweist sich mangels Ermittlung der persönlichen Fluchtgründe des BF, seiner eigenen persönlichen Einstellung zur christlichen Glaubensgemeinschaft bzw. mangels Darlegung jener Gründe, welche die Behörde im Fall des BF trotz vorgelegter Taufurkunde und vorgebrachter Ausübung des christlichen Glaubens dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt, nämlich das Fehlen von eigenen Fluchtgründen sowie die fehlende innere Überzeugung zum Christentum, festzustellen sowie mangels Feststellung und nachvollziehbarer Begründung zur Situation von Personen im Iran, welche ihre Religion frei wählen und/oder ausüben wollen, als nicht tragfähig für die getroffene Entscheidung.

Eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens des BF zu seinen - eigenen - Fluchtgründen vor dem Hintergrund der konkreten fallbezogenen Lage im Herkunftsstaat erfolgte nicht, obwohl die Angaben eines Asylwerbers letztlich nur vor diesem Hintergrund einer Plausibilitätskontrolle zugänglich sind (vgl. VwGH 18.04.2002, 2001/01/0023). Damit wird jedoch den Anforderungen an eine Bescheidbegründung im Sinne der §§ 58 und 60 AVG nicht entsprochen.

2.2.7. Es wird im fortgesetzten Verfahren nach hg. Ansicht zu erheben sein, in welcher Weise das Christentum das Leben des BF prägt und er den christlichen Glauben auch praktiziert.

Nach ständiger Judikatur des VwGH kommt es nicht darauf an, ob bei Verfolgungsbehauptungen wegen Glaubenskonversion ein Asylwerber aus Sicht einer christlichen Glaubensgemeinschaft zu dieser zu zählen ist, sondern ob die religiöse Einstellung von Antragstellern, deren Eruierung naturgemäß auf gewisse Schwierigkeiten stoßen mag, zumal es sich um innere Vorgänge handelt, die regelmäßig schwer zu objektivieren sind, gegeben ist.

Die Gattin des BF hat in der behördlichen Einvernahme auch angegeben, ihren Glauben zu Hause mit ihrem Mann ausgelebt zu haben, wozu durch konkretes Nachfragen weiter zu eruieren sein wird, in welcher Art und Weise dies konkret geschah.

Ferner bleibt offen, warum der BF, welcher bereits im Jahr 2014 in Österreich einreiste, erst 10 Monate später einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, obwohl er bereits im Iran seit dem Jahr 2006 Christ gewesen sein will.

Aus diesem Grund ist es nach Ansicht der erkennenden Richterin geboten, alle sich bietenden Beweise hinsichtlich der Konversion des BF zu erheben wozu dem BF auch Fragen zu christlichen Glaubens- und Bibelinhalten respektive auch zu evangelischen Glaubensinhalten und Sakramenten zu stellen sein werden auch wird zu eruieren sein, was den konkreten Auslöser für die Hinwendung zum christlichen Glauben darstellt. In der neuerlichen Einvernahme wird der BF deshalb auch zu Inhalten des von ihm besuchten Taufkurses zu befragen sein und zu seiner Motivation, sich taufen zu lassen (inkl. Sinn, Inhalt und Symbole dieses Sakramentes). Auch ist der BF zu befragen, inwiefern er sich für seine neue Religion engagiert und in welcher Art und Weise er Glaubensinhalte tatsächlich umsetzt, ob und wie er am religiösen Leben der kirchlichen Gemeinde teilnimmt, ob er Gottesdienste besucht, wie ein solcher Gottesdienst abläuft und welche Inhalte den BF am Gottesdienst beeindrucken, wie er christliche Feiertage bisher konkret beging bzw. wie er seinen Glauben im Alltag praktiziert. Allenfalls ist dem BF aufzutragen, entsprechende Nachweise beizubringen oder sind Vertreter seiner kirchlichen Gemeinde dazu zu befragen. Auch die Eigeninitiative hinsichtlich des Verstehens und Praktizieren des neuen Glaubens (etwa in Form des selbständigen Lesens der Bibel und eigener spiritueller Gedanken) spielt dabei nach Ansicht der erkennenden Richterin eine wesentliche Rolle.

Auch werden anschließend aktuelle und vollständige, auf das individuelle Vorbringen des BF bezogene, Länderfeststellungen in die Beurteilung mit einzubeziehen sein, um das Vorbringen des BF abschließend beurteilen zu können. Schließlich wird das Ermittlungsergebnis dem BF zur Kenntnis zu bringen und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen sein.

Sollte das BFA jedoch erneut zu dem Schluss gelangen, dass die Konversion - im Sinne einer tatsächlichen Hinwendung zum Christentum - des BF nicht glaubhaft ist, wird es dies nachvollziehbar zu begründen haben und sich im Lichte der Rückkehrsituation des BF damit auseinanderzusetzen haben, ob der BF selbst bei der Annahme einer Scheinkonversion im Rückkehrfall mit asylrelevanter Verfolgung zu rechnen habe, wozu es einer konkreten Einschätzung des Verfolgungsrisikos dahingehend bedarf, inwieweit Behörden oder Personen im Iran die Praktiken des BF im Ausland bekanntgeworden sind und ob daran - trotz einer bloßen Scheinkonversion - mit ernst zu nehmender Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen, etwa durch Unterstellung einer echten Konversion, geknüpft sind.

Erst in Gesamtschau der zu erfragenden und beurteilenden Faktoren unter Einbeziehung der vorliegenden Bestätigungen ist eine schlüssige Beweiswürdigung und abschließende Beurteilung der inneren Einstellung und damit der erfolgten Konversion möglich.

2.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher auf den dargelegten Ermittlungsauftrag zu verweisen, welchem es im fortgesetzten Verfahren nachzukommen haben wird.

2.4. Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit aktuellen und auf objektiv nachvollziehbaren Quellen beruhenden Länderfeststellungen verlangt (vgl. VwGH 26.11.2003, Zl. 2003/20/0389).

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, zuletzt in seinem Erkenntnis vom 7.11.2008, Zl. U 67/08-9, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).

2.5. Das BFA hat es unterlassen, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ausreichend zu ermitteln und hat überdies seiner Beweiswürdigung teils unschlüssige Begründungen zugrunde gelegt oder lässt überhaupt eine Begründung vermissen, wodurch es dem Bundesverwaltungsgericht unmöglich ist, die Feststellungen sowie die rechtlichen Erwägungen, welche im Ergebnis zum Spruch des Bescheides geführt haben, nachzuvollziehen. Zudem bedarf es idR auch einer Betrachtung der konkreten fallbezogenen Lage im Herkunftsstaat des Betreffenden, weil seine Angaben letztlich nur vor diesem Hintergrund einer Plausibilitätskontrolle zugänglich sind (VwGH 18.4.2002, 2001/01/0002; in diesem Sinne auch VwGH 28.1.2005, 2004/01/0476). Von den Asylbehörden ist eine Einbeziehung des realen Hintergrundes der von einem Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in das Ermittlungsverfahren zu erwarten. Die Behauptungen des Asylwerbers sind auch am Verhältnis zu der Berichtslage in Bezug auf das Ereignis, von dem er betroffen gewesen sein will, zu messen (VwGH 30.9.2004, 2001/20/0135, in diesem Sinne auch VwGH 31.5.2005, 2005/20/0176). Auch der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis 2001/10/02 B 2136/00 davon aus, dass sich die Asylbehörden nicht mit Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat begnügen dürfen, sondern fallbezogen konkrete Ermittlungen in Bezug auf das individuelle Vorbringen tätigen müssen, um dieses einer Plausibilitätskontrolle unterziehen zu können.

Im vorliegenden Fall ging das BFA trotz des Vorbringens des BF, er sei seit dem Jahr 2006 Christ und im Jahr 2015 zum Christentum konvertiert und in seinem Heimatland werde dies mit der Todesstrafe bedroht, davon aus, dass der BF keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht habe. Zudem wurde seine Hinwendung zum christlichen Glauben für nicht glaubwürdig befunden und seine Angst, wegen seiner Konversion zum Christentum in seinem Herkunftsland verfolgt zu werden, überhaupt nicht berücksichtigt. Das BFA hat das Vorbringen des BF nicht anhand der konkreten fallbezogenen Lage seines Herkunftsstaates betrachtet und hält somit die Beweiswürdigung des BFA in einer Gesamtschau einer Schlüssigkeitsprüfung nicht Stand und ist somit auch nicht geeignet, die Entscheidung des BFA tragfähig zu begründen.

Das BFA wird daher im fortgesetzten Verfahren eine umfassende Glaubwürdigkeitsprüfung hinsichtlich der behaupteten Gründe für die Antragstellung auf internationalen Schutz vorzunehmen haben und wird der BF ein weiteres Mal ausführlich und konkret zu seiner religiösen Einstellung und zu seinem Fluchtvorbringen zu befragen sein. Weiters wird sich das BFA auch damit auseinanderzusetzen haben, ob der BF im Rückkehrfall aufgrund der erfolgten (Schein-)Konversion mit asylrelevanter Verfolgung zu rechnen hat, inwieweit Behörden oder Personen im Iran die Praktiken des BF im Ausland bekanntgeworden sind und ob daran mit ernst zu nehmender Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen geknüpft sind.

Ohne entsprechende weitere Verfahrensschritte und Ermittlungen erweist sich die getroffene Entscheidung jedenfalls als nicht haltbar. Eine neuerliche Befragung und Würdigung des Vorbringens unter Zugrundelegung aktueller und individueller Feststellungen wird die belangte Behörde nachzuholen haben.

2.6. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen.

Insbesonders ist im gegebenen Fall aus obigen Erwägungen davon auszugehen, dass es sich aufgrund der zentralen Bedeutung der behördlichen Einvernahme für die Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes durch die Nichtbeachtung des Vorbringens des BF - nämlich seine Hinwendung zum Christentum und seine vollzogene Taufe - und das Unterlassen von weiterführenden, den Sachverhalt erhellenden Fragen um gravierende Ermittlungslücken im Sinne der Erkenntnisse des VwGH, Ra 2014/03/0054 vom 30.06.2015 sowie VwGH, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016, handelt.

Mit den in der behördlichen Einvernahme gestellten Fragen zum Glauben des BF hat die belangte Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt auch lediglich ansatzweise ermittelt (VwGH 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, VwGH 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN).

Wie oben dargestellt, kann es nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichtes sein, die im gegenständlichen Fall dazu erforderlichen - jedoch im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wesentlich mangelhaft gebliebenen - Ermittlungen nachzuholen, um dadurch erst zu den erforderlichen Entscheidungsgrundlagen zu gelangen.

2.7. Ausgehend von diesen Überlegungen war im vorliegenden Fall eine kassatorische Entscheidung zu treffen. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des BF gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.

Die Rechtssache war daher spruchgemäß an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur neuerlichen Ermittlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das BFA wird im fortzusetzenden Verfahren die dargestellten Mängel zu verbessern haben. Dabei werden auch, wie bereits erwähnt, das in der Beschwerde erstattete Vorbringen des BF und die vorgelegten Beweismittel zu berücksichtigen sein.

3. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. der angefochtene Bescheid zu beheben war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG ergangene Judikatur ist ausführlich und auf den gegebenen Fall anwendbar.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylantragstellung, Asylverfahren, Begründungsmangel,
Begründungspflicht, Behebung der Entscheidung, Christentum,
Ermittlungspflicht, Familienangehöriger, Familienverfahren,
Fluchtgründe, Gesamtbetrachtung, Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit,
Kassation, Konversion, mangelhaftes Ermittlungsverfahren, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Nachvollziehbarkeit, Scheinkonversion,
Verfolgungsgefahr, Verfolgungshandlung, Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L506.2184095.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten