TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/5 L518 2166894-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.12.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

05.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
BFA-VG §19
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L518 1423486-4/30E

L518 1423487-4/20E

L518 1429744-3/14E

L518 2000048-3/24E

L518 2108425-2/16E

L518 2127993-2/16E

L518 2166894-1/18E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 17.09.2018 MÜNDLICH VERKÜNDETEN

ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , 4. XXXX , geb. XXXX , 5. XXXX , geb. XXXX , 6. XXXX , geb. XXXX , 7. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Armenien, alle vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst - ARGE Rechtsberatung (davor vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich), 1. und 4. zusätzlich vertreten durch RA Mag. Ronald FRÜHWIRTH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2017, XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.09.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55, FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP7" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Armenien und brachten bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die bP 1 und bP 2 sind die Eltern der minderjährigen bP 3-7.

Die bP 1 und bP 2 brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 16.09.2011 bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.

Für die in Österreich geborenen minderjährigen bP wurden von ihren Eltern als gesetzlichen Vertretern Anträge auf internationalen Schutz eingebracht. Für die bP 3 am 05.06.2012, für die bP 4 am 02.09.2013, für die bP 5 am 15.01.2015, für die bP 6 am 12.05.2016 und für die bP 7 am 27.04.2017.

In Bezug auf die Gründe der minderjährigen bP beriefen sich bP1 und bP2 auf ihre eigenen Gründe, bzw. auf das gemeinsame Familienleben.

I.2. Die Anträge der bP 1 und 2 auf internationalen Schutz wurden folglich mit in den Akten ersichtlichen Bescheiden vom 9.12.2011 der belangten Behörde abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 6 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 iVm § 8 Abs. 6 AsylG wurden die Ausweisungen aus dem österreichischen Bundesgebiet verfügt (Spruchpunkt III.).

Die Staatsangehörigkeit der bP wurde als "ungeklärt alias Aserbaidschan" bezeichnet.

Gegen diese Bescheide wurden innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen vorgebracht, dass es die belangte Behörde unterlassen hätte, Ermittlungen betreffend die Staatsangehörigkeit der bP zu treffen.

Mit Beschlüssen des Asylgerichtshofes vom 30.01.2012 wurde den Beschwerden der bP 1 und bP 2 stattgegeben, die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit gem. § 66 Abs. 2 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 idgF zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt verwiesen.

I.3. Im fortgesetzten Verfahren führte die belangte Behörde Sprach- und Herkunftsanalysen am 02.08.2012 über das Institut Sprakab in Bezug auf bP1 und bP2 durch.

In den Sprachgutachten wurde festgehalten, dass der sprachliche Hintergrund der bP mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in Armenien, Region Gjumri und mit sehr niedriger Wahrscheinlichkeit in Kasachstan liegt.

Die bP sprechen demnach keine Variante von Armenisch wie sie in Kasachstan gesprochen wird. Es gibt gemäß Gutachten Armenisch-Sprachige in Kasachstan. Die Anzahl von ihnen ist verhältnismäßig klein und diese Gruppe spricht nicht den Gumjri-Dialekt. Ebenso sprechen sie kein Kasachisch. Sie sprechen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (dem höchsten Einschätzungsgrad) eine Variante von Armenisch, die in der Gjumri-Region, in der Nähe der Maralik- und Khukasian-Regionen in Armenien unweit der türkischen Grenze gesprochen wird. Die Sprachanalysen der bP 1 und bP 2 wurden von unterschiedlichen Linguisten erstellt. Beide kamen zum gleichen Ergebnis.

Es wurden phonologische, grammatikalische und lexikalische Merkmale angeführt, welche die bP aufweisen und die nicht einem in Kasachstan gesprochenen Armenisch entsprechen. Andererseits wies der Sprachgebrauch der bP phonologische, grammatikalische und lexikalische Merkmale auf, welche dem in Armenien in der Region Gjumri gesprochenen Armenisch entsprechen.

Auch die Kenntniskontrolle ergab, dass die bP keine allgemeinen Fragen zu Städten, ländlichen Gebieten, Orten, Seen, Gebirgen in der Nähe des von ihnen in Kasachstan angegebenen Herkunftsortes oder zu traditionellen Speisen beantworten konnten.

Die bP wussten unter anderem nicht, dass Kasachstan für die Stutenmilch bekannt ist und dass Pferdefleisch als Delikatesse gilt. Insbesondere kannte die bP 2 auch keinerlei Gerichte, die für Kasachstan typisch sind.

I.4. Die Anträge der bP 1-3 auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der belangten Behörde vom 26.09.2012 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Wiederum wurde gem. § 8 Abs 6 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.) und wurden gemäß § 10 Abs 1 Z 2 iVm § 8 Abs. 6 AsylG keine zielstaatbezogenen Ausweisungen aus dem österreichischen Bundesgebiet verfügt (Spruchpunkt III.).

Mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 16.11.2012 wurden die Beschwerden der bP 1 - 3 gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1, 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 67/2012 als unbegründet abgewiesen.

Es wurde die armenische Staatsangehörigkeit festgestellt und auf das Vorbringen der bP 1 zur Erkrankung (Epilepsie) eingegangen.

Gegen diese Entscheidungen wurde eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben.

Der Asylgerichtshof legte die Akten des Asylverfahrens vor und erstatte eine Gegenschrift, in der er die Abweisung der Beschwerde beantragte. Zusammengefasst vertritt er darin die Ansicht, dass die im gegenständlichen Fall durchgeführte Sprach- und Herkunftsanalyse in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ausreiche, um die armenische Staatsangehörigkeit feststellen zu können. Daher sei §8 Abs6 AsylG 2005 nicht anzuwenden gewesen. Der Frage des Verfassungsgerichtshofes, warum nicht versucht wurde, das Vorliegen der armenischen Staatsangehörigkeit bei den zuständigen Behörden in Armenien zu überprüfen, hält der Asylgerichtshof entgegen, dass dieser Ermittlungsmöglichkeit §57 Abs10 AsylG 2005 entgegenstehe und zudem aus einer möglichen negativen Antwort nicht geschlossen werden könne, dass die beschwerdeführenden Parteien keine armenischen Staatsangehörigen seien, zumal es in dieser Konstellation durchaus denkbar sei, dass die beschwerdeführenden Parteien den armenische Behörden unter einem anderen Namen bekannt seien.

Mit Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 06.06.2014, Zl. U 12/2013-19; U 13-14/2013-10 wurden die Entscheidungen des Asylgerichtshofes vom 16.11.2012 betreffend der bP 1 - 3 behoben, da sie in ihrem Recht auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verletzt wurden. Auch scheide eine Anfrage bei armenischen und aserbaidschanischen Behörden nicht in jedem Fall aus.

I.5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.11.2013 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der bP 4 abgewiesen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.2014 wurde dieser Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG behoben.

In einer weiteren Einvernahme der bP 1 zu den Fluchtgründen der bP 4 wurde der bP 1 vorgehalten, dass aufgrund des armenischen Staatsbürgerschaftsrechts und der ermittelten Staatsbürgerschaft von ihm, nämlich Armenisch auch hinsichtlich des Kindes von einer armenischen Staatsangehörigkeit auszugehen sei.

Der Antrag der bP 4 auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.08.2014 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

I.6. Der Antrag der bP 5 auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.05.2015 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

I.7. Der Antrag der bP 6 auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.05.2016 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

I.8. Es wurden durch das BVwG umfassende weitere Ermittlungen zum Herkunftsstaat der bP getätigt, wobei die Angaben der bP äußerst dürftig blieben (Herkunftsdorf 100-200 km vom Aralsee entfernt, 100-150 km von der Stadt XXXX entfernt, keinerlei Adressangaben)

Mit Schreiben der Staatendokumentation vom 09.04.2015 wurden grundsätzliche Ausführungen zu Recherchemöglichkeiten übermittelt. Weiters waren dem Schreiben eine Anfragebeantwortung betreffend Armenien vom 23.12.2014, eine Anfragebeantwortung betreffend Aserbaidschan vom 09.04.2015 und eine Anfragebeantwortung betreffend Kasachstan vom 19.12.2014 angeschlossen.

In Armenien konnten keine Daten der bP mangels vorliegender Adresse erhoben werden. Zwei ergänzende Anfragen aus dem Jahr 2015 ergaben, dass es keine Eintragungen zu den von den bP angegeben Personalien sowie den behaupteten Personalien ihrer Eltern in Armenien gibt.

In Kasachstan konnten keine sinnvollen Ermittlungen durchgeführt werden, da als Wohnort der bP das Dorf "Aul in der Provinz XXXX in einer Entfernung von 100-200 km zum Aralsee und zur nächsten Stadt ebenfalls 100-105km" angegeben wurde. Aul ist in der kasachischen Sprache die generische Bezeichnung von Dorf / kleine Nomadensiedlung und trifft daher wohl auf einige hunderte Siedlungen in einem Gebiet von einigen Tausend Quadratkilometer zu.

In Aserbaidschan wurde Nachschau in den Archiven des Justizministeriums und Einwohnermeldeamts XXXX (idF S) durchgeführt. Für die bP 1 wurde weder im Jahr 1986 noch im Jahr 1987 eine Geburtsurkunde ausgestellt und gibt es keine Eintragung für das von der bP 1 angegebene Geburtsdatum. Auch scheint keine Eintragung über die Geburt der bP 1 im Krankenhaus auf. Genauso gibt es keine Daten über die Geburt der bP 2. Die Informationen der bP 1 und bP 2 zu den Angaben über ihren Geburtsort waren damit als nicht authentisch einzustufen. Die Registrierungsdaten aller in S Geborener sind in den Archiven des Justizministeriums und Ministeriums für internationale Angelegenheiten bis 1988 erfasst. Die von den bP angegebenen Daten existieren nicht. Auch die von den bP als Daten der Eltern angegebenen Personalien wurden in Aserbaidschan nie registriert.

I.9. Für den 22.08.2016 lud das BVwG die Verfahrensparteien zu einer Beschwerdeverhandlung. Weiters wurden die bP mit der Ladung gemeinsam aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen, insbesondere was ein etwaiges Privat- und Familienleben sowie etwaige Erkrankungen betrifft.

Den bP wurden in der Verhandlung aktuelle Länderberichte zur Lage in Armenien sowie zu Behandlungsmöglichkeiten von Epilepsie mit der Aufforderung, binnen 1 Woche eine Stellungnahme abzugeben, ausgehändigt.

I.10. Mit Entscheidungen des BVwG vom 19.09.2016 wurden die Beschwerden der bP 1 bis 6 gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 144/2013 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF wurden die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung hinsichtlich bP 1 bis 3 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen und wurden die Rückkehrentscheidungen betreffend bP 4 bis 6 zur Wahrung der Familieneinheit behoben.

I.10.1. In der Beweiswürdigung wurde zur Herkunft der bP, welche sich insbesondere auch für die Abschiebung und generelle Glaubwürdigkeit der bP als relevant erweist, festgehalten:

II.2.4.1. Weder die bP 1 noch die bP 2 erfüllten diese vorgenannten Kriterien für die Erstattung eines glaubwürdigen Vorbringens im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde oder im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Insbesondere hinterließen sie keinen persönlich glaubwürdigen Eindruck, vielmehr zeichnete sich das Vorbringen dadurch aus, dass es in den relevanten Teilen vage und ausweichend gestaltet wurde. Ihr Vorbringen erfüllte nicht die Anforderungen der Realkennzeichen eines den Tatsachen entsprechenden Vorbringens, die bP verwickelten sich auch in die noch darzustellenden Widersprüche sowie Unplausibilitäten und versuchten, das Vorbringen irgendwie aufeinander abzustimmen bzw. möglichst detailarm zu gestalten.

Die bP konnten mit ihrem gesamten Vorbingen in den Einvernahmen vor der belangten Behörde sowie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht glaubhaft machen, dass sie in Aserbaidschan geboren wären und im Anschluss daran seit ca. 1988 in Kasachstan gelebt hätten. Vielmehr ergab das Ermittlungsverfahren, dass die bP aus Armenien stammen und von dort nach Österreich gekommen sind. Das Vorbringen hinsichtlich des Aufenthalts in Kasachstan sowie dazu, dass sie nie in Armenien gelebt hätten, wird als absolut unglaubwürdig gewertet. Es sollte lediglich dazu dienen, in Österreich einen Asylstatus zu erlangen.

Das BVwG geht davon aus, dass die bP über ihre Identität und Herkunft getäuscht haben und sie als armenische Staatsangehörige anzusehen sind, welche sich in Armenien auch in die Gesellschaft wieder eingliedern können.

II.2.4.2. Es ist schon an sich nicht nachvollziehbar, dass die bP keinerlei Sprachkenntnisse der in Kasachstan gesprochenen Sprache haben, obwohl sie dort seit ihrer Kindheit bis zur Ausreise gelebt haben wollen. Auch in der russischen Sprache, welche als zweite Verwaltungssprache des Landes gilt und in welcher sich die bP auch dort unterhalten haben wollen, liegen bei der bP 2 keinerlei Kenntnisse vor. Demgegenüber war es der bP 1 zwar letztlich nicht möglich, verhandlungssicher Russisch in der Verhandlung zu sprechen, dennoch konnte ein Teil der Befragung der bP 1 in Russisch durchgeführt werden und liegen bei der bP 1 doch gute Russischkenntnisse vor, während die bP 2 bei Überprüfung in der Verhandlung keinen einzigen kompletten Satz in Russisch sagen konnte. Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass die bP 1 und bP 2 seit ihrer Kindheit zusammen mit dem Vater der bP 2 gelebt haben wollen und damit gemeinsam sozialisiert worden wären, nicht nachvollziehbar. Über Vorhalt dieses Umstandes in der Verhandlung führte die bP 2 wiederum ausweichend aus, dass nur ihr Vater, ihr Lebensgefährte und Bruder mit Herrn Bayir Kontakt gehabt hätten und Russisch gesprochen hätten. Sie sei nur im Haus verblieben. Über weitere Frage, ob sie tatsächlich 23 Jahre nicht draußen gewesen sei, grinste die bP 2 lediglich. Dieses Verhalten, auf wesentliche Fragen, auch zu behaupteten Fluchtgründen lediglich zu grinsen, setzten die bP immer wieder im Laufe der Verhandlung. Auch dieses Verhalten indiziert, dass die bP keine tatsächliche Fluchtgeschichte vortrugen, welche von gegründeter Angst vor Verfolgung geprägt war, sondern vielmehr mit einer vorgegebenen Lebensgeschichte, welche schwer überprüfbar ist versuchen, in Österreich Asyl zu erlangen.

Die bP 2 gab im Rahmen einer Einvernahme vor der belangten Behörde sogar noch an, dass sie nicht einmal wisse, welche Sprache in Kasachstan gesprochen werde. Sie könne aber Russisch und Armenisch und hätten sie sich dort in Russisch unterhalten.

Auch wenn es sich bei der Dolmetscherin in der Verhandlung um keine Gutachterin handelt, so kann aufgrund deren Hintergrund dennoch davon ausgegangen werden, dass sie aufgrund der Aussagen und Sprachverwendung der bP in der Verhandlung einen fundierten Eindruck abgeben konnte. Diese führte betreffend die bP 1 aus, dass bei einem - wie von der bP 1 angegebenen - 23 jährigen Aufenthalt in Kasachstan sehr gute Russischkenntnisse vorliegen müssten. Der langjährige Aufenthalt in Kasachstan lässt sich ihr gemäß nicht mit der von der bP 1 verwendeten russischen Wortwahl, Aussprache und Grammatik in Einklang bringen. Das Armenisch der bP 1 entspricht gemäß der Einschätzung der Dolmetscherin dem typischerweise in Armenien und nicht in Aserbaidschan gesprochenen Armenisch. Auch hinsichtlich der bP 2 gab die Dolmetscherin an, dass diese ihrer Einschätzung nach umgangssprachliches Armenisch spricht, wie es in Armenien verwendet wird.

II.2.4.3. Insgesamt waren die Angaben der bP, dass sie in Kasachstan keinerlei Kontakte mit der Außenwelt gehabt hätten, nicht nachvollziehbar und nicht glaubwürdig. Insbesondere tätigten die bP trotz mehrerer Aufforderungen hierzu keinerlei konkrete Angaben zu ihrem angeblichen Aufenthalt in Kasachstan.

In Bezug auf die in der Beschwerdeschrift getroffenen Ausführungen, ein Nachbar, dessen Nachname und genau Adresse nicht bekannt sei, ein gewisser Rama(c)ha, könnte bestätigen, dass die bP in Kasachstan gelebt hätten, wird festgehalten, dass -sollte diese Aussage als Beweisantrag zu qualifizieren sein- hier kein tauglicher Beweisantrag vorliegt. Ein tauglicher Beweisantrag liegt nach der Rsp des VwGH nur dann vor, wenn darin sowohl das Beweisthema wie auch das Beweismittel genannt sind und wenn das Beweisthema sachverhaltserheblich ist (VwGH 24.1.1996, 94/13/0152; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 174) und ist in Bezug auf Zeugen anzuführen, dass diesen Anforderungen nur nachgekommen wird, wenn der Name und eine ladungsfähige Adresse des Zeugen angegeben wird. Weites ist darauf hinzuweisen, dass eine förmliche Befragung des Nachbarn in Kasachstan vor Ort nicht möglich ist.

Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die bP auch betreffend des Aufenthaltsortes in Kasachstan offensichtlich versuchten, ausweichende und gänzlich unüberprüfbare Angaben zu machen. So gaben sie - trotz mehrfacher Aufforderung, nachvollziehbare Daten anzugeben - als Name des Dorfes Aul an, was umgangssprachlich Dorf bedeutet und in dem von den bP beschriebenen Areal (100-200 km vom Aral See entfernt, 100-150 km bis zur nächsten größeren Stadt) wohl auch bei dessen tatsächlicher Existenz nicht auffindbar wäre.

Die einzige Person, nämlich die Person, welche sie die ganze Zeit während des Aufenthalts in Kasachstan verpflegt und unterstützt hätte, konnten die bP ebenfalls nur mit Vornamen benennen. Kurz und knapp gaben die bP über diesen Mann, dem sie sehr viel schulden würden, lediglich an, dass dieser Tiere gehabt hätte und viele Bekannte. Sie würden nicht einmal seinen Nachnamen kennen. Die bP 1 gab zum Aufenthaltsort in Kasachstan ebenso knapp vor der belangten Behörde an, dass sie in einem Weiler in völliger Abgeschiedenheit mit etwa 10 Häusern gelebt hätten, wobei diese eine Person, Bayir, ihnen ein Haus zur Verfügung gestellt hätte.

Damit ist schon an sich nicht nachvollziehbar, dass die bP, wenn sie doch in einem Dorf von 10 Häusern gelebt hätten, dort nichts über Sitten, Gebräuche, Sprache, typisches Essen, Bekleidung und sonstige Umstände mitbekommen hätten. Die bP konnten vor der belangten Behörde befragt zur Bevölkerung, deren Kleidung und gesprochenen Sprache, dem Klima und regionalen Umständen keine Angaben machen. Die bP 2 führte lediglich aus, dass es sich um eine Steppe gehandelt habe und es dort Kamele und Schafe gegeben hätte. Sie könnte nicht einmal die nächste Stadt benennen und habe nicht mit Fremden gesprochen. Die bP 1 gab vorerst an, dass sie sich nicht "mit denen abgegeben" hätte, über Vorhalt führte sie jedoch aus, dass sie als Kind Fußball gespielt habe.

Die mangelnden Kenntnisse der bP 1 und 2 erscheinen vor dem Hintergrund eines angeblich über 20 jährigen Aufenthalts in Kasachstan und einer Sozialisation in Kinderjahren dort schon an sich absolut unglaubwürdig.

II.2.4.4. Auch in der mündlichen Verhandlung verwickelten sich die bP in weitere Widersprüche, dies trotz der der insgesamt spärlichen Angaben.

So wurde bereits im erstinstanzlichen Verfahren festgehalten, dass die bP 2 bei der ersten Einvernahme ständig angegeben hat, nie mit anderen Leuten in Kontakt gekommen zu sein, während im Rahmen der zweiten Einvernahmen beider bP plötzlich von der bP 1 behauptet wurde, dass die bP 2 Probleme mit dem Blinddarm gehabt hätte und erst kurz vor dem Durchbruch operiert worden sei.

Über Vorhalt der Blinddarmoperation und dem damit verbundenen Kontakt mit anderen Menschen führte die bP 2 in der zweiten Einvernahme am 12.09.2012 aus, dass sie sich an nichts mehr erinnern könne. Sie sei vor mehr als einem Jahr operiert worden (=ca. 2011). Die bP 1 gab in der zweiten Einvernahme an, die Operation habe vor 1 1/2 bis 2 Jahren stattgefunden und sei es im Sommer gewesen, dort (Kasachstan) sei immer Sommer. Die bP 1 wisse nicht, wo die bP 2 operiert wurde. Über Vorhalt, dass es in der Region, aus welcher die bP stammen wollen, heiße Sommer und kalte Winter gäbe und sie den Zeitpunkt der Operation einordnen solle, führte die bP 1 aus, dass sie sich nicht mehr erinnern könnte.

Dass sich beide an ein derart einschneidendes Erlebnis nicht mehr genau erinnern können, erhellt sich schon an sich nicht für das Bundesverwaltungsgericht. Darüber hinaus hat auch die bP 2 befragt dazu in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie sechs oder sieben Monate vor der Ausreise operiert worden sei (=Anfang 2011). Weiter befragt dazu, ob sie damals schon mit der bP 1 zusammen gewesen sei, führte die bP 1 aus, dass sie dies nicht genau wisse, sie glaube schon. Demgegenüber führte die bP 1 in der Verhandlung aus, dass die bP 1 als sie im Spital gewesen sei, noch nicht seine "Frau" gewesen wäre. Sie wären seit ca. 5 Jahren zusammen und wäre die Blinddarmoperation vor ca. 6, 7 oder 8 Jahren gewesen. Auch diese Angaben der bP lassen sich zeitlich nicht in Einklang bringen und ist es nicht nachvollziehbar, dass die bP nicht übereinstimmend angeben können, ob sie im Zeitpunkt der Operation schon eine Beziehung geführt haben.

Zusätzlich konnten die bP auch im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung keinerlei konkrete Angaben zu Kasachstan tätigen. Die bP 1 wusste im Gegensatz zum Zeitpunkt des Sprachgutachtens nunmehr, dass Pferdefleisch eine Delikatesse ist, jedoch weitere typische Speisen und Getränke konnte sie auch nunmehr nicht nennen. Vielmehr gab sie über die Frage hierzu vorerst wieder ausweichend an, dass sie in Kasachstan keine Kontakte gehabt habe und es im Dorf die Volksgruppen Buriaten und Kalminten gegeben habe.

Auch zur Frage nach dem Klima in Kasachstan antwortete die bP 1 wiederum ausweichend, dass es nicht so wie hier sei, es sei wärmer, sehr heiß und im Winter milder als in Österreich. Konkrete Angaben kamen von ihr auch in diesem Zusammenhang nicht und gab sie noch vor der ersten Instanz an, dass in Kasachstan immer Sommer sei.

Weiters spricht gegen die Glaubwürdigkeit der bP, dass sie angaben, nicht die Schule besucht zu haben bzw. hätte der Vater der bP 2 ihnen die Sprache und Schreiben und Lesen beigebracht. Demgegenüber konnten die bP jedoch sowohl die Protokolle vor der belangten Behörde als auch das Verhandlungsprotokoll flüssig und ohne Schwierigkeiten - wie bei Personen mit Schulbildung zu erwarten - unterschreiben. Auch in diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass die bP die fehlende Schulbildung lediglich aus Schutzbehauptung angaben.

II.2.4.5. In Armenien, Aserbaidschan und Kasachstan wurden die im Verfahrensgang wiedergegebenen Ermittlungen durchgeführt.

Auch mit diesen Ermittlungen war das Vorbringen der bP teilweise nicht in Einklang zu bringen.

Bereits im Rahmen der Erstbefragung sowie der ersten Einvernahme vor der belangten Behörde und schließlich in der mündlichen Verhandlung gab die bP 1 an, dass sie eine Geburtsurkunde besessen habe und in S, Aserbaidschan geboren sei. Demgegenüber ergab das entsprechende Rechercheergebnis, dass mit den angegeben Daten der bP in Aserbaidschan niemand registriert wurde. Über Vorhalt dieses Umstandes in der Verhandlung führte die bP 1 vorerst ausweichend aus, dass es Opfer in S gegeben habe und führte erst nach Wiederholung der Frage aus, dass die Anfragebeantwortung falsch sei bzw. spiele es keine Rolle, ob die Ärzte ihn gefunden hätten oder nicht. Die bP 1 wurde jedoch nicht nur im Krankenhaus, sondern auch in den offiziellen Registern unter den von ihr angegebenen Daten nicht gefunden, was gerade bei ihr bei Vorhandensein einer Geburtsurkunde der Fall gewesen sein müsste. In weiterer Folge wurde der bP dann vorgehalten, dass auch die Eltern nie in Aserbaidschan registriert gewesen sind. Auf diesen Vorhalt grinste die bP genauso wie auf den Vorhalt, dass wenn der Vater einen Führerschein in Aserbaidschan besessen hat, dieser von einer Behörde ausgestellt und registriert sein müsste. Überdies gab die bP vor Vorhalt der Nichtregistrierung der Eltern selbst an, dass sie glaube, dass die Eltern in Aserbaidschan registriert waren. Letztlich stellte die bP 1 auf Vorhalt der Nichtregistrierung seiner Familie - wie auch an anderer Stelle mehrmals in der Verhandlung - eine Gegenfrage in den Raum. Sie gab an: "Wo sind den meine Eltern, sie haben meine Eltern umgebracht, deswegen geben sie eine solche Antwort. Es wurden 1000 Personen umgebracht."

Beispielsweise für das Antwortverhalten der bP 1 wird an dieser Stelle auch angeführt, dass die bP 1 über Vorhalt betreffend ihrer Sprachkenntnisse angegeben hat: "Ich bin nicht der Meinung, dass mein Russisch nicht ausreichend ist. Ich habe eine Frage: Sprechen die Türken hier ein perfektes Deutsch?.".

Dass die bP unter den von ihnen angegeben Identitäten in Kasachstan und insbesondere in Armenien nicht ausfindig zu machen waren, kann jedenfalls auch daran liegen, dass sie sich in Österreich Personaldaten bedienen, welche nicht den Tatsachen entsprechen.

II.2.4.6. Vor allem aber ergaben bereits die erstinstanzlich eingeholten Sprachgutachten, dass die bP nicht aus Kasachstan stammen, sondern aus Armenien (vgl. Darstellung des Gutachtens im Verfahrensgang) und kann diesen beiden Sprachgutachten der bP 1 und bP 2, welche noch dazu von zwei verschiedenen Sprachanalysten stammen - welche zum gleichen Ergebnis kamen - vollinhaltlich gefolgt werden.

Erwähnenswert ist, dass es den bP nicht möglich war, in der mündlichen Verhandlung selbst dem Sprachgutachten fundiert entgegenzutreten.

Zum Sprachgutachten an sich ist festzuhalten (und wird auch auf die Ausführungen zur Qualität des Gutachtens unter Punkt I.10. verwiesen):

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Oktober 2001, 99/17/0372 (vgl. auch VwGH vom 13.09.2004, Zl 2002/17/0141), ausgeführt hat, bedeutet der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen.

In der Begründung muss angegeben werden, welche Beweismittel herangezogen wurden, welche Erwägungen maßgebend waren, ein Beweismittel dem anderen vorzuziehen und welche Auswertungen mit welchen Ergebnissen die Würdigung des Beweismittels ergeben hat (vgl. VwGH vom 26.05.1997, Zl. 96/17/0459). Zu den widersprechenden Beweisergebnissen muss im einzelnen Stellung genommen werden und schlüssig dargelegt werden, warum der Beweiswert eines Beweismittels höher einzuschätzen war als der des anderen, und welche Schlüsse (mit welchen Gründen) aus dem als maßgebend erachteten Beweisergebnis gezogen werden. Auch der im Prozess der freien Beweiswürdigung durchschrittene Gedankengang und die hiebei gewonnenen Eindrücke, die dafür maßgebend waren, eine Tatsache als erwiesen oder als nicht gegeben anzunehmen, sind in der Begründung darzulegen. Im Zuge der Beweiswürdigung, also bei der Frage, ob einem konkreten Beweismittel - entgegen anderen Beweisergebnissen - Beweiswert zukommt oder nicht, kann auch von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen ausgegangen werden.

Das Sprachgutachten unterliegt daher der freien Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts. Der Wert eines Beweismittels muss stets nach seiner Beweiskraft, dh nach der Schlüssigkeit der Aussagen, beurteilt werden (VwGH vom 19.12.1996, 93/06/0229).

Wie bereits dargelegt konnte sich das Gericht aufgrund der Verhandlung davon überzeugen, dass die bP nicht gewillt waren, tatsächlich ihren Herkunftsstaat preiszugeben. Sie konnten auch keine schlüssigen Angaben zum behaupteten Staat des letzten Aufenthalts Kasachstan bzw. zum angeblichen Herkunftsdorf dort machen.

Den Sprachanalysegutachten von der Organisation SPRAKAB, Skandinavisk Sprakanalys AB in Stockholm Schweden kann gefolgt werden. Die durchführenden Analytiker haben einen Hintergrund, welcher grundsätzlich die Seriosität und Eignung als Sprachgutachter belegt.

Die Methode der Sprachanalyse zur (Negativ-) Feststellung des Herkunftslandes ist bereits vom Verwaltungsgerichtshof als unbedenklich angesehen worden (vgl etwa Beschluss des VwGH vom 22.08.2007 zu Zl. 2007/01/0899-3 zum Bescheid des UBAS vom 02.07.2007 zu GZ 301.230-C1/17E-XV/53/06). Sie ist jedoch einer besonders sorgfältigen Überprüfung zu unterziehen, da es zu Unschärfen und fehlerhaften Einschätzungen kommen kann. Eine allgemeine Ablehnung dieses Instituts als vollkommen untauglich entspricht aber nicht der Praxis im österreichischen Asylverfahren und auch der Einschätzung des BVwG. So ist in Einzelfällen jedenfalls die Bestimmung der Herkunftsregion bzw. des Herkunftsstaates durch Sprachanalysegutachten möglich.

Bereits in der Entscheidung des AsylGH vom 18.08.2010, A2 411.421-2/2010 wurde festgehalten, dass es zwar grundsätzlich zutreffend ist, dass Sprachanalysegutachten oft geeignet sind, die Herkunft oder die Hauptsozialisation eines Beschwerdeführers aus einem bestimmten Gebiet auszuschließen, dass es aber in viel weniger Fällen möglich ist, auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine andere Herkunftsregion, beziehungsweise einen anderen Herkunftsstaat zu bestimmen. Im dieser Entscheidung des Asylgerichtshofes zugrunde liegenden Fall ist dies aber möglich gewesen. Das Gutachten hatte eindeutig ergeben, dass der Beschwerdeführer Englisch in einer Weise sprach, wie eine Person aus dem südlichen Teil Nigerias und dass der Beschwerdeführer auch über Kompetenz in der Sprache Igbo, die im Süden Nigerias verbreitet ist, verfügte. Andererseits hatte das Gutachten ebenso ergeben, dass der Beschwerdeführer keine Kompetenz in der Sprache verfügte, die er angeblich im Sudan gesprochen hatte.

Im gegenständlichen Fall wurde gerade auch die armenische Herkunft der bP mit der höchsten Stufe der Wahrscheinlichkeit in den beiden Gutachten angenommen, weshalb die Sprachgutachten, welche auch eine Kenntniskontrolle miteinschlossen, an sich zur Bestimmung des Herkunftsstaates der bP geeignet sind.

Zur Beweiskraft der Sprachanalyse wird auch auf die Arbeitsweise des genannten Instituts hingewiesen, wozu auf die im Internet öffentlich zugängliche Hompage http://www.sprakab.se/Language_analysis.html; verwiesen wird.

Es ist dem Auftrag an Gutachter immanent, dass sie aufgrund der ständig angewandten Methoden als Fachleute mit Spezialwissen zu einem Ergebnis gelangen. Letztlich können auch nur die Eckpfeiler der Ergebniserlangung überprüft werden, da nicht in jedem einzelnen Fall jeder einzelne Prüfungsschritt - schon mangels entsprechender Sachkunde durch das entscheidende Gericht - überprüft werden kann.

Auch Hintergrundinformationen über die bP wurden in weiterer Folge von den Analysten auch jedenfalls berücksichtigt. Gewisse Angaben zum Profil des Probanden werden zu Beginn jedes Interviews aber auch genau abgeklärt. Dazu gehören nicht nur Herkunftsregion und gesprochene Sprachen, sondern auch ethnische Zugehörigkeit, Herkunft der Familie, Ausbildung und ausgeübter Beruf. Das bedeutet, dass auch die Themen des Gesprächs dem Bildungsniveau und sozialen Hintergrund des Probanden angepasst und seine Kenntnisse und Sprachkompetenz eben im Hinblick auf seine Biographie evaluiert werden.

Das BVwG geht daher von der Unbedenklichkeit der Sprachgutachten betreffend die bP 1 und bP 2 aus. In den Gutachten ist konkret dargelegt, aufgrund welcher Methoden und Umstände die Feststellungen getroffen wurden, dass die bP mit dem höchsten Grad der feststellbaren Wahrscheinlichkeit aus Armenien stammen und mit dem geringsten Grad an feststellbarer Wahrscheinlichkeit Kasachstan als Herkunftsstaat anzunehmen ist. Im Sprachgutachten wird festgehalten, dass gemäß den Beurteilungskriterien die Passage "mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit" den höchsten Grad für die Einschätzung des sprachlichen Hintergrundes darstellt.

II.2.4.7. Wie bereits dargelegt entsprach das Gesamtverhalten der bP 1 und 2 im Verlauf des Verfahrens sowie insbesondere in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (Grinsen, ausweichende Antworten, keinerlei Angabe von Details, Auftreten von Widersprüchen) schon nicht den Anforderungen an ein glaubwürdiges Vorbringen. Darüber hinaus ergab die Anfragebeantwortung aus Aserbaidschan, dass die bP und deren Eltern entgegen den Angaben der bP dort nicht registriert waren, weshalb letztlich auch davon auszugehen ist, dass die bP nicht in Aserbaidschan in S, sondern vielmehr in Armenien geboren wurden. Auch beide Sprachgutachten betreffend der bP 1 und bP 2, welche von unterschiedlichen Linguisten durchgeführt wurden sowie die Kenntniskontrollen zu Kasachstan kamen zum übereinstimmenden Ergebnis, dass die bP mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus Armenien stammen. Schließlich wurde diese Einschätzung der Sprachanalysten auch von der Dolmetscherin in der mündlichen Verhandlung bestätigt, was zumindest einen weiteren Hinweis darstellt. Damit kann die armenische Abstammung der bP auf mehrere Umstände und nicht allein das Sprachgutachten gestützt werden.

Es konnte damit der wahre Herkunftsstaat der bP ermittelt werden und war im Verfahren auf diesen einzugehen. Damit war auf die Angaben der bP zu einer behaupteten Verfolgung in Kasachstan im Konkreten nicht mehr einzugehen.

I.10.2. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der bP 1 in Zusammenhang mit ihrer Epilepsie wurde unter anderem festgehalten:

Soweit die bP 1 ihren Gesundheitszustand bzw. ihre Epilepsie thematisiert wird Folgendes erwogen:

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Armenien nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II VO zwingend auszuüben wäre.

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das jüngere diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Jüngste Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung.

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab:

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

Wie bereits erwähnt, geht der EGMR weiters davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet und kann nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen {EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964 ("St. Kitts-Fall")}. Im Zusammenhang mit einer Erkrankung des Beschwerdeführers nahm der EGMR außerordentliche, ausnahmsweise vorliegende Umstände im "St. Kitts-Fall" an. Im Mai 1997 hatte der EGMR die Abschiebung eines HIV-infizierten Drogenhändlers, welcher laut medizinischen Erkenntnissen auch in Großbritannien bei entsprechender Behandlung nur mehr ca. 8 - 14 Monate zu leben gehabt hätte und sich somit im fortgeschrittenen Krankheitsstadium befand, aus Großbritannien auf seine Heimatinsel St. Kitts/kleine Antillen (Karibik) als "unmenschliche Behandlung" im Sinne des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention angesehen. Die im zitierten Erkenntnis beschriebene außergewöhnliche, exzeptionale Notlage ( er hätte dort keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und Betreuung, nicht einmal zu einem Pflegebett gehabt hätte und wäre so qualvollst, einsam und in extremer Armut gestorben) die ihn dort erwarte, würde seine Lebenserwartung deutlich reduzieren und ihn psychischem und physischem Leiden aussetzen. Diese Abschiebung war daher in diesem Einzelfall unzulässig (EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964).

...

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter wären als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend. Im Übrigen hielt der Gerichtshof fest, dass ungeachtet der Ernsthaftigkeit eines Down-Syndroms, diese Erkrankung nicht mit den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit zu vergleichen sei.

...

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

...

Im vorliegenden Fall konnten somit seitens der bP keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Armenien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen (schwerer) Erkrankungen ersichtlich. Es ist gemäß Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.12.2014 eine medizinische Behandlung in Armenien verfügbar und wird Epilepsie auch kostenfrei behandelt. Zusätzlich hat die bP selbst sich mehrfach gegen Revers entlassen und war lediglich einmal jährlich jeweils wegen der Epilepsie im Krankenhaus, wobei einmal festgestellt wurde, dass er seine Medikation nicht einhält. Jedenfalls ist Epilepsie in Armenien behandelbar und scheidet damit ein Eingriff in Art. 3 EMRK in diesem Zusammenhang aus.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass der EGMR es für eine Art. 3 EMRK-konforme Überstellung ausreicht, dass Behandlungsmöglichkeiten [für Traumatisierte, hier aufgrund der identischen Interessenslage jedoch analog anwendbar] im Land der Überstellung verfügbar sind (vgl. Paramasothy v. Netherlands 10.11.2005; Ramadan Ahjeredine v. Netherlands, 10.11.2005, Ovidienko

v. Finland 31.5.2005; Hukic v. Sweden, 27.9.2005), was im Herkunftsstaat hinsichtlich der von der bP vorgebrachten Erkrankung offensichtlich der Fall ist (Vgl. etwa den öffentlich zugänglichen WHO Mental Health Atlas 2005 [vgl. die bereits erörterte Berichtslage zum Gesundheitswesen im Herkunftsstaat.)

Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso im h. Erk. vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E zitierte Auskunft des Bundesministeriums für Inneres Abt. II/3/C, Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen, in welcher mitgeteilt wurde, dass, wenn im Voraus bekannt sei, dass eine Problemabschiebung bevorstehe, vom Zeitpunkt der Festnahme an ein Amtsarzt bei der Amtshandlung zugegen sei. Für solche Fälle habe sich auch der stellvertretende Chefarzt des Bundesministeriums für Inneres bereit erklärt, für die ärztliche Versorgung zu sorgen. Es könne also davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen (bei Charterabschiebungen, ..., sei dies Standard) von Beginn der Amtshandlung bis zur Übergabe der betreffenden Person an die Behörden des Heimatlandes eine ärztliche Versorgung gewährleistet sei. Auch sei es bei derartigen Charterabschiebungen gängige Praxis, dass Vertreter des Menschenrechtsbeirates sowohl bei den Kontaktgesprächen als auch im Rahmen der Flugabschiebung als Beobachter dabei seien. Transporte von Kindern würden auch von speziell ausgebildeten weiblichen Beamten begleitet. Auch könne die hauseigene Psychologin des Bundesministeriums für Inneres beigezogen werden und mitfliegen, wenn man von dem Abschiebungsvorgang rechtzeitig Kenntnis erlange.

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

I.11. Die bP 1 und bP 2 wurden am 20.03.2017 vor dem BFA hinsichtlich der Prüfung von Rückkehrentscheidungen für die Familie einvernommen. Es wurden diverse medizinische Unterlagen, eine Arbeitsplatzzusage eines Schlüsseldienstes, ein A2 Prüfungszeugnis und 3 Unterstützungsschreiben von Privatpersonen vorgelegt.

I.12. Der Antrag der bP 7 auf internationalen Schutz wurde mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 13.07.2017 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Mit Mail vom 13.07.2018 teilte die Vertretung der bP mit, dass hinsichtlich der bP 7 nur Spruchpunkt III und IV angefochten sind.

I.13. Mit im Spruch genannten Bescheiden wurden hinsichtlich der bP 1 bis 6 Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

I.14. Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass jedes der 5 Kinder in Österreich geboren sei und die bP ein ausgeprägtes soziales und familiäres Netzwerk in Österreich hätten. Demgegenüber brachten sie wiederum vor, in Armenien keinerlei Netzwerk zu besitzen und keinerlei Kontakt zu Familienangehörigen mehr zu haben. bP 3 und 4 würden den Kindergarten besuchen und Deutsch sprechen.

Vorgelegt wurde von den bP ein Unterstützungsschreiben einer Privatperson, ein Unterstützungsschreiben des Gemeindediakons, eine Kindergartenbesuchsbestätigung und eine Einstellungszusage vom 12.10.2016 für die bP 1 von einem Schlüsseldienst.

In der Folge wurde am ein weiteres Unterstützungsschreiben, zwei undatierte Einstellungszusage verschiedener Pizza-Restaurants

Am 30.11.2017 langte eine Mitteilung über die Strafnachsicht vom bedingt verhängten Teil der Strafe zum Urteil aus dem Jahr 2014 ein.

I.15. Am 13.09.2018 langte um 17.07 Uhr und 15.44 Uhr die gleiche Beschwerdeergänzung ein. Vorgelegt wurden Unterlagen zur Integration und dem Gesundheitszustand der bP 4. Ausgeführt wurde, dass die Ermittlungspflichten verletzt seien, da da die bP 4 unter einer Form des Autismus leide und in Armenien nicht adäquat betreut werden könne. Weitere Untersuchungen und eine Betreuung in Österreich seien notwendig. bP 1 und 2 wären in Armenien mangels Kontakten und Ausbildung nicht in der Lage, bP 4 entsprechend zu betreuen. Es wurde unter Vorlage eines Befundes beantragt, ein fachärztliches Gutachten hinsichtlich der bP 4 erstellen zu lassen. Es ergäbe sich schon aus den Länderberichten, dass die bP 4 als krankes Kind einer außerordentlich vulnerablen Gruppe angehört.

Der Gemeindediakon wurde als Zeuge beantragt.

I.16. Für den 17.09.2018 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Gemeinsam mit der Ladung bzw. mit Schreiben vom 30.08.2018 wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat zugestellt. Ebenso wurde - in Ergänzung bzw. Wiederholung zu den bereits bei der belangten Behörde stattgefundenen Belehrungen - ua. hinsichtlich der Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren manuduziert und wurden die bP aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen.

Zu Beginn der Verhandlung brachten die befragten bP vor, bisher die Wahrheit gesagt zu haben und brachten keine Umstände vor, welche gegen die Annahme der Beweiskraft iSd § 15 AVG in Bezug auf die bisher durchgeführten Einvernahmen Zweifel aufkommen ließen.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.

Die Beschwerden wurden gemäß § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Die bP wurden iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.

Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde den bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.

Am 20.09.2018 wurde die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse begehrt.

Am 12.11.2018 langte eine Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ein, woraufhin diesem mitgeteilt wurde, dass der Antrag auf schriftliche Ausfertigung der Erkenntnisse tatsächlich fristgerecht beim BVwG eingelangt ist.

Mit Beschluss vom 16.11.2018 wurde den erhobenen Revisionen der bP 1 und 4 die aufschiebende Wirkung durch den VwGH zuerkannt. Daraufhin wurde der VwGH ersucht, die bereits im Rahmen der von bP 1 und 4 erhobenen außerordentlichen Revision vorgelegten Akten zwecks Einsicht vorübergehend wieder dem BVwG zu übermitteln.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenier, welche sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen. Die bP sind damit Drittstaatsangehörige.

Die beschwerdeführenden Parteien bP1 und bP2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP3 - bP7 ist durch bP1 und bP2 gesichert.

Die bP haben über die im gegenständlichen Erkenntnis genannten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend keine relevanten familiären Anknüpfungspunkte in Österreich.

Die bP verfügen in Österreich über keine eigenen, den Lebensunterhalt deckenden Mittel. Sie leben von staatlichen Leistungen und sind die volljährigen bP in Österreich noch keiner sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgegangen.

Die bP 1 leidet an Epilepsie. Die empfohlene Depakinetherapie wurde von der bP 1 nur unregelmäßig eingenommen wurde. Sie war ca. einmal jährlich wegen eines Anfalls im Krankenhaus und ging teilweise gegen Revers nach Hause. Sie hat sich jährlichen Kontrollterminen wegen der Epilepsie zu unterziehen und erhält Medikamente.

Eine Erstuntersuchung der bP 4 im Juni / Juli 2018 in einem Sozialpädiatrischen Zentrum ergab eine Sprachentwicklungsstörung F 80 sowie den Verdacht auf eine Autismusspektrumstörung. Als weiteres Prozedere wurde eine psychologische Leistungsdiagnostik und Autismus-Diagnostik vorgesehen, bish

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten