Entscheidungsdatum
17.01.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L510 2119083-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF, §§ 57, 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG idgF, §§ 52 Abs. 2 Z. 2 u. Abs. 9, 46, 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 und 55 Abs. 1a FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VII. zu lauten hat:
Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei (bP) stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 16.06.2015 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die bP ist irakischer Staatsangehörigkeit mit arabischer Volksgruppenzugehörigkeit und sunnitischen Glaubens.
Ihr erster Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17.12.2015, XXXX, gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gem. § 57 AsylG nicht erteilt. Gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gem. § 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 13.09.2017, GZ: L524 2119083-1/29E, in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.
Diese Entscheidung erwuchs am 15.09.2017 in Rechtskraft.
2. Am 01.08.2018 stellte die bP einen weiteren, den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Dieser Folgeantrag der bP wurde mit im Spruch bezeichneten Bescheid hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten jeweils gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.) Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.) Gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der bP in den Irak gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gem. § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen die bP ein auf Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Dagegen wurde durch die Vertretung der bP fristgerecht Beschwerde erhoben und der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der bP:
Die bP ist Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und sunnitischen Glaubens. Die Identität der bP steht mangels Vorlage unbedenklicher nationaler Identitätsdokumente nicht fest. Sofern die bP im Asylverfahren namentlich genannt wird, dient dies lediglich der Individualisierung ihrer Person als Verfahrenspartei.
Die bP ist gesund.
Die bP reiste im Juni 2015 in das österreichische Bundesgebiet ein und hat Österreich seither nicht mehr verlassen.
Sie hat in Österreich keine Verwandten oder ihr sonst besonders nahestehende Personen.
Aktuell konnte eine wirtschaftliche Selbsterhaltung nicht festgestellt werden. Die bP lebt von der Grundversorgung. Derzeit befindet sich die bP in Haft. Die bP kann sich auf einfachem Niveau in deutscher Sprache verständigen. Eine besondere soziale Integration in Österreich liegt nicht vor. Die bP wurde bereits wegen mehrerer strafrechtlicher Delikte zur Anzeige gebracht (mehrmals Körperverletzung und Betrug, einmal schwere Nötigung, einmal schwere Körperverletzung) und befindet sich gegenständlich wegen des Verdachts des Widerstandes gegen die Staatsgewalt in Haft.
Sie lebte überwiegend im Irak, wurde dort sozialisiert und spricht ihre Landessprache auf muttersprachlichem Niveau. Im Irak leben die Eltern, drei Brüder und eine Schwester. Die bP befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter.
Im Falle der Rückkehr verfügt die bP über familiäre Anknüpfungspunkt im Irak.
1.2. Zu den Anträgen der bP auf internationalen Schutz:
Erster Antrag auf internationalen Schutz vom 16.06.2015 (Verfahren des maßgeblichen Vergleichsbescheides)
Im Zuge ihres ersten Antrages auf internationalen Schutz gab die bP befragt zu ihren Fluchtgründen an, dass ihr Coffeshop zwischen der XXXX -Moschee und der schiitischen XXXX -Moschee liege. Am Morgen des 13./14.05.2015 sei eine Person vor ihr Geschäft gekommen und habe die XXXX -Moschee beschimpft. Zu diesem Zeitpunkt sei die bP in der Schule gewesen. Einen Tag später seien Personen von der XXXX -Moschee verärgert zu ihr in das Geschäft gekommen und hätten gefragt, wer die Moschee beschimpft habe. Dies hätten sie aber bereits gewusst und nur Ärger machen wollen. Die Männer hätten die bP auch gefragt, woher sie sei. Sie habe gesagt, dass sie XXXX [Anm.: ein schiitischer Name] sei, obwohl jeder wisse, dass sie XXXX [Anm.: ein sunnitischer Name] sei. Die Männer hätten den Vater der bP, der in XXXX arbeiten würde, angerufen und dieser habe einen anderen Stammesnamen genannt, nämlich XXXX. Die Männer hätten sodann wissen wollen, weshalb der Vater lüge und dieser sei daraufhin von XXXX nach Erbil geflüchtet und dort einen Monat lang geblieben. Die Familie sei weiterhin in ihrem Viertel in Bagdad geblieben. Die Männer seien später zur bP nach Hause gekommen und hätten sie bedroht und gefragt, wo sich ihr Vater befinde. Die Männer hätten den Vater haben wollen und hätten die bP mit dem Tod bedroht, falls der Vater nicht kommen würde. Der Vater habe eine hohe Funktion zu Zeiten Saddam Husseins gehabt und sei er auch mit dessen Schwager befreundet gewesen. Der Vater sowie die Brüder der bP seien bei den Großeltern der bP in Bagdad aufhältig. Der Vater habe keine Probleme und sei auch nicht einfach zu finden. Die bP sei durch ihre Arbeit gefunden worden.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 17.12.2015 in allen Spruchpunkten abgewiesen. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung der bP in den Irak zulässig ist. Beweiswürdigend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass es der bP nicht gelungen sei, eine begründete Furcht vor Verfolgung tatsächlich glaubhaft zu machen.
Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.
Dieses Erkenntnis erwuchs mit 15.09.2017 in Rechtskraft.
Die ergangene rechtskräftige Entscheidung wurde wie folgt begründet:
"Der Beschwerdeführer gab anlässlich der Erstbefragung an, den Entschluss zur Ausreise bereits vor sieben Jahren gefasst zu haben (AS 11) - also ca. im Jahr 2008 - was indiziert, dass der Beschwerdeführer den Irak nicht wegen der Gefahr einer aktuellen Verfolgung oder Bedrohung verlassen hat. Eine persönliche Bedrohung schilderte der Beschwerdeführer in der Erstbefragung auch nicht, sondern gab nur an, dass es im Irak keine Sicherheit und keine Zukunft gebe (AS 15). Erst in der Einvernahme vor dem BFA schilderte der Beschwerdeführer eine individuelle Verfolgung, welche jedoch mit massiven Unstimmigkeiten behaftet ist, welche in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht ausgeräumt werden haben können. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer seinen in der Einvernahme vor dem BFA geschilderten Fluchtgrund nicht schon in der Erstbefragung angegeben hat. Vielmehr entsteht dadurch der Eindruck, dass der erstmals in der Einvernahme vor dem BFA geschilderte Fluchtgrund nicht den Tatsachen entspricht.
Was den erstmals in der Einvernahme vor dem BFA geschilderten Fluchtgrund betrifft, besteht dieses Vorbringen aus der zusammenhanglosen Aneinanderreihung von vage geschilderten Vorfällen, aus denen der Beschwerdeführer die Gefahr einer ihn treffenden Verfolgung ableitet. Dem Beschwerdeführer ist es damit nicht gelungen, diesen glaubhaft zu machen.
In der Einvernahme vor dem BFA gab er zunächst an, dass eine Person vor seinem Coffeeshop die XXXX -Moschee beschimpft habe und er zu diesem Zeitpunkt in der Schule gewesen sei. Am folgenden Tag seien Leute der Moschee zu ihm in den Coffeeshop gekommen und hätten gefragt, wer geschimpft habe, obwohl sie dies schon gewusst hätten. Dann hätten sie ihn gefragt, wer er sei und wo sein Vater arbeite. Sie hätten den Vater angerufen, der einen anderen Stammesnamen genannt habe, als der Beschwerdeführer und sie hätten wissen wollen, warum der Vater lüge. Danach schilderte der Beschwerdeführer, dass sein Vater im Jahr 1992 die Schiiten geschlagen habe. Der Vater hätte eine hohe Funktion zur Zeit Saddam Husseins gehabt. Nach dem Telefonat sei der Vater nach Erbil geflüchtet. Die Leute hätten ihn haben wollen und den Beschwerdeführer mit dem Tode bedroht, falls sie seinen Vater nicht bekommen würden. Daraus erhellt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers äußerst unkonkret und zusammenhanglos geblieben ist. So ist nicht ersichtlich, weshalb die Leute überhaupt im Coffeeshop hätten fragen sollen, wer am Vortag geschimpft habe, wenn sie doch schon gewusst hätten, wer es gewesen sei. Außerdem ist völlig unklar, weshalb sie den Beschwerdeführer fragen hätten sollen, von welchem Stamm er sei und weshalb wissen hätten wollen, wo der Vater des Beschwerdeführers arbeite. Danach bringt der Beschwerdeführer plötzlich eine Tätigkeit des Vaters für Saddam Hussein ins Spiel, ohne dass jedoch ein Zusammenhang zu seinen vorigen Äußerungen erkennbar ist und er einen solchen auch nicht einmal ansatzweise darlegt. Damit wird aber nun offensichtlich, dass der Beschwerdeführer versucht, darauf aufbauend einen Fluchtgrund zu konstruieren. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht schilderte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen auf die gleiche Weise wie vor dem BFA. Die vom Beschwerdeführer geschilderten Einzelereignisse lassen sich, was die Motivation der einzelnen - unbekannten - Akteure betrifft, in keinen plausiblen Zusammenhang bringen.
Die Schilderungen zu dem Vorfall vor bzw. im Coffeeshop des Beschwerdeführers waren auch unkonkret und vage. So gab er vor dem BFA an, dass "eine Person" vor sein Geschäft gekommen sei und die Moschee beschimpft habe. Einen Tag später seien "andere Personen" in das Geschäft gekommen. Während der gesamten Schilderung seines Fluchtgrundes sprach er immer nur von den "Personen" der Moschee (AS 50). Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht waren die Angaben des Beschwerdeführers derart unkonkret. Er sprach auch hier nur von den "Leuten" der Moschee bzw. des Gebetshauses (Seiten 9 und 10 des Verhandlungsprotokolls).
Der Beschwerdeführer erklärte in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass die Leute, die ihn im Coffeeshop aufgesucht hätten, alle bewaffnet gewesen wären (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Dies hat er vor dem BFA noch nicht vorgebracht. Auch diese widersprüchlichen Angaben sprechen gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer konnte auch nicht angeben, an welchem Wochentag sich der Vorfall vor dem Coffeeshop ereignet habe (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Dies spricht ebenso dagegen, dass sich das vom Beschwerdeführer Vorgebrachte tatsächlich ereignet hat.
Ein Vergleich der Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA mit jenem in der mündlichen Verhandlung zeigt auch, dass diese nicht übereinstimmen. Während er vor dem BFA angab, dass er noch im Coffeeshop gefragt worden sei, wo sein Vater arbeite und danach zur Moschee mitgenommen worden sei, von wo der Vater von den Leuten der Moschee ( XXXX ) angerufen worden sei (AS 50), gab er in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er zur Moschee mitgenommen worden sei und erst dort über den Vater befragt worden sei und was dieser beruflich mache. Dass sein Vater angerufen worden sei, brachte der Beschwerdeführer nicht vor. Vielmehr behauptete der Beschwerdeführer hier, dass er selbst noch am selben Tag seinen Vater angerufen und ihm die Ereignisse erzählt habe, woraufhin der Vater Angst bekommen und nach Arbil gefahren sei (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls).
In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht steigerte der Beschwerdeführer auch noch sein Vorbringen, was nicht zur Glaubhaftmachung seines Fluchtvorbringens beiträgt. Hier behauptete er nun auch, wenn seine Familie erfahre, dass er gegenüber den Leuten der Moschee über seinen Stammesnamen falsche Angaben gemacht habe, würde er Ärger mit seinem Stamm bekommen (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls). Vor dem BFA behauptete er derartiges noch nicht. Mit diesem Vorbringen ist jedoch der Eindruck entstanden, dass der Beschwerdeführer damit bloß versucht, seine Chancen auf Asylgewährung zu erhöhen.
Sein Vorbringen, weil er einen falschen Stammesnamen angegeben habe, könnte er Ärger mit seinem eigenen Stamm bekommen, ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, da auch sein Vater eine andere Abstammung angeben habe und der Beschwerdeführer keinerlei aus dem Vorgehen des Vaters entstehende Probleme darlegte. So gebe sich sein Vater bei der Arbeit als Schiit der XXXX -Abstammung aus (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls) und habe er auch zu jenen Schiiten, die den Beschwerdeführer bedroht haben sollen, gesagt, er sei XXXX (AS 50). In Anbetracht dessen, dass der Vater des Beschwerdeführers XXXX der irakischen Armee gewesen sei und er damit eine exponierte Persönlichkeit darstellen würde, die unter den Schiiten wohl bekannt wäre, ist nicht erklärlich, weshalb sich der Vater des Beschwerdeführers als Schiit ausgeben könne. Eine solche Vorgehensweise wäre nur dann vorstellbar, wenn die Schiiten nicht wüssten, dass es sich beim Vater des Beschwerdeführers um einen früheren XXXX sunnitischer Glaubensausrichtung handle. Der Beschwerdeführer gab auch selbst an, dass sein Vater keine exponierte Persönlichkeit in den 1990er Jahren gewesen sei und es ist daher auch möglich, dass sich der Vater des Beschwerdeführers als Schiit ausgeben könne. Wenn diesbezüglich nun ins Treffen geführt würde, dass das Naheverhältnis des Vaters des Beschwerdeführers zum Hussein'schen Regime durch diverse in Vorlage gebrachte Ausweise belegt werden könnte, so ist auf die mangelhafte Beweiskraft von Dokumenten die aus dem Irak stammen, hinzuweisen. Laut den dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten Länderfeststellungen ist jedes Dokument im Irak gegen Bezahlung erhältlich. Insofern kann den vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Dokumenten bzw. Ausweisen keine Beweiskraft attestiert werden.
Der Beschwerdeführer konnte nicht übereinstimmend angeben, weshalb er nun verfolgt werde. In der Einvernahme vor dem BFA erklärte er, dass die Leute seinen Vater haben wollen würden und der Beschwerdeführer mit dem Tod bedroht worden sei, falls sie seinen Vater nicht bekommen würden. Er gab jedoch nicht an, weshalb sie seinen Vater haben wollten (AS 51). In dem der Beschwerde beigefügten handschriftlichen Schreibens des Beschwerdeführers führte dieser jedoch aus, dass der "Hauptgrund" für die Suche nach ihm seinem Vater darin liege, dass der Beschwerdeführer gesagt habe, er gehöre dem Stamm XXXX an, während sein Vater gesagt habe, er gehöre zum XXXX -Stamm (OZ 5). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass sein Problem "im Prinzip" ein Problem seines Vaters sei und der Beschwerdeführer Opfer einer Sache geworden sei, die er nicht begangen habe und führte alles zurück auf eine Tätigkeit des Vaters in den 1990er Jahren für Saddam Hussein, noch vor der Geburt des Beschwerdeführers (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls). Damit zeigt sich, dass der Beschwerdeführer letztendlich drei verschiedene Varianten darbot, weshalb er nun verfolgt werde. Damit ist es dem Beschwerdeführer aber nicht gelungen, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen.
Wenn der Beschwerdeführer versucht, seine Flucht in Zusammenhang mit der behaupteten früheren Tätigkeit seines Vaters für Saddam Hussein zu bringen und der Vater ein "Hassobjekt" für die Schiiten, ist dazu festzuhalten, dass es nicht plausibel ist, weshalb der Vater des Beschwerdeführers dennoch unbehelligt im Irak leben kann, der Beschwerdeführer jedoch nicht. Der Beschwerdeführer erklärte, dass sein Vater nach Arbil fahre, wenn die Lage zu gefährlich werde und bei einer Beruhigung der Lage kehre er wieder nach Bagdad zurück (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Dieser Behauptung widersprechen zudem noch die Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem BFA. Dort erklärte er mehrfach, dass sein Vater bei der Großmutter des Beschwerdeführers in Bagdad lebe. Dass der Vater gezwungen wäre zu pendeln, behauptete er nicht. Dort behauptete er auch völlig unsubstantiiert, dass sein Vater nicht einfach zu finden sei (AS 48, 51 und 52).
Weiters ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Vater des Beschwerdeführers im Jahr 2015 bedroht werden würde, weil er in den 1990er Jahren für das Hussein'sche Regime gearbeitet habe. Wäre er für die Schiiten aufgrund dieser Tätigkeit tatsächlich ein "Hassobjekt" (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls), so wäre dieser vom Beschwerdeführer geschilderte Zufall, wonach die Schiiten nur durch eine Unachtsamkeit des Beschwerdeführers in der Namensnennung auf den Vater des Beschwerdeführers gestoßen wären, für die Schiiten nicht notwendig gewesen, den Vater des Beschwerdeführers auszuforschen und würde er auch in Arbil bzw. teilweise in Bagdad nicht unbehelligt leben können. Weshalb die Personen, die in den Coffeeshop des Beschwerdeführers gekommen seien, überhaupt den Vater des Beschwerdeführers verfolgen hätten wollen, ist nicht nachvollziehbar, da die Personen nur Ärger hätten machen wollen bzw. damit prahlen hätten wollen, wie stark sie seien (AS 52). Wie der Beschwerdeführer selbst in der Verhandlung angab, sei sein Vater in den Medien nie präsent gewesen und sei es nicht bekannt, was er damals getan habe (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls). Dies ist ein Indiz dafür, dass ein Zusammenhang zwischen dem Vorfall mit den Personen beim Coffeeshop des Beschwerdeführers und der früheren Tätigkeit seines Vaters nicht bestehen kann.
Der Beschwerdeführer konnte auch nicht plausibel erklären, weshalb nur er den Irak habe verlassen müssen, seine Brüder aber weiterhin dort leben könnten. Dazu erklärte er, dass seine Brüder studieren und dadurch kaum "auftauchen" würden. Nur der Beschwerdeführer habe arbeiten müssen, was einen ständigen Umgang mit Menschen bedeute. Außerdem seien seine Brüder keine kommunikativen Menschen (Seite 14 des Verhandlungsprotokolls). Dem widerspricht jedoch die davor gemachte Äußerung des Beschwerdeführers, wonach ein Bruder bereits mit dem Studium fertig sei und als Ingenieur arbeite (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Außerdem ist man auch als Student ständig mit Menschen umgeben, weshalb diese Ausführungen des Beschwerdeführers, weshalb seinen Brüdern ein Leben im Irak möglich sei, nicht glaubhaft sind. Dass nur der Beschwerdeführer arbeiten habe müssen, ist auch nicht nachvollziehbar. Einerseits habe ihm sein Vater davon abgeraten, den Coffeeshop zu betreiben (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls), andererseits sei es der Familie finanziell überdurchschnittlich gut gegangen ("[d]ie Familie hat Geld.", Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Da das Verhältnis des Beschwerdeführers zu seinen Eltern und Geschwistern nach seinen eigenen Angaben "sehr, sehr gut" sei (AS 48), ist es nicht glaubhaft, dass er den Coffeeshop aus wirtschaftlichen Gründen betreiben habe müssen, noch dazu, wenn ihm sein Vater davon abgeraten habe. Hätte der Beschwerdeführer tatsächlich eine (zusätzliche) Einnahmequelle benötigt, wäre es ihm offen gestanden, einen anderen Arbeitsplatz anzunehmen, anstatt sich durch den Betrieb seines Coffeeshops Gefahr auszusetzen.
Auch die Angaben zu seinem Coffeeshop waren nicht nachvollziehbar. Im Rahmen der Schilderung seines Fluchtgrundes gab er vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er einen schiitischen Familiennamen angegeben habe, um den Coffeeshop mieten zu können, damit er weniger Problem mit den Schiiten und den schiitischen Milizen habe (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Als er jedoch gefragt wurde, ob der Bezirk, in dem sich der Coffeeshop befinde, ein sunnitischer oder ein schiitischer Bezirk sei, erklärte der Beschwerdeführer, dass es sich um einen sunnitischen Bezirk handle (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Damit ist es aber nicht logisch nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer für die Anmietung des Coffeeshops einen schiitischen Namen angegeben habe, wenn sich dieser ohnehin in einem sunnitischen Bezirk befindet. Dem Beschwerdeführer wurden offensichtlich seine sinnwidrigen Angaben bewusst, weshalb er daraufhin behauptete, dass seit 2010 die Schiiten den Bezirk fast erobert hätten. Auf den sodann erfolgten Vorhalt, weshalb er in einem überwiegend schiitischen Bezirk einen Coffeeshop eröffnet habe, wurden die Erklärungsversuche des Beschwerdeführers nur skurriler. Sein Vorbringen nahm eine neuerliche Wendung und er behauptete, dass es zur Zeit der Eröffnung des Coffeeshops noch keine intensiven Probleme zwischen Sunniten und Schiiten gegeben habe. Damit wäre es dann aber auch gar nicht nötig gewesen, einen schiitischen Namen bei der Anmietung des Coffeeshops anzugeben, wenn es ohnehin keine intensiven Probleme zwischen Sunniten und Schiiten gegeben hätte (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls).
Betreffend die Angaben hinsichtlich des vom Beschwerdeführer betriebenen Coffeeshops traten ebenfalls Widersprüche zum Vorschein. In der Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass er den Coffeeshops um US-$ 1.000,-- bzw. später um US-$ 600,-- gemietet habe (AS 49). In der Verhandlung gab er dem widersprechend an, dass er den Coffeeshops gekauft und renoviert habe (Seite 14 des Verhandlungsprotokolls) und ihn als er bereits in Österreich war, wieder verkauft habe (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Auch dieser Widerspruch ist Indiz dafür, dass das vom Beschwerdeführer dargetane Fluchtvorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Betreffend die Angabe des Beschwerdeführers in der Verhandlung, dass es Fehler in der Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA gegeben habe und er diese letztlich mit einem handschriftlich verfassten und der Beschwerde beigelegten Schreiben korrigiert hätte (S. 4 der Verhandlungsschrift), ist festzuhalten, dass dieses Schreiben nicht zur Aufklärung der erheblichen Unplausibilitäten im Vorbringen des Beschwerdeführers beizutragen vermag. Es verhält sich vielmehr so, dass dieses Schreiben in Widerspruch zu ansonsten in der Einvernahme und in der Verhandlung gleichlautenden Angaben des Beschwerdeführers steht. Beispielsweise gab der Beschwerdeführer in der Einvernahme und der Verhandlung gleichlautend an, dass sich sein Vater als " XXXX " ausgegeben habe, jedoch brachte er in diesem Schreiben, mit welchem er angeblich unrichtige Niederschriften berichtigen wollte, an, dass der Beschwerdeführer selbst angegeben habe, dem Stamm " XXXX " anzugehören und dass der Vater gesagt habe, dem XXXX -Stamm anzugehören. Mit Beilage dieses Schreibens zur Beschwerde konnte die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers daher keinesfalls bestärkt werden, sondern trifft das Gegenteil zu. Zusätzlich ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass gemäß § 15 AVG - soweit nicht Einwendungen erhoben wurden - eine gemäß § 14 leg.cit. aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis liefert, wobei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig bleibt. Der Gegenbeweis ist angesichts der in der Beilage zur Beschwerde enthaltenen Widersprüche keinesfalls erbracht worden.
Es ist auch keinesfalls nachvollziehbar und daher auch nicht glaubhaft, dass der Vater des Beschwerdeführers sofort verhaftet werden würde, so ihn die Polizei erwischen würde, wie es der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausführt (AS 205). Nach den Angaben des Beschwerdeführers arbeitete sein Vater nach seiner Tätigkeit beim Militär in der Baubranche und gab der Beschwerdeführer nicht an, dass er dabei Probleme gehabt habe. Auch wurde im Jahr 2009 der Vater des Beschwerdeführers namentlich mit einem Brief des Vorsitzenden des Gemeindeamtes in XXXX auf das herzlichste begrüßt nachdem er aus Syrien wieder in den Irak zurückkehrte (AS 61; OZ 20). Dass der Vater des Beschwerdeführers von Seiten des irakischen Staates verfolgt werden würde, konnte somit nicht glaubhaft gemacht werden. Dass der Vater des Beschwerdeführers von jenen Personen, die den Beschwerdeführer nach dessen Herkunft befragt hätten, verfolgt werden würde, konnte aus den zuvor ausgeführten Gründen ebenfalls nicht glaubhaft gemacht werden.
Auf Grund der Vielzahl und Schwere der aufgetretenen Widersprüche innerhalb des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt eine Gesamtschau der zur Glaubhaftmachung asylrelevanter Verfolgung getätigten Ausführungen zweifelsfrei, dass durch die Schilderungen des Beschwerdeführers eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht werden konnte.
Die getroffenen Feststellungen zum Irak beruhen auf Berichten verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Irak ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Diese wurden dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung ausgehändigt. Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme hierzu ab."
Zweiter Antrag der bP auf internationalen Schutz vom 01.08.2018
Am 01.08.2018 stellte die bP den zweiten und gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der Erstbefragung am 01.08.2018 gab sie zu ihrem Fluchtgrund befragt im Wesentlichen an, dass ihre alten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht wären und dass die Sicherheitslage im Irak sehr schlecht wäre. Bewaffnete Männer wären vor ca. 10 Tagen zu ihrer Familie nach Hause gekommen und diese hätten ihre Familie bedroht und nach ihr gefragt. Ihre Familie wäre auch als Bath Parteianhänger bezeichnet worden, weil ihr Vater eine Rolle im Sadam Regime gespielt hätte. Sie könne auch ein Video über den Besuch dieser Gruppe vorlegen. Sie hätte dreieinhalb Jahre in Österreich verloren, in dieser Zeit hätte sie nicht studieren und sich kein Leben aufbauen können. Der österreichische Staat habe ihr nicht geholfen, der Staat hätte ihr Schaden zugefügt. Sie würde in Österreich wie ein Bettler leben. Trotz dieser Schwierigkeiten habe sie keine strafbaren Handlungen begangen. Flüchtlinge die keinen positiven Bescheid verdienen würden, würden trotzdem einen positiven Bescheid bekommen und Leute die wirklich Probleme im Heimatland hätten, einen negativen Bescheid. Dies wären alle ihre Gründe, warum sie einen Folgeantrag gestellt hätte.
Am 23.08.2018 wurde die bP beim BFA niederschriftlich einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalteten sich dabei wie folgt:
"... Anmerkung: Der AW äußert zu Beginn der Einvernahme, dass er nur einen Iraker als Dolmetscher haben möchte. Der Dolmetscher gibt an, dass die Verständigung sehr wohl gut ist und er sich zu Anfang gut mit dem AW verständigen konnte. Der Dolmetscher vermutet, dass der AW absichtlich in einen starken irakischen Dialekt spricht damit dieser ihn nicht versteht. Der AW gibt an, dass er so einen starken Dialekt hat, dass nicht mal ein syrischer Staatsbürger ihn verstehen würde.
Anmerkung der AW wird nochmal über seine Mitwirkungspflicht belehrt.
F: Sie werden hiermit darüber belehrt, dass gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, die Behörde gem. § 35 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen kann. Haben Sie das verstanden?
A: Ja.
Anmerkung: AW wird auf die Freiwillige Rückkehrberatung verwiesen.
F: Möchten Sie freiwillig in Ihr Heimatland?
A: Nein.
F: Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift rückübersetzt und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen.
Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.
F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen vorzubringen?
A: Nein.
F: Wurde alles vollständig und richtig protokolliert?
A: Ja.
Aufgrund Ihres unkooperativen Verhaltens wurden Sie erneut für den 25.09.2018 geladen..."
Am 25.09.2018 wurde die bP beim BFA nochmals niederschriftlich einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalteten sich dabei wie folgt:
"... F: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstige Einwände gegen die anwesenden Personen vor?
A: Nein.
F: Welche Sprache ist Ihre Muttersprache und welche Sprachen sprechen Sie noch?
A: Meine Muttersprache ist Arabisch. Ich spreche Deutsch, Englisch und ein bisschen Spanisch.
F: Sind Sie damit einverstanden, dass die Einvernahme in der Sprache Arabisch durchgeführt wird?
A: Ja. Ich bin einverstanden.
F: Wie verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?
A: Gut.
F: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen?
A: Ja.
F: Sind Sie derzeit in ärztlicher Behandlung?
A: Nein.
F: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?
A: Nein.
Belehrung: Ich weise Sie ausdrücklich darauf hin, dass Ihre Angaben im Asylverfahren vertraulich behandelt und keinesfalls an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergeleitet oder öffentlich gemacht werden. Weiters werden Sie darauf hingewiesen, dass Ihre Angaben die Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren bilden und dass diesen Angaben in der Erstaufnahmestelle verstärkte Glaubwürdigkeit zukommt. Falsche Angaben Ihre Identität bzw. Nationalität betreffend können verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Täuschungen über die Identität, die Nationalität oder über die Echtheit von Dokumenten können zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führen. Über die Rechtsfolgen und der im allgemeinen nicht möglichen Einbringung neuer Tatsachen in dem Fall, dass Ihrem Ersuchen um Gewährung von internationalem Schutz vom Bundesamt nicht nachgekommen wird (Neuerungsverbot) werden Sie hiermit ebenfalls hingewiesen.
Sie sind weiters verpflichtet, bei Verfahrenshandlungen und Untersuchungen persönlich und rechtzeitig zu erscheinen und an diesen mitzuwirken, der Behörde Ihren Aufenthaltsort, Ihre Anschrift und deren allfällige Änderungen sofort bekanntzugeben, sich längstens binnen drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden.
Wenn Sie diesen Mitwirkungspflichten aus von Ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht nachkommen können, so teilen Sie dies der Behörde unverzüglich mit.
Haben Sie alles verstanden?
A: Ja.
F: Sind die Angaben, die Sie im Rahmen der Erstbefragung am 01.08.2018 gemacht haben, richtig, vollständig, wahrheitsgetreu und wurde alles Rückübersetzt?
A: Ja.
F: Sind die Angaben, die Sie im Rahmen Ihres letzten Asylverfahrens (150687084) in Österreich gemacht haben, vollständig, richtig und wahrheitsgetreu?
A: Ich erinnere mich nicht daran was ich gefragt wurde.
F: Sie müssen doch wissen ob Sie die Wahrheit gesagt!
A: Ich habe die Wahrheit gesagt. Rückübersetzt wurde es auch.
Mir wurde gesagt, dass ich beim nächsten Interview darüber erzählen soll, dann hätte ich mehr Zeit.
F: Wollen Sie Beweismittel oder Dokumente, welche für das Verfahren von Relevanz sind vorlegen?
A: Ich habe Beweismittel, aber ich muss diese auf einen Stick runterladen, dann kann ich Sie Ihnen bringen.
Vorhalt: Sie haben bereits in der Erstbefragung angegeben, dass Sie ein Video haben. Warum haben Sie dies nicht schon längst auf einen Stick geladen und der Behörde vorgelegt?
A: Ich hatte es damals noch nicht. Ich habe heute keine Beweismittel mit. Ich habe dieselben Gründe die ich am 01.08.2018 genannt habe.
Anmerkung: AW bekommt eine Woche Frist das Video dem Bundesamt zu übermitteln.
F: Beschreiben Sie mir was auf dem angegebenen Video zu sehen ist!
A: Eine Gruppe hat das Haus gestürmt und meine alte Mutter attackiert. Einer hat meine Mutter gehalten und der andere ist ins Haus reingegangen. Die Männer wollten meine Familie nicht festnehmen oder entführen, sie wollten meine Familie ermorden. Einer sagte zu meiner Mutter, ob sie glauben würde dass die Angreifer sie nicht finden würden.
F: Wer waren die Männer auf dem Video?
A: Sie haben nach Kämpfer ausgeschaut.
F: Welche Kämpfer?
A: Es gibt verschiedene Parteien in der Regierung und jede Partei hat eine eigene Kampftruppe. Die Gruppen machen was Ihnen befohlen wird. Sie machen ungesetzliches, obwohl sie ein Teil der Regierung sind.
F: Woher haben Sie das Video?
A: Der Bruder von meiner Mutter hat es aufgenommen. Mein Onkel hat es mir auch geschickt.
F: Wann haben Sie das Video bekommen?
A: Circa vor zwei Wochen.
F: Wovon bestreiten Sie in Österreich Ihren Lebensunterhalt?
A: Ich bekomme Unterstützung vom Samariterbund. Ich wohne seit 10.08.2018 beim Samariterbund in der Erdbergstraße. Ich bekomme etwas Geld gesendet von Bagdad und manchmal borge ich Geld aus. Ich habe 140000$ ausgegeben seitdem ich hier bin.
F: Sind Sie derzeit in Grundversorgung?
A: Ja.
F: Wo wohnen Sie derzeit, können Sie die Umstände näher beschreiben?
A: Ich wohne in einem Flüchtlingsheim in Wien in der Erdbergstraße.
F: Sind oder waren Sie in Österreich jemals berufstätig?
A: Ich habe fünf bis sechs Monate gearbeitet. Ich glaube es war 2016. Ich habe bei einer Leihfirma gearbeitet. Wir haben Glas transportiert. Seit dem habe ich keine Arbeit mehr.
F: Sind Sie in Österreich vorbestraft?
A: Ich habe mehrere Strafen.
F: Welche?
A: Ich bin Schwarz gefahren.
F: Ist oder war gegen Sie in Österreich jemals ein Gerichtsverfahren anhängig?
A: Nein. Kann sein dass ich Probleme gehabt habe.
F: Welche Probleme?
A: Es geht um Geld und andere Personen.
F: Was meinen Sie damit?
A: Wenn ich Problem habe mit dem Gericht oder der Polizei haben Sie ja eh Zugriff darauf.
F: Waren Sie jemals im Gefängnis?
A: Ja, eine Nacht im 20 Bezirk in Wien.
Vorhalt: Aus dem kriminalpolizeilichem Aktenindex vom 07.09.2018 geht hervor, dass Sie strafrechtlich auffällig waren. Es gibt drei Eintragungen zu Ihrer Person! Die Delikte in den Eintragungen lauten Körperverletzung (mehrmals), Betrug (mehrmals), schwere Nötigung! Was möchten Sie dazu angeben?
A: Ich weiß nichts davon, wer soll das sein. Wen soll ich geschlagen haben. Ich habe keine Post bekommen.
F: Sind Sie in Österreich Mitglied in Vereinen oder Organisationen?
A: Nein.
F: Haben Sie in Österreich Kurse oder Ausbildungen absolviert?
A: Ich habe Deutschkurse besucht. Ich habe A1, A2 und B1 Deutschkurse mitgemacht. Ich habe die Prüfungen aber nicht geschafft.
Anmerkung: Der AW wird direkt durch dem Leiter der Amtshandlung befragt.
F: Wie gut sprechen Sie Deutsch?
A: Ich spreche deutsch.
F: Schildern Sie mir einen typischen Tagesablauf!
A: "Spazieren gehen mit Freund. Normale Tag. Keine Arbeit nur mit Freunden zu Hause. Was soll ich machen andere?"
Anmerkung: Einvernahme wird wieder in der Muttersprache fortgeführt.
F: Haben Sie im Irak Familienangehörige oder Verwandte?
A: Ja, natürlich.
F: Wo wohnen Ihre Verwandten?
A: Sie wohnen zur Zeit in Erbin, im Nordirak.
F: Wann hatten Sie den letzten Kontakt mit Ihrer Familie?
A: Circa vor einer Woche mit meinem Vater.
F: Wie bestreiten Ihre Familienangehörigen im Irak deren Lebensunterhalt?
A: Mein Vater ist ein Geschäftsmann. Er ist ein Baumeister und bekommt Aufträge in verschiedenen Bundesländern im Irak und er bekommt eine Pension vom Bundesheer.
F: Haben Sie in Österreich Verwandte?
A: Nein. Ich habe keine Verwandte von meiner Familie, aber angehörige aus meinem Dorf leben in Österreich.
F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft, wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft?
A: Ich habe keine Verwandten hier in Österreich.
F: Wann sind Sie in Österreich eingereist?
A: Ich weiß es nicht genau. Es müsste im Mai oder Juni 2015 gewesen sein.
F: Sind Sie seither durchgehend in Österreich aufhältig?
A: Ja.
F: Wann sind Sie aus dem Irak ausgereist?
A: Auch im Mai 2015. Ich habe dies bereits beim ersten Interview gesagt.
F: Können Sie sich erinnern, welche Fluchtgründe Sie in Ihrem ersten Asylverfahren angegeben haben?
A: Ja.
F: Fassen Sie kurz zusammen, welche Fluchtgründe Sie in Ihrem letzten Asylverfahren in Österreich angegeben haben!
A: Ich wurde bedroht. Entweder musste ich sagen wo mein Vater ist oder sie hätten mich getötet oder sie lassen mich nicht mehr frei. Zwei drei Tage später habe ich das Land verlassen.
F: Sie haben bereits am 16.06.2015, unter der Zahl 150687084, einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurde. Dieses Verfahren wurde als unglaubwürdig erachtet. Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?
A: Weil ich in meinem Land verfolgt bin. Wenn ich zurück gehe werde ich getötet. Wenn ich nicht getötet werde, werde ich weiterhin verfolgt.
F: Was sind nun konkret Ihre neuen Fluchtgründe?
A: Meine Familie hat in der Zeit von April 2017 und Juni 2018 in Erbil gewohnt. Danach sind Sie nach Bagdad zurückgegangen. In Bagdad haben sie dann in verschiedenen Häusern gelebt. Die Familie wurde wieder bedroht und die Kampftruppe nach Hause gekommen ist war niemand zu Hause. Mein Vater und mein ältester Bruder waren zum Glück nicht zu Hause sie waren in einem anderen Bundesland in Nejef, dies ist die Hauptstadt von Kurdistan. Es ist nicht einfach für einen Araber dort zu leben.
F: Haben Sie alle Ihre Fluchtgründe angegeben?
A: Nachdem meine Familie wieder nach Bagdad gegangen ist, habe ich damals entschieden freiwillig in den Irak zurück zu gehen. Dann sind aber die Kämpfer nach Hause gekommen und ich hatte Angst um mein Leben und habe einen neuen Asylantrag gestellt. Meine Familie war dagegen, dass ich zurückkomme. Sie haben mir empfohlen, dass ich hier in Sicherheit bleiben soll. Die Fluchtgründe habe ich im Jahr 2015 bei dem ersten und zweiten Interview genau beschreiben. Man kann es nicht verstehen, wenn man es nicht erlebt hat.
Anmerkung: AW liest auf Zetteln.
F: Was sind das für Zettel?
A: Ich habe niedergeschrieben was ich im Irak erlebt habe.
Anmerkung: Zettel kommen in Kopie zum Akt.
Ich wurde in derselben Woche bedroht als ich das Land verlassen habe. Dass ich das Datum nicht genau sagen konnte heißt nicht, dass ich lüge. Mir ist es im ersten und zweiten Interview nicht aufgefallen. Ich hätte es wissen müssen.
F: Sind die Fluchtgründe aus Ihrem ersten Verfahren noch aufrecht?
A: Ja.
F: Wo wohnen Ihr Vater und Ihre Familie derzeit, nennen Sie die Adresse!
A: Mein Vater und mein ältester Bruder leben jetzt in Nejef im Irak. Meine Mutter und meine Schwester Erbin. Sie leben dort nur befristet, sie haben keinen Aufenthaltstitel. Die Araber die in Kurdistan leben müssen einen Aufenthaltstitel haben.
F: Sie haben am 16.08.2018 eine Verfahrensanordnung des Bundesamtes gem. §29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher mitgeteilt wurde, dass seitens des Bundesamtes die Absicht besteht, Ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Sie haben nunmehr Gelegenheit, zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes Stellung zu beziehen. Möchten Sie eine Stellungnahme abgeben?
A: Ich werde getötet oder bedroht oder Verfolgt. Ich habe um Asyl angesucht. Warum bekomm ich das nicht. Andere bekommen es in fünf Minuten. Woher wissen Sie ob das passiert oder nicht?
F: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?
A: Ich werde getötet, oder verfolgt oder bedroht. Meine Familie hat versucht das Land zu verlassen und zu flüchten und sie zahlten $ 160000,- aber es hat funktioniert. Ich habe probiert ein Visum in Kuba für meine Familie zu besorgen. Dies hat $6000-70000 ,- gekostet. Eine türkische Airline hat die Reisepässe verloren. Ich habe neue Reisepässe gemacht. Ich habe Kopien der Reisepässe, aber meine Schwester ist krank und behindert.
F: Haben Sie einen Reisepass?
A: Nein.
F: Habe Sie versucht sich einen neuen zu besorgen?
A: Nein habe ich nicht.
F: Warum haben Sie es nicht versucht?
A: Ich brauche keinen. Für was sollte ich ihn brauchen.
Ich habe die Wahrheit gesagt ich wurde 2015 verfolgt.
Anmerkung: Der AW wird aufgefordert sich identitätsbezeugende Dokumente zu besorgen.
AW gibt an dies verstanden zu haben. Man kann nur in Berlin einen Reisepass besorgen.
F: Dem Bundesamt liegen schriftliche Feststellungen zur Lage im Irak vor. Wollen Sie in diese schriftlichen Feststellungen zum Irak samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht nehmen und eine Kopie davon ausgefolgt bekommen?
A: Nein, ich weiß wie es dort läuft.
Vorhalt: Das von Ihnen dargebrachte Vorbringen ist nicht geeignet, einen neuen asylrelevanten Sachverhalt zu begründen, es ist beabsichtigt, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung steht Ihnen nicht zu. Was möchten Sie dazu angeben?
A: Der neue Grund ist, dass meine Familie und ich noch weiter verfolgt werden. Soll ich warten bis jemand von meiner Familie getötet wird.
Dem RB wird die Möglichkeit gegeben, Fragen oder Anträge zu stellen.
RB: Keine Anträge.
F: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?
A: Ich bin jetzt 23 Jahre alt. Ich verliere langsam mein Leben. Ich will nicht in den Irak. Ich habe Angst um mein Leben ich möchte hier in Sicherheit leben.
Anmerkung: AW wird auf die Rückkehrberatung verwiesen.
F: Möchten Sie freiwillig in den Irak?
A: Nein.
F: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen?
A: Ja. ..."
Dieser Antrag wurde mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt II.) Gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der bP in den Irak gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt I.). Gem. § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen die bP ein auf Dauer von 5 Jahren befristetes einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII).
Gegen diesen Bescheid wurde durch die Vertretung der bP innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Es wurde dargelegt, dass die bP ihre Heimat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe. Ihre Familie würde als Bath Parteianhänger bezeichnet, weil der Vater eine wichtige Rolle im Saddam Regime gespielt habe. Das Vorbringen sei detailliert und genügend substantiiert gewesen, es hätte Asyl gewährt werden müssen. Die bP sei 3 Jahre hier und habe sich bemüht Schritte zu setzen um sich gut zu integrieren. Sie habe Deutschkurse besucht und sei in der Lage sich in der deutschen Sprache zu unterhalten. Sie habe mehrere Monate bei einer Leihfirma gearbeitet. Ihre Verurteilung bereue sie zu tiefst. Sie habe für ihre Fehler das Haftübel verspürt. Sie habe aus ihren Fehlern gelernt und werde nicht mehr straffällig werden. Das Privat- und Familienleben sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die bP stelle keine gegenwärtige hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, sie sei bemüht sich vorbildlich zu verhalten. Sie habe seit mehreren Jahren keine Bindung zu ihrer Familie. Sie würde im Falle der Abschiebung in eine lebensbedrohliche Lage geraten. Sie habe im Irak keine Existenzgrundlage. Die Lage im Irak sei prekär und habe sich die Sicherheitslage zuletzt nicht verbessert. Es werde ersucht den Fall noch einmal eingehend zu prüfen.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat Irak:
Das BFA legte seiner Entscheidung umfassende Länderfeststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat bzw. zur Situation der bP im Falle einer Rückkehr zugrunde, denen die bP nicht substantiiert entgegengetreten ist. Vielmehr wollte sie sich damit nicht auseinandersetzen. Erst in der Beschwerde wurde auch nur ganz allgemein dargestellt, dass sich die Lage nicht verbessert habe. Es wurden keine zusätzlichen Quellen benannt. Angesichts der erst kürzlich ergangenen Entscheidung des BFA weisen die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf.
Die bP behauptete zwar, dass sich die Lage nicht verbessert hätte, sie legte jedoch nicht dar, inwiefern sie selbst konkret davon betroffen wäre, wie aus den rechtlichen Ausführungen hervorgeht.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des BFA zum vorangegangenen und zum gegenständlichen Verfahren.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt I.
Zur Abweisung gem. § 68 Abs. 1 AVG
3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG und wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
§ 68 Abs. 1 AVG soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).
Bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden oder im Berufungsverfahren von der Partei ausgewechselt werden (s. z.B. VwSlg. 5642 A, VwGH 28.11.1968, 571/68, 23.5.1995, 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. aber VwSlg. 12799 A).
Identität der Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in den bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 30.1.1989, 88/10/0150).
Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht, ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne belange. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, AsylGH vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).
Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werd