TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/21 G303 2179670-1

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Veröffentlicht am 21.01.2019
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Entscheidungsdatum

21.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch

G303 2179670-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Simone KALBITZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Serbien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 21.11.2017, IFA-Zl. XXXX,

I. zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf drei (3) Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. beschlossen:

Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 8a VwGVG die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Eingabegebühr bewilligt.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am XXXX2017 im Bundesgebiet festgenommen und wurde über ihn mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom XXXX2017 die Untersuchungshaft verhängt. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX, wurde der BF zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verurteilt, wobei die verhängte Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünfzehn Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

2. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 29.09.2017 wurde der BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots abzugeben. Der BF erstattete keine Stellungnahme.

3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 55 Abs 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der BF mit oben angeführten Urteil wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 1 vierter Fall, 130 Abs. 2 zweiter Fall und 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten, davon 15 Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt wurde. Es hätten weder familiäre, soziale noch berufliche Bindungen in Österreich festgestellt werden können. Der BF befinde sich nicht rechtmäßig in Österreich, da sein Aufenthalt durch die Straffälligkeit illegal geworden sei. Der BF habe vor seiner Inhaftierung nirgends Unterkunft genommen und sei keiner legalen Beschäftigung nachgegangen, wozu er auch nicht berechtigt sei. Er befinde sich in einer tristen finanziellen Situation, sei in keiner Weise integriert und nicht selbsterhaltungsfähig. Die begangene Straftat werde daher mit seiner tristen finanziellen Lebenssituation in Verbindung gesehen. Aufgrund dieser Tatschen, könne eine neuerliche Straffälligkeit des BF nicht ausgeschlossen werden.

Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei, unter Bedachtnahme auf sein Gesamtverhalten, das heißt im Hinblick darauf, wie er sein Leben in Österreich insgesamt gestalte, davon auszugehen, dass die im Gesetz umschriebene Annahme, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, gerechtfertigt.

Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens des BF, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher im Zuge der vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um die vom BF ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

4. Ausdrücklich nur gegen Spruchpunkt IV. dieses Bescheids richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhobene Beschwerde mit den Anträgen, dem BF die Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr gemäß § 8a VwGVG iVm § 64 Abs 1 Z 1 lit a bis d ZPO zu bewilligen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, das Einreiseverbot ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbots zu reduzieren oder in eventu den Bescheid hinsichtlich des Einreiseverbotes zu beheben und zur neuerlichen Durchführung eines Verfahrens und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass der belangten Behörde gravierende Ermittlungsmängel unterlaufen seien, da die belangte Behörde das Recht des BF auf Parteiengehör verletzt habe, insbesondere da die schriftliche Verständigung auf Deutsch erfolgt sei, der BF jedoch der deutschen Sprache nicht mächtig sei und die Frist zur Stellungnahme auch kurz bemessen worden sei.

Die belangte Behörde habe das verhängte Einreiseverbot lediglich auf die erfolgte Verurteilung gestützt und sei keine individualisierte auf den BF abgestellte Gefährlichkeitsprognose getroffen worden. Aktenwidrig sei zudem festgestellt worden, dass der BF mehrfach durch ein inländisches Gericht verurteilt worden sei.

Der BF habe ein umfassendes reumütiges Geständnis abgelegt und sei es bei den Straftaten teilweise beim Versuch geblieben, es handle sich - entgegen der Ausführungen im Bescheid - um die erste Verurteilung des BF und habe dieser bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt. Der Strafrahmen sei bei Weitem nicht ausgeschöpft worden und handle es sich um eine großteils bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der BF Straftaten gegen das Vermögen fremder Personen verübt und nicht gegen Leib und Leben gerichtete Strafftaten begangen habe.

Der BF sei aus einer Notsituation in das österreichische Bundesgebiet eingereist und habe in Serbien keine Anknüpfungspunkte mehr. In Österreich lebe die Schwester des BF, diese sei österreichische Staatsbürgerin. Nach seiner Entlassung könne der BF bei dieser wohnen. Auch habe der BF eine Tante in Österreich. Mit beiden Angehörigen stehe der BF in regelmäßigen Kontakt und könnten diese ihm bei der Resozialisierung behilflich seien.

5. Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 14.12.2017 einlangten.

6. Der BF wurde am XXXX2017 nach Serbien abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF wurde am XXXX in Serbien geboren, ist Staatsangehöriger der Republik Serbien und spricht serbisch.

Er ist ledig, gesund und arbeitsfähig und verfügt über keine finanziellen Mittel.

Der BF reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein. Vor seiner Verhaftung im September 2017 wies er keine Wohnsitzmeldung auf. Er verfügt über keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet und ist in Österreich weder sprachlich noch beruflich noch gesellschaftlich integriert. Er war auch hier nie erwerbstätig.

Die Schwester sowie eine Tante des BF, zu denen er jedoch kein besonderes Naheverhältnis hat, leben in Österreich. Sonstige familiäre oder soziale Bindungen des BF in Österreich konnten nicht festgestellt werden.

Es konnten keine Anhaltspunkte für ein Privat- und Familienleben des BF außerhalb seines Herkunftsstaates festgestellt werden.

Am XXXX2017 wurde der BF wegen des Verdachtes auf Begehung eines Vergehens/Verbrechens gemäß §§ 127, 129, 130 Abs. 1 und Abs. 2 StGB festgenommen und befand sich bis zum 21.12.2017 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.

Der rechtskräftigen Verurteilung des BF durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom XXXX2017 liegt zugrunde, dass er im Zeitraum vom 03.09.2017 bis 22.09.2017 mit zwei anderen serbischen Staatsangehörigen zusammen, in Kellerabteile, Fahrradräumen oder Fahrradhüten eingebrochen ist und die dort verwahrten fremden beweglichen Sachen entnommen hat. Bei diesen Einbrüchen blieb es teilweise beim Versuch, da sie keine geeignete "Beute" im Einbruchsobjekt vorfanden. Der BF und seine Mittäter erbeuteten unter anderem Fahrräder, diverses Fahrradzubehör, Werkzeuge, Reinigungs- bzw. Pflegemittel, alkoholische Getränke, einen Fernseher, einen Staubsauger, ein Bügeleisen, eine Kaffeemaschine, einen Mikrowellenofen, einen Fleischwolf, eine Schlagbohrmaschine, eine Stichsäge und einen Akkuschrauber und überstieg der Wert der vom BF mit seinen Komplizen gestohlenen Gegenstände den Betrag iHv Euro 5.000,00.

Der BF hat dadurch das Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 1 vierter Fall, 130 Abs. 2 zweiter Fall, 15 StGB begangen und wurde - ausgehend von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe gemäß § 130 Abs. 2 StGB - zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten, wobei fünfzehn Monate unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sind, verurteilt.

Der BF wurde am XXXX2017 nach Verbüßung des unbedingten Strafteils aus der Haft entlassen und am selben Tag nach Serbien abgeschoben.

Es handelt sich um die erste und einzige Verurteilung des BF in Österreich. Es liegen auch keine strafgerichtlichen Verurteilungen in anderen Staaten vor. Bei der Strafbemessung wurden das umfassende und reumütige Geständnis, der bislang ordentliche Lebenswandel sowie der Umstand, dass es zum Teil beim Versuch blieb, als mildernd gewertet. Erschwerungsgründe lagen keine vor.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Identität des BF und die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, zu den Sprachkenntnissen und zum Familienstand ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt.

Es sind keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Beeinträchtigungen oder eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des 28-jährigen BF aktenkundig. Daher war festzustellen, dass er gesund arbeitsfähig ist.

Die Feststellung zu seinen finanziellen Verhältnissen beruhen auf den Angaben des BF in der Beschwerde und im beigelegten Vermögenverzeichnis.

Der Zeitpunkt der Einreise des BF in das Bundesgebiet kann in Ermangelung von Beweisergebnissen, die für eine positive Feststellung ausreichen, nicht festgestellt werden. Abgesehen von der Wohnsitzmeldung in der Justizanstalt Wien-Josefstadt war der BF im Bundesgebiet nie meldeamtlich erfasst.

Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seiner Verurteilung und zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen basieren auf dem im Akt einliegenden Strafurteil. Die Verurteilung wird auch durch den entsprechenden Eintrag im Strafregister belegt, in dem keine weiteren Verurteilungen des BF in Österreich aufscheinen. Es gibt keine Beweisergebnisse für strafgerichtliche Verurteilungen des BF in anderen Staaten, zumal durch das Strafgericht bei der Strafzumessung seine Unbescholtenheit berücksichtigt wurde.

Die Feststellungen zu seiner Haftentlassung und der erfolgten Abschiebung ergeben sich aus einer Anfrage des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister und der im Akt einliegenden Mitteilung darüber, welche seitens der belangten Behörde übermittelt wurde.

Aus dem Fremdenregister geht weder die Erteilung eines Aufenthaltstitels an den BF noch eine entsprechende Antragstellung hervor. Es gibt keine Anhaltspunkte für einen längeren Aufenthalt des BF oder eine legale Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Dies wird in der Beschwerde auch gar nicht behauptet.

Das Beschwerdevorbringen, er habe eine Schwester und eine Tante in Österreich ist glaubhaft und plausibel. Er gab in der Beschwerde jedoch nur allgemein an, dass seine Schwester österreichische Staatsbürgerin sei und in Österreich lebe und er nach seiner Entlassung bei dieser leben könnte und, dass er eine Tante in Österreich habe, ohne hiezu nähere Ausführungen zu tätigen. Da sich der Lebensmittelpunkt des BF bislang in Serbien befand, kann ein gemeinsamer Haushalt mit seiner Schwester oder seiner Tante ausgeschlossen werden. Auch da der BF zwischen seiner Einreise ins Bundesgebiet (spätestens Anfang September 2017) und seiner Verhaftung am XXXX2017 bei keiner der Beiden wohnhaft war, da er laut Untersuchungshaftbeschluss ohne Unterstand in Österreich war. Es gibt auch keine anderen konkreten Indizien für ein besonderes Naheverhältnis des erwachsenen BF zu seiner Schwester und Tante oder für eine Abhängigkeit von ihnen. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass ein besonders enges Verhältnis zwischen ihm und diesen Bezugspersonen besteht Anhaltspunkte für weitere familiäre oder darüberhinausgehende private Bindungen des BF außerhalb seines Herkunftsstaates bestehen nicht.

Eine relevante Integration oder Anbindung des BF in Österreich wurde weder vorgebracht, noch konnte diese von Amts wegen festgestellt werden, sodass deren Fehlen festzustellen ist. Es gibt auch keine Beweisergebnisse für weitere Integrationsmomente des BF in anderen vom Einreiseverbot betroffenen Staaten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil I.

3.1.1. Spruchpunkt I.A. (Einreiseverbot):

Die Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheids (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, Rückkehrentscheidung, Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Serbien, Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise, Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) werden ausdrücklich nicht bekämpft. Die Beschwerde richtet sich nur gegen das Einreiseverbot laut Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids.

Gemäß § 27 VwGVG beschränkt sich die Prüfung der vorliegenden Beschwerde somit auch auf Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides.

Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs) sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen werden, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig vom bisherigen Verhalten des Drittstaatsangehörigen. Geht von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder ein anderes in Art 8 Abs 2 EMRK genanntes öffentliches Interesse aus, kann gemäß § 53 Abs. 3 FPG ein Einreiseverbot für bis zu zehn Jahre verhängt werden. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Drittstaatsangehörige von einem Gericht rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt wurde (§ 53 Abs. 3 Z 1 erster Fall FPG). In bestimmten Fällen kann sogar ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen werden, so z.B. bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren (§ 53 Abs. 3 Z 5 FPG).

Ein Einreiseverbot ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen sei eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung und Bestrafung des Betroffenen abzustellen, sondern auf die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das Persönlichkeitsbild, das sich daraus ergibt. Es ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/ Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12).

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gestützt.

Der BF ist Drittstaatsangehöriger und wurde zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten (unbedingter Strafteil: drei Monate, bedingter Strafteil: fünfzehn Monate unter Setzung einer dreijährigen Probezeit) rechtskräftig verurteilt. Die belangte Behörde hat das Einreiseverbot daher zu Recht auf § 53 Abs. 3 Z 1 FPG gestützt.

In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit indiziert (vgl VwGH 30.07.2014, 2013/22/0281). Dem BFA ist auch dahin beizupflichten, dass der Aufenthalt des BF eine solche schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, die ein Einreiseverbot erforderlich macht, zumal der BF - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - aus einer Notsituation heraus ins Bundesgebiet reiste und Einbruchsdiebstähle verübte um sich so ein fortlaufendes Einkommen zu sichern. Darin liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung vor. Angesichts der zahlreichen Einbrüche, der gemeinschaftlichen Tatbegehung, der mehrfachen Deliktsqualifikation und der tristen finanziellen Lage des BF, bei dem jegliche Anhaltspunkte für ein stabiles soziales, berufliches und finanzielles Umfeld fehlen, liegt Wiederholungsgefahr vor.

Weitere Indizien für eine vom BF ausgehende schwerwiegende Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Eigentumskriminalität sind seine Vorgangsweise (gemeinschaftliches Aufbrechen von Schlössern und Türen, Mitnahme verschiedenster Gegenstände, welche nicht zum Eigengebrauch bestimmt waren bei einer Vielzahl von Taten), und die in der gewerbsmäßigen Tatbegehung gelegene Tendenz, sich durch die wiederkehrende Begehung strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu sichern. Zudem hatte der BF während seines Aufenthaltes in Österreich weder einen festen Wohnsitz noch ging er einer legalen Beschäftigung nach.

Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

Gegenständlich wurde der BF am XXXX2017 aus der Haft entlassen und am selben Tag nach Serbien abgeschoben. Nach der vorliegenden Aktenlage liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der BF seither widerrechtlich in das Bundesgebiet einreiste, noch Straftaten verübte.

Die bislang in Freiheit verbrachte Zeit und die in der Beschwerde bekundete Reue reichen jedoch nicht aus, um eine positive Zukunftsprognose zu erstellen, zumal kein einmaliges Fehlverhalten vorliegt, sondern eine über zumindest drei Wochen durchgeführte Einbruchsserie.

Die gewerbsmäßige Tatbegehung seitens des BF zeigt, dass sein persönliches Verhalten eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, zumal die Straftaten noch nicht lange zurückliegen und somit der seither verstrichene Zeitraum als zu kurz anzusehen ist, um gänzlich von einem Wegfall der Gefährdung zu sprechen, da die verhängte Probezeit noch andauert.

Es bedarf in Hinblick auf die Delinquenz des BF eines gewissen Zeitraumes der Beobachtung des Wohlverhaltens des BF, um sicherzustellen, dass er nicht neuerlich das von ihm gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen wird, und gewährleistet ist, dass er keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Österreich mehr hervorrufen wird.

Auch bei Berücksichtigung der familiären Anknüpfungspunkte des BF in Österreich, wo seine Schwester und seine Tante leben, kommt ein Entfall des Einreiseverbots nicht in Betracht. Den persönlichen Interessen des BF an einer Einreise und einem Aufenthalt in Österreich und in den Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie gilt, stehen gravierende öffentliche Interessen am Schutz der öffentlichen Ordnung, an der Verhinderung strafbarer Handlungen und am Schutz der Rechte und Freiheiten anderer gegenüber, die im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegen.

Es ist aber auch zu berücksichtigten, dass es sich beim BF um einen zuvor unbescholtenen Ersttäter handelt, der im Strafverfahren ein Geständnis ablegte, und dass das Strafgericht den Strafrahmen bei weitem nicht vollständig ausschöpfte und dass die verhängte Freiheitsstrafe zum weit überwiegenden Teil, nämlich 15 Monate, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, bedingt nachgesehen wurde.

Die Dauer des Einreiseverbots ist vor diesem Hintergrund auf drei Jahre zu reduzieren, weil von § 53 Abs. 3 Z 1 FPG auch kriminelle Handlungen von weit höherem Unrechtsgehalt erfasst sind (so strafgerichtliche Verurteilungen zu unbedingten Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren) Dadurch bleibt auch die Möglichkeit gewahrt, die Sanktion bei einer allfälligen neuerlichen oder noch schwereren Delinquenz angemessen zu steigern. Insoweit ist Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids in teilweiser Stattgebung der Beschwerde abzuändern.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Können die in der Beschwerde ins Treffen geführte Umstände zu keinem anderen Ergebnis, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die Interessenabwägung, führen, so fehlt die Relevanz, sodass diesbezüglich kein entscheidungswesentlicher klärungsbedürftiger Sachverhalt vorliegt (VwGH 30.06.2016, 2016/21/0179).

Da ohnehin die in der Beschwerde zum Privat- und Familienleben des BF in Österreich ergänzend vorgebrachten Angaben der Entscheidung zugrunde gelegt wurden und auch bei einem positiven Eindruck vom BF weder ein Entfall noch eine weitere Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbots denkbar ist, kann in der vorliegenden Rechtssache die beantragte Verhandlung entfallen.

3.1.2. Spruchpunkt I.B. (Unzulässigkeit der Revision):

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

3.2. Zu Spruchteil II. (Bewilligung der Verfahrenshilfe):

Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art 6 Abs. 1 EMRK oder des Art 47 GRC geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Voraussetzungen und Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe sind gemäß § 8a Abs. 2 VwGVG nach den Vorschriften der ZPO zu beurteilen.

Da sich aus dem vorgelegten Vermögensbekenntnis im Einklang mit dem übrigen Akteninhalt ergibt, dass der BF über keinerlei finanzielle Mittel verfügt, beeinträchtigt sogar die geringe Eingabegebühr seinen notwendigen Unterhalt, sodass ihm die Verfahrenshilfe antragsgemäß zu bewilligen ist.

Schlagworte

Eingabengebühr, Einreiseverbot, Herabsetzung, Unbescholtenheit,
Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G303.2179670.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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