Entscheidungsdatum
22.01.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
L506 2135000-2/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geb. XXXX1982, StA.: Bangladesch, vertreten durch RA Dr. Max KAPFERER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 04.12.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß den §§ 57, 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9, §§ 46, 55 Abs. 1 bis 3 und 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 und 7 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG idgF wird festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt ihrer Erlassung rechtmäßig war.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF), ein Staatsangehöriger aus Bangladesch, verfügte bis zum 20.10.2014 über einen gültigen Aufenthaltstitel "Studierender", ausgestellt vom Stadtmagistrat XXXX, Zl: XXXX vom XXXX.
2. Mit Bescheid des Stadtmagistrates XXXX vom XXXX, Zl: XXXX, wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass kein Studienerfolgsnachweis vorgelegt worden sei. Der Bescheid erwuchs mit 20.12.2014 in Rechtskraft (AS 27).
3. Am 29.01.2015 erließ die Landespolizeidirektion XXXX mit Zl. XXXX eine Strafverfügung gemäß § 120 Abs. 1a iVm § 31 Abs. 1 FPG in Höhe von EUR 500,00. Begründend wurde ausgeführt, dass sich der BF am 21.12.2014 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe.
4. Mit Schreiben vom 23.02.2015 wurde dem BF gemäß § 45 Abs. 3 AVG Parteiengehör gewährt und ihm zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
5. In seiner Stellungnahme vom 26.02.2015 räumte der BF ein, sein "Visum", das mit Oktober 2014 ausgelaufen sei, überzogen zu haben. Begründend führte er dazu aus, dass es ihm leid tue, länger in Österreich geblieben zu sein, dies sei aber erforderlich gewesen, weil er bei einer Universität nur einen Studienplatz auf der Warteliste erhalten habe, er sich bei weiteren österreichischen Universitäten beworben habe und seine weiteren Verträge (Miete, Telefon, Internet) eine dreimonatige Kündigungsfrist vorsehen würden; eine vorzeitige Kündigung der Wohnung hätte zum Verfall der Kaution geführt.
6. Mit Schreiben vom 02.04.2015 ersuchte der BF um Bekanntgabe des Verfahrensstandes.
7. Der BF wurde am 09.03.2016 im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei im XXXX beim Kochen in der Küche betreten und der Arbeitgeber laut Straferkenntnis der Bürgermeisterin der Stadt XXXX vom 28.06.2016, Zl: XXXX, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 2.800,00 zzgl. EUR 280,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
8. Am 10.06.2015 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt. Der BF gab an, dass er mit einem Visum D, gültig von 01.11.2011 bis 31.03.2012, Nr. XXXX, nach Österreich gekommen sei und am 28.11.2011 seinen ersten Aufenthaltstitel (Studierender) vom Stadtmagistrat XXXX erhalten habe. Er sei gesund und verfüge über Barmittel, da er während seines Studiums von seiner Familie, insbesondere von seinem Bruder in Finnland, unterstützt werde. Seit 26.01.2015 sei er rechtmäßig als Student der XXXX-Universität angemeldet. Im Jahr 2014 habe er wegen eines längeren Heimataufenthaltes keine Prüfungen ablegen können.
9. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2016 wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 und 7 FPG werde gegen den BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.)
Begründend wurde ausgeführt, dass sich der BF seit dem 20.12.2014 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, eine Interessensabwägung zu Ungunsten seiner Person ausgefallen und eine Rückkehrentscheidung zulässig sei. Das Einreiseverbot sei zu erlassen gewesen, weil sich der BF seit 20.12.2014 wissentlich illegal im Bundesgebiet aufgehalten und zudem den Tatbestand der Schwarzarbeit gesetzt habe.
10. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seinen Vertreter binnen offener Frist fristgerecht Beschwerde, worin er sich insbesondere gegen die Verhängung des Einreiseverbotes aussprach.
11. Mit Beschwerdevorlage vom 15.09.2016 wurde der Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt.
12. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.06.2017, Zl:
XXXX, wurde in Erledigung der Beschwerde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen. Begründend wurde insbesondere auf erforderliche ergänzende und umfassende Ermittlungen zum Privat- und Familienleben des BF verwiesen. Zudem habe sich der angefochtene Bescheid nicht auf die gegenständlich relevante Norm des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG bezogen, sondern auf die Regelung des § 52 Abs. 4 FPG.
13. Am 22.09.2017 fand eine weitere niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA statt. Der BF gab an, dass er ledig sei und keine Kinder habe. Er sei gesund, habe aber Bluthochdruck und einen hohen Cholesterinspiegel. Er werde finanziell vom Bruder aus Finnland unterstützt und er arbeite gegen Bezahlung für die Firma des Bruders über Internet. Er habe mit dem Bruder täglich über Internet Kontakt, er habe den Bruder 2013 in Finnland besucht und der Bruder habe ihn seit 2014 drei Mal besucht. Zu seiner Familie in Bangladesch stehe er ebenfalls in Kontakt, er werde in Bangladesch nicht verfolgt, er habe lediglich Schulden dort. In Österreich treffe er sich mit Studienkollegen und betreibe Sport. Sein Studium bei MDI habe er aus finanziellen Gründen beendet, an der Uni XXXX habe er die Inskriptionsfrist verpasst. Seit 26.01.2015 sei er Student an der XXXX-Universität, ein Studium an den Universitäten Berlin und Budapest, an denen er zugelassen worden sei, könne er sich nicht leisten. Er habe in Österreich legale Beschäftigungen 2012 und bis Juli 2013 gehabt. Zum Zeitpunkt seiner Betretung sei er sich bewusst gewesen, dass er keine Arbeitsberechtigung habe, da sei er um Aushilfe gebeten worden sei, weil der Vater des Küchenchefs gestorben war.
14. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.12.2017 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 und 7 FPG werde gegen den BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.)
Begründend wurde ausgeführt, dass sich der BF zu Studienzwecken mit einem Visum D, gültig von 01.11.2011 bis 31.03.2012, in Österreich aufgehalten habe. Am 18.10.2011 sei ihm erstmalig eine Aufenthaltsbewilligung "Studierender" erteilt worden, diese sei letztmalig am 20.10.2013 verlängert worden und habe am 20.10.2014 die Gültigkeit verloren. Der BF habe sich somit seit dem 20.10.2014 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, da der Antrag des BF auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung "Studierender" mangels Studienerfolges abgewiesen worden sei. Wegen des nicht rechtmäßigen Aufenthalts sei der BF mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion XXXX vom 29.01.2015 bestraft worden und er sei am 09.03.2016 auf frischer Tat bei der Ausführung von Schwarzarbeit betreten worden. Seit 26.01.2015 werde der BF als ordentlicher Student an der XXXX-Universität geführt, er habe Deutschkurse belegt, entsprechende Prüfungszeugnisse jedoch nicht vorgelegt. Seit Herbst 2016 erledige er Projektarbeiten für eine finnische Firma, welche er auf elektronischem Wege dort einbringe.
Aufgrund des Aufenthalts des BF in Österreich von einem über sechsmonatigen Zeitraum könne davon ausgegangen werden, dass der BF über ein Privatleben in Österreich verfüge. Sonstige soziale Bindung und/oder sonstige wirtschaftliche Anknüpfungspunkte hätten nicht festgestellt werden können. Es hätten auch keine Umstände festgestellt werden können, die auf ein schützenswertes Privatleben in Österreich hingewiesen hätten. Ein Familienleben des BF in Österreich liege nicht vor. Umstände, die einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würden, würden somit nicht vorliegen.
Zum Einreiseverbot wurde festgehalten, dass der BF nicht nur nicht willens sei, Österreich zu verlassen, sondern in seiner Illegalität auch noch den Tatbestand der Schwarzarbeit, welcher im Bereich des Fremdenwesens eine gewichtige Übertretung darstelle, begangen habe. Die Dauer von zwei Jahren sei gewählt worden, da die Behörde angenommen habe, dass diese Zeit gerechtfertigt und notwendig sei, um den BF von weiteren Übertretungen im Bundesgebiet abzuhalten.
Die Rückkehrentscheidung wurde erlassen, da sich der BF inzwischen unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und diese sei zulässig, da die Abwägung der Interessen des BF gegenüber den öffentlichen Interessen zu Ungunsten des BF ausgegangen sei. Es habe auch nicht erkannt werden können, dass sich der BF bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland emotional und praktisch betrachtet nicht mehr zurechtfinden würde können, da er die kulturellen Gegebenheiten kenne, die Landessprache spreche, dort geboren und aufgewachsen sei.
Die Frist für die freiwillige Ausreise des BF betrage gemäß § 55 FPG 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Die Abschiebung des BF sei zulässig, da kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden sei und weder aus den Angaben des BF noch aus den Länderfeststellungen Tatsachen ans Licht gekommen seien, die gegen eine Abschiebung sprechen würden.
Das Einreiseverbot wurde auf die Ziffern 3 und 7 des § 53 Abs. 2 iVm Abs. 1 FPG gestützt festgelegt. Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens des BF, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der Dauer von zwei Jahren gerechtfertigt und notwendig sei, um die vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Gemäß der Rückführungsrichtlinie gelte das Einreiseverbot für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und das Vereinigte Königreich. Vom Einreiseverbot weiter umfasst seien Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein.
15. Mit Verfahrensanordnung vom 11.12.2017 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt sowie ihm die Verpflichtung zur Inanspruchnahme eines Rückkehrberatungsgespräches gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG bis zum 28.12.2017 mitgeteilt. Darüber hinaus wurden dem BF weitere Informationen über die Verpflichtung zur Ausreise übermittelt.
16. Mit Bescheid des BFA vom 06.12.2017, Zl: XXXX, wurde der BF gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Ersatz der Kosten der Durchsetzung der gegen ihn gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie der entstandenen Dolmetschkosten in Höhe von EUR 210,80 verpflichtet und laut amtlichen Befund vom 06.12.2017 eine Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 30,00 festgelegt.
17. Mit Schriftsatz vom 10.01.2018 erhob der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung rechtzeitig vollumfängliche Beschwerde gegen den Bescheid des BFA und monierte die Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit. Zum Inhalt der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).
Begründend brachte der BF zusammengefasst im Wesentlichen vor, dass er an seiner Masterarbeit schreibe und diese im April 2018 persönlich an der Universität einreichen müsse. Er habe auch nicht illegal arbeiten wollen, sondern es sei dies ein Freundschaftsdienst gewesen. Die belangte Behörde habe auch nicht berücksichtigen können, dass der BF inzwischen tatsächlich am 27.12.2017 ausgereist sei, er habe aber dennoch ein Interesse an der Fortführung des Verfahrens. Nach Ansicht des BF wäre eine Rückkehrentscheidung ohne Verhängung eines Einreiseverbotes ausreichend gewesen und es werde im damit eine Tätigkeit für seinen Bruder in Finnland unmöglich gemacht. Dies stelle einen ungerechtfertigten Eingriff in sein Privatleben iSd Art. 8 EMRK dar. Zudem fehle im angefochtenen Bescheid die rechtliche Begründung zum Einreiseverbot, da dieses unter einem anderen Spruchpunkt rechtlich argumentiert worden sei.
Beantragt werde daher die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und die Aufhebung des gesamten Bescheides, vor allem aber Spruchpunkt V.; in eventu wolle der angefochtene Bescheid behoben und zur neuerlichen Bescheiderlassung an die Erstbehörde zurückverwiesen werden.
18. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
19. Mit Beschwerdevorlage vom 10.01.2018 übermittelte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsverfahrensakt und nahm gleichzeitig zur Beschwerde des BF dahingehend Stellung, dass ein Formatierungsfehler im angefochtenen Bescheid zugestanden werde, die Begründungen aber rechtlich zuordenbar seien. Zum beanstandeten Einreiseverbot führte das BFA aus, dass die verhängte Dauer von zwei Jahren verhältnismäßig sei, weil dem BF ein langer ungerechtfertigter Aufenthalt in Österreich sowie wissentliche Schwarzarbeit vorzuhalten sei. Auch sei die vorgebrachte Beziehung zum in Finnland lebenden Bruder derart schwach, dass sie kein Argument gegen die Verhängung des Einreiseverbotes darstellen könne und die Arbeit für die Firma des Bruders sei - wie bisher - über Internet möglich. Zur nichtberücksichtigten Ausreise des BF wurde darauf verwiesen, dass der BF dazu auch keinen entsprechenden Nachweis erbracht habe. Weiters habe eine Recherche ergeben, dass es - entgegen dem Vorbringen des BF - nicht notwendig sei, die Masterarbeit persönlich an der Universität einzureichen.
20. Mit Aktenvermerk vom 15.02.2018 hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass eine Nachfrage beim Rechtsvertreter des BF ergeben habe, dass der BF im Dezember 2017 nach Bangladesch ausgereist sei, dass der BF beabsichtige, im April 2018 wieder nach Österreich einzureisen und dass die Vertretungsvollmacht nach wie vor aufrecht sei.
21. In Ergänzung der Beschwerde übermittelte der Rechtsvertreter des BF am 29.03.2018 Passkopien des BF, aus denen die Ausreise aus Österreich am 30.12.2017 sowie die Einreise in Bangladesch am 31.12.2017 ersichtlich sind.
22. Mit Aktenvermerk vom 21.11.2018 hielt das Bundesverwaltungsgericht nach nochmaliger Anfrage fest, dass die Vertretungsvollmacht weiterhin aufrecht sei.
23. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde. Einsicht genommen wurde zudem in die vom BFA in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des BF, die dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin
1.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.
1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.
2. Feststellungen (Sachverhalt):
Der BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Seine Identität steht fest. Der BF verfügt über einen gültigen Reisepass, ausgestellt von der Botschaft in Wien XXXX, gültig bis XXXX, Nr. XXXX (AS 429).
Der BF verfügt seit dem 20.10.2014 über keinen mehr Aufenthaltstitel in Österreich. Der BF hatte zunächst ein von 01.11.2011 bis 31.03.2012 gültiges Visum D für die Einreise nach Österreich. Am 18.10.2011 wurde ihm eine Aufenthaltsbewilligung "Studierender" erteilt, welche letztmalig am 30.10.2013 verlängert wurde und am 20.10.2014 seine Gültigkeit verlor.
Über den BF wurde am 29.01.2015 wegen seines nicht rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 500,00 verhängt.
Der BF wurde am 09.03.2016 von Organen der Finanzpolizei bei Schwarzarbeit betreten.
Der BF hat am 30.12.2017 das österreichische Bundesland verlassen und ist am 31.12.2017 nach Bangladesch eingereist.
Der BF war während seines Aufenthaltes in Österreich gesund und arbeitsfähig, ging jedoch im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nach.
Der BF war während seines Aufenthaltes in Österreich ledig und kinderlos. Er bestritt seinen Unterhalt aus finanzieller Unterstützung durch seine Familie, er arbeitete für seinen Bruder in Finnland erhielt dafür Geldleistungen und bekam auch Geld von Freunden.
Im Herkunftsland halten sich Eltern und zwei Brüder des BF auf. Er stand während seines Aufenthaltes in Österreich in telefonischen Kontakt mit ihnen. Der BF hatte in Bangladesch keine Verfolgung zu befürchten.
In Österreich hatte der BF keine Verwandten oder sonstigen nahen Bezugspersonen. Er war kein Mitglied in einem Verein oder sonstigen Organisation. Er hatte Kontakt zu Studienkollegen.
Im Strafregisterauszug scheinen keine Verurteilungen des Beschwerdeführers auf und er ist in strafrechtlicher Hinsicht unbescholten.
Der BF spricht Deutsch auf unbestimmten Niveau.
Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich.
Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer Erlassung rechtswidrig gewesen wäre.
2.2. Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:
1. Politische Lage
Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister, ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB New Delhi 12.2016)
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB New Delhi 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB New Delhi 12.2016).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).
Bereits am 30.7.2011 hat das Parlament bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen? Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a).
Am 5.1.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).
Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).
Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
-
AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017
-
HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017
-
NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
2. Sicherheitslage
Es gibt in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017a).
Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 5.2017).
Extremistische Gruppen, wie Jamaat-ul-Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansar al-Islam, die ihre Zugehörigkeit zu Daesh und Al Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS) erklärten, haben Angriffe auf Angehörige religiöser Minderheiten, Akademiker, Ausländer, Menschenrechtsaktivisten und LGBTI-Personen, sowie weitere Gruppen durchgeführt (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Medienberichten zufolge hat die Terrororganisation IS 2016 für 39 Morde die Verantwortung übernommen, der bengalische Al-Kaida-Ableger soll sich zu acht Taten bekannt haben (GIZ 5.2017). Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, gewährt aber in vielen Fällen inzwischen Personenschutz (AA 14.1.2016). Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt (AA 3.2017a; vgl. AI 22.2.2017). die Polizei tötete laut eigenen Angaben mindestens 45 mutmaßliche Terroristen in Schießereien (AI 22.2.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
-
AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
-
AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017
-
USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
3. Rechtsschutz/Justizwesen
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB New Delhi 12.2016).
Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. (AA 3.2017a). Zusätzlich behindern Korruption und ein erheblicher Verfahrensrückstand das Gerichtssystem. Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017). Straffälle gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2017). Richter des Obersten Gerichtshofs haben des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB New Delhi 12.2016). Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 3.2017a).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB New Delhi 12.2016).
Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB New Delhi 12.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017
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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
4. Sicherheitsbehörden
Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 3.3.2017). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 3.3.2017).
Bangladeschs Sicherheitskräfte haben eine lange Geschichte von willkürlichen Verhaftungen, erzwungenem Verschwinden Lassen und außergerichtlichen Tötungen (HRW 12.1.2017). Obwohl gesetzlich verboten, gibt es Hinweise auf willkürliche Festnahmen, sowie auf die willkürliche Anwendung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen gemäß den Spezialgesetzen "Special Powers Act" und "Public Safety Act". Diese erlauben die 30-tägige Inhaftierung ohne Angabe von Gründen, um Taten zu verhindern, welche die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden. Nach 30 Tagen sind dem Angehaltenen die Haftgründe zu nennen, oder er muss entlassen werden. Die Praxis weicht davon ab. Die Arretierten haben keinen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Die davon hauptsächlich betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben (ÖB New Delhi 12.2016). Des Weiteren gibt es Berichte von Folter und anderen Missbräuchlichen Handlungen in Polizeigewahrsam. Der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013 wird nur schleppend umgesetzt (AI 22.2.2017). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).
Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung:
Rapid Action Bataillons (RABs): Das Rapid Action Bataillon (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in Bangladesch (RAB-1 bis RAB-14) (AA 14.1.2016) mit insgesamt ca. 8.500 Mann. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen und die Terrorabwehr (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016). Die gut ausgebildeten und modern ausgerüsteten RABs sind hauptsächlich in den urbanen Zentren des Landes stationiert und verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Tötungen während Schusswechseln führt. Auch im Zuge von Demonstrationen setzten die RABs neben Gummigeschossen scharfe Munition ein, was auch hier zu Todesopfern führte. Insgesamt starben seit der Gründung 2004 laut Schätzungen über 800 Personen entweder durch Schusswechsel oder in RAB-Gewahrsam, es kam jedoch bisher zu keinen Verurteilungen (ÖB New Delhi 12.2016).
Bangladesch Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB New Delhi 12.2016).
Bangladesch Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 12.2016).
Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" (32 Personen) geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sogenannte "Town Defence Parties" (ÖB New Delhi 12.2016).
Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 14.1.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 12.6.2017
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017
5. Korruption
Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 14.1.2016). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2016 den
145. von 176 Plätzen (TI 25.1.2017). Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen (ÖB New Delhi 12.2016). Laut einem Bericht von Transparency International Bangladesh (TIB) vom Juni 2016 haben 58 % der befragten Haushalte 2015 Bestechungsgeld gezahlt (USDOS 3.3.2017). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden sowie die Rechtspflege genannt. Versicherungen, Banken und NRO genießen den besten Ruf (AA 14.1.2016).
Eine im Jahr 2013 erlassene Gesetzesänderung führte dazu, dass die Anti-Korruptions-Kommission (ACC) der Korruption verdächtigte Behördenbeschäftigte nur noch mit Zustimmung der Regierung anklagen darf. Faktisch hat die ACC in den vergangenen Jahren lediglich eine Handvoll von Regierungsvertretern angeklagt (AA 14.1.2016). Im Gegenzug wird der Regierung vorgeworfen den ACC für politisch motivierte Strafverfolgung zu nutzen (USDOS 3.3.2017). So nutzte die Regierung die ACC um gegen die oppositionelle BNP vorzugehen. Beispielsweise liefen 2016 gegen BNP Führerin Khaleda Zia Korruptionsermittlungen (FH 1.2017). Die Regierung setze auch Schritte um die weitverbreitete Polizeikorruption zu bekämpfen (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017
-
ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
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TI - Transparency Index (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016,
https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 26.6.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 28.6.2017
6. Wehrdienst und Rekrutierung
Bangladesch verfügt über eine Berufsarmee aus 260.000 aktiven und ca. 472.000 Reservesoldaten (AA 14.1.2016). Seit seiner Unabhängigkeit hat das Land keinen verpflichtenden Wehrdienst mehr, ein solcher ist allerdings im Bedarfsfall gesetzlich vorgesehen (ÖB New Delhi 12.2016). Staatsangehörige können im Alter von 16-19 Jahren einen freiwilligen Militärdienst ableisten, sofern der Abschluss der 10. Klasse nachgewiesen wird (AI 14.1.2016). Aufgrund der obligatorischen Ausbildungszeit kommen aber Unterachtzehnjährige jedoch nicht zu Kampfeinsätzen (ÖB New Delhi 12.2016). Seit 2013 können auch Frauen Wehrdienst leisten. Der erste weibliche Lehrgang graduierte 2015 (AI 14.1.2016).
Es gibt eigene Straftatbestände für Meuterei und Desertion, die im Kriegsfall nach dem "Army Act 1952" mit der Todesstrafe belegt werden können (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016).
Es gibt keine Hinweise zu Zwangsrekrutierungen (ÖB New Delhi 12.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch
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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht
7. Allgemeine Menschenrechtslage
Bangladesch hat bisher zahlreiche UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert, u.a.:
* CAT - Convention against Torture and Other Cruel Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (ratifiziert 5.10.1998)
* CCPR - International Covenant on Civil and Political Rights (ratifiziert 6.9.2000)
* CEDAW - Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women (ratifiziert 6.11.1984)
* CERD - International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (ratifiziert 11.6.1979)
* CESCR - International Covenant on Economic, Social