TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/17 97/03/0032

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Veröffentlicht am 17.02.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
92 Luftverkehr;

Norm

ABGB §364;
AVG §41 Abs1;
AVG §8;
LuftfahrtG 1958 §68 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §69 Abs1 litd;
LuftfahrtG 1958 §70 Abs4;
LuftfahrtG 1958 §72 Abs1 litb;
LuftfahrtG 1958 §82 Abs3;
LuftfahrtG 1958 §83 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §83 Abs2;
LuftfahrtG 1958 §86 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §86 Abs2;
LuftfahrtG 1958 §87 Abs1;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des K F in E, vertreten durch Dr. Ingrid Herzog-Müller, Rechtsanwältin in 2460 Bruck an der Leitha, Kirchengasse 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vom 9. Jänner 1997, Zl. 60.003/1-PR 8/97, betreffend Zustellung eines Bescheides in einer Luftfahrtangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr) ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. August 1983 wurde gemäß §§ 68 und 72 LFG auf Antrag der Flughafen

Wien Betriebsgesellschaft mbH vom 15. Mai 1981 (in der Fassung vom 3. Mai 1983) die Änderung des in der Zivilflugplatz-Bewilligung vom 28. Dezember 1972 in der Fassung des Bescheides der belangten Behörde vom 9. November 1979 festgelegten Betriebsumfanges des Flughafens Wien Schwechat hinsichtlich der Flugplatzgrenzen, der Betriebskategorien der Instrumentenpisten und der Situierung von Bodeneinrichtungen in dem zu Spruchpunkt I genannten Betriebsumfang unter den zu Spruchpunkt II genannten Bedingungen und Auflagen bewilligt. Unter Spruchpunkt III wurde unter anderem ausgesprochen, daß die mit Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 22. Oktober 1976 für den Flughafen Wien-Schwechat festgelegte Sicherheitszone unverändert bleibt.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Jänner 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 22. Juli 1996 auf Zustellung des eingangs genannten Bescheides vom 12. August 1983 abgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer ist unbestritten seit 1978 Eigentümer der Liegenschaft EZ, welche sich innerhalb der mit Verordnung der belangten Behörde vom 22. Oktober 1976 festgelegten Sicherheitszone des Flughafens Wien-Schwechat befindet.

Seinen Antrag auf Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom 12. August 1983 begründete er im wesentlichen damit, daß er, obwohl Liegenschaftseigentümer in der Sicherheitszone des Flughafens, eine persönliche Verständigung betreffend ein Verfahren nach § 68 LFG oder betreffend das Verfahren, in dem der genannte Bescheid erlassen worden sei, nicht erhalten habe und damit als Partei übergangen worden sei, obwohl ihm auf Grund der Bestimmungen der §§ 68 ff LFG, insbesondere des § 70 leg. cit., in Verbindung mit den Bestimmungen des AVG Parteistellung zukomme.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß sich in dem dem eingangs genannten Bescheid vorangegangenen Verfahren ergeben habe, daß für die dort gegenständliche Verlängerung der Piste 11/29 (damals 12/30) um 500 m in Richtung Westen keine Änderung der bestehenden, mit Verordnung vom 22. Oktober 1976 festgelegten Sicherheitszone erforderlich sei. Da auch in dem das Verfahren einleitenden Antrag auf Erweiterung der Zivilflugplatzbewilligung kein Vorschlag auf Änderung der Sicherheitszone angegeben gewesen sei, seien nur die amtsbekannten Eigentümer der durch die konkrete Flugplatzerweiterung betroffenen Grundstücke von der gemäß § 70 LFG abzuhaltenden Verhandlung persönlich zu verständigen gewesen, den anderen betroffenen Grundstückseigentümern sei die Durchführung der Verhandlung durch Anschlag an den Amtstafeln der jeweiligen Gemeinden kundgemacht worden. Der Beschwerdeführer dagegen sei durch die Verlängerung der Piste nicht in seinen rechtlichen Interessen betroffen worden - sein Grundstück liege südöstlich der Piste, sei damit der Verlängerung entgegengesetzt situiert und somit nicht in Anspruch genommen - und auch die bereits zuvor festgelegt gewesene Sicherheitszone bleibe unverändert und damit der Beschwerdeführer auch deshalb nicht in seinen Rechten berührt.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen - wie schon im Verwaltungsverfahren - vor, als Eigentümer einer in der Sicherheitszone gelegenen Liegenschaft komme ihm im Zivilflugplatz-Bewilligungsverfahren nach §§ 68 ff LFG jedenfalls Parteistellung zu, unabhängig davon, ob die Sicherheitszone neu festgelegt würde oder bestehe, und ob eine Erweiterung vorgesehen sei. Das Recht, Einwendungen im Verfahren zu erheben müsse auch jenen zustehen, die in der bereits bestehenden Sicherheitszone von den Auswirkungen der Änderung der Zivilflugplatzbewilligung betroffen werden. Durch die Verletzung des rechtlichen Gehörs sei ihm die Möglichkeit genommen worden, einzuwenden, daß die Pistenverlängerung für ihn unmittelbare Auswirkungen dadurch habe, daß die Anzahl der Flüge in Spitzenzeiten beträchtlich erhöht und ein Parallelbetrieb auf beiden Flugpisten möglich werde und ihn damit erhebliche zusätzliche - wird näher ausgeführt - Lärmbelastungen treffen könnten.

§ 70 Abs. 4 LFG hat folgenden Wortlaut:

"(4) Vor Erlassung des Bescheides über die Zivilflugplatz-Bewilligung ist in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Ist eine Sicherheitszone (§ 86) vorgesehen, so ist die Anberaumung der mündlichen Verhandlung unbeschadet der Bestimmungen des § 41 des AVG 1950 in jedem Falle durch Anschlag in den Gemeinden, die ganz oder teilweise im Bereich der geplanten Sicherheitszonen liegen, kundzumachen. Erweist sich nach der mündlichen Verhandlung eine Erweiterung der vorgesehenen Sicherheitszone als erforderlich, so ist eine neue mündliche Verhandlung durchzuführen."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1995, Zlen. 93/03/0188, 0189, 0190, mit weiteren Judikaturhinweisen) haben im Verfahren betreffend Zivilflugplatz-Bewilligungen - dazu gehört auch die Änderung des bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfang eines Zivilflugplatzes - die Eigentümer von Grundstücken Parteistellung, soweit die Grundstücke für Zwecke der Luftfahrt, sei es für das Flugfeld in engerem Sinn oder für eine außerdem geplante Sicherheitszone, in Anspruch genommen werden. Anrainern, deren Grund und Boden nicht in diesem Sinn in Anspruch genommen wird, haben keine Parteistellung. Die Erteilung einer Zivilflugplatz-Bewilligung kann durch die darin enthaltene Umschreibung der in Aussicht genommenen Sicherheitszonen-Verordnung die Eigentümer von Liegenschaften im Sicherheitszonen-Bereich insoweit in ihren Rechten berühren, als dadurch ihr Eigentumsrecht beeinträchtigt wird. Durch die Festlegung der Sicherheitszone werden öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen hinsichtlich der betroffenen Grundstücke bewirkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 1997, Zl. 97/03/0187).

Nun hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren betreffend die Erweiterung eines Militärflugplatzes in Auslegung des Begriffes "vorgesehene Sicherheitszone" in § 82 Abs. 3 LFG in seinem Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 89/03/0229, auf das sich der Beschwerdeführer bezieht, ausgeführt, unter "vorgesehene Sicherheitszone" könne nicht nur - wie die belangte Behörde meint - eine zu errichtende oder zu ändernde Sicherheitszone - etwa im Sinne von vorzusehende - verstanden werden, das Wort "vorgesehen" habe auch die Bedeutung von "festgelegt" und verweise damit auf einen bestehenden Zustand. Aus dem genannten Erkenntnis ist nicht abzuleiten, daß der genannte Begriff im Bereich der Bestimmung des § 70 Abs. 4 LFG anders zu interpretieren wäre. Es ist dem Verwaltungsgerichtshof weiters kein Grund dafür erkennbar, daß der Eigentümer eines in der Sicherheitszone gelegenen Grundstückes im Verfahren betreffend Bewilligung bzw. Änderung eines Zivilflugplatzes anderes zu behandeln wäre als im Verfahren betreffend die Änderung eines Militärflugplatzes. Daraus folgt, daß dem Beschwerdeführer, auch wenn die Sicherheitszone bereits bestanden hat und im Bescheid, dessen Zustellung er beantragt hat, zum Ausdruck gebracht wurde, die Sicherheitszone würde nicht verändert, im Sinne der Bestimmungen der §§ 68 ff LFG Parteistellung zukommt.

Da die belangte Behörde dies verkannte und das Begehren des Beschwerdeführers auf Zustellung des Bescheides vom 12. August 1983 ablehnte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997030032.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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