TE Bvwg Beschluss 2019/1/29 L511 2186561-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §32 Abs1
AVG §32 Abs2
AVG §33 Abs2
BFA-VG §16 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7
VwGVG §7 Abs4 Z1
ZustG §8 Abs2

Spruch

L511 2186561-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. 18.12.1986, diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 18.09.2017, Zahl: XXXX , beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [BFA] wies mit Bescheid vom 18.09.2017, Zahl: XXXX , den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 25.11.2015 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 [AsylG] hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I ab. Mit Spruchpunkt II erkannte das BFA dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu. Mit Spruchpunkt III wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17.09.2018 erteilt (Aktenseite [AZ] 1, 83-91). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer vom BFA mit Verfahrensanordnung vom 19.09.2017 gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt (AZ 101-102).

1.2. Der Bescheid wurde nach einem Zustellversuch an der zum damaligen Zeitpunkt laut Zentralem Melderegister (ZMR) aufrechten Meldeadresse des Beschwerdeführers am 21.09.2017 beim Zustellpostamt hinterlegt. Als Beginn der Abholfrist wurde der 22.09.2017 auf dem Rückschein vermerkt (AZ 81).

1.3. Mit Schriftsatz vom 16.11.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand [Antrag auf Wiedereinsetzung] verbunden mit der verfahrensgegenständlichen Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 18.09.2018 (AZ 105-137).

2. Mit Bescheid vom 12.01.2018, Zahl: XXXX , wies das BFA den Antrag auf Wiedereinsetzung des Beschwerdeführers gemäß § 71 Abs. 1 AVG ab (AZ 141-147).

2.1. Die dagegen mit Schriftsatz vom 14.02.2018 erhobenen fristgerechte Beschwerde (AZ 151-221), wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ L511 2186561-2/4E, mit der Maßgabe ab, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung als verspätet zurückgewiesen wurde.

3. Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 20.02.2018 die Beschwerde samt durchnummeriertem Verwaltungsakt vor (Ordnungszahl des hg. Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1 [AZ 1-221].

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Der Bescheid des BFA vom 18.09.2017 erging an die Adresse " XXXX XXXX , XXXX ". Laut ZMR war dies bis zum 16.10.2017 die aktuelle Wohnadresse des Beschwerdeführers. Der Bescheid wurde am Postamt XXXX hinterlegt und als Beginn der Abholfrist der 22.09.2017 eingetragen. Am 09.10.2017 wurde der Bescheid dem BFA mit dem Vermerk "Zurück nicht behoben" retourniert (AZ 81, 84, 149).

1.2. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Hinterlegung bereits umgezogen, aber noch nicht umgemeldet und hat dem BFA weder den Umzug, noch die neue Wohnadresse bekanntgegeben (AZ 149, 108).

1.3. Am 20.10.2017 erschien die Mutter des Beschwerdeführers persönlich am BFA und übernahm den Bescheid des BFA vom 18.09.2017 (hg. GZ 2156568 AZ 315).

1.4. Am 16.11.2017, 18:50 Uhr, wurde die Beschwerde gemeinsam mit dem vom selben Tag datierten Antrag auf Wiedereinsetzung elektronisch übermittelt (AZ 105).

1.5. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ L511 2186561-2/4E, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung vom 16.11.2017 als verspätet zurückgewiesen.

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Auszüge aus dem Verwaltungsverfahrensakt, aus dem sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt (OZ 1).

Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG insbesondere folgende Unterlagen, teilweise auch aus dem Verfahrensakt der Mutter des Beschwerdeführers (hg. GZ L511 2186568), herangezogen:

* Zustellnachweis (AZ 81)

* Auszüge aus dem ZMR (AZ 149; OZ 1)

* Vollmacht vom 24.10.2017 (AZ 137)

* Antrag auf Wiedereinsetzung vom 16.11.2017 (AZ 105-137)

* Bescheid vom 12.01.2018 (AZ 141-147)

* Beschwerde vom 14.02.2018 (AZ 151-217)

2.2. Beweiswürdigung

2.2.1. Die getroffene Feststellung ergeben sich unmittelbar aus den jeweils zitierten Aktenteilen, zumeist aus den Schriftsätzen des Beschwerdeführers und bedurften keiner weiteren Interpretation. So ergibt sich die aufrechte Meldeadresse sowohl aus dem ZMR, als auch aus dem Antrag auf Wiedereinsetzung. Dass der Beschwerdeführer nicht mehr an dieser Adresse wohnte ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen. Dass der Beschwerdeführer die neue Wohnadresse dem BFA bekanntgegeben hätte wurde nicht behauptet (AZ 108). Die Hinterlegung ergibt sich aus dem Zustellnachweis (AZ 81), der vom Beschwerdeführer nicht angezweifelt wurde.

2.2.2. Der Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde (verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung) ergibt sich aus den Systemdaten des E-Mail-Programms (AZ 105).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 7 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwGG) und § 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).

3.1.2. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Beschwerde vom 16.11.2017 gegen den Bescheid des BFA vom 18.09.2017.

3.2. Zur ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheides des BFA vom 18.09.2017

3.2.1. Mangels diesbezüglicher Mitteilung der Änderung der Abgabestelle durch die Mutter des Beschwerdeführers, war das BFA, zumal die bisherige Wohnadresse im ZMR noch aufrecht war, nicht veranlasst Nachforschungen über die Abgabestelle des Beschwerdeführers iSd § 8 Abs. 2 ZustellG zu veranlassen. Da das BFA somit die Änderung der Abgabestelle nicht erkennen konnte, konnte die Zustellung an der bisherigen Abgabestelle bewirkt werden, auch wenn der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zustellung tatsächlich nicht mehr an dieser Adresse wohnhaft war (vgl. dazu VwGH 13.11.2018, Ra2018/21/0064).

3.2.2. Dem Vorbringen nach ist aber auch nicht von einer relevanten Ortsabwesenheit im Sinne des Zustellgesetzes auszugehen (vgl. dazu VwGH 27.09.2013, 2013/05/0145; 16.11.2011, 2007/17/0073), da die Mutter des Beschwerdeführers ausführte, dass sie regelmäßig an der Abgabestelle war, um nach der Post zu sehen.

3.2.3. Soweit der Beschwerdeführer im Antrag auf Wiedereinsetzung einen Zustellmangel auf Grund der Adressierung andeutet, ist festzuhalten, dass diesbezüglich im Antrag nichts Konkretes dargelegt wurde, was diese Vermutung nahelegen würde (sondern nur die Vermutung selbst geäußert wurde), und sich auch aus dem Verwaltungsakt keinerlei Indizien in diese Richtung ergeben. Im Gegenteil, auch die Ladung für die Einvernahme am 14.09.2017 war gleich adressiert und wurde ebenfalls hinterlegt. Diese ist der Mutter des Beschwerdeführers offensichtlich auch zugegangen, da diese zur Einvernahme erschienen ist (hg. GZ 2186568 AZ 115, 117, 129).

3.2.4. Die Zustellung des Bescheides des BFA vom 18.09.2017 durch Hinterlegung am Postamt XXXX am 22.09.2017 erfolgte somit ordnungsgemäß.

3.3. Zurückweisung der Beschwerde als verspätet

3.3.1. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA betrug vier Wochen beginnend mit dem Tag der Zustellung am 22.09.2017 (§ 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG iVm Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG; Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG und § 16 Abs. 1 BFA-VG).

3.3.2. Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll (§ 32 Abs. 1 AVG). Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats (§ 32 Abs. 2 AVG). Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag, ist der nächste Werktag der letzte Tag der Frist (§ 33 Abs. 2 AVG). Eine nach Wochen bestimmte Frist beginnt an dem Tag um 24.00 zu laufen, an dem das den Fristenlauf bestimmende Ereignis stattgefunden hat, und endet - abgesehen von den in § 33 Abs. 2 AVG normierten im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangenden Ausnahmen - um Mitternacht (24.00 Uhr) jenes Tages, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat (vgl. VwGH 18.10.1996, 96/09/0153; 20.09.1990, 90/07/0119 jeweils mwN).

3.3.3. Die in § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG und § 16 Abs. 1 BFA-VG vorgesehene vierwöchige Beschwerdefrist begann somit am Freitag 22.09.2017, 24:00 Uhr und endete gemäß § 32 Abs. 2 AVG am Freitag 20.10.2017, 24:00 Uhr. Die erst am 16.11.2017 abgefasste und eingebrachte Beschwerde wurde demnach erst nach Ablauf der Beschwerdefrist erhoben.

3.3.4. Die Verspätung der Beschwerde musste verfahrensgegenständlich nicht vorgehalten werden (vgl. dazu VwGH 11.03.2016, Ra2015/06/0088), weil die Beschwerde gemeinsam mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung erhoben wurde und sich die Beschwerdeführerin somit der Verspätung bewusst war.

3.3.5. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde als verspätet zurückgewiesen, so dass auch keine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist erfolgt ist.

3.3.6. Zusammenfassend wurde die Beschwerde verspätet eingebracht und es erfolgte auch keine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.

4. Entfall der mündlichen Verhandlung

Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).

Aufgrund der Zurückweisung des Antrages konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

III. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Wie sich aus der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, besteht zur Frage der Berechnung von Fristen gemäß § 32 AVG sowie zur fristwahrenden Einbringung gemäß § 7 VwGVG eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich die gegenständliche Entscheidung auch stützt.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Asylverfahren, Beschwerdefrist, Fristablauf, Fristbeginn,
Fristüberschreitung, Fristversäumung, konkrete Darlegung,
Konkretisierung, Meldefehler, Meldepflicht, Melderegister,
Meldeverstoß, Rechtsmittelfrist, rechtswirksame Zustellung,
Rechtzeitigkeit, verspätete Beschwerde, Verspätung, Zurückweisung,
Zustellung, Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2186561.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten