TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/29 L511 2186558-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2019
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Entscheidungsdatum

29.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §32 Abs1
AVG §32 Abs2 Satz1
AVG §33 Abs2
AVG §71 Abs1
AVG §71 Abs2
BFA-VG §16 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §33
VwGVG §33 Abs1
VwGVG §33 Abs3
VwGVG §7 Abs4 Z1
ZustG §17 Abs3
ZustG §8 Abs2

Spruch

L511 2186558-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. 18.12.2007, StA. Irak, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 12.01.2018, Zahl: XXXX , betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruchpunkt I des Bescheides zu lauten hat:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [BFA]

1.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [BFA] wies mit Bescheid vom 12.01.2018, Zahl: XXXX , den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 25.11.2015 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 [AsylG] hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I ab. Mit Spruchpunkt II erkannte das BFA dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu. Mit Spruchpunkt III wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17.09.2018 erteilt (Aktenseite [AZ] 1, 77-85). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer vom BFA mit Verfahrensanordnung vom 19.09.2017 gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt (AZ 95-96).

1.2. Der Bescheid wurde nach einem Zustellversuch an der zum damaligen Zeitpunkt laut Zentralem Melderegister (ZMR) aufrechten Meldeadresse des Beschwerdeführers am 21.09.2017 beim Zustellpostamt hinterlegt. Als Beginn der Abholfrist wurde der 22.09.2017 auf dem Rückschein vermerkt (AZ 75).

1.3. Mit Schriftsatz vom 16.11.2017 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand [Antrag auf Wiedereinsetzung] verbunden mit einer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 18.09.2018 (AZ 101-133).

Begründend führte der Beschwerdeführer aus, die Bescheide seien an die alte Adresse des Beschwerdeführers zugestellt worden, an der er zu diesem Zeitpunkt zwar noch gemeldet, aber nicht mehr wohnhaft gewesen sei. Die Mutter des Beschwerdeführers sei jeden Tag zu dieser Adresse gegangen um im Briefkasten nachzuschauen. Eine Hinterlegungsanzeige sei jedoch nie dabei gewesen. Am 20.10.2017 sei sie zum BFA gegangen, da sie sich Sorgen gemacht habe. Dort seien der Mutter des Beschwerdeführers die Bescheide von ihr und ihren Kindern übergeben worden. Mit diesen habe sich die Mutter des Beschwerdeführers am 24.10.2017 an die Rechtsberatung der Diakonie XXXX gewandt. Am 02.11.2017 sei durch die Diakonie Akteneinsicht genommen worden, wo man erfahren habe, dass die Bescheide am 22.09.2017 durch Hinterlegung im Postamt zugestellt worden waren. Im Hinblick auf die Hinterlegung sei noch anzufügen, dass auf dem Postfach [im Haus mit der Hausnummer 73] kein Name, sondern nur die Zahl 102 gestanden sei. Die Adresse auf der Hinterlegungsanzeige laute 73/2.102, womit ein Fehler bei der Zustellung unterlaufen sein könnte.

Ausgehend vom 02.11.2017, dem Tag an dem das tatsächliche Zustelldatum geklärt werden konnte, sei der Antrag auf Wiedereinsetzung fristgerecht.

1.4. Mit Bescheid vom 12.01.2018, Zahl: XXXX , wies das BFA den Antrag auf Wiedereinsetzung des Beschwerdeführers gemäß § 71 Abs. 1 AVG ab (AZ 137-143).

Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, ein Zustellmangel sei nicht vorgelegen, da die Meldeadresse bis 16.10.2017 laut ZMR aufrecht gewesen sei und ein Zustellnachweis vorliege. Es sei nicht glaubwürdig, dass die Mutter des Beschwerdeführers täglich nach der Post gesehen habe, vielmehr gehe das BFA davon aus, dass die Mutter des Beschwerdeführers die Verständigung erst aus dem Postkasten geholt habe, als die Bescheide von der Post bereits retourniert waren.

1.5. Mit Schriftsatz vom 14.02.2018 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid des BFA vom 12.01.2018, erneut verbunden mit einer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 18.09.2018 (AZ 147-213).

Ergänzend zum Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung wurde ausgeführt, der Lebensgefährte der Mutter des Beschwerdeführers habe durch den Anruf eines Bekannten, der bei der Behörde arbeite, erfahren, dass sich "der blaue Brief" seit ungefähr drei Wochen wieder beim BFA befinde. Die Mutter des Beschwerdeführers sei daraufhin am 20.10.2017 zum BFA gegangen.

2. Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 20.02.2018 die Beschwerde samt durchnummeriertem Verwaltungsakt vor (Ordnungszahl des hg. Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1 [AZ 1-215].

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Mit dem gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung wurde die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 18.09.2017 beantragt (AZ 104).

1.2. Der Bescheid des BFA erging an die Adresse " XXXX 73/2.102, XXXX ". Laut ZMR war dies bis zum 16.10.2017 die aktuelle Wohnadresse des Beschwerdeführers. Der Bescheid wurde am Postamt XXXX hinterlegt und als Beginn der Abholfrist der 22.09.2017 eingetragen. Am 09.10.2017 wurde der Bescheid dem BFA mit dem Vermerk "Zurück nicht behoben" retourniert (AZ 75, 99, 145).

1.3. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Hinterlegung bereits umgezogen, aber noch nicht umgemeldet und hat dem BFA weder den Umzug, noch die neue Wohnadresse bekanntgegeben (AZ 145, 104).

1.4. Am 20.10.2017 erschien die Mutter des Beschwerdeführers persönlich am BFA und übernahm den Bescheid des BFA vom 18.09.2017 (hg. GZ 2156568 AZ 315). Die Gründe für das persönliche Erscheinen der Mutter des Beschwerdeführers beim BFA am 20.10.2017 divergieren zwischen dem Antrag auf Wiedereinsetzung und der Beschwerde gegen dessen Abweisung. Im Antrag gab die Mutter des Beschwerdeführers noch an, aus Sorge zum BFA gegangen zu sein (AZ 104), wohingegen sie in der Beschwerde angab, sie sei zum BFA gegangen, weil ihr Lebensgefährte durch den Anruf eines Bekannten, der bei der Behörde arbeitet, erfahren hatte, dass sich "der blaue Brief" seit ungefähr drei Wochen wieder beim BFA befunden habe (AZ 149).

1.5. Am 24.10.2017 sprach die Mutter des Beschwerdeführers mit dem Bescheid bei der Rechtsberatung der Diakonie vor und unterzeichnete eine Vertretungsvollmacht, wonach die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe beauftragt und bevollmächtigt wurde, den Beschwerdeführer im Rechtsmittelverfahren gegen den Bescheid des BFA vom 18.09.2017, Zahl: XXXX , zu vertreten (AZ 104, 133). Die am 25.10.2017 für 30.10.2017 beantragte Akteneinsicht wurde seitens des BFA nicht gewährt, so dass eine Akteneinsicht erst am 02.11.2018 erfolgen konnte (hg. GZ 2156568 AZ 317-323, 328).

1.6. Der vom 16.11.2017 datierende Antrag auf Wiedereinsetzung wurde am 16.11.2017, 18:50 Uhr, elektronisch übermittelt (AZ 101).

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Auszüge aus dem Verwaltungsverfahrensakt, aus dem sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt (OZ 1).

Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG insbesondere folgende Unterlagen, teilweise auch aus dem Verfahrensakt aus dem Verfahrensakt der Mutter des Beschwerdeführers (hg. GZ L511 2186568) herangezogen:

* E-Mail-Ausdrucke (AZ 317-325)

* Zustellnachweis (AZ 75)

* Auszüge aus dem ZMR (AZ 145; OZ 1)

* Vollmacht vom 24.10.2017 (AZ 133)

* Antrag auf Wiedereinsetzung vom 16.11.2017 (AZ 101-133)

* Bescheid vom 12.01.2018 (AZ 137-143)

* Beschwerde vom 14.02.2018 (AZ 147-213)

2.2. Beweiswürdigung

2.2.1. Die getroffene Feststellung ergeben sich unmittelbar aus den jeweils zitierten Aktenteilen, zumeist aus den Schriftsätzen des Beschwerdeführers und bedurften keiner weiteren Interpretation. So ergibt sich die aufrechte Meldeadresse sowohl aus dem ZMR, als auch aus dem Antrag auf Wiedereinsetzung. Dass der Beschwerdeführer nicht mehr an dieser Adresse wohnte ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen. Dass der Beschwerdeführer die neue Wohnadresse dem BFA bekanntgegeben hätte wurde nicht behauptet (AZ 104). Die Hinterlegung ergibt sich aus dem Zustellnachweis (AZ 75), der vom Beschwerdeführer nicht angezweifelt wurde.

2.2.2. Der zeitliche Ablauf ab der Bescheidabholung beim BFA ergibt sich aus dem Antrag auf Wiedereinsetzung des Beschwerdeführers und deckt sich mit dem im Akt einliegenden E-Mail-Verkehr zwischen der Diakonie und dem BFA im Hinblick auf die beantragte Akteneinsicht sowie der vorgelegten Vollmacht (hg. GZ L511 2186568 AZ 317-323, 328, 357).

2.2.3. Der Zeitpunkt der Einbringung des Antrages auf Wiedereinsetzung ergibt sich aus den Systemdaten des E-Mail-Programms (AZ 101).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 7 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwGG) und § 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).

3.1.2. Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

3.1.3. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Antrag vom 16.11.2018 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, konkret in die Beschwerdefrist gegen den Bescheid vom 18.09.2017.

3.2. Zur ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheides des BFA vom 18.09.2017

3.2.1. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Ein Verschulden an der Versäumung hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist setzt zunächst voraus, dass die Frist gegenüber der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, zu laufen begonnen hat, sodass eine Säumnis dann nicht eintreten kann, wenn mangels Zustellung des die Frist auslösenden Aktes eine Frist gar nicht zu laufen begonnen hat (VwGH 02.09.1998, 97/05/0157).

3.2.2. Mangels diesbezüglicher Mitteilung der Änderung der Abgabestelle durch die Mutter des Beschwerdeführers, war das BFA, zumal die bisherige Wohnadresse im ZMR noch aufrecht war, nicht veranlasst Nachforschungen über die Abgabestelle des Beschwerdeführers iSd § 8 Abs. 2 ZustellG zu veranlassen. Da das BFA somit die Änderung der Abgabestelle nicht erkennen konnte, konnte die Zustellung an der bisherigen Abgabestelle bewirkt werden, auch wenn der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zustellung tatsächlich nicht mehr an dieser Adresse wohnhaft war (vgl. dazu VwGH 13.11.2018, Ra2018/21/0064).

3.2.3. Dem Vorbringen nach ist aber auch nicht von einer relevanten Ortsabwesenheit im Sinne des Zustellgesetzes auszugehen (vgl. dazu VwGH 27.09.2013, 2013/05/0145; 16.11.2011, 2007/17/0073), da die Mutter des Beschwerdeführers ausführte, dass sie regelmäßig an der Abgabestelle war, um nach der Post zu sehen.

3.2.4. Soweit der Beschwerdeführer im Antrag auf Wiedereinsetzung einen Zustellmangel auf Grund der Adressierung andeutet, ist festzuhalten, dass diesbezüglich im Antrag nichts Konkretes dargelegt wurde, was diese Vermutung nahelegen würde (sondern nur die Vermutung selbst geäußert wurde), und sich auch aus dem Verwaltungsakt keinerlei Indizien in diese Richtung ergeben. Im Gegenteil, auch die Ladung für die Einvernahme am 14.09.2017 war gleich adressiert und wurde ebenfalls hinterlegt. Diese ist der Mutter des Beschwerdeführers offensichtlich auch zugegangen, da diese zur Einvernahme erschienen ist (hg. GZ 2186568 AZ 115, 117, 129).

3.2.5. Die Zustellung des Bescheides des BFA vom 18.09.2017 durch Hinterlegung am Postamt XXXX am 22.09.2017 erfolgte somit ordnungsgemäß.

3.3. Zur versäumten Beschwerdefrist

3.3.1. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA betrug vier Wochen beginnend mit dem Tag der Zustellung am 22.09.2017 (§ 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG iVm Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG; Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG und § 16 Abs. 1 BFA-VG).

3.3.2. Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll (§ 32 Abs. 1 AVG). Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats (§ 32 Abs. 2 AVG). Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag, ist der nächste Werktag der letzte Tag der Frist (§ 33 Abs. 2 AVG). Eine nach Wochen bestimmte Frist beginnt an dem Tag um 24.00 zu laufen, an dem das den Fristenlauf bestimmende Ereignis stattgefunden hat, und endet - abgesehen von den in § 33 Abs. 2 AVG normierten im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangenden Ausnahmen - um Mitternacht (24.00 Uhr) jenes Tages, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat (vgl. VwGH 18.10.1996, 96/09/0153; 20.09.1990, 90/07/0119 jeweils mwN).

3.3.3. Die in § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG und § 16 Abs. 1 BFA-VG vorgesehene vierwöchige Beschwerdefrist begann somit am Freitag, 22.09.2017, 24:00 Uhr und endete gemäß § 32 Abs. 2 AVG am Freitag 20.10.2017, 24:00 Uhr. Die erst am 16.11.2017 abgefasste und eingebrachte Beschwerde wurde demnach erst nach Ablauf der Beschwerdefrist erhoben.

3.4. Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

3.4.1. Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Verfahrensgegenständlich wurde geltend gemacht, dass erst mit 02.11.2017 das Datum der Zustellung bekannt war und damit das Hindernis an der Beschwerdeerhebung weggefallen sei.

3.4.2. Im verfahrensgegenständlichen Fall lag das Hindernis nicht wie vom Beschwerdeführer angenommen im Wissen um den konkreten Zustellzeitpunkt, sondern im Wissen um die bereits abgelaufene und somit versäumte Beschwerdefrist.

3.4.2.1. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist vom "Wegfall des Hindernisses" um eine Fristversäumnis zu erkennen im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG und somit auch im Sinne des § 33 Abs. 3 VwGG (zur Übertragbarkeit der Judikatur zu § 71 AVG auf § 33 VwGG siehe insbesondere VwGH 24.09.2015, Ra2015/07/0113), dann auszugehen, wenn der Umstand der Fristversäumnis bei gehöriger Aufmerksamkeit von der Partei bzw. deren Vertreter erkannt werden konnte und musste (VwGH 06.10.2011, 2010/06/0006; 24.09.2015, 2015/07/0113).

3.4.2.2. Die Mutter des Beschwerdeführers kam mit dem Bescheid vom 18.09.2017 am 24.10.2017 zur nunmehrigen Rechtsvertretung. Aufgrund des Bescheiddatums war bereits zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich, dass die Beschwerdefrist bereits abgelaufen war. Seitens der rechtlichen Vertretung wäre daher eine unverzügliche Überprüfung bezüglich des tatsächlichen Zustellzeitpunktes vorzunehmen gewesen (vgl. dazu VwGH 15.10.1999, 1996/21/0185). Dies insbesondere auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Beschwerde, wonach die Mutter des Beschwerdeführers nur deshalb am 20.10.2017 zum BFA ging, weil sie über Umwege erfahren hatte, dass "der blaue Brief sich seit ungefähr drei Wochen wieder beim BFA befinde". Die rechtliche Vertretung musste daher unter Berücksichtigung des Bescheiddatums und dieser Ausführungen bereits am 24.10.2017 erkennen, dass die Beschwerdefrist zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war, da eine Rücksendung gemäß § 19 ZustellG an das BFA durch die Post frühestens nach der in § 17 Abs. 3 ZustellG festgesetzten Dauer der Abholfrist von 2 Wochen möglich ist.

3.4.2.3. Ausgehend von diesen Ausführungen musste die rechtliche Vertretung, deren Handeln dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist (vgl. dazu VwGH 24.09.2015, Ra2015/07/0113), das Versäumnis der Beschwerdefrist aber bereits am 24.10.2017 erkennen und war ausgehend davon der letzte Tag der Frist zur Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung der 07.11.2017, 24.00 Uhr (vgl. zur Fristenberechnung bereits weiter oben).

3.4.3. Nur der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es rechtlich irrelevant ist, ob die Partei an der Versäumung dieser Frist (zur Stellung des Antrages auf Wiedereinsetzung) kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Entscheidend dafür, ob die Frist des § 33 Abs. 3 VwGVG versäumt wurde, ist allein die Frage, zu welchem Zeitpunkt das die Erhebung eines fristgerechten Rechtsmittels hindernde Ereignis weggefallen ist (VwGH 21.09.2007, 2007/05/0208). Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung findet gemäß § 33 Abs. 6 VwGVG keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

3.4.4. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 12.01.2018 war daher mit der Maßgabe abzuweisen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung des Beschwerdeführers gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG bereits als verspätet zurückzuweisen war.

4. Entfall der mündlichen Verhandlung

Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).

Aufgrund der Zurückweisung des Antrages konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

III. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf eine umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und weicht von dieser auch nicht ab. Zur Übertragbarkeit der Judikatur zu § 71 AVG auf § 33 VwGVG insbesondere VwGH 24.09.2015, Ra2015/07/0113. Zum Erfordernis eines ausgelösten Fristenlaufes etwa VwGH 02.09.1998, 97/05/0157. Zur Zustellung bei mangelnder Mitteilung der Änderung der Abgabestelle VwGH 13.11.2018, Ra2018/21/0064. Zum Zeitpunkt der Erkennung einer Fristversäumnis im Allgemeinen VwGH 06.10.2011, 2010/06/0006; 24.09.2015, 2015/07/0113 und insbesondere durch eine rechtliche Vertretung VwGH 15.10.1999, 1996/21/0185.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Asylverfahren, Beschwerdefrist, Fristablauf, Fristbeginn,
Fristüberschreitung, Fristversäumung, konkrete Darlegung,
Konkretisierung, Meldefehler, Meldepflicht, Melderegister,
Meldeverstoß, minderer Grad eines Versehens, rechtswirksame
Zustellung, Rechtzeitigkeit, verspäteter Antrag, Verspätung,
Wiedereinsetzungsantrag, Zurechenbarkeit, Zurückweisung, Zustellung,
Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2186558.2.00

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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