TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/7 G309 2187497-1

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Veröffentlicht am 07.02.2019
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Entscheidungsdatum

07.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
BEinstG §14
BEinstG §2
BEinstG §3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G309 2187497-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER und die fachkundige Laienrichterin HR Dr. Margareta STEINER als Beisitzer, über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen I. den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 10.01.2018, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten und II. den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 31.01.2018, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 10.01.2018, OB:

XXXX, wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 31.01.2018, OB:

XXXX, wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 29.11.2017 via der Zentralen Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten (im Folgenden: belangte Behörde), einen (gemeinsamen) Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß den Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BGG) und Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) ein.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde zur Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem erstellten Gutachten von XXXX, Fachärztin für Orthopädie, vom 09.01.2018, wird basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF am 20.12.2017, im Wesentlichen zusammengefasst folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:

Pos. Nr.

GdB %

1

Wirbelsäule, Wirbelsäule-Funktionseinschränkungen geringen Grades, Wirbelsäulensyndrom AD 1 oberer Wert: Es werden Schmerzen in der gesamten Wirbelsäule angegeben. Es zeigt sich eine geringe Bewegungseinschränkung der Brust - und Lendenwirbelsäule. Keine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule. Aktuell keine neurologischen Defizite. Das CT der HWS von 2012 zeigt beginnende degenerative Veränderungen mit minimaler Neuroforameneinengung C7/TH1 ohne wesentliche Bedrängung nervaler Strukturen. Das Röntgen der gesamten Wirbelsäule von 2009 zeigt eine geringe Skoliose. Geringe bis mäßige degenerative Veränderungen im gesamten Bereich der Wirbelsäule, sowie einen lumbosacralen Übergangswirbel von L5.

02.01.01

20

2

Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates, Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen geringen Grades Polyarthralgien AD 2 oberer Wert: Zur Zeit werden vor allem Knieschmerzen beidseits angegeben, bei Zustand einer Arthroskopie links 11/2016. Es zeigt sich eine geringe Bewegungseinschränkung der Kniegelenke beidseits, keine Bewegungseinschränkung der übrigen Gelenke. Das MRT des Kniegelenkes links von 11.04.2017 zeigt zweit - bis drittgradige Knorpelschäden beidseits, rechts vom 31.01.2017 zeigt ebenfalls bis zu drittgradige Knorpelschäden.

02.02.01

20

Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.

 

 

 

"Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Die Position 1 ist führend, die Position 2 ist wegen Geringfügigkeit nicht in der Lage zu steigern."

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.01.2018 wurde der Antrag der BF auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung im Wesentlichen auf das erstattete Sachverständigengutachten.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.01.2018 wurde der Antrag der BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung im Wesentlichen auf das erstattete Sachverständigengutachten.

5. Mit vom 14.02.2018 datierten und am 19.02.2018 (Eingangsstempel) bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben erhob die BF gegen die im Spruch angeführten Bescheide vom 10.01.2018 und vom 31.01.2018 binnen offener Frist Beschwerde. Die BF führte dazu aus, die Beschwerden im Knie seien bei Weitem schlimmer als im Gutachten dargestellt. Sie habe große Schmerzen beim Gehen und beim Stehen. Die Halswirbelsäule sei auch schlechter als im Gutachten und musste die BF sogar ihren Beruf aufgeben. Die BF wolle nochmal von einem anderen Sachverständigen untersucht werden und bitte daher um eine neuerliche Untersuchung. Mit der Beschwerde wurden medizinische Befunde übermittelt.

6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch die belangte Behörde, einlangend mit 28.02.2018, vorgelegt.

7. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde der Amtssachverständige XXXX, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, mit der Begutachtung und Erstattung eines Gutachtens beauftragt.

Im eingeholten Gutachten vom 18.05.2018 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF, zusammengefasst folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:

Pos. Nr.

GdB %

1

Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen. Unveränderter oberer Rahmensatzwert zum Vorgutachten bei geringer Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule. Ein Röntgen der Halswirbelsäule von 20.11.2017 zeigt eine deutliche Chondrose C5/6, mit ventralen Spondylophyten und Parasyndesmophyten, wobei die Funktion nicht eingeschränkt ist. Eine neurologische Symptomatik an den oberen und unteren Extremitäten besteht unverändert zum Vorgutachten ebenfalls nicht. Zusätzlich zeigt sich thorakolumbal eine geringe skoliotische Fehlhaltung. Auf Grund der guten Funktion ist die Einstufung unverändert.

02.01.01

20

2

Polyarthralgie Analog oberer Rahmensatzwert bei berichteten Schmerzen in beiden Kniegelenken, links vermehrt, beiden Schulter-, Ellbogen- und Handgelenken. Es zeigt sich bei der heutigen Untersuchung keine Funktionseinschränkung der peripheren Gelenke. Lediglich am linken Kniegelenk zeigt sich eine diskrete Ergussbildung bei Zustand nach Arthroskopie im November 2016 und bekannten Knorpelschäden beidseits. Gegenüber dem Vorgutachten zeigt sich keine Einstufungsänderung.

02.02.01

20

Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.

 

 

 

"Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Führend ist Position 1, Position 2 ist zu gering, um zu steigern. Die Antragstellerin kann unter Berücksichtigung ihrer Gebrechen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder einem integrativen Betrieb eingesetzt werden.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Keine.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Keine.

Begründung für die Änderung des GdB: Keine Änderung.

7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 28.06.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Eine Stellungnahme langte nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die BF ist am XXXX geboren, ist türkische Staatsangehörige und hat einen Wohnsitz im Bundesgebiet. Die Beschwerdeführerin verfügt über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU".

Die BF leidet unter einem Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen und einer Polyarthralgie. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 (zwanzig) von Hundert (v. H.).

Die BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Begünstigteneigenschaft nicht.

Die BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt den vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zum Geburtsdatum und dem Wohnsitz der BF ergeben sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Im Zentralen Fremdenregister ist die Ausstellung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" ersichtlich.

Das seitens des erkennenden Gerichtes eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von XXXX, Facharzt für Orthopädie und chirurgische Orthopädie, vom 18.05.2018, ist schlüssig, nachvollziehbar und weist auch im Vergleich zum fachärztlichen Vorgutachten von XXXX vom 09.01.2018 keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde der Inhalt des Gutachtens den Parteien im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt und von diesen unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Die getroffenen Einschätzungen basieren auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung ausführlich erhobenen Befund und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Das Sachverständigengutachten von XXXX vom 18.05.2018 wird der Entscheidung daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt. Es wurde ein Grad der Behinderung von 20 v.H. objektiviert.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 BEinstG durch den Senat.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 BEinstG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken.

Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts andres bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993). Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch keine der Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung beantragten.

3.2. Zu Spruchteil A):

3.2.1. Zu Spruchpunkt I.:

Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,

3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind (§ 2 Abs. 1 BEinstG).

Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind (§ 2 Abs. 2 BEinstG).

Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen (§ 2 Abs.3 BEinstG).

Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 3 BEinstG).

Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungs-kommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung.

Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen (§ 14 Abs. 1 BEinstG).

Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden.

Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird.

Die Einschätzung der Behinderung erfolgt, besonders hinsichtlich der Feststellung der Begünstigteneigenschaft, im Hinblick auf die Eignung zur Erschwerung der Teilhabe am Arbeitsleben auf einem abstrakten Arbeitsmarkt und folglich losgelöst von konkreten Beschäftigungsverhältnissen (Auer-Mayer in Widy/Auer-Mayer/Schrattbauer, Behinderteneinstellungsgesetz8 (2016) § 3, Rz 12, 17 mwN). Der Grad der Behinderung vermag somit seiner Konzeption nach nichts über die tatsächliche Leistungsfähigkeit am individuellen Arbeitsplatz auszusagen, sondern stellt den Einfluss der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung auf die Möglichkeit der Teilnahme einer Person am allgemeinen Erwerbsleben dar.

Der Zweck des BEinstG liegt in der Eingliederung von Behinderten in das Erwerbsleben, weshalb sie infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zumindest zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) in der Lage sein müssen.

3.2.2. Zu Spruchpunkt II.:

Nach § 1 Abs. 2 BBG ist unter einer Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder eine Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

Gemäß § 40 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist,

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen,

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten,

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes angehören.

§ 35 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) regelt, dass die Höhe des Freibetrages sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) bestimmt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Die für die Ausstellung einer solchen zuständigen Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen. Dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 BBG genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3 BBG), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 BGBl. Nr. 376. Nach § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 BBG vorliegt.

3.2.3. Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH 20.10.1978, 1353/78).

Es besteht grundsätzlich kein Anspruch auf die Beiziehung eines ärztlichen Sachverständigen oder auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an (VwGH 24.06.1997, Zl. 96/08/0114). Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH 23.11.1978, Zl. 0705/77).

Fallgegenständlich ergibt sich daraus wie folgt:

Die BF leidet an einem Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen und an einer Polyarthralgie. Es konnte demnach ein Grad der Behinderung von 20 v. H. festgestellt werden.

Da ein Grad der Behinderung von 20 (zwanzig) von Hundert festgestellt wurde, erfüllt die BF weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Begünstigteneigenschaft noch die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde der BF als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sonst hervorgekommen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zudem nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G309.2187497.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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