TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/18 W264 2177936-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.02.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52

Spruch

W264 2177936-1/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2017, Zahl:

1073282407-150656472/BMI-BFA_KNT_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.11.2018, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs 1 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 in Verbindung mit § 9 BFA Verfahrensgesetz für unzulässig erklärt.

IV. Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 55 Abs 1 Asylgesetz 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung " für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal und schlepperunterstützt in Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 11.6.2015 im Beisein der XXXX und der Minderjährigen XXXX und XXXX den Antrag auf internationalen Schutz.

Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes - im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi - wurde der BF zu seinen Gründen für die Flucht befragt. Für die näheren Angaben im Rahmen seiner Erstbefragung wird auf das im vorgelegten Fremdakt einliegende Protokoll der LPD Steiermark vom 11.6.2015, GZ XXXX , verwiesen.

2. Am 18.1.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Beisein seiner Rechtsvertretung und eines Dolmetsch in der Sprache Farsi niederschriftlich zu seinen konkreten und individuellen Fluchtgründen befragt einvernommen und auf die Mitwirkungspflicht sowie auf die Wahrheitspflicht hingewiesen. Für die näheren Angaben im Rahmen seiner Angaben vor dem BFA wird auf die im vorgelegten Fremdakt einliegende Niederschrift des BFA XXXX vom 18.1.2017 verwiesen.

Am Tag der Niederschrift vor dem BFA legte er identitätsbezeugende Dokumente er nicht vor.

3. Im vorgelegten Fremdakt liegt ein Amtsvermerk der LPD Kärnten vom 18.1.2017 ein, GZ: XXXX , wonach die Ehefrau wegen des Verdachts auf Vergewaltigung zum Nachteil seiner Ehefrau am 1.1.2014 im Ausland (Iran) befragt wurde. Sie gab laut dem Amtsvermerk in ihrem Asylantrag an, dass sie sich von dem BF trennen wolle, da sie im Iran mit ihm zwangsverheiratet worden sei, ein eigenes Leben führen wolle und von dem BF nicht länger unterdrückt werden wolle.

4. Die Asylverfahren wurden zur Klärung der Vorfrage ausgesetzt, nachdem die Staatsanwaltschaft Klagenfurt am 30.3.2017 zu Zahl XXXX mitteilte, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.

5. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt teilte der belangten Behörde am 14.4.2017 mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen den BF gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde.

6. Am 21.8.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Beisein eines Dolmetsch in der Sprache Farsi niederschriftlich zu seinen konkreten und individuellen Fluchtgründen befragt einvernommen und auf die Mitwirkungspflicht sowie auf die Wahrheitspflicht hingewiesen. Für die näheren Angaben im Rahmen seiner Angaben vor dem BFA wird auf die im vorgelegten Fremdakt einliegende Niederschrift des BFA XXXX vom 21.8.2017 verwiesen.

Am Tag der Niederschrift vor dem BFA legte er identitätsbezeugende Dokumente er nicht vor.

7. Im vorgelegten Fremdakt liegt Folgendes ein:

* Deuschkurs-Bestätigung der Mag. XXXX vom 15.10.2016

* Bestätigung Caritas betreffend Deutsch- und Alphabetisierungskurs vom XXXX

8. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 leg.cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), wobei gleichzeitig gemäß § 10 Abs 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen wurde (Spruchpunkt III.) und festgestellt wurde, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 leg.cit. nicht erteilt werde. Mit Spruchpunkt IV wurde gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

9. Mit Schriftsatz vom 20.11.2017 brachte der Beschwerdeführer im Wege der ARGE Rechtsberatung Diakonie fristgerecht die Beschwerde ein und bekämpfte damit den angefochtenen Bescheid in vollem Umfang. Für die näheren Ausführungen wird auf den Schriftsatz selbst verwiesen.

10. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt und langte am 22.11.2017 ein.

11. Zunächst wurde die Verhandlung gemeinsam mit jener der XXXX und der Minderjährigen XXXX anberaumt und wurde auf mehrmaliges Ersuchen der Rechtsvertretung der XXXX und der Minderjährigen XXXX und XXXX mit der Begründung, sich vor dem BF zu fürchten, die Verhandlung der XXXX und der Minderjährigen XXXX und XXXX auf einen anderen Tag verlegt, sodass die Verhandlung betreffend die XXXX und die Minderjährigen XXXX und XXXX im Juni 2018 durchgeführt wurde.

12. Am 19.4.2018 fand die öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines der Sprache Farsi mächtigen Dolmetsch und der Rechtsvertretung des BF statt. Der BF gab an der beiden Sprachen Farsi und Dari mächtig zu sein und gab er auf Befragen an, in Dari sprechen zu wollen.

Für die Angaben des BF in der öffentlichen mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen und ist zu beachten, dass der BF zuvor auf seine Mitwirkungspflicht nach § 15 AsylG hingewiesen wurde. Er wurde aufgefordert, in Ruhe in freier Erzählung die Fluchtgründe von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß darzutun, nämlich ganz konkret und mit Details. Er wurde auch informiert, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit beeinträchtigen.

Der BF zeigte auch eine Narbe an der rechten Handinnenfläche vor (blande Narbe). Weiters zeigte er eine zarte blande Narbe am kleinen Finger am 2. Fingerglied (Handrücken) vor und eine zarte blande Narbe am Handrücken oberhalb des Daumens vor. Die Richterin forderte den BF zum Faustschluss auf und konnte der BF trotz dieser Narben an der rechten Hand mit der rechten Hand bei gleichbleibendem Gesichtsausdruck und ohne über Schmerzen zu klagen den Faustschluss durchführen. Es wurden darüber Fotos angefertigt und zum Akt genommen. Weiters brachte er vor, in der Kopfschmerzambulanz des XXXX in Behandlung zu sein, Medikamente einzunehmen und psychische Probleme zu haben.

Er zeigte folgende mitgebrachte Medikamente vor:

* Norgesic 35mg/450mg tabl. (Wirkstoffe: Orphenadrin Citr., Paracetamol)

* Saroten 10mg Filmtabletten (Wirkstoff: Amitriptylin)

Der BF gab auf Befragen an: "Mir geht es heute. Heute können wir verhandeln. Ich fühle mich wohl".

Die Richterin fasste den Beschluss, dass von dem vom Rechtsvertreter thematisierten Urteil des französischen COURT Nationale Du Droit D'Asile vom 09.03.2018, (Nummer: 17045561), die aus Sicht des Rechtsvertreters relevanten Teile dem Gericht innerhalb einer Frist von vier Wochen in deutscher Sprache (Amtssprache) vorzulegen sind; Unterlagen über den vom BF erwähnten Besuch Neurologen vorzulegen sind sowie das Zertifikat über die allenfalls bestandene Deutschprüfung vorzulegen sind.

Folgende Unterlagen wurden in der Verhandlung vorgelegt:

* Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs

* Teilnahmebestätigung Alphabetisierungs- und Deutschspracherwerbsmaßnahmen in der XXXX Grundversorgung

* Teilnahmebestätigungen Basis-Deutschkurs vom 9.3.2018 und Deutschkurs vom 13.3.2018

* Kursbesuchsbestätigung betreffend Deutschkurs vom 30.10.2017

* Bestätigung betreffend Besuch Sprachcafé vom 14.3.2018

* Bescheinigung über Kursteilnahme "Deutschkurs Basiskenntnisse" (90% Regelmäßigkeit) und über Vorbereitungskurs für die Prüfung A1 (92% Regelmäßigkeit)

* Teilnahmebestätigung Deutschkurs A1+ vom 15.4.2018

Der Rechtsvertreter legte den Quarterly Report on the protection of civilians in armed conflict: 1 January to 31 March 2018 der UNAMA vom 12.4.2018 vor. Die Richterin teilte in der Verhandlung dem Rechtsvertreter mit, dass für den Fall, dass bis zur Zustellung der Entscheidung eine neue Fassung des Länderberichts der Staatendokumentation herauskommen sollte, eine allfällige Stellungnahme hiezu dem Gericht ohne Aufforderung zu übermitteln sei.

13. Per Telefax wurde die Stellungnahme vom 14.5.2018 eingebracht, in welcher die deutsche Übersetzung relevanter Teile der oben genannten französischen Entscheidung zu dem Thema blinde Gewalt und Lage in Kabul enthalten ist sowie das Gutachten der Friederike Stahlmann vom 28.3.2018 zitiert wurde, zur Lage im Herkunftsort Mazar-e Sharif ausgeführt wurde, Medienberichte zur Sicherheit in Afghanistan, zur Lage der Hazara und Schiiten ausgeführt wurde und der BF als Familienangehöriger nach § 2 Abs 1 Z 22 iVm § 34 AsylG bezeichnet wurde. Damit wurde das Ambulanzprotokoll des XXXX , Neurologie, vom 14.2.2018 in Kopie übermittelt (Diagnosen: G44.2. Spannungskopfschmerz; F32.9. Depressive Episode, nicht näher bezeichnet).

Ebenso wurde in der Anlage der Beschluss des VfGH vom 7.5.2018, E 1677/2018-4, übermittelt, womit dem Antrag eines - darin namentlich unkenntlich gemachten - BF gegen eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.3.2018, W191 2139666-1/18E, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde zuerkannt wurde (Anm: vom VfGH an den VwGH abgetreten und derzeit beim VwGH anhängig).

14. Die erkennende Richterin schaffte den Akt des Bezirksgerichts Klagenfurt, XXXX , zum Zwecke der Einsichtnahme bei. Aus diesem geht hervor, dass der von dem BF und der XXXX gestellte "Antrag auf Scheidung der Ehe im Einvernehmen" am 7.2.2017 beim Bezirksgericht Klagenfurt einlangte. Am 7.3.2017 wurde die mündliche Verhandlung vor dem Bezirksgericht Klagenfurt in Anwesenheit des BF und der XXXX im Anwesenheit einer Dolmetsch für die Sprache Dari durchgeführt. Darin gaben beide Antragsteller übereinstimmend an, dass die eheliche Gemeinschaft seit mehr als sechs Monaten aufgehoben sei und die Ehe zerrüttet sei und Einvernehmen über die Scheidung bestehe. Die notwendige Elternberatung gemäß § 95 Abs 1a AußStrG wurde durch den Richter selbst in Grundzügen durchgeführt. Aus dem Akt kommt hervor, dass mit Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 7.3.2017 die Ehe des BF und der XXXX im Einvernehmen geschieden wurde. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 7.3.2017 wurde unter XXXX ein Vergleich über die Obsorge für die minderjährigen Kinder aus dieser Ehe geschlossen: gemeinsame Obsorge mit hauptsächlichem Aufenthalt der Kinder bei der Kindesmutter, möglichst umfangreich ausgeübtes Kontaktrecht zum BF.

15. Am 18.6.2018 fand die Verhandlung betreffend die Beschwerden der XXXX und die gemeinsamen Kinder statt. XXXX erschien gemeinsam mit den von ihr vertretenen beiden Minderjährigen und in Begleitung ihres Verlobten. XXXX gab betreffend den BF an, dass sie "nach wie vor vor ihrem Exmann keine Ruhe hat", die Betreuer ihrer Einrichtung wüssten Bescheid und sei er bereits von dort weggewiesen worden. "Er kam nicht direkt zu mir, aber in das Gebäude wo ich leben und hat dort laut herumgeschimpft".

Die geschiedene Gattin XXXX gab an, bereits mit dem Gewaltschutzzentrum in Kontakt zu stehen. Sie habe den BF "zwangsweise und wie es dort gewohnt ist" heiraten müssen ("als ich sehr jung war, wurde ich zur Heirat gezwungen"). Sie gab an "ich wurde mehrmals von meinem Exmann bedroht. Zwei-, dreimal ist er pro Woche nachtsüber zu mir gekommen und das hat sich in der Einrichtung wo ich gelebt habe, sondern unter vielen Afghanen in Klagenfurt verbreitet". Sie sei zum Gewaltschutzzentrum und zur Frauenberatung gegangen. Er sei nicht nur persönlich gekommen, sondern habe sie auch telefonisch "achtzig, 130- bis 150mal beschimpft und bedroht". Sie habe ihr Handy im Gewaltschutzzentrum vorgezeigt. Für den Fall der Rückkehr nach Afghanistan habe sie Angst vor den Bedrohungen des BF und gab sie an, dass dieser in Mazar-e Sharif noch Verwandtschaft habe (Tanten). Er beschimpfe sie, wenn er samstags wegen den Kindern zu ihr komme. Immer wenn ihr Kind zurückkam, habe das Kind das Gleiche wiederholt was sein Vater ihm gesagt habe: sie sie eine schlechte Mutter sei, dass sie mit anderen Männern unterwegs sei, "er hat solche Sachen zu meinem Kleinkind gesprochen, dass das für ein kleines Kind nicht geeignet ist", etwa das Zena (außereheliche Beziehung) nicht haram sei und habe dem Kind vom Geschlechtsverkehr erzählt. "Jedes Mal, wenn das Kind zurückkommt, ist die Beziehung schlimmer und schlimmer und wurde ihm auch gesagt, dass wenn er nicht dreimal täglich bete, lande er in der Höhe so wie seine Mutter", so die geschiedene Gattin über den BF. Die Exfrau des BF erschien der erkennenden Richterin von ihrem vor dem Bundesverwaltungsgericht hinterlassenen Eindruck her glaubwürdig.

16. Da aus dem vor dem Bezirksgericht XXXX geschlossenen Scheidungsvergleich vom 7.3.2017, XXXX , hervorgeht, dass gemeinsame Obsorge über die beiden Kinder betreffend vereinbart wurde, wurde die Exfrau im Hinblick auf das in der Verhandlung am 18.6.2018 Vorgebrachte um Mitteilung ersucht darüber, ob

1. die Obsorge über die beiden Minderjährigen nach wie vor wie im Scheidungsvergleich vom 7.3.2017 (gemeinsame Obsorge und Besuchsrecht des Vaters) vereinbart ausgestaltet wird und / oder von der Exfrau bereits im Wege des Jugendamtes / Familiengerichts eine Änderung herbeigeführt wurde oder eine solche Änderung anhängig ist;

2. ob die Besuche des Vaters im Beisein Dritter stattfinden oder der Vater mit den beiden Kindern die Besuchszeiten allein verbringt;

3. die Exfrau seit der Scheidung allenfalls stattgefundene Bedrohungen der Polizei angezeigt hat (bejahendenfalls sind Kopie(n) der Anzeige(n) zu übermitteln) und ob es allenfalls solche Bedrohungen aktuell gibt;

4. es Aufzeichnungen über ein in der mündlichen Verhandlung vorgebrachtes Gespräch mit der Psychologin betreffend die Umgangsformen des Vaters mit dem Sohn bei dessen Besuchen gibt.

17. Am 9.11.2018 langte eine Stellungnahme ein und lautete diese - auszugsweise - wie folgt:

"1. Die gemeinsame Obsorge ist nach wie vor aufrecht. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 21.03.2018 wurde das Kontaktrecht der beiden Minderjährigen und des Kindesvaters einmal wöchentlich, am Samstag in der Zeit von 14:30 bis 17:30 Uhr festgelegt.

Der Kindesvater stellt jedoch am 18.9.2018 einen Antrag auf Erweiterung des Kontaktrechtes und wünscht, dass das Kontaktrecht in Hinkunft wöchentlich mit einer Übernachtung stattfindet. Die Kindesmutter spricht sich in Ihrer Äußerung zu diesem Antrag gänzlich gegen eine Erweiterung des Kontaktrechtes aus.

2. Der Kindesvater verbringt die Besuchszeiten mit den Kindern alleine. Es wurde jedoch seitens des Jugendamtes die Begleitung des Besuchskontaktes empfohlen und wird diese Vorgehensweise auch angestrebt.

3. Über stattgefundene Bedrohungen wurde die Polizei auch im Beisein von Betreuern aus dem Asylheim informiert; diesbezügliche schriftliche Anzeigen wurden von der Polizei nicht ausgefertigt. Es besteht ein regelmäßiger Kontakt zum Gewaltschutzzentrum Kärnten und wird seitens dieser Institution Unterstützung und Hilfestellung bei aktueller Gewaltbedrohung geleistet.

Seit November 2017 haben regelmäßige Termine bei der zuständigen Mitarbeiterin vom psychologischen Dienst, Abteilung Jugend und Familie, Landeshauptstadt XXXX stattgefunden. Der Kindesvater wurde im Rahmen dieser Gespräche über das sogenannte "Wohlverhaltensgebot" anlässlich der Besuchskontakte informiert. Es wurde dem Kindesvater immer wieder nahelegt die Kinder nicht in einen Loyalitätskonflikt zu ihrer Mutter zu bringen. Der Kindesvater hat regelmäßig Kontakt zur Mitarbeiterin des psychologischen Dienstes gesucht und dabei vorgebracht, die Mutter misshandle die Kinder. Diese Vorwürfe konnte anlässlich einer Befragung durch die Psychologin des Jugendamtes entkräftet werden. Sonstige vorgebrachte Beschwerden des Kindesvaters bezogen sich auf seine religiöse Auffassung, wie Beten und Alkoholkonsum, welche sich stark von der Alltagsgestaltung der Mutter unterscheidet.

Aus derzeitiger Sicht der Mitarbeiterin des psychologischen Dienstes läuft der Kontakt des Vaters mit den Kindern nicht kindeswohlförderlich ab und es wurde der Kindesmutter eine Begleitung des Besuchskontaktes empfohlen und angestrebt. Eine Gesprächsführung mit dem Kindesvater ist aufgrund schlechter bzw. nicht ausreichender Deutschkenntnisse nach wie vor nicht möglich und gestaltet sich auch mit den seitens des Kindesvaters mitgebrachten Übersetzern aus dem Bekanntenkreis äußerst schwierig.

Sollte ein schriftlicher Bericht des psychologischen Dienstes des Jugendamtes erforderlich sein, kann dieser bei der Abteilung Jugend und Familie, XXXX , [...] angefordert werden. Die zuständige Mitarbeiterin ist Frau [...]."

Ebenso wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit gleicher Post übermittelt:

* die Kopie eines Beschlusses des Bezirksgerichts XXXX vom 21.3.2018, woraus hervorgeht, dass "Voraussetzung dafür, die Obsorge für ein Kind auszuüben", es ist, dass ein Elternteil "den jeweils anderen Elternteil nicht negativ gegenüber den Kindern darzustellen und dadurch gravierende Konflikte mit den Kindern, verbunden mit Verhaltensauffälligkeiten" hervorruft und worin u.a. die folgende Feststellung getroffen wird: "eine normale Kommunikation ist zwischen den Eltern derzeit nicht möglich. Der Vater hat offensichtlich die Scheidung innerlich noch nicht akzeptiert; den mj Sohn in einen Loyalitätskonflikt bringt, welche bereits zu Verhaltensauffälligkeiten des mj Sohnes führten; Die Mutter fürchtet, dass der Vater ihre Kinder, insbesondere mj XXXX , gegen sie instrumentalisiere; der Vater verpflichtete sich, den Kindern nichts Negatives über die Mutter zu sagen. [...] Bei mj XXXX zeigen sich Verhaltensauffälligkeiten, die mit großer Wahrscheinlichkeit auf einen Loyalitätskonflikt, hervorgerufen durch die Spannungen zwischen den Eltern, beruhen. Eine Unterbrechung der Kontakte würde diese Konfliktsituation noch eher verstärken."

* die Kopie eines Protokolls des Bezirksgerichts XXXX vom 18.9.2018, worin festgehalten ist, dass der BF die Ausdehnung des Kontaktrechts (also mit Übernachtung) begehrt und sein Verhältnis zu den Kindern als "sehr gute Beziehung" bezeichnet;

* die Kopie einer Aufforderung zur Äußerung zum Antrag des BF vom Bezirksgericht, gerichtet an die geschiedene Gattin, datiert 5.10.2018;

* die Kopie der Äußerung der geschiedenen Gattin an das Bezirksgericht vom 25.10.2018, worin vorgebracht wird, dass sie sich gegen den Antrag des BF ausspreche, da der mj Sohn von den Kontaktnachmittagen mit dem BF bereits jetzt "verändert" zurückkäme, sich der Mutter (geschiedene Gattin des BF) gegenüber "sehr aggressiv, beschimpft mich, akzeptiert keine Regeln" verhält und es mehrere Tage brauche, bis sich dessen Verhalten wieder stabilisiere und sie daher beantrage, das Kontaktrecht auf "begleitete Besuche" abgeändert werde;

* Kopie der Heiratsurkunde der geschiedenen Gattin über die Eheschließung mit XXXX vor dem Standesamt XXXX vom 26.9.2018

18. Am XXXX wurde zwischen der Exfrau des BF und ihrem Verlobten

XXXX vor dem Standesamt XXXX die Ehe geschlossen.

19. In Zusammenschau mit dem im vorgelegten Fremdakt einliegenden Amtsvermerk der LPD Kärnten vom 18.1.2017, GZ: XXXX , wonach die Ehefrau wegen des Verdachts auf Vergewaltigung zum Nachteil seiner Ehefrau am 1.1.2014 im Ausland (Iran) befragt wurde, und da dem Bundesverwaltungsgericht durch die Angaben der geschiedenen Gattin in der diese und die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder betreffenden Verhandlung am 19.4.2018 und der Stellungnahme vom 9.11.2018 worin steht, dass Bedrohungen seitens des BF gegenüber der nunmehr von ihm geschiedenen Frau ausgesprochen worden seien, welche auch zu Polizeieinsätzen führten, wurde das Protokoll über die vor dem Stadtpolizeikommando XXXX am 16.3.2017 durchgeführte Einvernahme der geschiedenen Gattin als Zeugin beigeschafft. Darin gab die nunmehr geschiedene Gattin nach Ermahnung richtig und vollständig auszusagen und auf die Folgen einer wahrheitswidrigen Aussage gem. § 288 StGB hingewiesen, unter anderem an: "Mein Mann sagt sogar zu meinem 7 Jahre alten Sohn, dass er aufpassen muss, dass ich ja mein Kopftuch trage und ja keinen Kontakt zu anderen Männern habe. Ich trage auch heute einen Hijab, weil mein Mann will, dass ich ihn trage. Ich möchte das aber nicht."

20. Da die Richterin am Ende der Verhandlung am 19.4.2018 dem Rechtsvertreter mitteilte, dass für den Fall, dass bis zur Zustellung der Entscheidung eine neue Fassung des Länderberichts der Staatendokumentation herauskommen sollte, eine allfällige Stellungnahme hiezu dem Gericht ohne Aufforderung zu übermitteln sei, sei an dieser Stelle angemerkt, dass nach der Verhandlung dem Gericht weder medizinische Beweismittel zum Gesundheitszustand, noch zur Identität des BF oder zu seinen Fluchtgründen übermittelt wurden. Auch allenfalls die nach der Verhandlung gesetzte Integrationsmaßnahmen betreffende Unterlagen wurden dem Gericht nach der Verhandlung nicht übermittelt.

21. Mit Beschluss des Bezirksgericht XXXX vom 28.6.2018 wurde der Antrag des Vaters, die gemeinsame Obsorge aufzuheben und ihn allein mit der Obsorge der Kinder zu betrauen, abgewiesen. Darin wird festgestellt, dass der mj Sohn seit November 2017 gemeinsam mit der Kindesmutter den Psychologischen Dienst besucht und mit der Kindesmutter und seiner mj Schwester in einem Asylquartier einen größeren Wohn-Schlafraum mit eigenem Bad sowie eigenem WC bewohnt. Eine Vernachlässigung der Kinder wurde nicht festgestellt. Der BF lebt im XXXX Stadtteil XXXX in einem Zimmer gemeinsam mit einem zweiten Bewohner, sodass die derzeitigen Wohnverhältnisse des BF nicht für die Betreuung und Versorgung der Kinder geeignet sind. Der BF gab an, sich erst um eine andere Wohnung zu bemühen, wenn er die alleinige Obsorge habe. Aus Sicht des Jugendwohlfahrtsträgers entspricht die derzeitige Regelung - gemeinsame Obsorge der Eltern und hauptsächlicher Aufenthalt der Kinder bei der Mutter, sowie ein geregeltes Kontaktrecht der Minderjährigen zum Vater - dem Kindeswohl.

Der BF wurde vom Bezirksgericht in Dari (Farsi) aufgefordert sich zum Schreiben des Jugendwohlfahrtsträgers binnen 14 Tagen zu äußern und für den Fall des Unterbleibens einer Äußerung werde davon ausgegangen, dass er den Antrag auf Übertragung der Obsorge zurückgezogen habe. Dazu hat sich der BF nicht geäußert, so die Feststellungen des Beschlusses des Bezirksgericht XXXX .

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Auf Grundlage des eingebrachten Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung sowie Einvernahme der Beschwerdeführer durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im gesamten Verfahren vorgelegten Dokumente und Stellungnahmen, der Angaben der Exfrau vor dem Bundesverwaltungsgericht in der ihre Beschwerde und die der beiden Kinder betreffenden Verhandlung, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.4.2018, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt der belangten Behörde, der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, in das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und dieser Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

Die Identität steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

1.1. Feststellungen zum Beschwerdeführer und zu seinen Fluchtgründen:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger und in Mazar-e Sharif geboren. Der BF gehört der Volksgruppe der Hazara an. Der BF bekennt sich zum schiitischen Glauben. Der BF ist der Sprachen Dari und Farsi mächtig. Die Deutschkenntnisse des BF sind für eine einfachste Konversation ausreichend. Sein Herkunftsort im Herkunftsstaat ist Mazar-e Sharif. Er war vor seiner Einreise nach Europa im Iran aufhaltig, wo er eine Schulbildung genoss. Der BF ist von XXXX geschieden und übt die Obsorge für die gemeinsamen Kinder unmündigen Minderjährigen XXXX und XXXX derzeit gemeinsam mit der XXXX aus. Mit Beschluss des Bezirksgericht XXXX vom 28.6.2018 wurde der Antrag des Vaters, die gemeinsame Obsorge aufzuheben und ihn allein mit der Obsorge der Kinder zu betrauen, abgewiesen. Aus dem Beschluss geht hervor: "Dem Wohl der Kinder entspricht es besser beide Elternteile mit der Obsorge weiterhin zu betrauen. Der hauptsächliche Aufenthalt der Kinder bleibt bei der Mutter, da die Wohnverhältnisse des Vaters für die Betreuung und Versorgung der Kinder nicht geeignet sind und die Kinder bei der Mutter bezüglich der Wohnverhältnisse besser aufgehoben sind".

1.1.2. Der BF leidet nicht an lebensbedrohlichen Krankheiten. Der BF leidet nicht an einer die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigenden Verletzung der rechten Hand.

1.1.3. Der Beschwerdeführer verfügt über Berufserfahrung, welche er im Iran sammeln konnte.

Er ist nicht selbsterhaltungsfähig, bezieht Grundversorgung und ist bisher nicht einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgegangen und auch nicht in Vereinen engagiert. Er hat sich auch nicht ernsthaft um den Erwerb der Selbsterhaltungsfähigkeit etwa durch - abgesehen von Deutschkursen - den Besuch einer Bildungseinrichtung bemüht. Trotz des Aufenthalts seit Juni 2015 in Österreich spricht er Deutsch nur auf Anfängerniveau und ohne Nachweis über eine abgelegte Deutschprüfung.

1.1.4. Der Beschwerdeführer reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte in Österreich im Juni 2015 den Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.5. Die geschiedene Gattin und die beiden gemeinsamen unmündigen minderjährigen Kinder leben im Bundesgebiet. Die geschiedene Gattin ist asylberechtigt, die beiden gemeinsamen unmündigen minderjährigen Kinder aufgrund der Ableitung des Asyls von der Kindesmutter ebenso. Der BF hat außerhalb Österreichs sowohl im Iran als auch in Mazar-e Sharif Angehörige.

1.1.6. Der BF konnte keine asylrelevante Verfolgung nach der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF einer asylrechtlich relevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt war bzw. ihm eine solche Verfolgung im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht: es kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder wegen politischen Ansichten von Seiten Dritter bedroht wäre.

1.1.7. Es kann nicht festgestellt werden, dass konkret der Beschwerdeführer als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara sowie als schiitscher Moslem bzw dass jeder Angehörige der Volksgruppe des Beschwerdeführers sowie der Glaubensrichtung des Beschwerdeführers in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.

1.1.8. Es kann weder festgestellt werden, dass konkret der Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er im Iran aufhaltig war, dort Arbeitserfahrung erlangte, diesen wegen Problemen mit Gläubigern seines Bruders bzw Geschäftspartnern seines Bruders verließ und sich zuletzt in Europa aufgehalten hat, noch dass jeder afghanische Staatsangehörige, welcher aus Pakistan, Iran sowie aus Europa nach Afghanistan zurückgekehrt, in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.

1.1.9. Der BF stammt aus Mazar-e Sharif (Hauptstadt der Provinz Balkh). Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri, sie ist gleichzeitig ein Wirtschaftsund Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Laut Länderbericht wurden im Dezember 2017 verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017). Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017). Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz bloß 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Daher wäre dem BF aus obigen Gründen eine Rückkehr nach Mazar-e Sharif zumutbar. In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen und ist daher eine gefahrlose Rückkehr von Österreich über den Luftweg möglich.

Der BF könnte sich bei der Rückkehr in den Herkunftsstaat in der innerstaatlichen Fluchtalternative Herat ansiedeln. Laut Länderbericht ist Herat eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat. Herat verfügt über einen internationalen Flughafen, sodass der BF Herat von Österreich aus gefahrlos über den Fluchtweg erreichen kann.

1.1.10. Zum Leben des BF in Österreich:

Der BF ist seit seiner Einreise im Juni 2015 in Österreich aufhaltig.

Der BF hat Familienangehörige in Österreich, nämlich die aus der geschiedenen Ehe mit XXXX stammenden unmündigen Minderjährigen XXXX und XXXX , zu welchen er gerichtlich geregelten Kontakt hält. Der BF hat ein gerichtlich geregeltes Besuchsrecht und verfügt er im Bundesgebiet über ein Familien- und Privatleben.

Es besteht seitens der geschiedenen Ehefrau ein regelmäßiger Kontakt zum Gewaltschutzzentrum (Auskunft der XXXX im Wege des XXXX vom 9.11.2018).

Der BF hat in Österreich an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen und sich mit der Integrationserklärung bereit erklärt, die grundlegenden Prinzipien des Zusammenlebens in Österreich vollinhaltlich einzuhalten und damit an seinem Integrationsprozess aktiv und eigenverantwortlich mitzuwirken.

Der BF hat in Österreich Deutschkurse besucht. Es wird festgestellt, dass die tatsächlichen Deutschkenntnisse des BF für eine einfachste Alltagskonversation ausreichend sind, ein Zertifikat aber nicht vorliegt.

Der BF verfügt nicht über ein eigenes Einkommen.

Der BF ist in Österreich bislang strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Aus dem Länderbericht der Staatendokumentation vom 29.06.2018 in der Fassung der Aktualisierung vom 8.1.2019:

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums

Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im

Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach der Parlamentswahlen im Oktober genannt.

Religionsfreiheit

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans.

Schiiten

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10 - 15% geschätzt (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Zur schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und ein Großteil der ethnischen Hazara (USDOS 15.8.2017). Die meisten Hazara-Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan leben einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016). Afghanische Schiiten und Hazara neigen dazu, weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein als ihre Glaubensbrüder im Iran (CRS 13.12.2017). Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen (FH 11.4.2018). Obwohl einige schiitischen Muslime höhere Regierungsposten bekleiden, behaupten Mitglieder der schiitischen Minderheit, dass die Anzahl dieser Stellen die demographischen Verhältnisse des Landes nicht reflektiere; auch vernachlässige die Regierung in mehrheitlich schiitischen Gebieten die Sicherheit. Das afghanische Ministry of Hajj and Religious Affairs (MOHRA) erlaubt sowohl Sunniten als auch Schiiten Pilgerfahrten zu unternehmen (USDOS 15.8.2017).

Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime ca. 30% (AB 7.6.2017; vgl. USDOS 15.8.2017). Des Weiteren tagen rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern (USDOS 15.8.2017).

Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen (USDOS 15.8.2017). Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet (CRS 13.12.2017). In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS (HRW 2018; vgl. USCIRF 2017).

Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Einige Mitglieder der ismailitischen Gemeinschaft beanstanden die vermeintliche Vorenthaltung von politischen Posten (USDOS 15.8.2017).

Herat:

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage:

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat:

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat:

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018). ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

Hauptstadt Mazar-e Sharif in der Provinz Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region.

Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 4.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018). Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan. im Nordosten an Kapisa. im Osten an Laghman. an Nangarhar im Südosten. an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar. Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami. Chaharasyab/Char Asiab. Dehsabz/Deh sabz. Estalef/Istalif. Farza. Guldara. Kabul Stadt. Kalakan. Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar. Mirbachakot/Mir Bacha Kot. Musayi/Mussahi. Paghman. Qarabagh. Shakardara. Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten