Entscheidungsdatum
18.02.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W208 2213709-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , XXXX gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 23.10.2018, Zahl: 479092/1/ZD/18 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 14.01.2019, Zahl: 479092/15/ZD/0119 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 5a Abs 1 Z 3 ZDG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) wurde mit rechtskräftigem Beschluss der Stellungskommission vom 15.11.2017 für "tauglich" zum Wehrdienst befunden. Anlässlich der Stellung brachte der BF keine Zivildiensterklärung ein.
2. Am 11.10.2018 versuchte das MilKdo NÖ dem BF einen Einberufungsbefehl (EB GWD A XXXX ) für den Grundwehrdienst (beginnend mit 01.04.2019) zuzustellen. Da der BF an der Abgabestelle nicht anwesend war, wurde dieser am Postamt mit Beginn der Abholfrist 12.10.2018 hinterlegt.
3. Am 12.10.2018 (Postaufgabedatum) brachte der BF eine Zivildiensterklärung beim MilKdo NÖ, Ergänzungsabteilung ein, welche dort am 16.10.2018 einlangte und am 17.10.2018 an die Zivildienstserviceagentur (im Folgenden: ZISA oder belangte Behörde) weitergeleitet wurde.
4. Nach einem Ermittlungsverfahren wurde mit Bescheid vom 23.10.2018 von der ZISA festgestellt, dass der Einberufungsbefehl (im Folgenden: EB) dem BF am 12.10.2018 zugestellt worden sei. Gemäß § 5a Abs 1 Z 3 ZDG ruhe das Recht zur Abgabe einer Zivildiensterklärung vom zweiten Tag vor einer Einberufung zum Präsenzdienst bis zur Entlassung aus diesem oder bis zur Behebung des EB.
5. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 29.10.2018) richtete sich die vorliegende Beschwerde, die der belangen Behörde am 13.11.2018 (Postaufgabedatum) übermittelt wurde. Begründet wurde die Beschwerde sinngemäß damit, dass der EB (erst) am 19.12.2018 übernommen worden, die Zivildiensterklärung aber am 12.10.2018 abgegeben und damit rechtzeitig gewesen sei.
Mit Schreiben vom 05.12.2018 ergänzte der BF seine Beschwerde dahingehend, dass er bereits eine fixe Zusage für einen Zivildienstplatz habe.
6. Die belangte Behörde erließ am 14.01.2019 eine Beschwerdevorentscheidung (im Folgenden: BVE) in der die Beschwerde - im Wesentlichen mit der Begründung, dass der EB am 12.10.2018 durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt worden sei - abgewiesen wurde.
7. Hinsichtlich dieser am 16.01.2019 zugestellten BVE brachte der BF am 22.01.2019 einen Vorlageantrag ein.
8. Die belangte Behörde leitete die Beschwerde und den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 23.01.2019 an das BVwG weiter, wo sie am 28.01.2018 einlangte.
10. Mit Verbesserungsauftrag (Beschluss vom 30.01.2019) wurde dem BF aufgetragen mitzuteilen, wo sich der BF im Zeitraum von 11. bis 19.10.2018 aufgehalten habe, da das BVwG dzt. davon ausgehen, dass er in diesem Zeitraum an seiner Wohnadresse aufhältig gewesen sei.
11. Mit Schreiben vom 11.02.2018 (Postaufgabedatum) kam der BF der Aufforderung nach und erklärte am Freitag den 11.10.2018 um 06:30 Uhr bis ca. 15:00 Uhr zur Arbeit gefahren zu sein und danach kurz zu Hause gewesen zu sein. Danach sei er bis Sonntag am Abend in WIEN bei Freunden gewesen und danach an seine Wohnadresse zurückgekehrt, wo er die folgende Woche bis Donnerstag - unterbrochen jeweils von seiner Arbeit ca. 05.30 Uhr bis 17:00 Uhr - und am Freitag den 19.10.2018 ganztätig, aufhältig gewesen sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Aufgrund des oa. Verfahrensganges, der vorgelegten Verwaltungsakten und den Stellungnahmen des BF steht fest, dass der EB ab dem 12.10.2018 zur Abholung am Postamt bereitgelegen ist und der BF bereits am Vortag (den 11.10.2018) davon Kenntnis erlangt hat, weil er kurz zu Hause war. Der Hinterlegungsanzeige war sowohl der Absender MilKdo als auch die Geschäftszahl entnehmbar und musste der BF daher wissen, dass es sich um den EB zu seinem Grundwehrdienst handelt. Am 12.10.2018 verfasste der BF seine Zivildiensterklärung und übergab diese der Post.
Es steht fest, dass sich der BF zwischen dem 11. und 19.10.2018 regelmäßig an der Abgabestelle (seiner Wohnadresse) aufhielt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen konnten aufgrund der Aktenlage und den Auskünften des BF getroffen werden und werden daher der Entscheidung zu Grunde gelegt.
Der BF hat selbst angeführt, dass er am 11.10.2018 kurz zu Hause war und ist deshalb davon auzugehen, dass er sowohl vom Zustellversuch als auch vom ersten Tag der Abholmöglichkeit Kenntnis erlangt hat. Ein Indiz dafür ist auch, dass er bereits am nächsten Tag seine Zivildiensterklärung verfasste, obwohl er bereits seit dem 17.11.2017 wusste, dass er tauglich und damit wehrpflichtig ist.
Dass er bis zur tatsächlichen Abholung des EB am 19.10.2018 (mit Ausnahme des Wochenendes) regelmäßig an der Abgabestelle war, hat er ebenfalls selbst eingeräumt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG 4 Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.
Gemäß § 2a Abs 4 ZDG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über Beschwerden gegen Bescheide der Zivildienstserviceagentur.
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung im ZDG eine Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 14 VwGVG kann die belangte Behörde innerhalb von 2 Monaten eine Beschwerdevorentscheidung erlassen und die beschwerdeführende Partei gemäß § 15 VwGVG binnen 2 Wochen einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde beim BVwG stellen.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG (mit Ausnahme hier nicht relevanter Bestimmungen) und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Damit ist auch das Zustellgesetz (ZustG) anzuwenden.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958 noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr C 83 vom 30.03.2010, Seite 389 entgegen.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen
Die fallbezogen maßgeblichen Bestimmungen des Zivildienstgesetz (ZDG), lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):
§ 1. (Verfassungsbestimmung) (1) Wehrpflichtige im Sinne des Wehrgesetzes 2001 ~ WG 2001, BGBl. I Nr. 146, die zum Wehrdienst tauglich befunden wurden, können erklären (Zivildiensterklärung),
[...]
(2) Die Ausübung dieses Rechtes ist dem Wehrpflichtigen mindestens sechs Monate nach Abschluß jenes Stellungsverfahrens, bei dem er erstmals für den Wehrdienst tauglich befunden wurde, gewährleistet, es sei denn, der Wehrpflichtige hätte darauf ausdrücklich und schriftlich verzichtet. Das Recht ruht vom zweiten Tag vor einer Einberufung zum Präsenzdienst bis zur Entlassung aus diesem oder bis zur Behebung des Einberufungsbefehls. Wird nach der Einberufung zum Grundwehrdienst dieser vollständig geleistet, ruht das Recht darüber hinaus drei Jahre, gerechnet vom Tage, für den der Wehrpflichtige einberufen war. [...]
§ 5a. (1) Das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben, ist ausgeschlossen, [...]
3. während es gemäß § 1 Abs. 2, § 6 Abs. 6 oder § 76a ruht. [...]
Hinsichtlich der Fristberechnung bestimmt § 32 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG):
§ 32. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
Die einschlägigen Bestimmungen des ZustG lauten:
Hinterlegung
§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
Im vorliegenden Fall sind die §§ 1 Abs 2 iVm 5a Abs 1 Z 3 ZDG einschlägig, wonach das Recht zur Abgabe einer Zivildiensterklärung vom zweiten Tag vor einer Einberufung zum Präsenzdienst bis zur Entlassung aus diesem ruht bzw. die Abgabe einer Zivildiensterklärung in diesem Zeitraum ausgeschlossen ist. Sinn dieser Bestimmung ist es einerseits die größtmögliche Berücksichtigung eines Gewissenswandels zu sichern andererseits aber Missbrauchsmöglichkeiten nachhaltig zu verhindern (vgl. RV 458 Beilagen NR: GP XX zu BGBl. 788/1996).
Es kommt im vorliegenden Fall auf den Zustellungszeitpunkt des EB an, weil dieser den Zeitpunkt der Erlassung definiert (VwGH 23.07.2009, 2007/05/0139).
Der BF vermeint, dass dieser mit der Abholung des EB beim Postamt, also den 19.10.2018 vorliegt.
Dabei irrt der BF hinsichtlich des Inhalts der Regelungen des § 17 Abs 1 bis 3 ZustG, wonach eine Zustellung, dann wenn sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle (hier die Wohnadresse des BF) aufhält, bereits mit dem ersten Tag der Abholfrist als bewirkt gilt. Die durch den dritten Satz des § 17 Abs 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung wird nach § 17 Abs 3 Satz 4 ZustG nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (VwGH 23.11.1993, 93/11/0085; 20.6.1994, 94/10/0022; 24.3.1998, 94/05/0242; 24.05.2007, 2006/07/0101).
Im vorliegenden Fall hat der BF noch am Tag des Zustellversuches den 11.10.2018 unstrittig Kenntnis vom Zustellvorgang sowie vom ersten Tag der Abholfrist am 12.10.2018 erhalten und sich regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten, sodass alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Der EB wurde dem BF rechtswirksam bereits am 12.10.2018 durch Hinterlegung zugestellt, daher die Abgabe einer Zivildiensterklärung am 12.10.2018 innerhalb der Ausschlussfrist des § 1 Abs 2 ZDG erfolgt und damit unzulässig.
Da eine Zusage für einen Zivildienstplatz, die Feststellung der Zivildienstpflicht und diese eine rechtsgültige Zivildiensterklärung voraussetzt, ist für den BF daraus nicht zu gewinnen. Er ist wehrpflichtig und hat den Einberufungsbefehl zu befolgen.
Es liegt folglich keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor und ist spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es liegt eine klare und unmissverständliche Rechtslage und Rechtsprechung der Höchstgerichte vor.
Schlagworte
Beschwerdevorentscheidung, Einberufungsbefehl, Kenntnis, materiell -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2213709.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.06.2019