TE Bvwg Beschluss 2019/2/21 W203 2213846-1

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Veröffentlicht am 21.02.2019
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Entscheidungsdatum

21.02.2019

Norm

B-VG Art.130 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W203 2213846-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde von 1. XXXX und 2. XXXX als Erziehungsberechtigte der mj. 3. XXXX gegen den als "Bescheid" bezeichneten Schriftsatz vom 20.12.2018, Zl. 003.103/0158-PAEXT/2018 des Stadtschulrates für Wien:

A)

Die Beschwerde wird gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) und der Zweitbeschwerdeführer (im Folgenden: BF2) sind die erziehungsberechtigten Eltern der am 10.01.2007 geborenen Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden. BF3).

2. Die BF3 wurde im Schuljahr 2017/18 am XXXX in der 1C-Klasse (5. Schulstufe) unterrichtet. Im am 29.06.2018 ausgestellten Jahreszeugnis wurde die BF3 in sämtlichen Pflichtgegenständen nicht beurteilt. Das Zeugnis enthält die Hinweise, dass die BF3 gemäß § 25 SchUG zum Aufsteigen in die zweite Klasse (6. Schulstufe) nicht berechtigt sei und dass sie gemäß § 27 Abs. 1 SchUG berechtigt sei, die erste Klasse (5. Schulstufe) zu wiederholen.

3. Am 28.08.2018 zeigte die BF1 die Teilnahme der BF3 an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2018/19 auf der 5. Schulstufe gemäß § 11 Abs. 2 SchPflG beim Stadtschulrat für Wien (nunmehr:

Bildungsdirektion Wien; im Folgenden: belangte Behörde) an. Dabei gab sie an, dass der häusliche Unterricht an der " XXXX " in XXXX erteilt werde.

4. Mit an die BF1 adressiertem Bescheid der belangten Behörde vom 01.10.2018 wurde I. die "Anzeige der Teilnahme an häuslichem Unterricht der BF3 gemäß § 11 Abs. 2 SchPflG abgewiesen", II. angeordnet, dass die BF3 ihre allgemeine Schulpflicht an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule zu besuchen [gemeint: zu erfüllen] habe und III. der BF1 und dem BF2 aufgetragen, gemäß § 24 Abs. 1 SchPflG für die Erfüllung der Schulpflicht der BF3 zu sorgen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Voraussetzung für die Kenntnisnahme der Teilnahme an häuslichem Unterricht sei, dass der angestrebte Unterricht "häuslich", das heißt, im privaten Zuhause des Kindes und in seinem familiären Umfeld unter gelegentlicher Unterstützung von häuslichen Nachhilfestunden eines persönlichen Privatlehrers, stattfinde. Ein solcher Unterricht werde aber nicht angestrebt.

5. Am 30.10.2018 erhoben die BF, vertreten durch RA XXXX Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 01.10.2018.

6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.12.2018, GZ. W128 2209139-1/2E wurde der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid der belangten Behörde vom 01.10.2018 aufgehoben.

7. Am 19.12.2018 brachte die belangte Behörde gegen das Erkenntnis des BVwG vom 04.12.2018 Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof ein, wo das Verfahren bis dato anhängig ist.

8. Mit als "Bescheid" bezeichnetem Schriftsatz der belangten Behörde vom 20.12.2018, GZ. 003.103/0158-PAEXT/2018 (im Folgenden: "angefochtener Bescheid") wurde I. die Teilnahme der BF3 an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2018/19 gemäß § 11 Abs. 2 SchPflG iVm § 42 Abs. 6 letzter Satz SchUG untersagt, II. der BF1 und dem BF2 aufgetragen, gemäß §§ 5 und 24 Abs. 1 SchPflG für die Erfüllung der Schulpflicht der BF3 an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule zu sorgen und III. einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Begründend wurde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen ausgeführt, dass die Wiederholung einer Schulstufe nicht im Rahmen des häuslichen Unterrichts zulässig sei.

Adressiert war der "angefochtene Bescheid" an " XXXX , zH.

Zustellbevollmächtigter: XXXX ".

Die Zustellung des "angefochtenen Bescheides" erfolgte laut Übernahmebestätigung vom 21.12.2018 an die Adresse von XXXX .

9. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15.01.2019 wurde die BF1 darauf hingewiesen, dass sie als Erziehungsberechtigte verpflichtet sei, für eine gewissenhafte Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht der BF3 Sorge zu tragen und dass sie "so rasch wie möglich" mit den erforderlichen Dokumenten persönlich bei der belangten Behörde vorsprechen möge. Darin wird auch auf den "angefochtenen Bescheid" vom 20.12.2018 verwiesen.

Dieses Schreiben war an "Frau XXXX " adressiert und wurde der BF1 zugestellt.

10. Datiert mit 23.01.2019, einlangend bei der belangten Behörde am 25.01.2019, erhoben die BF Beschwerde gegen den "angefochtenen Bescheid" der belangten Behörde vom 20.12.2018. Darin wird ausgeführt, dass die BF1 am 21.01.2019 ein Schriftstück der belangten Behörde behoben habe, in dem auf einen Bescheid vom 20.12.2018 verwiesen worden wäre. Da ihr ein derartiger Bescheid nicht bekannt gewesen sei, habe sie am 23.01.2019 bei der belangten Behörde Akteneinsicht genommen. Dabei habe sie festgestellt, dass ihr dieser Bescheid nicht zugestellt worden sei, sondern RA XXXX als Zustellbevollmächtigter aufscheine. Eine Rücksprache der BF1 bei RA

XXXX habe ergeben, dass ihr der Bescheid von der Anwaltskanzlei per E-Mail weitergeleitet worden wäre. Sie habe aber den Bescheid nie erhalten, was möglicherweise daran gelegen sein könnte, dass der E-Mail-Server der BF1 längere Zeit nicht funktioniert habe. RA XXXX habe die BF im gegenständlichen Verfahren gar nicht vertreten, sondern habe dieser die Familie lediglich im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 01.10.2018 nur deswegen vertreten, weil er einen inhaltsgleichen Bescheid betreffend seinen Sohn bekommen habe.

Der belangten Behörde sei schon seit der Antragstellung am 28.08.2018 bekannt gewesen, dass die BF3 im Schuljahr 2018/19 die 5. Schulstufe durch Teilnahme an häuslichem Unterricht wiederholen sollte. Eine Untersagung des häuslichen Unterrichts mehr als drei Monate nach dessen Anzeige sei gesetzlich nicht zulässig und bringe die Familie in eine "unerträgliche Situation". Die Annahme der belangten Behörde, dass die Wiederholung einer Schulstufe durch Teilnahme an häuslichem Unterricht gesetzlich nicht vorgesehen wäre, sei unzutreffend.

Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden und den "angefochtenen Bescheid" aufheben, in eventu diesen aufheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückverweisen und jedenfalls der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen.

11. Einlangend am 30.01.2019 wurde die Beschwerde von der belangten Behörde ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

12. Eine vom Bundesverwaltungsgericht am 14.02.2019 durchgeführte Anfrage bei RA XXXX ergab, dass verfahrensgegenständlich kein Vertretungsverhältnis zu den BF bestehe. Der "angefochtene Bescheid" sei am 21.12.2018 von der Anwaltskanzlei übernommen und am 24.12.2018 per E-Mail an die BF1 weitergeleitet worden und - nachdem man eine "Fehlermeldung" erhalten habe - am 03.01.2019 neuerlich per E-Mail an die BF1 gesendet worden. In Folge des zweiten Versuchs der Weiterleitung des "angefochtenen Bescheides" an die BF sei weder eine Zugangsbestätigung noch eine Fehlermeldung bei der Anwaltskanzlei eingegangen.

13. Eine vom Bundesverwaltungsgericht ebenfalls am 14.02.2019 durchgeführte Anfrage bei der belangten Behörde ergab, dass diese von einem bestehenden Vertretungsverhältnis zwischen den BF und RA

XXXX ausgegangen sei, weil sie keine Niederlegung der Vollmacht erhalten habe. Deswegen sei die Zustellung des "angefochtenen Bescheides" an die Rechtsanwaltskanzlei erfolgt. Eine (neuerliche) Zustellung direkt an die BF habe in der Zwischenzeit nicht stattgefunden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 01.10.2018, mit dem die Teilnahme der BF3 an häuslichem Unterricht untersagt wurde, weil der Unterricht nicht "häuslich" erfolge, waren die BF anwaltlich vertreten.

Im Verfahren betreffend die Untersagung der Teilnahme der BF3 an häuslichem Unterricht wegen Wiederholung der Schulstufe, abgeschlossen aus Sicht der belangten Behörde mit dem "angefochtenen Bescheid" vom 20.12.2018, waren die BF nicht vertreten.

Der "angefochtene Bescheid" der belangten Behörde vom 20.12.2018 wurde den BF bislang nicht rechtswirksam zugestellt.

Die BF erlangten Kenntnis vom Inhalt des "angefochtenen Bescheides" durch Akteneinsicht bei der belangten Behörde am 23.01.2019.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, der Beschwerde und den hg. durchgeführten Ermittlungen. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

Die Feststellung, dass die BF im gegenständlichen Verfahren nicht anwaltlich vertreten sind, ergibt sich aus den unzweifelhaften Angaben der Anwaltskanzlei XXXX sowie aus den plausiblen, glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben der BF, dass die Vertretung durch RA XXXX im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 01.10.2018 vor allem aus Praktikabilitätsgründen deswegen erfolgte, weil dieser in einem Verfahren betreffend seinen Sohn ohnehin mit dieser Thematik beschäftigt war.

Die Feststellung, dass die Zustellung des "angefochtenen Bescheides" an RA XXXX als (vermeintlichen) Vertreter der BF erfolgte, ergibt sich aus der Zustellverfügung, der Übernahmebestätigung durch die Anwaltskanzlei sowie aus den diesbezüglich gleichlautenden Angaben beider Verfahrensparteien.

Die Feststellung, dass die BF erst im Zuge einer am 23.01.2019 erfolgten Akteneinsicht Kenntnis vom Inhalt des "angefochtenen Bescheides" erlangt haben, beruht darauf, dass nach Angabe der belangten Behörde eine (neuerliche) Zustellung des "angefochtenen Bescheides" direkt an die BF nicht erfolgt ist, dass sowohl die Anwaltskanzlei XXXX als auch die BF1 übereinstimmend angegeben haben, dass die BF1 im fraglichen Zeitraum "Probleme mit dem E-Mail-Server" gehabt habe und dass dies auch vom chronologischen Ablauf der Ereignisse aus betrachtet insofern plausibel erscheint, als die BF1 unmittelbar nach Erhalt des Schreibens der belangten Behörde vom 15.01.2019 darauf reagiert hat. Es erscheint nicht plausibel und nicht der Lebenserfahrung entsprechend, dass eine Familie, die die Teilnahme der Tochter an häuslichem Unterricht anstrebt, zwar auf einen untersagenden Bescheid zu Beginn des Schuljahres unmittelbar mit einer Beschwerde reagiert, nicht aber auch gegen einen neuerlichen untersagenden Bescheid - wenn auch mit anderer Begründung - ebenfalls unmittelbar nach Kenntnis des Inhalts des Bescheids weitere Verfahrenshandlungen setzen sollte. Insofern ist - auch in Zusammenschau mit dem Beschwerdedatum 23.01.2019 - davon auszugehen, dass die BF tatsächlich erst im Zuge der Akteneinsicht am 23.01.2019 Kenntnis vom Inhalt des "angefochtenen Bescheides" erlangt haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 i.d.g.F., erkennen die Verwaltungsgericht über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. wegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 21 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz - ZustG vorzunehmen.

Gemäß § 5 ZustellG ist die Zustellung von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.

Gemäß § 7 ZustellG gilt - Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel - die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist."

Gemäß § 9 ZustellG können, soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

3.2. Zu Spruchpunkt A) (Zurückweisung der Beschwerde):

3.2.1. Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Z 1 B-VG sind die Verwaltungsgericht u. a. zuständig, über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit zu entscheiden.

Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (VwGH 26.04.2000, 99/05/0239; 23.07.2009, 2007/05/0139). Solange ein Bescheid noch nicht erlassen wurde, kann er keine Rechtswirkung nach außen entfalten (vgl. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 10. Aufl. 2014, Rz 426f.). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung oder Ausfolgung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung oder Ausfolgung vorliegt (VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190).

Da - wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - in dem den "angefochtenen Bescheid" vom 20.12.2018 betreffenden Verfahren kein entsprechendes Vollmachtverhältnis zwischen den BF und der genannten Anwaltskanzlei bestand, erfolgte die Zustellung des "angefochtenen Bescheides" an den früheren (Zustell-)Bevollmächtigten am 21.12.2018 nicht rechtswirksam. Um Wirksamkeit entfalten zu können wäre der "angefochtene Bescheid" daher den BF persönlich zuzustellen gewesen.

Davon, dass den BF der "angefochtene Bescheid" tatsächlich zugekommen wäre, kann nicht ausgegangen werden. Vielmehr erlangte die BF1 erst durch Akteneinsicht am 23.01.2019 Kenntnis vom Inhalt des "angefochtenen Bescheides".

Eine Heilung dieses Mangels im Sinne des § 9 Abs. 3 ZustG kommt nicht in Betracht, da gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Kenntnisnahme vom Inhalt eines Bescheids im Wege der Akteneinsicht den in der unterlassenen Zustellung an die Partei gelegenen Verfahrensmangel nicht heilen kann (vgl. VwGH vom 18.11.2015, Ra 2015/17/0026).

Eine ordnungsgemäße Zustellung fand somit verfahrensgegenständlich nicht statt und der Bescheid gilt folglich nicht als erlassen. Wird aber ein Bescheid nicht ordnungsgemäß erlassen, dann wird er als Rechtsnorm nicht existent und ist daher auch nicht anfechtbar. (Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, 2. Teilband, Rz 8 zu § 62 [S. 781]).

Da kein rechtswirksam erlassener Bescheid vorliegt, mangelt es auch an der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zu einem meritorischen Abspruch über die Beschwerde. Vielmehr reicht dessen Zuständigkeit in derartigen Fällen nur soweit, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 25.09.2018, Ra 2018/21/0069).

Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Strichpunkt A) zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B) (Unzulässigkeit der Revision):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Akteneinsicht, Bescheidcharakter, Bescheiderlassung,
Beschwerdegegenstand, Rechtsvertreter, Unzuständigkeit BVwG,
Vertretungsverhältnis, Vollmacht, Zustellmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W203.2213846.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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