Entscheidungsdatum
28.02.2019Norm
AsylG 2005 §57Spruch
L527 2214832-1/6E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2019, Zl. XXXX:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, wurde XXXX in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Landesgerichts XXXX zu einer Freiheitsstrafe XXXX verurteilt.
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde, und sie erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I). Unter Spruchpunkt II stellte die Behörde fest, dass die Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Unter Spruchpunkt III erließ sie ein Einreiseverbot für die Dauer von acht Jahren und unter Spruchpunkt IV erkannte sie einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab.
Mit Schriftsatz vom 13.02.2019 erhob der Beschwerdeführer dagegen die vorliegende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Diese langte samt Verwaltungsakt am 21.02.2019 beim Bundesverwaltungsgericht und am 22.02.2019 in der Außenstelle Linz, Gerichtsabteilung L527, ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer führt den im Kopf der Entscheidung angegebenen Namen und wurde am dort angegebenen Tag geboren. Er ist pakistanischer Staatsangehöriger.
1.2. Das Landesgericht für Strafsachen XXXX verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil vom XXXX, wegen § 114 XXXX FPG zu einer XXXX Freiheitsstrafe (AS 59 ff). Der Beschwerdeführer befindet sich gegenwärtig in Haft in der Justizanstalt XXXX (OZ 4).
1.3. Zum von der belangten Behörde durchgeführten Verfahren:
1.3.1. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht einvernommen. Sie verständigte ihn lediglich mit Schreiben vom 16.11.2018 (AS 49 ff) vom Ergebnis der Beweisaufnahme und räumte dabei die Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Sie ersuchte den Beschwerdeführer, auf folgende Fragen einzugehen und entsprechende Nachweise vorzulegen (Orthografie und Grammatik im Original):
* "Seit wann besteht ein durchgehender Aufenthalt in Österreich?
* Bekanntgabe der persönlichen Verhältnisse/familiäre Bindungen in Österreich/Besteht ein gemeinsamer Haushalt? Soziales Umfeld - Freunde etc.?
* Über welche Schul- und Berufsausbildung verfügten Sie in Österreich? Welchen Beruf üben Sie derzeit aus bzw. haben Sie zuletzt ausgeübt?
* Nachweis einer ausreichenden Krankenversicherung
* Nachweis ausreichender Existenzmittel/Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes
* Welche Bindungen liegen zum Herkunftsstaat vor?"
Die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme enthält u. a. auch folgende Passage:
"Auch den ha. vorliegenden Aktenkonvolut entnommen werden, dass Sie XXXX eine Vorstrafe XXXX ausgefasst haben." (Orthografie und Grammatik im Original)
Der von der belangten Behörde vorgelegte Akt enthält keine Dokumente oder Unterlagen, denen sich eine Verurteilung des Beschwerdeführers XXXXentnehmen ließe.
1.3.2. Der von der belangten Behörde vorgelegte Akt enthält auf den AS 83 bis 89 schwarz-weiß Kopien von Ausweisen/Ausweiskarten in unterschiedlichen Sprachen, auf denen der Name des Beschwerdeführers zu lesen ist. Die Kopien sind nicht vollständig lesbar; dementsprechend schlecht sind auch die Kopien der Fotos auf den Ausweisen/Ausweiskarten. Dem Akt können keine Übersetzungen der Ausweise/Ausweiskarten entnommen werden. Dem Akt kann auch nicht entnommen werden, wie die Behörde an diese Ausweise/Ausweiskarten oder Kopien kam sowie ob und mit welchem Ergebnis die Behörde die Dokumente einer Prüfung unterzogen hat oder unterziehen hat lassen oder ob sie den Informationsgehalt der Dokumente anderweitig verifizieren hat lassen.
1.3.3. Mit Schreiben vom 13.12.2018 (AS 101 ff) gab der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde eine Stellungnahme ab; gefaxt am 14.12.2018. Darin führte er zunächst aus, dass es nicht richtig sei, dass er XXXX verurteilt worden sein. Er erklärte außerdem u. a., mit der beabsichtigten Erlassung eines Einreiseverbots nicht einverstanden zu sein, und begründete dies mit seiner seit 2010 bestehenden Ehe mit einer namentlich genannten EU-Bürgerin. Er habe mit der EU-Bürgerin einen gemeinsamen - ebenfalls namentlich genannten - Sohn, geboren am XXXX. Mit seiner Familie habe der Beschwerdeführer an einer näher genannten Adresse in XXXX gelebt. Seit seiner Haft leben seine Frau und sein Sohn an einer näher genannten Adresse in Rumänien.
Der Beschwerdeführer lebe seit 1989 in der Europäischen Union und verfüge über Aufenthaltstitel für XXXX. Anfangs habe er in Italien gelebt. 2000/2001 habe er in Deutschland gelebt, danach wieder in Italien und zwischenzeitlich sieben Monate in Rumänien. Er spreche fließend Italienisch, etwas Rumänisch und Deutsch. Seit 2017 befinde er sich durchgehend in Österreich. 2001 sei er zuletzt in seinem Herkunftsstaat Pakistan gewesen.
Zu seiner Berufstätigkeit gab er an, mit seiner Frau ein namentlich bezeichnetes Unternehmen XXXX gegründet zu haben. Er legte dazu ein Schreiben des XXXX bei. Er sei ein erfahrener Automechaniker. Da er derzeit in Haft sei, verfüge er über kein Einkommen. Er habe aber ein Haus in Rumänien; die Kopie eines fremdsprachigen Vertrags legte der Beschwerdeführer seiner Stellungnahme bei. Nach seiner Haft werde er wieder arbeiten.
Auf der im Akt enthaltenen Stellungnahme befinden sich ein Eingangsstempel, Notizen mit Tinte und Markierungen sowie Notizen mit Bleistift. Konkret sind die Ausführungen des Beschwerdeführers, er sei nicht XXXX verurteilt worden, mit Bleistift durchgestrichen und daneben steht - mit Bleistift geschrieben und unterstrichen - "Irrtümlich". Der Urheber ist nicht ersichtlich. Der Akt enthält keine Übersetzung des vom Beschwerdeführer vorgelegten Vertrags.
1.3.4. Vor Erlassung des angefochtenen Bescheids hat die belangte Behörde am 10.01.2019 noch einen ZMR-Auszug in Bezug auf den Beschwerdeführer eingeholt (AS 111). Ansonsten hat die belangte Behörde keine (weiteren) Ermittlungen angestellt. Sie hat es insbesondere gänzlich unterlassen, Ermittlungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei mit einer EU-Bürgerin seit 2010 verheiratet, habe mit dieser einen gemeinsamen Sohn und sie haben gemeinsam in XXXX gelebt, anzustellen. Nicht einmal einen ZMR-Auszug in Bezug auf die angebliche Ehefrau und den angeblichen Sohn des Beschwerdeführers hat sie eingeholt, obwohl sie dadurch hätte feststellen können, dass alle drei im Jahr 2018 an einer gemeinsamen Adresse in XXXX gemeldet waren (OZ 5). Ebenso wenig hat die Behörde ermittelt, wo sich der Beschwerdeführer mit seiner (angeblichen) Familie ansonsten (im EU-/EWR-Gebiet) aufgehalten hat sowie ob der Beschwerdeführer tatsächlich über Aufenthaltstitel für XXXX verfügt bzw. über welche allenfalls. Die belangte Behörde hat sich in keinem Stadium des Verfahrens, auch nicht im angefochtenen Bescheid, auch nur ansatzweise mit der Frage befasst oder Ermittlungen dazu unternommen, ob es sich beim Beschwerdeführer um einen begünstigten Drittstaatsangehörigen iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG handelt.
Die Behörde hat auch nicht ermittelt, ob der Beschwerdeführer tatsächlich mit seiner (angeblichen) Ehefrau in Österreich ein Unternehmen gegründet hat und wie es um dieses Unternehmen wirtschaftlich bestellt ist.
1.4. Zum angefochtenen Bescheid:
1.4.1. Der Spruch des angefochtenen Bescheids lautet:
"I. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt.
Gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.
II. Es wird gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig ist.
III. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. I 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein
* auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
IV. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wird gemäß § 18 Abs.2 Z1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt."
1.4.2. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung auf folgende Beweismittel (AS 119): Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 13.12.2018, rumänischer Kaufvertrag, Verfahrensakt zur Zahl XXXX, rechtskräftiges Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX, Gz.: XXXX, Vollzugsinformation der Justizanstalt XXXX, Auszug Zentrales Melderegister vom 10.01.2019.
1.4.3. Die Behörde stellte u. a. fest (Orthografie und Grammatik im Original):
"Gemäß § 2 Abs. 4 Zif. 1 FPG sind Sie Fremder, weil Sie die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen. Sie sind Staatsangehöriger von Pakistan. Ihre Identität steht aufgrund des vorhandenen, originalen pakistanischen Reisepasses, welcher sich bei den Depositen in der JA XXXX befindet, fest.
Es konnte festgestellt werden, dass Sie im Besitze eines bis XXXX befristeten Aufenthaltstitels für XXXX sind.
Sie verfügen über keine Familienangehörigen oder Verwandte im Bundesgebiet. Sie sind verheiratet, wobei Ihre Ehegattin und Ihr gemeinsames Kind derzeit in Rumänien leben.
Sie verfügen weder über wirtschaftliche, berufliche oder sonstige Bindungen in Österreich. Sie sind in Österreich in keinster Weise integriert und haben hier auch keinesfalls Ihren Lebensmittelpunkt."
(AS 120)
1.4.4. Die für diese Feststellungen maßgeblichen beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde lauten auszugsweise (Orthografie und Grammatik im Original):
"Ihre Identität steht für die Bescheid erlassende Behörde fest, zumal davon ausgegangen werden kann, dass im Zuge Ihrer Festnahme/Inhaftierung und Gerichtsverhandlung in Österreich eine unzweifelhafte Überprüfung Ihrer Dokumente (ua. der pakistanische Reisepass) und eine erkennungsdienstliche Behandlung Ihrer Person erfolgt ist.
Die Feststellung, dass Sie einen Reisepass, sowie einen Aufenthaltstitel XXXX und eine Aufenthaltsberechtigung XXXX besitzen, ergibt sich aus der Depositenliste der JAXXXX.
Familiäre, wirtschaftliche, berufliche oder sonstige Bindungen zu Österreich machten Sie im Zuge der schriftlichen Stellungnahme nicht geltend. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass Sie in Österreich nicht in besonderer Weise integriert sind." (AS 148)
Tatsächlich teilte eine Bedienstete der Vollzugsstelle der Justizanstalt XXXX der belangten Behörde mit, dass sich kein Reisepass des Beschwerdeführers bei den Effekten befinde (AS 37). Auch der im von der belangten Behörde vorgelegten Akt enthaltenen Depositenliste (AS 43) lässt sich nicht entnehmen, dass sich ein Reisepass und/oder sonstige Dokumente unter den Depositen des Beschwerdeführers bei der Justizanstalt XXXX befinden.
1.4.5. Weiters führt die belangte Behörde in der Beweiswürdigung aus (Orthografie und Grammatik im Original):
"Des Weiteren ist es Ihrer Familie möglich, Sie zumindest während der Dauer des Einreiseverbotes in Ihrem Heimatland zu besuchen bzw. dorthin zu übersiedeln." (AS 149)
Weder der Bescheid noch der übrige von der Behörde vorgelegte Akt enthält Erwägungen oder Ermittlungen, die diese Auffassung der belangten Behörde tragen und nachvollziehbar machen.
1.4.6. Im Widerspruch zu Spruchpunkt IV (vgl. auch AS 159 f) heißt es in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheids, dass einer rechtzeitig erhobenen und zulässigen Beschwerde aufschiebende Wirkung zukomme (AS 160).
1.5. Im Beschwerdeschriftsatz macht der Beschwerdeführer insbesondere geltend, dass er wegen seiner Ehe mit einer XXXX Staatsangehörigen begünstigter Drittstaatsangehöriger sei, weshalb gegen ihn keine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot hätte erlassen werden dürfen (AS 187). Die belangte Behörde ist dieser Auffassung in keiner Weise entgegengetreten; sie hat weder eine Beschwerdevorentscheidung getroffen noch hat sie sich in der Beschwerdevorlage dazu geäußert (OZ 1).
1.6. Das Bundesverwaltungsgericht musste bereits mehrmals feststellen, dass die belangte Behörde notwendige und bisweilen aufwendige Ermittlungen unterlassen hat. Dies betrifft z. B. die Einvernahme von Personen als Zeugen in verschiedenen Konstellationen und auch (sonstige) Ermittlungen dazu, ob es sich bei einem Fremden um einen Drittstaatsangehörigen oder einen begünstigten Drittstaatsangehörigen handelt. Angesichts dessen liegt der Schluss nahe, dass derartige - grundsätzlich gebotene - Ermittlungsmaßnahmen von der belangten Behörde mit der Intention unterlassen werden, dass sie das Bundesverwaltungsgericht vornimmt.
1.7. Das Bundesverwaltungsgericht kann die notwendigen Ermittlungen keinesfalls rascher durchführen und auch den Sachverhalt keinesfalls rascher feststellen als die belangte Behörde. Es wäre keineswegs mit einer Kostenersparnis - und erst recht nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden, würde das Bundesverwaltungsgericht statt der belangten Behörde die erforderliche Ermittlungstätigkeit und Sachverhaltsfeststellung vornehmen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen waren in erster Linie auf Grundlage des von der belangten Behörde vorgelegten Akts sowie auf Grundlage des Akts des Bundesverwaltungsgerichts zu treffen; vgl. die bei den Feststellungen angegebenen Aktenseiten (AS) und Ordnungszahlen (OZ). Einwände, dass die Akten unvollständig oder unrichtig wären, wurden nicht erhoben. Dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Hinweise aufgefallen, dass die Akten unvollständig oder bedenklich wären. Dass das Bundesverwaltungsgericht dem verwaltungsbehördlichen Akt nicht entnehmen konnte, dass die belangte Behörde näher bezeichnete Ermittlungen durchgeführt hätte, deutet nicht auf die Unvollständigkeit des Aktes hin, sondern liegt vielmehr daran, dass die Behörde die entsprechenden Ermittlungen tatsächlich nicht vorgenommen hat.
2.2. Dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe, hat das Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf Grundlage des von der Behörde vorgelegten Akts war eine derartige Feststellung nicht möglich; siehe die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zu den Kopien von Dokumenten (1.3.2.). Die Erwägungen der belangten Behörde zur Identität des Beschwerdeführers sind für das Bundesverwaltungsgericht wegen der aufgetretenen Widersprüche nicht nachvollziehbar.
2.3. Die Feststellung, dass die belangte Behörde notwendige und bisweilen aufwendige Ermittlungen unterlässt, war im Lichte zahlreicher Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zu treffen.
Exemplarisch wird verwiesen auf: BVwG 01.03.2018, L512 1430869-2;
BVwG 15.02.2018, L509 2181399-1; BVwG 13.02.2015, L516 2013126-1;
BVwG 25.05.2016, L521 2123001-1; BVwG 04.07.2016, L521 2127194-1;
BVwG 06.12.2016, L521 2138871-1; BVwG 06.02.2017, L521 2136593-1 sowie BVwG 09.10.2017, L521 1415020-3. Im Besonderen ist auf die Entscheidung BVwG 22.12.2017, I413 1252001-3, hinzuweisen. Im dieser Entscheidung vorangegangenen Verwaltungsverfahren hatte die belangte Behörde - wie im hier vorliegenden Fall - ebenfalls in Bezug auf die Frage, ob es sich bei einem Fremden um einen Drittstaatsangehörigen oder um einen begünstigten Drittstaatsangehörigen handelt, völlig unzureichend ermittelt und insbesondere eine gebotene Zeugenbefragung nicht durchgeführt. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts erscheint daher der Schluss berechtigt, dass - zumindest im Hinblick auf die Frage, ob ein Fremder Drittstaatsangehöriger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ist - grundsätzlich gebotene Ermittlungsschritte von der belangten Behörde regelmäßig mit der Intention unterlassen werden, dass diese durch das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen werden.
2.4. Schon aus der Tatsache, dass das vom Bundesverwaltungsgericht zu führende Verfahren ein Mehrparteienverfahren ist (vgl. § 18 VwGVG), folgt eindeutig, dass das Bundesverwaltungsgericht die notwendigen Ermittlungen keinesfalls rascher durchführen und auch den Sachverhalt keinesfalls rascher feststellen könnte als die belangte Behörde. Auch die Feststellung, dass es keineswegs mit einer Kostenersparnis - und erst recht nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, würde das Bundesverwaltungsgericht statt der belangten Behörde die erforderliche Ermittlungstätigkeit und Sachverhaltsfeststellung vornehmen, ergibt sich daraus. Dass die belangte Behörde - im Unterschied zum Bundesverwaltungsgericht - eine Spezialbehörde für das Fremdenwesen und Asyl (vgl. das BFA-G) ist, mag zwar für sich allein nicht zu begründen, dass die Voraussetzung des § 28 Abs 2 Z 2 VwGVG nicht erfüllt sei, kann jedoch als einer von mehreren Faktoren durchaus Berücksichtigung finden; vgl. VwGH 26.04.2016, VwGH Ro 2015/03/0038.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A):
3.1. Fremder iSd FPG ist, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt (§ 2 Abs 4 Z 1 FPG). Unter den Fremden ist u. a. zwischen Drittstaatsangehörigen und begünstigten Drittstaatsangehörigen zu differenzieren: Drittstaatsangehöriger ist ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist (§ 2 Abs 4 Z 10 FPG). Begünstigter Drittstaatsangehöriger ist hingegen der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht (§ 2 Abs 4 Z 11 FPG).
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Fremde sind im 8. Hauptstück des FPG geregelt. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige (1. Abschnitt) und aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige (4. Abschnitt). Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass gegen begünstigte Drittstaatsangehörige eine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG nicht erlassen werden kann. Vielmehr sind die Bestimmungen des 4. Abschnitts des 8. Hauptstücks des FPG, die in § 66 und § 67 aufenthaltsbeendende Maßnahmen (unter anderem) gegen begünstigte Drittstaatsangehörige regeln, nämlich Ausweisung und Aufenthaltsverbot, einschlägig. Bei einem begünstigten Drittstaatsangehörigen kommt ferner die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 nicht in Betracht, weil die genannte Bestimmung des 7. Hauptstücks gemäß § 54 Abs 5 AsylG 2005 nicht für diese Personengruppe gilt. Vgl. mwN VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0103. Die Erlassung eines Einreiseverbots ist im 1. Abschnitt des 8. Hauptstücks des FPG geregelt; mit einer Rückkehrentscheidung kann die Behörde gemäß § 53 Abs 1 FPG ein Einreiseverbot erlassen.
3.2. § 37 iVm § 39 Abs 2 AVG verpflichtet die Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen. Näher dazu und unter Verweis auf zahlreiche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 7, 19 ff (Stand 1.7.2005, rdb.at).
Auch die Verfassung enthält Vorgaben zum behördlichen Ermittlungsverfahren. So liegt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ein willkürliches Verhalten, das in die Verfassungssphäre eingreift, etwa im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes; vgl. VfGH 20.02.2015, E 1278/2014 mwN.
3.3. Die Behörde hat, wie festgestellt, mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen sei, und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot erlassen. Dieses Vorgehen kann - ungeachtet der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen - jedenfalls nur dann rechtmäßig sein, wenn es sich beim Beschwerdeführer um einen Drittstaatsangehörigen iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG - und nicht um einen begünstigten Drittstaatsangehörigen iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG - handelt.
Der Beschwerdeführer hat bei der einzigen von der Behörde eingeräumten Möglichkeit, sich zu äußern, vorgebracht, dass er seit 2010 mit einer namentlich genannten EU-Bürgerin verheiratet sei, mit ihr einen gemeinsamen Sohn habe und dass sie alle gemeinsam an einer näher genannten Adresse in XXXX gelebt haben. Außerdem legt die Stellungnahme des Beschwerdeführers zumindest die Möglichkeit nahe, dass er und seine Familie zuvor auch in anderen EU-Staaten gelebt haben könnten (Rumänien, Italien). Angesichts dessen ist keineswegs ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer rechtlich als begünstigter Drittstaatsangehöriger zu qualifizieren sein könnte. Dafür sprechen auch die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten ZMR-Auszüge (OZ 5).
Trotzdem hat die belangte Behörde zur gegenständlich elementaren Frage, ob es sich beim Beschwerdeführer um einen Drittstaatsangehörigen oder einen begünstigten Drittstaatsangehörigen handelt, keine (tauglichen) Ermittlungen vorgenommen. Dass die belangte Behörde überhaupt keine ZMR-Anfrage in Bezug auf die angebliche Ehefrau des Beschwerdeführers und den Sohn durchgeführt hat, zeigt eindeutig, dass sie den relevanten Sachverhalt nicht einmal ansatzweise ermittelt hat. Sie hat insbesondere zur behaupteten Ehe, zur Nationalität der angeblichen Ehefrau des Beschwerdeführers und zur Frage, ob diese ein ihr allenfalls zukommendes unionsrechtliches oder allenfalls aufgrund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommendes Aufenthaltsrecht tatsächlich in Anspruch genommen hat, nichts ermittelt. Dementsprechend enthält auch der angefochtene Bescheid dazu keine Feststellungen. Auch hat die Behörde nicht rechtlich subsumiert, ob es sich beim Beschwerdeführer um einen Drittstaatsangehörigen oder einen begünstigten Drittstaatsangehörigen handelt. Sie scheint vielmehr - ohne dies zu begründen - davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Drittstaatsangehöriger sei (z. B. AS 154).
3.4. Auch im Übrigen folgt aus den oben getroffenen Feststellungen, dass das von der belangten Behörde geführte (Ermittlungs)verfahren grob mangelhaft ist und sie den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht ermittelt hat. Exemplarisch seien hervorgehoben:
Unter Berufung auf das "ha. vorliegende[n] Aktenkonvolut" hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zunächst eine Verurteilung XXXX vor (AS 51), im angefochtenen Bescheid führte sie diese (angebliche) Verurteilung nicht mehr an. Es ist anhand des dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akts nicht nachvollziehbar, wieso die Behörde von einer derartigen Verurteilung ausging und aus welchen Gründen sie nun eine solche nicht mehr annimmt.
Außerdem hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf Dokumente (Ausweise/Ausweiskarten) des Beschwerdeführers berufen, die sie nicht überprüft hat und nicht überprüfen hat lassen. Zumindest lassen sich dem Akt keine Überprüfung und kein Ergebnis entnehmen. Ob die Dokumente im Zuge der Festnahme, Inhaftierung und Gerichtsverhandlung des Beschwerdeführers tatsächlich geprüft wurden, hat die Behörde nicht ermittelt. Die entsprechenden Ausführungen in der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid sind daher eine reine Mutmaßung und können die betreffenden Feststellungen nicht tragen.
Obwohl eine wirtschaftliche Tätigkeit im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG iVm Art 8 EMRK zu berücksichtigen ist, hat die belangte Behörde dazu nichts ermittelt. Sie kam vielmehr - ohne plausible Begründung und trotz Vorliegen eines Schreibens, wonach der Beschwerdeführer in Österreich ein Unternehmen habe - zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine wirtschaftlichen, beruflichen oder sonstigen Bindungen verfüge.
Auch im Hinblick auf andere Elemente des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK hat die belangte Behörde gebotene Ermittlungen unterlassen und dementsprechend nicht nachvollziehbare Feststellungen getroffen. Wie die belangte Behörde - ohne jegliche Ermittlung in dieser Hinsicht - zu dem Ergebnis kommen konnte, der Familie des Beschwerdeführers sei es möglich, ihn zumindest während der Dauer des Einreiseverbotes in seinem Herkunftsstaat Pakistan zu besuchen bzw. dorthin zu übersiedeln, bleibt gänzlich unergründlich.
Selbst wenn es zutreffen sollte, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine familiären Bindungen habe, entbindet dies die belangte Behörde nicht von Ermittlungen zum Familienleben iSd Art 8 EMRK. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist den familiären Bindungen dadurch Rechnung zu tragen, dass die bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbotes zu beantwortende Frage nach einem - zulässigen - Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden darf, sondern dass auch die Situation in dem anderen "Schengen-Staat" in den Blick zu nehmen ist; vgl. mwN VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0236. Weder die Ermittlungen noch die rechtlichen Ausführungen der belangten Behörde werden diesen Anforderungen gerecht.
Mangelhaft ist das Ermittlungsverfahren auch deshalb, weil die Behörde den vom Beschwerdeführer vorgelegten fremdsprachigen Vertrag nicht übersetzt hat und nicht übersetzen hat lassen. Das Bundesverwaltungsgericht muss daher davon ausgehen, dass die Behörde den Vertrag dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt hat, ohne den Inhalt zu kennen. Das heißt, die Behörde hat zu einer - aus ihrer Sicht offenbar entscheidungsrelevanten - Urkunde jegliche Ermittlungen unterlassen.
3.5. Gemäß § 28 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Regel durch Erkenntnis in der Sache selbst zu entscheiden. Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs 2 VwGVG nicht vor, ist das Verwaltungsgericht nach § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG berechtigt, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen, wenn diese notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Zulässig ist eine Zurückverweisung insbesondere bei "krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken" (mit Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz 118 (Stand 15.2.2017, rdb.at)). Ausdrücklich für zulässig befunden hat der Verwaltungsgerichtshof ein Vorgehen nach § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG unter anderem, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat; vgl. VwGH 14.12.2015, Ra 2015/09/0057. Eine Zurückverweisung der Angelegenheit ist jedenfalls auch gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen mit der Intention unterlassen hat, dass sie in der Folge das Verwaltungsgericht durchführt; mit Verweis auf zahlreiche Judikate des VwGH Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz 118 (Stand 15.2.2017, rdb.at).
3.6. Die Voraussetzungen für die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit Beschluss und die Zurückverweisung der Angelegenheit sind erfüllt: Wie bereits dargelegt, hat die belangte Behörde ihre Ermittlungspflicht in gravierender Weise verletzt. Sie hat zur zentralen tatbestandlichen Voraussetzung für die Erlassung des angefochtenen Bescheids - ob es sich beim Beschwerdeführer um einen Drittstaatsangehörigen oder einen begünstigten Drittstaatsangehörigen handelt - überhaupt keine Ermittlungen angestellt, obwohl derartige Ermittlungen angesichts des Vorbringens des Beschwerdeführers im verwaltungsbehördlichen Verfahren unbedingt geboten gewesen wären. Auch im Übrigen hat die Behörde überaus wesentliche Ermittlungen unterlassen oder zumindest grob mangelhaft durchgeführt. Dementsprechend erweisen sich zahlreiche Feststellungen im angefochtenen Bescheid als problematisch bzw. sind sie vom Akteninhalt nicht gedeckt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG zur Gänze (siehe 3.1.) aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
3.7. Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren ein dem Gesetz entsprechendes Ermittlungsverfahren zu führen und den entscheidungsrelevanten Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Das bedeutet, dass sie insbesondere alle Sachverhaltselemente ermitteln muss, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob es sich beim Beschwerdeführer um einen Drittstaatsangehörigen oder einen begünstigten Drittstaatsangehörigen iSd FPG handelt. Als geeignete Ermittlungsschritte können z. B. in Betracht kommen: ZMR-Abfragen, Einholung von Urkunden und Dokumenten (z. B. Heiratsurkunde), Einvernahme des Beschwerdeführers und seiner (angeblichen) Ehefrau.
Nach vollständiger und ordnungsgemäßer Ermittlung des insoweit entscheidungsrelevanten Sachverhalts, einer schlüssigen Beweiswürdigung und der Feststellung des Sachverhalts hat die belangte Behörde zu subsumieren, ob es sich beim Beschwerdeführer um einen Drittstaatsangehörigen oder um einen begünstigten Drittstaatsangehörigen handelt. Daran anknüpfend hat sie entweder zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige vorliegen, oder zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen begünstigte Drittstaatsangehörige vorliegen. Dieser Prüfung muss freilich wieder die ordnungsgemäße und vollständige Ermittlung des insofern entscheidungsrelevanten Sachverhalts vorangehen. Exemplarisch sei dazu ausgeführt:
Vor einer allfälligen Erlassung einer Rückkehrentscheidung hätte die Behörde z. B. umfassend das Privat- und Familienleben zu erheben und eine dem Gesetz entsprechende Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Art 8 EMRK und § 9 BFA-VG). Für den Fall der Verhängung eines Einreiseverbots hätte die Behörde eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen ist. In Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern immer auf das zugrunde liegende Verhalten abzustellen. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild; darauf kommt es bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots an. Vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237. Das heißt, gegebenenfalls müsste die Behörde auch in dieser Hinsicht ermitteln, um die geforderte Einzelfallprüfung vornehmen zu können.
Sollte sich hingegen ergeben, dass der Beschwerdeführer ein begünstigter Drittstaatsangehöriger ist und wären allfällige aufenthaltsbeendende Maßnahmen daher auf §§ 66 f FPG zu stützen, hätte die Behörde - unter Bedachtnahme vor allem auf die Judikatur der österreichischen Gerichte und des Europäischen Gerichtshofs - den dafür maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln. So wäre gemäß § 66 Abs 1 FPG iVm § 55 Abs 3 NAG für eine Ausweisung zu ermitteln, ob ein Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 NAG nicht (mehr) besteht. Sollte die Verhängung eines Aufenthaltsverbots zu prüfen sein, wären im Lichte des § 67 Abs 1 FPG u. a. Ermittlungen zum persönlichen Verhalten anzustellen, um beurteilen zu können, ob dieses eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
Nach allen erforderlichen zweckmäßigen Ermittlungsschritten hat die belangte Behörde das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel einer - schlüssigen und individuellen - Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist vollständig zu ermitteln und im zu erlassenden Bescheid sind jene individuellen Feststellungen zu treffen, die erforderlich sind, um über die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen den Beschwerdeführer begründet und gesetzeskonform absprechen zu können.
3.8. (Verfahrens)rechtliche Grundlage für die vorliegende Entscheidung ist, wie bereits ausgeführt, § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG. Nach dieser Bestimmung hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss auf und verweist die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde zurück. Unbeschadet des Wortlauts dieser Regelung erscheint vertretbar, dass nicht in allen Fällen die Erlassung eines Bescheids geboten sein muss, um den gesetzeskonformen Zustand herzustellen. So wird die im AVG nicht ausdrücklich vorgesehene Einstellung eines Verwaltungsverfahrens dann als zulässig angesehen, wenn keine Partei einen Erledigungsanspruch (mehr) hat; dies kann insbesondere bei amtswegig eingeleiteten Verfahren zutreffen. U. a. in diesen Fällen kann das Verfahren mit Aktenvermerk eingestellt werden. Vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 87 f (Stand 1.7.2005, rdb.at).
Sollte sich also nach den erforderlichen Sachverhaltsermittlungen herausstellen, dass das (amtswegig) eingeleitete Verwaltungsverfahren, z. B. da die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme überhaupt nicht vorliegen, einzustellen ist, könnte die Einstellung, soweit nicht ausnahmsweise eine bescheidmäßige Erledigung geboten sein sollte, was von der belangten Behörde zu prüfen wäre, mit Aktenvermerk erfolgen. Ein neuer Bescheid wäre in diesem Fall nicht zu erlassen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG die mündliche Verhandlung entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zum einen war gegenständlich in erster Linie maßgeblich, ob die belangte Behörde im vorliegenden Fall den entscheidungserheblichen Sachverhalt ermittelt hatte. Dieser Frage kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Zum anderen sind die für den Beschluss bedeutsamen Rechtsfragen - wie sich aus den oben angeführten Zitaten eindeutig ergibt - hinreichend geklärt. Vgl. im Übrigen VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109, wonach es keine grundsätzliche Rechtsfrage darstelle, ob das Verwaltungsgericht die zu § 28 Abs 3 VwGVG 2014 ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs angesichts der einzelfallbezogen vorgelegenen Verfahrenskonstellation in jeder Hinsicht korrekt angewendet hat. Der Beschluss steht demnach im Einklang mit der entsprechenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs und der in der zitierten Literatur vertretenen Rechtsauffassung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufenthaltstitel, Behebung der Entscheidung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L527.2214832.1.00Zuletzt aktualisiert am
12.06.2019