TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/1 L508 2147351-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.03.2019
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Entscheidungsdatum

01.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L508 2147351-2/31E

Schriftliche Ausfertigung des am 04.02.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.02.2019, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird in allen Spruchpunkten als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und der Volksgruppe der Paschtunen sowie der schiitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 18.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der Erstbefragung am 19.05.2015 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll (AS 9), seine Heimatregion aus Angst vor dem Krieg und der unischeren Lage verlassen zu haben. Es würden dort täglich Anschläge verübt werden und gebe es Kämpfe zwischen Regierungsleuten und den Taliban. Es gebe keinerlei Sicherheit und könne man dort kein friedvolles Leben führen. Bei einer Rückkehr fürchte er um sein Leben.

3. Per E-Mail vom 14.11.2016 (AS 63 [AS 65]) teilte der BF der belangten Behörde, im Wege einer Vertrauensperson, mit, dass er in Pakistan als Schiit einer religiösen Minderheit angehören würde, die vor allem in der Grenzregion zu Afghanistan Repressalien durch sunnitische Taliban ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer habe eine Freundschaft zur Tochter eines Nachbarn - eines sunnitischen Taliban - gepflegt, woraufhin diese von diesem Mann getötet und der Beschwerdeführer mit der Ermordung bedroht worden sei. Mit Schutz durch pakistanische Behörden wäre nicht zu rechnen. Nach seiner Flucht wäre auch der Bruder des BF bedroht worden. Der BF könne nicht nach Pakistan zurück, da er als Schiit auch in anderen Landesteilen von den Taliban bedroht werden würde.

Ferner schilderte die Vertrauensperson, dass deren persönliche Erfahrungen mit dem BF durchwegs positiv seien. Er zeige sich bemüht die deutsche Sprache zu erlernen, besuche Kurse im WIFI und in der Volkshochschule, komme zu vereinbarten Treffen, sei hilfsbereit, höflich und verhalte sich ihr als Frau gegenüber wertschätzend. Er wolle den Hauptschulabschluss nachholen und im Lebensmittelhandel Arbeit finden.

4. Im Rahmen einer Einvernahme im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) am 18.11.2016 (AS 67 - 73) bestätigte der BF bezüglich seines Ausreisegrundes zunächst die Richtigkeit seiner bisherigen Angaben im Rahmen der Erstbefragung. In weiterer Folge gab der BF zu Protokoll, dass er sich in seiner Heimat in ein Mädchen verliebt habe. Hiervon habe der Vater des Mädchens erfahren. Die Familie seiner Freundin seien Sunniten gewesen. Das Mädchen sei von deren Vater im März 2015 getötet worden. Bei einer Rückkehr nach Pakistan fürchte er um sein Leben. Der Vater und die anderen Familienmitglieder des Mädchens würden ihn am Tag seiner Rückkehr töten.

Darüber hinaus wurden dem BF in dieser Einvernahme die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und gab er hierzu im Rahmen einer Stellungnahme zu Protokoll, dass ihm die Lage in Pakistan bekannt sei.

Im Rahmen der Einvernahme brachte der BF unter anderem ein Unterstützungsschreiben seines Unterkunftgebers vom 16.11.2016 und seiner Trainer des Basisbildungslehrganges des Berufsförderungsinstituts OÖ, eine Deutschkursbestätigung, eine Deutschkursbesuchs-bestätigung - Niveau A1 Teil 1 der Volkshochschule OÖ vom 15.11.2016, eine Teilnahme-bestätigung für einen Deutschkurs des WIFI - Niveau A1 Teil 1 vom 02.05.2016, eine Kursbesuchsbestätigung des Berufsförderungsinstituts OÖ bezüglich eines Basisbildungs-kurses vom 14.11.2016 und eine Teilnahmebestätigung bezüglich des theaterpädagogischen Projekts "Exit one" vom 21.06.2016 (AS 77 - 89) in Vorlage.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 30.01.2017 (AS 103 - 175) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Dem Ausreisevorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt (AS 166). In der rechtlichen Beurteilung wurde begründend dargelegt, warum der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

6. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit in deutscher Sprache handschriftlich verfassten Schreiben vom 09.01.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Im Wesentlichen wurde seitens des BF vorgebracht, dass er ins Visier der Taliban geraten sei und ihm diese nach dem Leben trachten würden. Auch seine Familie könne ihn nicht schützen. Die Taliban hätten bis in die Regierung Kontakte und würden rasch von seiner Rückkehr erfahren. Die Taliban würden viele Menschen ermorden und wäre er sicher eines ihrer Opfer. Von der Beziehung zu dem Mädchen und einer Gefährdung durch deren Familie wurde in der Beschwerde nichts erwähnt.

7. Am 22.02.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerdeergänzung ein. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerdeergänzung wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

7.1. Zunächst wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

* die angefochtene Entscheidung zur Gänze beheben und dem BF Asyl gem. § 3 AsylG gewähren;

* ihm für den Fall der Abweisung seiner Beschwerde gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen und Spruchpunkt III. aufheben;

* in eventu feststellen, dass eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG auf Dauer unzulässig sei und daher die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung/ plus gem. § 55 Abs. 1 AsylG vorliegen würden und ihm daher gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ein Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG von Amts wegen zu erteilen sei;

* in eventu den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit beheben und zur Erlassung eines inhaltlichen Bescheides gem. § 28 Abs. 3 und/ oder 4 VwGVG an das Bundesamt zurückverweisen; sowie

* zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft gebliebenen Verfahrens eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen.

Zusätzlich wurde beantragt Frau Dr. XXXX als Zeugin zu laden.

7.2. In weiterer Folge wurde moniert, dass seitens des Bundesamtes die Ermittlungspflichten nach § 18 AsylG nicht erfüllt worden seien.

7.3. Des Weiteren stütze sich die Argumentation der belangten Behörde zur Begründung der Unglaubwürdigkeit auf reine Spekulationen, die nicht geeignet seien, Rückschlüsse auf die Unglaubwürdigkeit des BF zu ziehen. Darüber hinaus wurde das bisherige Vorbringen des BF nochmals wiederholt und angemerkt, dass der BF keinerlei Schulbildung genoss bzw. Analphabet sei, weshalb das BFA viel genauer nachfragen und ermitteln hätte müssen, um den asylrelevanten Sachverhalt zu ermitteln. Die vagen Ausführungen des BF seien darauf zurückzuführen, dass er nicht wissen könne, was wichtig sei.

7.4. Im Heimatstaat des BF bestehe weder ein effektiver und tatsächlicher Schutz vor der geltend gemachten Verfolgung noch eine innerstaatliche Fluchtalternative.

7.5. Ferner wurden auszugsweise mehrere Länderberichte zur Lage der Schiiten und Paschtunen in Pakistan zitiert.

7.6. Es wurde auch explizit darauf hingewiesen, dass dem BF in Pakistan ein reales Risiko ("real risk") einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung iSd Art. 3 EMRK drohe. Im Falle einer Rückkehr nach Pakistan würde er in eine existenzielle Notlage und existenzbedrohende Situation geraten. Es sei zu betonen, dass für den BF vor dieser geltend gemachten unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung weder ein effektiver und tatsächlicher Schutz noch eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen würden.

7.7. Was Spruchpunkt III. betrifft, so befinde sich der BF seit eineinhalb Jahren in Österreich, nehme an unterschiedlichen Sprachkursen teil, habe bei einem Theaterstück mitgewirkt und österreichische Freunde und Bekannte. Er sei stets pünktlich, engagiert und integriere sich vorbildlich.

7.8. Dem Schreiben sind schließlich - abgesehen von der handschriftlich verfassten Beschwerde vom 09.02.2017, dem E-Mail vom 14.11.2016 und den bereits im Zuge der Einvernahme vor dem BFA in Vorlage gebrachten Unterlagen - ein Unterstützungsschreiben der Pastoralassistentin der Stadtpfarre XXXX , weitere Deutschkursbestätigungen, Erläuterungen zum Theaterprogramm, eine Liste mit einer Aufstellung der Fitnessstudiobesuche des BF vom Dezember 2015 bis Februar 2017 und Unterlagen bezüglich der erfolgreichen Absolvierung des Lehrganges "Basisbildung OÖ" angeschlossen.

7.9. Mit dieser Rechtsmittelergänzung wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

8. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.03.2017, Zl. L508 2147351-2/4E, gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF. iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen. Ferner wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 gemäß § 6 AVG 1991 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

In diesem Erkenntnis wurde - unter näher dargelegten Gründen - ausgeführt, warum das Vorbringen nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen könne. Im wesentlichen wurde ausgeführt, dass das Vorbringen, unter näher dargelegter Gründe, nicht glaubhaft sei und im Rahmen einer Alternativbegründung wurde begründend dargetan, dass dem BF darüber hinaus, bei hypothetischer Annahme der Glaubhaftunterstellung seines Vorbringens, die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative offen stünde.

9. Gegen dieses Erkenntnis des BVwG vom 14.03.2017, Zl. L508 2147351-2/4E wurde fristgerecht das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision eingebracht. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.11.2017, Ra 2017/20/0142-11 hat dieser die angefochtene Entscheidung des BVwG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Begründend wird insbesondere ausgeführt, dass der Revisionswerber sein Fluchtvorbringen in der Einvernahme am 18.11.2016 nicht unwesentlich ergänzte, dass BFA aber weitere Nachfragen dazu unterlassen habe, aber dennoch das Vorbringen für unglaubwürdig befunden habe. Schon deshalb sei der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht festgestanden und hätte das BVwG deswegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt. Insofern der Revisionswerber bei hypothetischer Wahrunterstellung auf die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative verwiesen werde, so erfülle die Wahrunterstellung nicht die dafür in der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen, da das BVwG nicht offengelegt habe, von welchem hypothetischen Sachverhalt es konkret ausgegangen sei, sodass nicht beurteilt werden könne, ob in dem als innerstaatliche Fluchtalternative in Frage kommenden Gebiet tatsächlich Verfolgungsfreiheit bestünde. Eine Angabe eines konkreten Ortswechsels sowie die konkrete Erreichbarkeit seien dem Erkennntnis nicht zu entnehmen. Ausgehend davon sei die Entscheidung zur Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative mangelhaft begründet und rechtfertige diese Alternativbegründung somit nicht das Absehen von einer mündlichen Verhandlung.

10. Am 04.02.2019 wurde vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, an welcher der Beschwerdeführer, sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl teilnahmen. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt, Erörterung der Länderberichte zur Situation in Pakistan sowie ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei.

Nach Schluss der Verhandlung verkündete die erkennende Richterin mündlich gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG das Erkenntnis samt den wesentlichen Entscheidungsgründen und erteilte Rechtsmittelbelehrung. Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen.

11. Mit Schreiben vom 06.02.2019 beantragte der Beschwerdeführervertreter die schriftliche Ausfertigung des am 04.02.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes sowie der am 04.02.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.

Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist schiitischen Glaubens.

Die Identität und Nationalität des Antragstellers konnte mangels Vorlage von geeigneten Dokumenten nicht festgestellt werden.

Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat und seinem Wohnort, sowie des Umstandes, dass der Antragsteller für Pakistan gebräuchliche Sprachen spricht sowie aufgrund seiner Kenntnisse über Pakistan ist festzustellen, dass es sich bei ihm um einen pakistanischen Staatsangehörigen handelt.

Der von ihm vorgebrachte Fluchtgrund (drohende Verfolgung aufgrund der Beziehung zu einem Mädchen sunnitischen Glaubens durch deren Familienangehörige) wird mangels Glaubwürdigkeit des diesbezüglichen Vorbringens nicht festgestellt. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. dessen Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr nach Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.

Der im Rahmen der Erstbefragung am 19.05.2015 vorgebrachte Fluchtgrund, Pakistan aus Angst vor dem Krieg und der unischeren Lage verlassen zu haben, wird grundsätzlich für glaubhaft erachtet. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. dessen Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr nach Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.

Selbst wenn man sein Vorbringen hinsichtlich der drohenden Verfolgung aufgrund der Beziehung zu einem Mädchen sunnitischen Glaubens durch deren Familienangehörige als wahr unterstellen und daher annehmen würde, dass dem BF eine Gefährdung durch die Familie des sunnitischen Mädchen drohen würde, muss diesbezüglich festgestellt werden, dass sein Vorbringen keine Asylrelevanz entfalten würde, zumal der Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch nehmen könnte und wäre dem BF jedenfalls auch eine Rückkehr nach Islamabad möglich und zumutbar. Es wären dort die existentiellen Lebensgrundlagen des Beschwerdeführers angesichts einer finanziellen Unterstützung durch seine in der Kurram Agency lebenden Familienmitglieder (etwa Eltern und Geschwister) - etwa durch Überweisungen - oder durch Aufnahme einer eigenen beruflichen Tätigkeit gesichert. In Anbetracht der Quellenlage sowie den vom Bundesverwaltungsgericht bei der Bearbeitung ähnlich gelagerter, Pakistan betreffender Verfahren gewonnenen Wahrnehmungen leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität in größeren Städten sicherer als auf dem Land. Selbst Menschen, die die Polizei wegen Mordes sucht, können in einer Stadt unbehelligt leben, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt (AA 21.08.2018). Die Hauptstadt Pakistans, Islamabad, gilt als vergleichsweise sicher. Das Hauptstadtterritorium Islamabad erlitt einen Anschlag mit einem Toten im Jahr 2016 (PIPS 1.2017). Im Jahr 2017 verzeichnete das Hauptstadtterritorium Islamabad drei Anschläge mit zwei Todesopfern. Zwei der Anschläge waren religiös-sektiererisch motiviert und richteten sich gegen Schiiten (PIPS 1.2018). Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen terroristischen Angriff (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018), weshalb hier von einer stabilen Sicherheitslage auszugehen ist. Diese Stadt ist für den Beschwerdeführer auch direkt erreichbar.

Selbiges gilt auch für allfällige Befürchtungen des BF hinsichtlich der unsicheren Lage in seiner Heimatregion Kurram Agency und wäre er auch diesbzgl. auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu verweisen.

Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an, an Augenschmerzen zu leiden und eine Brille beim Lesen zu tragen. Medizinische Unterlagen zu einer Behandlungsbedürftigkeit wurden nicht in Vorlage gebracht. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Der BF lebte vor seiner Ausreise in einem Dorf in der Nähe von Parachinar in der Kurram Agency. Er war dort vor seiner Ausreise gemeinsam mit seiner Familie wohnhaft und half zunächst bei der Bewirtschaftung der familieneigenen Landwirtschaft. In der Folge arbeitete der BF für mehrere Jahre als Taxifahrer. Der BF verließ Pakistan etwa Ende März 2015 und reiste in der Folge ca. Mitte Mai 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Der Großteil der Angehörigen des BF lebt nach wie vor in Pakistan.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. In Österreich halten sich keine Verwandten des BF auf. Der BF befindet sich in der Grundversorgung und lebt von staatlicher Unterstützung. Der BF absolvierte im November 2017 einen Deutschkurs auf dem Niveau A1. Ferner hat er im Jahr 2016 den Lehrgang "Basisbildung OÖ" absolviert und in den Jahren 2015, 2016 und 2017 an einem Theaterprojekt teilgenommen. Von 24. August bis 13. Oktober 2018 war er als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter tätig. Eine Beschäftigungsbewilligung des AMS für die Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter wurde im lediglich für den Zeitraum von 01. Bis 31. Oktober 2018 ausgestellt. Er knüpfte im Bundesgebiet soziale Kontakte und verbringt mit diesen Personen teilweise seine Freizeit, wobei er auch an verschiedenen Projekten und Veranstaltungen teilnimmt. Der BF brachte mehrere Unterstützungserklärungen von Privatpersonen aus dem Jahr 2017 in Vorlage. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein gesamtes Leben in Pakistan verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten aufhalten.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie wohnen wird können. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer als arbeitsfähig und -willig anzusehen, was - neben seiner in Pakistan ausgeübten Tätigkeit als Taxifahrer - auch durch seine in Österreich verstärkten Arbeitsbemühungen belegt wird. Der Beschwerdeführer spricht Paschtu und ein bisschen Urdu.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Pakistan festzustellen ist.

2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan war insbesondere festzustellen:

Zur Lage in der Islamischen Republik Pakistan werden folgende - im Zuge der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführte - Länderfeststellungen dem Verfahren zugrunde gelegt:

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 21.06.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt am 15.11.2018

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 15.11.2018: Proteste nach Freispruch in Blasphemiefall Asia Bibi (betrifft: Abschnitte 2/Politische Lage;

4/Rechtsschutz/Justizwesen; 15/Todesstrafe; 16/Religionsfreiheit, insb. 16.3/Christen und 16.5/ Blasphemiegesetze)

Der Oberste Gerichtshof Pakistans hat am 31.10.2018 das Todesurteil gegen Asia Bibi wegen Gotteslästerung aufgehoben und sie von allen Vorwürfen freigesprochen (Standard 3.11.2018, vgl. Guardian 31.10.2018), nachdem Bibis Berufung gegen das Todesurteil des Lahore High Court zuletzt im Oktober 2016 ohne Anhörung vom Obersten Gericht in Islamabad vertagt wurde, da sich einer der Richter weigerte, den Fall zu verhandeln (Dawn 8.10.2018). Die Urteilsverkündung, wodurch Bibi nach neun Jahren Haft im Todestrakt freigelassen werden soll (Guardian 31.10.2018), wurde ab 8.10.2018 drei Wochen lang vorgehalten (Dawn 8.10.2018; vgl. Guardian 31.10.2018), da Befürworter der Blasphemiegesetze drohten, das Land lahmzulegen und die Richter zu töten, falls Bibis Todesurteil nicht aufrecht erhalten werde (Guardian 31.10.2018).

Nach Bekanntwerden des Urteils kam es landesweit zu tagelangen Protesten durch Islamisten (Standard 3.11.2018; vgl. Dawn 3.11.2018a). Paramilitärische Sicherheitskräfte wurden in der Hauptstadt Islamabad eingesetzt, um den Obersten Gerichtshof, die Diplomatenviertel und die Wohnsiedlung der Richter zu schützen (Guardian 31.10.2018; vgl. Dawn 30.10.2018). Nach einer Einigung mit der Regierung erklärte die Islamistenpartei Tehreek-e-Labaik (TLP) die Massenproteste am 3.11.2018 für beendet (Standard 3.11.2018;

vgl. ORF 4.11.2018). Die Demonstranten entfernten die Barrikaden in den großen Städten; Karachi, Lahore und Islamabad kehrten zur Normalität zurück. Geschäfte und Schulen waren wieder geöffnet (ORF 4.11.2018).

Nach dem Freispruch gab es Bestrebungen, Bibi so schnell wie möglich außer Landes zu bringen (Guardian 31.10.2018). Ein zwischen TLP und Regierung unterzeichnetes Fünf-Punkte-Papier sieht vor, dass sich die Regierung einem am 1.11.2018 eingebrachten Überprüfungsantrag zum Urteil (Review Petition) durch die TLP nicht entgegenstellt und Bibi die Ausreise aus Pakistan untersagt wird (Standard 3.11.2018; vgl. Zeit 3.11.2018, Express Tribune 1.11.2018, BBC 8.11.2018). Zum derzeitigen Aufenthaltsort von Asia Bibi gab es keine offiziellen Angaben (Zeit3.11.2018). Sie wurde am 7. November 2018 aus dem Gefängnis entlassen und befindet sich nun in Pakistan an einem geheimen Ort (BBC 8.11.2018). Pakistanische Medien haben

seit dem Freispruch gemutmaßt, sie könne das Land bereits verlassen haben (BBC 8.11.2018; vgl. Tagesanzeiger 4.11.2018). Journalisten, die dies ohne offizielle Bestätigung berichteten, wurden von Informationsminister Fawad Hussein als "äußerst verantwortungslos" bezeichnet (BBC 8.11.2018).

Der Pakistanische Informationsminister Fawad Chaudhry erklärte, von der Regierung würden alle notwendigen Schritte gesetzt, um Bibis Sicherheit zu gewährleisten (BBC 3.11.2018). Bibis Ehemann und ihre Töchter wechseln ständig ihren Aufenthaltsort (ORF 4.11.2018) und bitten in anderen Staaten um Asyl (BBC 8.11.2018, vgl. Tagesanzeiger 4.11.2018). Der Anwalt von Asia Bibi hat aus Sorge um die eigene Sicherheit wie auch dem Wohlergehen seiner Familie das Land verlassen (Standard 3.11.2018; vgl. Zeit 3.11.2018, ORF 4.11.2018,

BBC 8.11.2018). Menschenrechtler kritisierten die Vereinbarung zwischen der Regierung und den Islamisten als Bankrotterklärung des Rechtsstaates (Zeit 3.11.2018), während Fawad Chaudhry erklärte, die Übereinkunft wurde getroffen, um die Proteste ohne Gewaltausübung zu beenden (BBC 3.11.2018).

Nachdem am 8.10.2018 das Urteil gegen Bibi vorgehalten wurde, wurden die Medien angehalten, über diesen Fall nicht zu berichten (Dawn 8.10.2018; vgl. Guardian 31.10.2018, Express Tribune 31.10.2018). Auch wurde eine Berichterstattung über die Proteste nach dem Freispruch von Medien vermieden (Guardian 31.10.2018). In Folge der Proteste, die teilweise von Vandalismus und Brandstiftung begleitet waren, wurden in der Provinz Punjab ca. 1.100 Personen festgenommen (Daily Pakistan 5.11.2018).

Die Spannungen in Pakistan wurden durch die Nachricht von der Ermordung des bedeutenden pakistanischen Religionsführers Sami ul-Haq verschärft, der am 2.11.2018 in seinem Haus in Rawalpindi von Unbekannten niedergestochen wurde. Ul-Haq, der auch als "Vater der Taliban" bekannt war, war ein Verbündeter der regierenden Tehreek-e-Insaf-Partei von Premierminister Imran Khan. Dieser verurteilte die Ermordung und ordnete eine Untersuchung an. Die afghanischen Taliban sprachen in einer Erklärung von "einem großen

Verlust für die gesamte islamische Nation". In Ul-Haqs Koranschulen wurden spätere Taliban-Größen wie Mullah Omar und Jalaluddin Haqqani ausgebildet (Standard 3.11.2018; vgl. ORF 4.11.2018).

Quellen:

• BBC (3.11.2018): Asia Bibi: Deal to end Pakistan protests over blasphemy case,

https://www.bbc.com/news/world-asia-46080067, Zugriff 5.11.2018

• Dawn (3.11.2018): Live blog: Protests on Asia Bibi's acquittal, https://www.dawn.com/live-blog/, Zugriff 5.11.2018

• Dawn (30.10.2018): Supreme Court acquits Asia Bibi, orders immediate release,

https://www.dawn.com/news/1442396, Zugriff 5.11.2018

• Dawn (8.10.2018): Supreme Court reserves verdict on Asia Bibi's final appeal against execution, https://www.dawn.com/news/1437605/supreme-court-reserves-verdict-onasia-bibis-final-appeal-against-execution,

Zugriff 5.11.2018

• Express Tribune, the (1.11.2018): Review petition filed against SC verdict,

https://tribune.com.pk/story/1838656/1-review-petition-filed-aasia-bibis-acquittal/, Zugriff 5.11.2018

• Express Tribune, the (31.10.2018): Aasia Bibi acquitted by Supreme Court,

https://tribune.com.pk/story/1837746/1-security-beefed-sc-prepares-announce-aasiabibi-verdict/, Zugriff 5.11.2018

• Guardian (31.10.2018): Asia Bibi: Pakistan court overturns blasphemy death sentence,

https://www.theguardian.com/world/2018/oct/31/asia-bibi-verdict-pakistancourt-overturns-blasphemy-death-sentence, Zugriff 5.11.2018

• ORF (4.11.2018): Pakistan: Zukunft von Christin Asia Bibi weiter unsicher, https://religion.orf.at/stories/2945335/,

Zugriff 5.11.2018

• Standard, der (3.11.2018): Anwalt von freigesprochener Christin verließ Pakistan,

https://derstandard.at/2000090586614/Anwalt-von-freigesprochener-Christin-verliess-Pakistan,Zugriff 5.11.2018

• Zeit (3.11.2018): : Islamisten erzwingen mögliche Berufung im Fall Bibi,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/pakistan-asia-bibi-christin-freispruchproteste-gotteslaesterung-islam, Zugriff 5.11.2018

• Tagesanzeiger (4.11.2018): Ehemann von freigesprochener Christin bittet um Asyl,

https://www.tagesanzeiger.ch/news/standard/ehemann-von-freigesprochener-christinbittet-um-syl/story/17378032, Zugriff 5.11.2018

• DW - Deutsche Welle (3.11.2018): Nach Blasphemie-Freispruch: Asia Bibi immer noch in Haft,

https://www.dw.com/de/nach-blasphemie-freispruch-asia-bibi-immernoch-in-haft/a-46140621, Zugriff 5.11.2018

• Daily Pakistan (5.11.2018): Hundreds arrested for vandalism during protests against Asia Bibi's acquittal, https://en.dailypakistan.com.pk/headline/hundreds-arrested-forvandalism-during-protests-against-asia-bibis-acquittal/, Zugriff 5.11.2018

• BBC (8.11.2018): Pakistan blasphemy case: Asia Bibi freed from jail, https://www.bbc.com/news/world-asia-46130189, Zugriff 14.11.2018

Kommentar:

Blasphemie wird laut pakistanischem Strafgesetzbuch mit dem Tode bestraft. Bisher wurde noch kein Mensch in Pakistan wegen Blasphemie hingerichtet (Guardian 31.10.2018; vgl. LIB Pakistan, Abschnitt 16.5). Jedoch wurden seit 1990 mindestens 65 Personen, die der Blasphemie bezichtigt wurden, bei Aktionen der Selbstjustiz getötet (Guardian 31.10.2018).

Der Fall gegen Bibi demonstriert, wie in Pakistan Beschuldigungen der Blasphemie verwendet werden, um persönliche Streitigkeiten auszutragen und wie Entscheidungen am Beginn des gerichtlichen Instanzenweges Angeklagte aus Angst um deren Leben nicht freisprechen möchten (Guardian 31.10.2018). Im Jahr 2011 wurden der Gouverneur der Provinz Punjab, Salmaan Taseer, sowie der Minister für Minderheiten, Shahbaz Bhatti, ermordet, nachdem sie öffentlich Asia Bibi verteidigt hatten und sich für eine Reform der

Blasphemiegesetze ausgesprochen hatten (Guardian 31.10.2018; vgl. LIB Pakistan, Abschnitt 16.5).

KI vom 31.7.2018: Wahlen am 25.7.2018 (betrifft: Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 25. Juli 2018 fanden in Pakistan Wahlen statt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass zwei gewählte Regierungen in Folge ihre volle Amtszeit dienen konnten (EUEOM 27.7.2018). Neben der Nationalversammlung wurden auch vier Provinzversammlungen (Punjab, Sindh, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan) gewählt (NDTV 26.7.2018).

Laut offiziellem Resultat der Wahlkommission erlangte die Partei Tehreek-e-Insaf (PTI) von Imran Khan 115 Sitze im Parlament in Islamabad. Die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) unter Shehbaz Sharif folgte mit 64 Sitzen, die Partei Pakistan Peoples Party (PPP) von Bilawal Bhutto kam mit 43 auf den dritten Platz (Dawn 30.7.2018). Khan hat noch keinen Koalitionspartner. Um alleine regieren zu können, hätte die PTI 137 Sitze benötigt (NZZ 28.7.2018). Die PML-N und PPP kündigten bereits an, in der Opposition gegen Imran Khan zusammenzuarbeiten (Dawn 30.7.2018). Imran Khan begann zunächst Koalitionsgespräche mit der Partei Muttahidda Qaumi Movement (MQM) (Dawn 28.7.2018).

Die Armee hatte am Wahltag 370.000 Soldaten eingesetzt, die die Wahllokale sichern sollten (NZZ 28.7.2018; vgl. EUEOM 27.7.2018). Zusätzlich waren 450.000 Polizisten im Einsatz. Die Befugnisse des Sicherheitspersonals wurden im Vergleich zur vorigen Wahl erweitert (EUEOM 27.7.2018). Erstmals waren Soldaten nicht nur vor, sondern auch in den Wahllokalen anwesend, auch während der Auszählung der Stimmen. Der Leiter der EU-Wahlbeobachtermission, Michael Gahler, sagte am Donnerstag gegenüber lokalen Medien, dem ersten Eindruck nach hätten sich die Soldaten strikt an ihren Einsatzbefehl gehalten (NZZ 28.7.2018).

Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlkommission landesweit bei 51,7 Prozent (ECP o.D.). Etwa 106 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. Neun Millionen Frauen hatten sich erstmals als Wählerinnen registrieren lassen. Obwohl es vereinzelt Beschwerden gab, dass Frauen von der Stimmabgabe abgehalten wurden, war die Wahlbeteiligung von Frauen anscheinend höher als früher. Die Wahlkommission hatte angeordnet, dass die Ergebnisse von Distrikten, in denen die Stimmen der Frauen unter 10 Prozent blieben, ungültig seien. Fast alle Parteien umwarben deshalb in diesem Jahr die Pakistanerinnen, wählen zu gehen (NZZ 28.7.2018). In den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) stieg die Zahl der Frauen, die als Wählerinnen registriert waren, um 66 Prozent gegenüber der vorhergehenden Wahl (EUEOM 27.7.2018; vgl. NZZ 28.7.2018).

Obwohl Schritte unternommen wurden, die Beteiligung von Minderheiten an den Wahlen zu sichern, blieb die Situation der Ahmadiya-Gemeinschaft unverändert. Ahmadis werden weiterhin in einem separaten Wählerverzeichnis geführt Eine Novelle des Wahlgesetzes 2017 hätte Ahmadis ins generelle Wählerverzeichnis inkludiert, diese Änderung wurde jedoch am 23.11.2017 nach Massenprotesten wieder rückgängig gemacht (EUEOM 27.7.2018).

Die Wahlverlierer prangerten auch Wahlfälschung an und erklärten, sie würden das Ergebnis nicht anerkennen. Sharif erklärte, das Militär habe die Abstimmung zugunsten Khans manipuliert. Auch Bilawal Bhutto sprach, ebenso wie Vertreter islamistischer Parteien, von Wahlfälschung (NZZ 28.7.2018). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlvorgang als transparent und gut durchgeführt ein, bemerkte jedoch Schwierigkeiten bei der Auszählung. Die Wahlhelfer hielten die Prozeduren nicht immer ein und hatten Schwierigkeiten, die Formulare für die Resultatsübermittlung korrekt auszufüllen (EUEOM 27.7.2018). Bei der pakistanischen Wahlkommission wurden bis kurz nach Schließung der Wahllokale 654 Beschwerden registriert, die ausschließlich Verstöße gegen die Wahlordnung betreffen würden. Über das Militär habe es keine Beschwerde gegeben (Standard 26.7.2018). Durch technische Probleme im erstmals eingesetzten Result Transmission System (RTS) kam es zu Verzögerungen der Bekanntgabe von Sprengelergebnissen an die Wahlkommission (EUEOM 27.7.2018).

Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale (EUEOM 27.7.2018). Bei einem Selbstmordanschlag in Quetta kamen 31 Menschen ums Leben, darunter auch Kinder und Polizisten, 35 Personen wurden verletzt. Der IS reklamierte den Anschlag für sich (Standard 26.7.2018; vgl Dawn 26.7.2018). In Khuzdar wurde bei einem Granatenangriff auf ein Wahllokal ein Polizist getötet (Dawn 26.7.2018; vgl. Standard 25.7.2018). Weiters gab es regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018). Bereits im Vorfeld der Wahl waren bei mehreren Anschlägen auf Parteien und Kandidaten mehr als 180 Menschen getötet worden (Standard 25.7.2018; vgl. Kurzinformation vom 18.7.2018).

Reporter ohne Grenzen berichten von zahlreichen Einschränkungen für Journalisten während des Wahlkampfes. In den vergangenen Monaten seien unabhängige Medien wiederholt zensiert und kritische Journalisten bedroht, tätlich angegriffen und entführt worden (ROG 25.7.2018). Auch die Wahlbeobachtermission der EU sah deutliche Hinweise für Einschränkungen der Redefreiheit durch staatliche und nicht-staatliche Akteure (EUEOM 27.7.2018). Gemäß Reporter ohne Grenzen versuchten insbesondere das Militär und die Geheimdienste eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern (ROG 25.7.2018). Weit verbreitete Selbstzensur der Berichterstatter hinderte gemäß EU-Wahlbeobachtermission Wahlberechtigte daran, eine qualifizierte Wahlentscheidung zu treffen (EUEOM 27.7.2018).

Quellen:

* Dawn (26.7.2018): 'Naya Pakistan' imminent: PTI leads in slow count of 11th general elections vote, https://www.dawn.com/news/1421984/voting-underway-across-pakistan-amid-tight-security-with-only-hours-left-till-polling-ends, Zugriff 30.7.2018

* Dawn (28.7.2018): Imran starts preparations for formation of govt at Centre,

https://www.dawn.com/news/1423370/imran-starts-preparations-for-formation-of-govt-at-centre, Zugriff 30.7.2018

* Dawn (30.7.2018): PPP, PML-N join hands to give Imran tough time, https://www.dawn.com/news/1423776/ppp-pml-n-join-hands-to-give-imran-tough-time, Zugriff 30.7.2018

* ECP -Election Commission of Pakistan (o.D.a): Assembly Wise Voters Turnout, https://www.ecp.gov.pk/frmstats.aspx, Zugriff 30.7.2018

* EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu_eom_pakistan_2018_-_preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf, Zugriff 30.7.2018

* NDTV - New Delhi Television Limited (26.7.2018): Pakistan Election Results Live Updates: "Want To Fix India-Pak Ties," Says Imran Khan, https://www.ndtv.com/world-news/pakistan-election-result-2018-live-updates-imran-khan-on-brink-of-victory-after-millions-vote-in-pak-1889205, Zugriff 30.7.2018

* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (28.7.2018): Imran Khan triumphiert in Pakistan,

https://www.nzz.ch/international/wahlen-in-pakistan-imran-khan-triumphiert-ld.1406380, Zugriff 30.7.2018

* ROG - Reporter ohne Grenzen (25.7.2018): Pakistan - Einschränkungen während Wahlkampfes, http://www.rog.at/pm/pakistan-einschraenkungen-waehrend-wahlkampfes/, Zugriff 30.7.2018

* Standard, der (25.7.2018): Dutzende Tote in Pakistan bei Anschlag am Wahltag,

https://derstandard.at/2000084092243/Dutzende-Tote-bei-Anschlag-am-Tag-der-Parlamentswahl-in-Pakistan, Zugriff 30.7.2018

* Standard, der (26.7.2018): Ex-Cricketstar Imran Khan steuert auf Wahlsieg in Pakistan zu,

https://derstandard.at/2000084154112/Pakistans-Regierungspartei-PML-N-spricht-von-Wahlfaelschung, Zugriff 30.7.2018

KI vom 18.7.2018: Anschläge und Proteste im Vorfeld der Wahlen am 25.7.2018

Im Vorfeld der Wahlen am 25. Juli 2018 kam es zu zahlreichen Anschlägen mit Todesopfern (Dawn 13.7.2018a).

Am 13. Juli sind bei einem Selbstmordanschlag in Mastung, Provinz Belutschistan, nach offiziellen Angaben 149 Menschen ums Leben gekommen und über 200 Menschen verletzt worden (CNN 16.7.2018). Das Attentat hatte einer Veranstaltung der Baluchistan Awami Partei gegolten (Dawn 13.7.2018a; vgl. ORF 13.7.2018, CNN 16.7.2018). Es ist der schwerste Anschlag in Pakistan seit vielen Jahren - ähnlich viele Tote gab es zuletzt beim Angriff der Taliban auf die Armeeschule in Peschawar im Dezember 2014 mit ca. 150 Toten (Standard 14.7.2018) - und der Terrorangriff mit den zweitmeisten Todesopfern in der Geschichte Pakistans (CNN 16.7.2018). Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich (ORF 13.7.2018; vgl. CNN 16.7.2018, Standard 14.7.2018), ebenso wie die Ghazi-Gruppe der radikalislamischen Taliban (Standard 14.7.2018). In Folge des Anschlages wurden die Wahlen im Wahlkreis PB-35 (Mastung) verschoben (Nation 14.7.2018).

Ebenfalls am 13. Juli wurden in Bannu [Provinz Khyber Pakhtunkhwa, nahe der Grenze zu den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA)] bei einem Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung des Chief Minister der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Akram Khan Durrani, vier Menschen getötet und 32 Menschen verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. News 13.7.2018). Durrani wurde bei dem Anschlag nicht verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. Dawn 13.7.2018b). Durrani tritt im Wahlkreis NA-35 (Bannu) als Kandidat der Partei Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) an (Dawn 13.7.2018b; vgl News 13.7.2018). Ebenfalls in Bannu wurden wenige Tage zuvor am 7.7. bei einem Bombenangriff auf einen Konvoi des Kandidaten der Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) für den Wahlkreis PK-89, Sherin Malik, sieben Personen, darunter der Kandidat, verletzt (Dawn 7.7.2018).

Am 10. Juli wurden bei einem Selbstmordanschlag in Peschawar, Hauptstadt der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, 22 Menschen getötet und 63 Personen verletzt (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 11.7.2018). Unter den Toten befindet sich Haroom Bilour, Provinzvorsitzender der Awami National Party (ANP) (Dawn 10.7.2018a) und Kandidat für den Wahlkreis Peschawar PK-78 (Nation 11.7.2018; vgl. Dawn 10.7.2018a). Die Pakistanischen Taliban haben sich zu dem Anschlag bekannt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die ANP war bereits im Vorfeld der Wahlen 2013 ein Hauptziel der Taliban (Nation 11.7.2018). Gemäß Angaben der Taliban wurde der Angriff auf Bilour aufgrund deren "anti-islamischen Politik" durchgeführt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die Behörden gaben an, dass der Bombenanschlag ein gezieltes Attentat auf Haroom Biloor gewesen sei. Als Folge des Angriffes wurden die Wahlen im Wahlkreis PK-78 verschoben (Dawn 10.7.2018a).

Am 13. Juli kehrten der ehemalige Premierminister Nawaz Sharif und seine Tochter Maryam aus Großbritannien nach Pakistan zurück. Sie wurden bei ihrer angekündigten Ankunft am Flughafen Lahore verhaftet, nachdem sie eine Woche zuvor wegen Korruption in Abwesenheit zu zehn bzw. sieben Jahren Haft verurteilt wurden (CNN 13.7.2018; vgl. New York Times 13.7.2018). In Lahore kam es zu Protesten von Anhängern der Partei Pakistani Muslim League-Nawaz (PML-N), die vom ehemaligen Chief Minister der Provinz Punjab und derzeitigem Parteiführer der PML-N Shahbaz Sharif - Bruder des ehemaligen Premierministers - angeführt wurden (CNN 13.7.2018). Im Vorfeld der angekündigten Proteste wurden etwa 500 Mitglieder der PML-N von den Sicherheitskräften verhaftet (CNN 13.7.2018).

Am 9. Juli veröffentlichte die Nationale Behörde für Terrorismusbekämpfung (National Counter Terrorism Authority - NACTA) die Namen von sechs Persönlichkeiten, für die besondere Gefahr durch terroristische Angriffe bestünde: Imran Khan, Vorsitzender der Pakistan Tehreek-i-Insaf; Asfandyar Wali und Ameer Haider Hoti, Vorsitzende der Awami National Party; Aftab Sherpao, Vorsitzender der Qaumi Watan Party; Akram Khan Durrani, Vorsitzender der Jamiat Ulema-i-Islam-Fazl; und Talha Saeed, Sohn von Hafiz Saeed. Weitere Bedrohungen bestünden gegen die Führungsebenen der Pakistan Peoples Party und der Pakistan Muslim League-Nawaz. Das Innenministerium wurde angewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen für die Parteiführungen zu erhöhen (Dawn 10.7.2018b). Für den Wahltag am 25.7. werden etwa 372.000 Sicherheitskräfte eingeteilt, um einen sicheren Ablauf der Wahl zu gewährleisten (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 14.7.2018).

Quellen:

* CNN (11.7.2018): Pakistani Taliban claims responsibility for deadly election suicide attack, https://edition.cnn.com/2018/07/11/asia/pakistan-peshawar-taliban-suicide-attack-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018

* CNN (13.7.2018): Former Pakistani Prime Minister Nawaz Sharif arrested after return,

https://edition.cnn.com/2018/07/13/asia/nawaz-maryam-sharif-return-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018

* CNN (16.7.2018): At least 149 killed in Pakistan terror strike targeting political rally,

https://edition.cnn.com/2018/07/13/asia/pakistan-suicide-attack-balochistan-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018

* Dawn (10.7.2018a): TTP claims responsibility for Peshawar blast; ANP's Haroon Bilour laid to rest, https://www.dawn.com/news/1419202, Zugriff 17.7.2018

* Dawn (10.7.2018b): Nacta names six politicians under threat from terrorists, https://www.dawn.com/news/1419042, Zugriff 17.7.2018

* Dawn (13.7.2018): Mastung bombing: 128 dead, over 200 injured in deadliest attack since APS, IS claims responsibility, https://www.dawn.com/news/1419812, Zugriff 17.7.2018

* Dawn (13.7.2018b): Blast targets convoy of JUI-F leader Akram Khan Durrani in Bannu, 4 killed,

https://www.dawn.com/news/1419792/blast-targets-convoy-of-jui-f-leader-akram-khan-durrani-4-killed, Zugriff 17.7.2018

* Dawn (7.7.2018): 7 including MMA candidate injured in Bannu blast, https://www.dawn.com/news/1418562, Zugriff 17.7.2018

* Express Tribune, the (13.7.2018): Four die as blast targets Durrani,

https://tribune.com.pk/story/1756834/1-least-four-killed-16-injured-akram-durranis-convoy-comes-attack/, Zugriff 17.7.2018

* Nation, the (11.7.2018): Peshawar attack: death toll rises to 22, https://nation.com.pk/11-Jul-2018/peshawar-attack-death-toll-increase-to-20, Zugriff 17.7.2018

* Nation, the (14.7.2018): BAP candidate among 128 killed in Mastung blast,

https://nation.com.pk/14-Jul-2018/bap-candidate-among-128-killed-in-mastung-blast?show=preview/, Zugriff 17.7.2018

* News, the (13.7.2018): Four killed in bomb attack on Akram Durrani's rally in Bannu,

https://www.thenews.com.pk/latest/341264-several-injured-in-bomb-attack-near-convoy-of-ex-kp-cm-akram-durrani, Zugriff 17.7.2018

* ORF (13.7.2018): Anschlag in Pakistan: Zahl der Opfer steigt auf 128, http://www.orf.at//stories/2446861/, Zugriff 17.7.2018

* Standard, der (14.7.2018): Nach Selbstmordanschlag: Zahl der Toten steigt auf 140,

https://derstandard.at/2000083427458/Zwei-Bom

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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