TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/4 W176 2165274-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.03.2019

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W176 2165274-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX .1965, StA. Syrien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.07.2017, Zl. 1099177100 - 152004285/BMI-BFA_BGLD_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer brachte am XXXX 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX .2015 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes vor: Er sei arabischer Armenier stamme aus Aleppo, bekenne sich zum Christentum und sei legal aus Syrien ausgereist. Als Fluchtgrund gab er an, er habe Syrien des Krieges wegen verlassen und da sich seine (damalige) Ehefrau und seine Kinder in Österreich aufhielten. In seiner Heimatstadt gebe es keine Infrastruktur mehr. Außerdem habe er flüchten müssen, da er Christ sei und der IS ihn mehrmals bedroht habe. Der Beschwerdeführer legte seinen syrischen Reisepass vor.

2. Am XXXX 2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) erstmalig niederschriftlich einvernommen, führte der Beschwerdeführer - zusammengefasst - Folgendes an: Seine Frau und Kinder seien in Österreich. Sie hätten in Syrien zusammengelebt, nach der Ausreise seiner Frau und Kinder aus Syrien 2013 hätten sie getrennt gelebt. Er habe jetzt Kontakt zu seinen Kindern, zu seiner Frau jedoch keinen Kontakt. Seit der Ausreise seiner Familie habe er bis ca. 24.11.2015 in Aleppo gelebt. Der Beschwerdeführer legte mehrere ärztliche Befunde sowie jeweils eine kirchliche und eine standesamtliche Heiratsurkunde, einen Auszug aus dem Familienregister, einen Geburts- und Taufschein und einen Auszug aus seinem Militärbuch vor.

Am XXXX .2017 wurde der Beschwerdeführer abermals vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und führte Folgendes aus: Er habe sich bis XXXX .2015 in Aleppo aufgehalten. Seine Eltern seien bereits verstorben. Zu seiner Ehefrau und seinen Kindern habe er aktuell keinen Kontakt. Er sei in Syrien zwei Jahre in Haft gewesen. Er sei als Taxifahrer angezeigt worden, weil er Oppositionelle transportiert habe. Das habe aber nicht gestimmt, er habe mit Politik nichts zu tun. Irgendjemand habe ihn angezeigt.

Als Fluchtgründe gab der Beschwerdeführer an, seine Familie sei in Österreich und die wirtschaftliche Lage in Syrien sei schlecht. Weiters habe er Angst, dass es wieder zu Festnahmen komme, da zurzeit einer den anderen grundlos anzeige.

Er sei von XXXX in verschiedenen Haftanstalten gewesen. Während seiner Haft habe er aufgrund eines Besuchsverbotes niemanden empfangen dürfen. Die Haftanstalten würden XXXX , und XXXX , heißen. Er habe nicht gewusst, welche Anschuldigungen ihn erwartet hätten oder was mit ihm passiere. Die Verpflegung und der Umgang mit den Insassen seien schlecht gewesen. Als er in Haft gewesen sei, sei seine Mutter gestorben und seine Familie habe Syrien verlassen, er habe darüber keine Informationen gehabt. Sie habe auch nichts über sein Schicksal gewusst.

Nachgefragt, wieso er sich für Armenien ein Visum ausstellen habe lassen, gab der Beschwerdeführer an, nach seiner Freilassung habe er dort einen kleinen Urlaub verbringen wollen. Aber danach habe er sich überlegt, er wolle lieber bei seiner Familie sein. Er sei gar nicht nach Armenien gereist.

Der Beschwerdeführer gab an, er habe keinen Militärdienst geleistet, da er als einziger Sohn befreit gewesen sei und mittlerweile auch das (wehrpflichtige) Alter überschritten habe.

Der Beschwerdeführer gab weiters an, nicht persönlicher Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt gewesen zu sein, etwa von der syrischen Armee, dem IS oder sonstigen Gruppierungen. Er sei gegen das Verhalten von extremistischen Gruppierungen wie dem IS. Er interessiere sich überhaupt nicht für Politik. Das Regime habe Fehler gemacht. Er selbst habe in einem von der Regierung kontrollierten Viertel gelebt, es sei als Christ nicht möglich gewesen, in den Bezirken, wo die Opposition die Macht habe, zu leben. Dafür hätte er die Religion wechseln müssen.

Im Falle einer Rückkehr nach Syrien befürchte er, von der Opposition entführt zu werden oder wegen seiner religiösen Zugehörigkeit getötet zu werden, oder durch Raketen getötet zu werden. Von staatlicher Seite befürchte er, wieder festgenommen zu werden, da er schon beim ersten Mal festgenommen worden sei, obwohl er unschuldig gewesen sei. Er werde nicht behördlich gesucht und es bestehe auch kein Haftbefehl, da es ihm sonst nicht möglich gewesen sei, zu einem Reisepass zu kommen.

3. Mit Bescheid vom 04.07.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

Zur Abweisung des Antrags im Asylpunkt wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Verfolgung oder Bedrohung aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen zu befürchten habe.

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass er seine Heimat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe.

5. Mit Schreiben vom 20.07.2017, eingelangt am 24.07.2017, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verfahrensunterlagen - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. Mit Schreiben vom 28.12.2017, eingelangt am 02.01.2018, ergänzte der Beschwerdeführer seine Beschwerde dahingehend, dass seine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung darauf basiere, dass er als Christ von extremistisch-islamistischen Milizen bedroht sei und vom syrischen Regime inhaftiert worden sei.

7. Am 21.01.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche Beschwerdeverhandlung statt, an der die belangte Behörde entschuldigt nicht teilnahm.

Bei seiner Vernehmung gab der Beschwerdeführer u.a. Folgendes an: Er sei Syrer und armenischer Christ, er stamme aus Aleppo. Seine Frau, von der er getrennt lebe, lebe in Österreich. Er sei von ihr offiziell geschieden, aber nicht kirchlich. Er habe keinerlei Kontakt zu ihr oder seinen (ebenfalls in Österreich lebenden) Kindern. Er habe in Syrien zuletzt als Taxifahrer gearbeitet, bis ihn ein Mann, der ihn gekannt habe, angezeigt und behauptet habe, dass er Rebellen transportiere und mit ihnen zusammenarbeiten würde. Das Regime habe ihn daraufhin festgenommen und einvernommen. Daher sei sein Leben in Syrien nicht sicher. Er sei ca. zwei Jahre in Haft geschlagen, gefoltert und gedemütigt worden. Er sei mit verbundenen Augen von einem Ort zum anderen gebracht worden, habe nicht gewusst, wo er sei. Er sei immer wieder einvernommen worden, habe aber keine Informationen gehabt. Er sei in einer sehr schlechten seelischen Verfassung gewesen und habe jeden Tag gedacht, dass er getötet würde. Bei seiner letzten Einvernahme habe der Beamte ihm gesagt, er werde ein Leben lang in Haft bleiben, wenn er nicht zahle. Seine Schwester habe daraufhin für ihn gezahlt. Das habe er vor der belangten Behörde nicht angegeben, da Bestechung in Österreich ein Straftatbestand sei. Er habe Angst gehabt, trotz Zahlung getötet zu werden. Der einvernehmende syrische Beamte habe ihm gesagt, er müsse trotzdem Syrien verlassen. Er sei dann freigelassen worden und habe Syrien tatsächlich verlassen. Er sei im XXXX 2015 freigelassen worden und habe Syrien am XXXX .11.2015 verlassen.

Auf Vorhalt, dass er nicht gleich Syrien verlassen habe, brachte der Beschwerdeführer vor, er habe zwar immer in Aleppo gewohnt, aber immer woanders geschlafen.

Hinsichtlich der Umstände seiner Verhaftung gab der Beschwerdeführer an, er sei XXXX 2013 XXXX weg festgenommen worden und es habe kein Gerichtsverfahren gegeben. Er habe in einem Teil von Aleppo gewohnt, der vom Regime kontrolliert worden sei.

Auf Vorhalt, er habe in der Beschwerdeverhandlung angegeben, nicht zu wissen, wo er festgehalten wurde, in der Einvernahme vor der belangten Behörde aber zwei bestimmte Haftanstalten genannt, gab der Beschwerdeführer an, das seien nur die zwei Stationen gewesen, wo er damals festgehalten worden sei, für die Zeit danach könne er nichts sagen.

Auf Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen angegeben habe, dass Krieg herrsche, es keine Infrastruktur gebe und der IS ihn als Christ mehrmals bedroht habe, entgegnete der Beschwerdeführer, es stimme, dass er das gesagt habe. Er habe Angst gehabt zu sagen, dass er einen Beamten bestochen habe.

Nachgefragt, ob er jemals Personen transportiert habe, von denen er angenommen hatte, dass sie Rebellen seien, gab der Beschwerdeführer an, es habe in der Gegend, wo er gearbeitet habe, keine Rebellen gegeben, die meisten seiner KundInnen seien Frauen gewesen. Er sei Christ und habe sicher nicht mit den Oppositionellen oder den Rebellen gearbeitet.

Auf Vorhalt, dass die syrischen Behörden das wohl auch so einschätzten, gab der Beschwerdeführer an, dass das Regime anders denke; er habe versucht, das bei den ersten Einvernahmen zu erklären, aber sie hätten das nicht verstehen wollen. Die Tatsache, dass ein Schreiben gegen ihn aufliege, gelte.

Auf mehrere Vorhalte, wie er dann einen Reisepass erhalten habe und legal ausreisen habe können, brachte der Beschwerdeführer abermals vor, dass man mit Bestechungen alles erreichen könne und er Angst gehabt habe, im Verwaltungsverfahren dies anzugeben. Damals habe er diese Angst gehabt, jetzt nicht mehr.

Nachgefragt, ob er von islamistischen Gruppen bedroht worden sei, gab der Beschwerdeführer an, ja, als Christ sei er natürlich von den Islamisten bedroht worden. Näher nachgefragt, auf welche Weise dies geschehen sei, gab der Beschwerdeführer an, sicher werde er bedroht. Er habe Angst gehabt, bei den Checkpoints von den Islamisten kontrolliert zu werden, aber er habe keinen direkten Kontakt mit ihnen gehabt, er habe es vermieden, durch ihre Checkpoints zu fahren.

Auf Vorhalt, dass er bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde die Frage, ob er jemals persönlicher Verfolgung durch den IS oder sonstige Gruppierungen ausgesetzt gewesen sei, verneint habe, gab der Beschwerdeführer an, er sei nicht gesucht worden, könne aber nicht durch ihre Checkpoints fahren. Nachgefragt, ob es zutreffe, dass er wie bei seiner Erstbefragung angegeben, vom IS mehrfach bedroht worden sei, verneinte der Beschwerdeführer dies und gab an, er wäre bedroht worden, wenn er durch ihre Checkpoints gefahren wäre, das habe er aber nicht getan. Der IS habe manche Gebiete erobert und diese Gebiete seien dann vom Regime wieder befreit worden.

Nachgefragt, was er im Falle einer Rückkehr nach Syrien befürchte, gab der Beschwerdeführer an, er werde sicher sofort festgenommen, da sein Name auf einer schwarzen Liste stehe und dort etwas gegen ihn vorliege.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur hier relevanten Situation in Syrien:

Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Stand 25.01.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt am 24.08.2018):

Aktuelle Lage:

Die syrische Regierung unter Präsident Bashar al-Assad hat mit der Unterstützung Russlands seit Jahresbeginn 2018 große Gebiete zurückerobert und kontrolliert nun etwa 60 Prozent des syrischen Staatsgebietes und zwölf von vierzehn Provinzen.

Aus https://syria.liveuamap.com/ (Stand 26.02.2019) ergibt sich, dass in der Stadt Aleppo aktuell die syrische Regierung die Macht innehat.

Rechtsschutz/Justizwesen:

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, die Behörden sind in der Praxis jedoch oft politischen Einflüssen ausgesetzt. Die Ergebnisse von Fällen mit politischem Kontext scheinen oft schon vorbestimmt zu sein.

Wenn Personen, von denen angenommen wird, dass sie Regierungsgegner sind, vor Gericht gebracht werden, so ist es wahrscheinlich, dass es sich dabei um ein Anti-Terror-Gericht, welches 2012 eingerichtet wurde, oder ein Militärgericht handelt, obwohl es gegen die internationalen Standards für faire Prozesse verstößt, einen Zivilisten vor einem Militärgericht zu verurteilen. Das Anti-Terror-Gericht hält sich in seiner Arbeitsweise nicht an grundlegende Bedingungen einer fairen Gerichtsverhandlung. Manchmal dauern die Verhandlungen nur wenige Minuten und "Geständnisse", welche unter Folter gemacht wurden, werden als Beweismittel akzeptiert. Außerdem wird das Recht auf Rechtsberatung stark eingeschränkt. In Militärgerichten haben Angeklagte kein Recht auf einen Anwalt. Manchmal werden Angeklagte auch nicht über ihr Urteil informiert. In den ersten zweieinhalb Jahren seit seiner Errichtung soll das Anti-Terror-Gericht mehr als 80.000 Fälle behandelt haben.

Folter und unmenschliche Behandlung:

Willkürliche Festnahmen, Misshandlungen, Folter und Verschwindenlassen durch die Einheiten der Regierung sind weit verbreitet und systemisch in Syrien und geschehen zudem in einem Klima der Straflosigkeit. Folter wird eingesetzt, um an Informationen zu gelangen und um die Zivilbevölkerung zu bestrafen und zu terrorisieren. Folter und andere Misshandlungen wurden durch das syrische Regime schon seit Jahrzehnten genutzt, um Widerstand zu unterdrücken. Das syrische Regime und die mit ihm verbündeten Milizen begehen physische Misshandlungen und Folter an Oppositionellen und Zivilisten. Regierungsangestellte misshandeln Gefangene. Vergewaltigung und sexueller Missbrauch von Frauen, Männern und auch von Minderjährigen sind weit verbreitet und werden als Kriegstaktik eingesetzt. Manche Opfer von Folter werden festgenommen, weil sie Aktivisten sind, oder weil sie nicht als ausreichend regimetreu wahrgenommen werden. Mitglieder oder Verwandte von Mitgliedern bewaffneter Gruppen werden auch Opfer von Folter. Berichten zufolge wurden Familienmitglieder durch die Sicherheitskräfte der syrischen Regierung festgenommen, darunter auch Kinder, um gesuchte Personen dazu zu bewegen, sich den Sicherheitskräften zu stellen. Menschenrechtsgruppen zufolge hat das Regime seit März 2011 zwischen 17.500 und 60.000 Männer, Frauen und Kinder zu Tode gefoltert oder exekutiert. Die Toten werden häufig in Massengräbern begraben oder verbrannt und nur selten ihren Verwandten überstellt. Das syrische Regime stellt falsche Totenscheine aus, offenbar mit dem Ziel, die wahre Ursache und den Ort des Todes der Gefangenen zu verschleiern.

Korruption:

Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von 2015 von Transparency International liegt Syrien auf Platz 173 von 176 untersuchten Ländern. Das Gesetz sieht strafrechtliche Konsequenzen für amtliche Korruption vor, die Regierung setzt die diesbezüglichen Regelungen jedoch nicht effektiv durch. Beamte üben regelmäßig korrupte Praktiken aus, ohne dafür bestraft zu werden. Korruption ist weiterhin ein allgegenwärtiges Problem bei Polizei, Sicherheitskräften, Regierung und anderen Behörden. Milizen verlangen beispielsweise für das Passieren von Checkpoints, die sie kontrollieren, Bestechungsgelder. In der syrischen Armee gibt es eine Tradition der Bestechung, und es gibt die Möglichkeit, durch Bestechung eine bessere Position oder einfachere Aufgaben zu erhalten.

Korruption war bereits vor dem Bürgerkrieg weitverbreitet und beeinflusste das tägliche Leben der Syrer. Bürger müssen häufig Bestechungsgelder zahlen, um bürokratische Angelegenheiten abschließen zu können. Seit der Krieg in Syrien ausgebrochen ist, vermeiden Syrer, die Verfolgung durch den Staat befürchten, den Kontakt zu offiziellen Institutionen. Stattdessen müssen sie - z.B. im Falle wichtiger Dokumente - auf den Schwarzmarkt zurückgreifen.

Reservedienst:

Gemäß Artikel 15 des Gesetzesdekrets Nr. 30 von 2007 bleibt ein syrischer Mann nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes, und wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Erreichen des 42. Lebensjahres in den aktiven Dienst einberufen werden. Vor dem Ausbruch des Konflikts bestand der Reservedienst im Allgemeinen nur aus mehreren Wochen oder Monaten Ausbildung zur Auffrischung der im Militär erforderlichen Fähigkeiten, und die Regierung berief Reservisten nur selten ein. Seit 2011 hat sich das jedoch geändert. Es liegen außerdem einzelne Berichte vor, denen zufolge die Altersgrenze für den Reservedienst erhöht wird, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen hat (das gilt z.B. für Ärzte, Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung). Manche Personen werden zum Reservedienst einberufen, andere wiederum nicht, was von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Bei der Einberufung von Reservisten ist das Alter weniger entscheidend als der Beruf oder die Ausbildung einer Person, sowie Rang und Position während des bereits abgeleisteten Militärdienstes oder die Einheit, in der gedient wurde. Es scheint, dass es schwieriger wird, einen Aufschub zu erlangen, je länger der Konflikt andauert. Reservisten können je nach Gebiet und Fall auch im Alter von 50 bis 60 Jahren zum aktiven Dienst einberufen werden. Sie werden z.B. mittels Brief, den die Polizei persönlich zustellt, oder an Checkpoints rekrutiert.

Allgemeine Menschenrechtslage:

Ein Charakteristikum des Bürgerkriegs in Syrien ist, dass in ganz Syrien bestimmte Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen bzw. zugeschriebenen politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen werden oder ihnen auf andere Weise Schaden zugefügt wird. Diese Zuschreibung basiert oft nur auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in oder Herkunft aus einem bestimmten Gebiet, das als "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" gilt.

Die syrische Regierung, regierungstreue Einheiten und Sicherheitskräfte führen weiterhin willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen und Folter an Häftlingen durch, von denen viele in der Haft umkommen bzw. getötet werden. Das Regime und seine Verbündeten führten willkürliche und absichtliche Angriffe auf Zivilisten durch. Sie führten Angriffe mit Fassbomben, Artillerie, Mörsern und Luftangriffe auf zivile Wohngebiete, Schulen, Märkte und medizinische Einrichtungen durch, was zu zivilen Opfern führte.

Die staatlichen Sicherheitskräfte halten nach wie vor Tausende Menschen ohne Anklageerhebung über lange Zeit in Untersuchungshaft. Viele von ihnen sind unter Bedingungen inhaftiert, die den Tatbestand des Verschwindenlassens erfüllen. Systematische Folter und die Bedingungen in den Haftanstalten führen häufig zum Tod der Insassen. Es fehlt an Nahrung, Trinkwasser, Platz, Hygiene und Zugang zu medizinischer Versorgung.

Religionsfreiheit und ethnische Minderheiten:

Die Bevölkerung besteht überwiegend aus Arabern (hauptsächlich Syrer, Palästinenser und Iraker). Ethnische Minderheiten sind Kurden, Armenier, Turkmenen und Tscherkessen. Dazu kommen die chaldäischen und assyrischen Christen.

Innerhalb der Minderheiten gibt es eine Spaltung zwischen Gegnern und Befürwortern des syrischen Regimes.

In Syrien gibt es keine offizielle Staatsreligion, wobei die Verfassung jedoch vorsieht, dass der syrische Präsident Muslim sein muss, und dass die islamische Rechtsprechung eine Hauptquelle des Gesetzes darstellt. Die Behandlung von Angelegenheiten des Personenstandsrechtes erfordert die Zugehörigkeit jedes Bürgers zum Christentum, Islam oder Judentum, und die Personen fallen unter die jeweilige Gesetzgebung ihrer religiösen Gruppe in Fällen von Eheschließungen oder Scheidung. Die Religionszugehörigkeit einer Person wird nicht auf der Identitätskarte vermerkt, muss jedoch beim Zivilregister registriert werden. Es ist nicht möglich, "keine Religion" zu haben.

Am Beginn des Konfliktes waren Angriffe auf Minderheiten kein zentraler Bestandteil des Krieges, wobei manche Minderheiten der Gewalt mehr ausgesetzt waren als andere. Die Handlungen von Seiten des Regimes haben jedoch dazu beigetragen, dass die konfessionelle Dimension des Konfliktes eskalierte, was zu willkürlichen Angriffen gegen Zivilisten, auf Basis ihrer Identität und wahrgenommenen Verbindung mit der Regierung oder der Opposition, führte. Auch die vermehrte Beteiligung von internationalen Akteuren verstärkte die konfessionellen Spannungen.

Manche Mitglieder religiöser Minderheiten sehen die Regierung Präsident Assads als ihren einzigen Beschützer gegen gewalttätige sunnitisch-arabische Extremisten. Gleichzeitig sehen sunnitische Araber viele der syrischen Christen, Alawiten und schiitischen Muslime aufgrund ihrer fehlenden Unterstützung oder Neutralität gegenüber der syrischen Revolution als mit der syrischen Regierung verbündet an. Die Minderheiten sind zwischen den konfessionellen Spannungen gefangen und in ihrer Loyalität gespalten. Viele entschieden sich dafür, das Regime zu unterstützen, weil sie sich Schutz durch die syrische Regierung erhoffen, während andere Mitglieder von Minderheiten auf der Seite der Opposition stehen.

In Gebieten, welche der IS kontrolliert, wurden Christen gezwungen eine Schutzsteuer zu zahlen, zu konvertieren oder liefen Gefahr getötet zu werden.

Da sich die Motive politischer, ethnischer, konfessioneller und religiöser Gewalt überschneiden, ist es schwierig, Übergriffe als lediglich religiös motiviert zu kategorisieren.

Bewegungsfreiheit:

Die steigende Anzahl an Checkpoints der verschiedenen bewaffneten Konfliktparteien, die schweren Kämpfe und die generelle unsichere Lage im Land schränken stark die Bewegungsfreiheit der syrischen Bevölkerung und den Transport von lebensnotwendigen Gütern ein. Das syrische Regime blockiert systematisch Regionen, welche von den Rebellen kontrolliert werden, und die Rebellen und der sogenannte Islamische Staat (IS) wenden dieselbe Taktik auf von der Regierung kontrollierte Gebiete an.

Die syrische Regierung verweigert die Ausstellung von Reisepässen oder anderen wichtigen Dokumenten aufgrund der politischen Einstellung einer Person, deren Verbindung zu oppositionellen Gruppen oder der Verbindung zu einem geographischen Gebiet, in dem die Opposition dominiert. Das syrische Regime verlangt außerdem ein Ausreisevisum und schloss regelmäßig den Flughafen Damaskus und Grenzübergänge. Über Menschenrechtsaktivisten oder andere Aktivisten der Zivilgesellschaft, deren Familien oder Bekannte werden häufig Ausreiseverbote verhängt. Viele Personen erfahren erst von einem Ausreiseverbot, wenn ihnen die Ausreise verweigert wird. Grund oder Gültigkeitsdauer werden häufig nicht genannt.

Die Landgrenzen werden durch die Nachbarstaaten streng überwacht, und es gibt strikte Bedingungen für Einreisevisa, um in den Libanon oder die Türkei einreisen zu können.

1.2. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger und gehört der ethno-religiösen Minderheit der armenischen Christen an. Er stammt ursprünglich aus Aleppo. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX .1965 geboren.

Der Beschwerdeführer reiste XXXX 2015 mit einem am XXXX 2015 ausgestellten Reisepass legal aus Syrien aus. In diesem befand sich auch ein am 25.08.2015 ausgestelltes Visum für Armenien.

Der Beschwerdeführer stellte am XXXX 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Der Beschwerdeführer hat nie den Wehrdienst bei der syrischen Armee abgeleistet, da er als einziger Sohn seiner Familie von dessen Ableistung befreit war. Aktuell droht ihm angesichts seines Alters und seiner fehlenden militärischen Ausbildung nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit, im Falle seiner Rückkehr nach Syrien zum Militärdienst eingezogen zu werden.

Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht, im Falle seiner Rückkehr nach Syrien aufgrund (unterstellter) oppositioneller Gesinnung Repressalien ausgesetzt zu werden.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätte.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Situation in Syrien stützen sich auf das aktuelle Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation vom 25.01.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt am 24.08.2018). Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Die der Entscheidung zu Grunde gelegten Länderberichte wurden den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht, welche die Richtigkeit der Berichte nicht in Abrede stellten.

2.2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers basieren auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen und seinen diesbezüglichen Angaben. Seine Angaben zu seiner Person decken sich mit den vorgelegten Unterlagen und sind vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht gleichgeblieben.

2.2.2. Die Feststellungen zu den Umständen der Ausreise des Beschwerdeführers basieren auf dem vorgelegten syrischen Reisepass des Beschwerdeführers sowie seinen Angaben in der Erstbefragung sowie in zwei Einvernahmen vor der belangten Behörde. Im erstinstanzlichen Verfahren gab der Beschwerdeführer gleichbleibend an, legal ausgereist zu sein und ohne Probleme einen Reisepass erhalten zu haben. Erst vor dem Bundesverwaltungsgericht und auf Nachfrage bzw. Vorhalt gab der Beschwerdeführer an, den Reisepass nur durch Bestechung erhalten zu haben und nur unter Bestechung ausgereist zu sein. Obwohl dies grundsätzlich möglich wäre, ist dieses Vorbringen im Fall des Beschwerdeführers nicht glaubhaft, da er es erstmals in der Beschwerdeverhandlung vorgebracht hat und nicht nachvollziehbar darlegen konnte, warum er bislang im Verfahren mehrmals Gegenteiliges angegeben hatte. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich hierbei um eine Steigerung des Vorbringens des Beschwerdeführers handelt und ist von den Angaben im Verwaltungsverfahren auszugehen. In der Einvernahme vor der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer die Frage, ob er behördlich gesucht werde oder gegen ihn ein Haftbefehl bestehe, verneint und sogar selbst angegeben, sonst wäre es ihm ja nicht möglich gewesen, einen Reisepass zu bekommen.

2.2.3. Die Feststellung zur Stellung des Antrags auf internationalen Schutz stützt sich auf die Aktenlage.

2.2.4. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Befreiung nie den Wehrdienst abgeleistet hat sowie die (negative) Feststellung zur Gefahr einer Einziehung des Beschwerdeführers zum syrischen Militär basieren auf folgenden Erwägungen:

Es ist unstrittig und hat der Beschwerdeführer dies selbst so vorgebracht, dass er seinen Wehrdienst in Syrien nie abgeleistet hat, da er als einziger Sohn seiner Familie eine Befreiung erhalten hatte. Weiters hat der Beschwerdeführer auch selbst angegeben, für den Wehrdienst mittlerweile zu alt zu sein. Angesichts dessen, dass er sich im Entscheidungszeitpunkt im 54. Lebensjahr befindet und nicht nur keine Spezial-, sondern gar keine militärische Ausbildung absolviert hat, ist auch im Lichte der Länderberichte nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien die Einziehung zum Militärdienst droht.

2.2.5. Die (negative) Feststellung zur Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund (unterstellter) oppositioneller Gesinnung basiert auf folgenden Erwägungen:

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass in Syrien Oppositionelle willkürlich verhaftet, gefoltert und ohne Anklageerhebung über lange Zeit in Untersuchungshaft gehaltn werden. Es geht jedoch nicht davon aus, dass dies den Beschwerdeführer betreffend der Fall war, und zwar aus folgenden Gründen:

In der Erstbefragung und der ersten Einvernahme vor der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer als Fluchtgründe lediglich den Krieg in Syrien, die zerstörte Infrastruktur, den Aufenthalt seiner Familie in Österreich sowie die Bedrohung durch den IS als Christ angegeben. Erst in der zweiten Einvernahme vor der belangten Behörde brachte er erstmals vor, in Haft gewesen zu sein. In Hinblick auf dieses Fluchtvorbringen hat sich der Beschwerdeführer mehrmals in Widersprüche verwickelt und vermochte diese auch auf Nachfrage in der Beschwerdeverhandlung nicht aufzuklären. Er hat etwa einmal angegeben, in zwei bestimmten Haftanstalten festgehalten worden zu sein, ein anderes Mal, nicht zu wissen, wo er festgehalten worden sei und immer wieder verlegt worden zu sein. Auch konnte der Beschwerdeführer den Grund für seine Verhaftung bzw. die ihm von den syrischen Behörden angeblich unterstellte politische Gesinnung nicht nachvollziehbar darlegen.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb (erst) nach zwei Jahren Haft von ihm verlangt worden sei, für seine Freilassung zu zahlen, bzw. weshalb er nach der (vorgebrachten) expliziten Aufforderung, das Land zu verlassen, noch ein weiteres halbes Jahr in Syrien gelebt habe, obwohl er sich vor einer erneuten Verhaftung gefürchtet habe. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf das ihm am 25.08.2015 (und damit deutlich vor seiner Ausreise XXXX ) ausgestellte und ab diesem Tag gültige Visum für Armenien hinzuweisen, das er nach eigenen Angaben beantragt hatte, um nach der Entlassung aus der Haft auf Urlaub zu fahren. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist wenig plausibel, dass der Beschwerdeführer, der nach seinen Angaben nach Entlassung aus der Haft Angst vor Verfolgung, abermaliger Verhaftung oder sogar Tötung gehabt habe, Syrien nicht unmittelbar nach Ausstellung des genannten Visums nach Armenien verlassen, sondern noch etwa XXXX Monate in Aleppo verbracht hat.

Schlussendlich ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer einen Reisepass beantragt hat, ihm ein solcher ausgestellt wurde, und er damit legal aus Syrien ausreisen konnte. Hätte er sich wirklich auf einer "schwarzen Liste" als Oppositioneller befunden, hätte ihm das Regime die Ausstellung eines Passes und die Ausreise verweigert.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wegen unterstellter oppositioneller Gesinnung in Haft gewesen zu sein und im Falle seiner Rückkehr auch weiterhin davon bedroht zu sein ist somit nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer hat auch nicht vorgebracht, sich jemals (in Syrien oder in Österreich) an Demonstrationen gegen das Regime beteiligt zu haben oder sich anderweitig oppositionell betätigt oder geäußert zu haben. Darüber hinaus kann auch nicht angenommen werden, dass die Asylantragstellung den syrischen Behörden bekannt ist; denn den österreichischen Behörden ist es untersagt, entsprechende Daten an die syrischen Behörden weiterzugeben und diese könnten von einer solchen Antragstellung nur erfahren, wenn der Beschwerdeführer diese von sich aus mitteilen würde.

2.2.6. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätte, ergibt sich aus obigen Erwägungen sowie daraus, dass für den Beschwerdeführer im gesamten Verfahren keine weiteren asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht wurden oder hervorgekommen sind. Insoweit der Beschwerdeführer Bedrohung als Christ durch den IS vorgebracht hat, ist darauf hinzuweisen, dass er einerseits das Vorbringen persönlich mehrmals durch den IS bedroht worden zu sein in der Beschwerdeverhandlung revidiert und dahingehend abgeändert hat, dass er bedroht worden wäre, wenn er IS-Checkpoints nicht vermieden hätte sowie darauf, dass andererseits der IS weitgehend seine territoriale Macht in Syrien verloren hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 i. d.F. BGBl. I Nr. 70/2015, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf inter-nationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zu-rückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert, deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/-20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).

Im Umstand, dass im Heimatland des Beschwerdeführers Bürgerkrieg herrscht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe VwGH 26.11.1998, 98/20/0309, 0310 und VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Eine Furcht kann vielmehr nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in derselben Situation auch fürchten würde. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0132).

3.2.2. Es ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine drohende Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK glaubhaft zu machen:

Denn wie oben festgestellt kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevanten Verfolgungshandlungen von hinreichender Intensität ausgesetzt wäre. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle seiner Rückkehr nach Syrien eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wird, da er sein Fluchtvorbringen nicht glaubhaft gemacht hat, ihm ein syrischer Reisepass ausgestellt wurde und er legal ausgereist ist; andere asylrelevante Gründe hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht und sind im Verfahren auch nicht hervorgekommen.

3.2.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung (vgl. die oben unter Punkt 3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes); schließlich ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

3.3.2. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

3.3.3. Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylantragstellung, asylrechtlich relevante Verfolgung,
Asylverfahren, begründete Furcht vor Verfolgung, Bürgerkrieg,
erhebliche Intensität, Fluchtgründe, Glaubhaftmachung,
Glaubwürdigkeit, inländische Schutzalternative, innerstaatliche
Fluchtalternative, maßgebliche Wahrscheinlichkeit, mündliche
Verhandlung, Nachvollziehbarkeit, Reisedokument, Schutzfähigkeit des
Staates, staatlicher Schutz, Unzumutbarkeit, wirtschaftliche Gründe,
wirtschaftliche Situation, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W176.2165274.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten