TE Bvwg Beschluss 2019/3/5 L509 2188571-2

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Veröffentlicht am 05.03.2019
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Entscheidungsdatum

05.03.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L509 2188571-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. PAKISTAN, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2019, Zl. 1176553402-190136436-190198732, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte am 13.12.2017 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Zusammengefasst brachte der BF zu seinen Fluchtgründen vor, er habe sein Heimatland wegen seiner Religion verlassen. Er sei Ahmadi und habe daher in Pakistan keine religiöse Freiheit. Ahamdis dürften nicht beten und hätten keine Menschenrechte. Es gebe auch keine Möglichkeit einer Arbeit nachzugehen.

2. Dieser Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 20.1.2018 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstadt Pakistan abgewiesen. Weiters wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß 57 AsylG erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Pakistan zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde dem BF eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft des der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt.

3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.8.2018, Zl. L506 2188571-1/3E, wurde die Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass der BF Moslem und Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Ahmadi ist, sowie der Volksgruppe der Punjabi angehört. Es wurde nicht festgestellt, dass der BF im Heimatstaat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war oder pro futuro ausgesetzt sein würde. Das Erkenntnis erwuchs mit seiner Zustellung an den Vertreter des BF am 16.8.2018 in Rechtskraft.

4. Am 16.9.2018 wurde der BF von der deutschen Bundespolizei am Grenzübergang Saalbrücke an die österreichische Polizei übergeben und mit Bescheid des BFA vom 17.9.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung seiner Abschiebung verhängt.

5. Am 24.09.2018 wurde vom BFA ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eröffnet und am 6.2.2019 wurde der BF von der pakistanischen Botschaft als pakistanischer Staatsbürger identifiziert sowie eine Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates erteilt.

6. Am 7.2.2019 stellte der BF den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag). Als Grund für den Antrag brachte er vor, dass er Ahmadi sei und dass sich in Pakistan nichts geändert hätte. Die "Volksgruppe" würde dort nicht geduldet. Ahmadi würden dort täglich umgebracht werden. Von der in Österreich ansässigen Ahmadi- Gemeinschaft könne er sich bestätigen lassen, dass er ein Ahmadi ist. Dies alles sei ihm schon bekannt gewesen als er das erste Mal um Asyl angesucht habe und es habe sich daran auch nichts geändert.

7. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 13.2.2019 gab der BF an, seit der Rechtskraft des letzten Erkenntnisses habe sich keine Änderung in seinen familiären Verhältnissen hier in Österreich ergeben, genauso wenig hätten sich seine Familienverhältnisse im Herkunftsstadt geändert. Seinen Aufenthalt in Österreich habe er zunächst über die Grundversorgung und über die Sozialhilfe finanziert, seit fünf Monaten bekäme er keine Grundversorgung mehr. Im Herkunftsstadt hätte er in einer Klinik als Rezeptionist gearbeitet. Er habe den neuerlichen Antrag gestellt, weil er nicht nach Pakistan zurückkehren wolle. Dies habe er alles schon gesagt und jetzt würde er auch wieder das gleiche sagen. Er sei Ahmadi und die Ahmadis hätten in Pakistan Probleme. Sie dürften z.B. nicht den Koran lesen, wenn sie es wollten, sie dürften die Religion nicht ausüben. Die pakistanische Regierung verbiete den Ahmadi an Wahlen teilzunehmen. Es sei für die Ahmadis schwierig und sie würden immer in Angst leben. Sie wüssten nie, ob sie überleben können. Diese Probleme hätten alle Ahmadis.

8. Am 27.2.2019 wurde der BF in Gegenwart eines Rechtsberaters neuerlich einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahme gab er im Wesentlichen an, dass die bisher gemachten Angaben aufrecht bleiben. Er habe vollständige Angaben gemacht und seine Probleme geschildert. Er wolle in Österreich bleiben und um Asyl bitten. Die Länderfeststellungen zu Pakistan hätte er nicht lesen können, da diese in Deutsch abgefasst sind. An seine Rechtsberatung habe er sich diesbezüglich nicht gewandt.

9. Mit dem amtswegig beim BVwG vorgelegten und damit angefochtenen, mündlich verkündeten Bescheid vom 27.2.2019 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz aufgehoben.

Das BFA stellte fest, dass der BF im Zuge des gegenständlichen Folgeantragsverfahren keine asylrelevanten Gründe glaubwürdig vorgebracht habe und dass sich kein neuer Sachverhalt ergeben habe. Der Neuantrag auf internationalen Schutz vom 7.2.2019 werde daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des BF nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde, oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Der BF habe in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht. Er habe keine sozialen Kontakte, die ihn binden. Zur Lage im Herkunftsstaat wurden dem Beschwerdeführer umfangreiche und aktuelle Länderfeststellungen in Form des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation betreffend das Herkunftsland Pakistan zur Kenntnis gebracht.

Weiters wird in der Bescheidbegründung ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im gegenständlichen Verfahren dieselben Ausreisegründe, nämlich Probleme in Pakistan aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Ahmadi, angegeben, die er bereits im Vorverfahren angegeben hatte. Das Parteibegehren decke sich mit dem des Vorverfahrens. Die vom BF vorgelegten Beweismittel (provisorische Nachweis der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Ahmadis vom 12.2.2019, ausgestellt von der Ahmadi Muslim Jammat Österreich sowie ein Bericht über eine Fact Finding Mission in Pakistan) würden keine Änderung der Entscheidung bewirken. Die Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Ahmadis sei dem Beschwerdeführer schon im abschließenden Erkenntnis des Erstverfahrens nicht abgesprochen worden. Der vom BF vorgelegte Bericht über die Fact Finding Mission aus dem Jahr 2014, würde ebenfalls keine neuen Sachverhalte hervorbringen. Es handelt sich dabei überdies um einen Bericht, der schon vor Abschluss des Erstverfahrens publiziert worden war und auf den der BF bereits im Erstverfahren hätte verweisen können. Der BF habe Österreich nach Rechtskraft des Vorverfahrens in Richtung Deutschland verlassen. Es bestünde jedoch nach wie vor eine aufrechte Rückkehrentscheidung, da der BF nicht das Hoheitsgebiet der Europäischen Union verlassen hat. Aufgrund des Vorbringens und der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland Pakistan drohe dem Beschwerdeführer keine Verletzung im Sinne des § 12a Abs. 2 Z. 3 AsylG.

Es liege somit ein Folgeantrag vor. Das Vorverfahren sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.8.2018 rechtskräftig. Es bestehe eine aufrechte Rückkehrentscheidung und der BF verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen, da sich kein neuer Sachverhalt ergeben habe und der BF sich lediglich auf die schon behandelten Fluchtgründe bezogen hätte. In der allgemeinen Lage im Herkunftsland Pakistan habe sich ebenso nichts Entscheidungswesentliches geändert. Auch bei seinen persönlichen Verhältnissen und seinem körperlichen Zustand habe es keine entscheidungswesentlichen Änderungen gegeben.

Es würden somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des vorläufigen Abschiebeschutzes vorliegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oben beschriebene Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt; insbesondere die Umstände, dass der Beschwerdeführer am 13.12.2017 seinen 1. Antrag auf internationalen Schutz, der letztlich mit Bescheid des BFA vom 31.01.2018 Zl. 1176553402-171385099, gem. §§ 3, 8 und 10 AsylG - rechtskräftig durch Erkenntnis des BVwG vom 14.08.2018, Zl. L506 2188571-1/3E - abgewiesen worden ist, gestellt hat, sowie dass er am 16.09.2018 in Deutschland von der Polizei aufgegriffen und nach Österreich rücküberstellt wurde. Die Entscheidung des BFA vom 31.01.2018 umfasste in Spruchpunkt IV eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG mit der Feststellung, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Diese Entscheidung wurde mit Zustellung des Erkenntnisses des BVwG an den Rechtsvertreter des BF am 16.08.2018 rechtskräftig.

Es steht auch fest, dass der BF nach Rückübernahme aus Deutschland am 17.09.2018 in Schubhaft genommen und dass in der Folge ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates über die pakistanische Botschaft eingeleitet wurde. Nach Bestätigung der Identität des BF und Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die pakistanische Botschaft, wovon der BF im Zuge der Verhandlung beim BVwG betreffend die Schubhaft am 07.02.2019 Kenntnis erlangte, stellte der BF am 07.02.2019 den gegenständlichen Folgeantrag gem. § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG.

Den Folgeantrag begründete der BF mit dem schon im ersten Verfahren erstatteten Vorbringen, dass sich im Wesentlichen auf die Ausführung beschränkt, dass er Mitglied der Religionsgemeinschaft der Ahmadi sei und er aus diesem Grund in Pakistan asylrelevante Verfolgung befürchte. Einen seit der rechtskräftigen Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz hinausgehenden, geänderten Sachverhalt sowohl in Bezug auf die Gründe für die Ausreise als auch auf eine allfällige Rückkehrgefährdung oder im Hinblick auf seine Integration hat der BF nicht geltend gemacht. Es ergeben sich daher begründete Anhaltspunkte, dass der gegenständliche Folgeantrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird.

Eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des BF als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines nationalen oder internationalen Konfliktes, ergibt sich weder aus der derzeitigen allgemeinen Lage im Herkunftsland Pakistan noch aus den persönlichen und familiären Umständen des BF.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich unzweifelhaft aus den Akten des BFA.

Der BF wurde am 08.02.2019 zu seinem Folgeantrag erstbefragt und am 13.02.2019 asylbehördlich jeweils in seiner Muttersprache (Urdu) einvernommen. Am 27.02.2019 nahm der BF die ihm kostenlos beigestellte Rechtsberatung in Anspruch und wurde er nach Inanspruchnahme der Rechtsberatung im Beisein dieser neuerlich asylbehördlich einvernommen. Es wurde ihm Gelegenheit gegeben, zu den ihm bereits am 25.02.2019 übergebenen Herkunftslandinformationen Stellung zu nehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des hier anzuwendenden ASylG 2005 idgF lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz

§ 12. (1) Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt.

(2) Der Aufenthalt eines Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dem kein Aufenthaltsrecht zukommt, ist für die Dauer des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt lediglich im Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich sein Aufenthaltsort im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 4 befindet, zulässig. Darüber hinaus ist sein Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet zulässig, wenn und solange dies

1. zur Erfüllung von gesetzlichen Pflichten notwendig ist;

2. notwendig ist, um Ladungen von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden Folge zu leisten oder

3. für die Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung und Behandlung notwendig ist.

Nach Abschluss des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt ist der Aufenthalt des Fremden, solange ihm faktischer Abschiebeschutz zukommt, im gesamten Bundesgebiet zulässig.

(3) Der Aufenthalt gemäß Abs. 1 und 2 stellt kein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 dar.

Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

Zu A)

Nicht-Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes:

Der nunmehrige 2. Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 07.02.2019 ist als Folgeantrag gem. § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG zu qualifizieren. Zu Recht hat das Bundesasylamt ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines Folgeantrages gemäß § 12a Abs. 3 AsylG kein faktischer Abschiebeschutz zukommt, da gegen ihn aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des BFA vom 31.01.2018 Zl. 1176553402-171385099, gem. §§ 3, 8 und 10 AsylG eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, der der BF bis dato nicht nachgekommen ist. Die Rückkehrentscheidung ist mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen, jedenfalls fristgerechten Ausreise in dessen Herkunftsstaat. Mit der Ausreise nach Deutschland ist der BF der Verpflichtung, den EU-Raum zu verlassen, nicht nachgekommen. Der BF hat überdies den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz erst gestellt, als ihm bekannt gegeben wurde, dass für ihn ein Heimreisezertifikat beschafft und seine Abschiebung organisiert wird.

Das BFA führte im angefochtenen Bescheid zutreffend aus, dass sich vor dem Hintergrund der allgemeinen Lage in Pakistan seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht entscheidungsrelevant geändert hat. Eine entscheidungsrelevante allgemeine Lageänderung im Herkunftsstaat wurde auch seitens des BF nicht substantiiert geltend gemacht; sein individuelles Vorbringen, wonach sich die Lage für die Ahmadis in Pakistan verschlimmert hätte, ohne dies mit konkreten Darstellungen zu untermauern, hat keinen glaubhaften Kern und würde (hypothetisch, selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens) zum anderen auch keine relevante Lageänderung darstellen, da der Beschwerdeführer bereits im vorangegangenen Verfahren nicht glaubhaft angegeben hat, Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Ahmadiya ausgesetzt zu sein.

Das BFA hat somit zu Recht den faktischen Abschiebeschutz aufgrund des Folgeantrages vom 07.02.2019 aufgehoben.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. (Vergl. dazu etwa VwGH Ra 2018/19/0010 vom 12.12.2018)

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real risk, reale
Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L509.2188571.2.00

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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