Entscheidungsdatum
05.03.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L508 2186602-1/17E
Schriftliche Ausfertigung des am 04.02.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Pakistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.02.2019 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird in allen angefochtenen Spruchpunkten als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und der Volksgruppe der Paschtunen sowie der schiitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.06.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der verschiedenen Befragungen zu seinen Fluchtgründen tätigte der BF unterschiedliche Angaben und stellte in der Folge auch unter falscher Identität einen weiteren Asylantrag. So gab er im Rahmen der Erstbefragung am 24.04.2014 an, dass er Pakistan ausschließlich wegen der schlechten Sicherheitslage für Schiiten verlassen habe. Er selbst sei zwar nie individuell bedroht worden, jedoch seien seine Familienangehörigen bei Anschlägen getötet worden und sei auch er bei diesen Anschlägen verletzt worden. Am 27.11.2014 stellte der BF unter falschem Nationale als XXXX, geb.XXXX, StA. Afghanistan, einen weiteren Asylantrag in Österreich. Im Rahmen dieser Erstbefragung gab er befragt zu seinem Fluchtgrund wie folgt an: "Mein Vater war einer der Anführer der Hazare in Pakistan. Deswegen wurde er getötet. Auf mich wurde auch ein Angriff verübt. Von diesem Angriff habe ich viele Verletzungen und jetzt noch Narben davongetragen. Seitdem habe ich körperliche und psychische Beschwerden. Aus Angst um mein Leben musste ich fliehen. Anderer Fluchtgründe habe ich nicht." Im Rahmen der weiteren Einvernahmen beharrte der BF zunächst darauf Afghane zu sein. Ferner brachte er vor, auch in Behandlung bei einem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie zu sein; dies deshalb da er an Panikattacken und Ohnmachtsanfällen leiden würde. Ferner wurden ärztliche Befunde in Vorlage gebracht, aus welchen sich ergibt, dass der BF unter Epilepsie leidet. Vom BFA nachgefragt, gab der BF an, dass er bereits in Pakistan diesbezüglich medizinisch und medikamentös versorgt worden sei.
Ferner gab der BF an, dass er bei einem Selbstmordanschlag seinen Vater verloren habe und sei er auch selbst bei diesem Anschlag in Quetta, vermutlich zwischen 2005 und 2006, verletzt worden. Er sei Afghane, jedoch lebe seine Familie seit 50 Jahren in Pakistan. Er wäre auch für 10 oder 11 Jahre im Iran aufhältig gewesen. Im Falle einer Rückkehr befürchte er als Angehöriger der Hazara in Afghanistan verfolgt zu werden. Im Rahmen der letzten Einvernahme durch die belangte Behörde am 11.10.2017 gestand der BF, nach Vorhalt des Ermittlungsergebnisses der Bundeskriminalamtes zu seinem Personalausweis schließlich ein, pakistanischer Staatsbürger zu sein. Pakistan habe er deswegen verlassen, um seiner Frau und seinem Sohn eine bessere Zukunft zu bitten. Im Falle einer Rückkehr fürchte er sich vor der schlechten Sicherheitslage in XXXX.
3. Eurodac-Treffer- Ergebnisse ergaben, dass der BF bereits seit dem Jahr 2012, jedenfalls seit dem 17.09.2012 in Europa aufhältig war. An diesem Tag stellte er seinen ersten Asylantrag in Norwegen, am 28.11.2012 in Großbritannien, am 18.01.2013 in Schweden, am 15.03.2013 in Irland, von wo er offenbar wieder nach Norwegen überstellt wurde, denn dort scheint am 03.07.2013 eine weitere ED-Behandlung wegen Asylantrages auf. Ein weiterer Asylantrag wurde am 05.05.2014 in Griechenland gestellt, bevor er am 24.06.2014 in Österreich Ihren ersten Asylantrag stellten.
4. Bei einer Personsdurchsuchung des BF wurde ein pakistanischer Personalausweis sichergestellt werden, aus welchem sich sein Name und sein Geburtsdatum ergibt. Dieser Personalausweis wurde nach einer Überprüfung durch das BKA als authentisch qualifiziert. Auch im Rahmen der ersten Asylantragstellung gab der BF diese Identität an. In der Folge ging die belangte Behörde sohin von jener Identität aus, welche sich aus dem Personalausweis ergab.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 30.01.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Dem Ausreisevorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt. In der rechtlichen Beurteilung wurde begründend dargelegt, warum der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
6. Dagegen erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seine damalige Vertretung (Verein ZEIGE) fristgerecht mit Schriftsatz vom 14.02.2018 bezüglich Spruchpunkt II. bis VI. Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.
6.1. In der Beschwerde wird betont, dass sich diese ausschließlich gegen die Spruchpunkte II bis VI richtet, da dem Vertreter des BF ebenfalls nicht erkennbar gewesen sei, inwiefern der BF konkrete Asylgründe in nachvollziehbarer Art und Weise vorgebracht habe.
6.2. Der Bescheid werde jedoch insofern angefochten, als es um den Gesundheitszustand des BF gehe. Ein entsprechendes Beweisverfahren sei vom BFA nicht geführt worden. Es sei erkennbar gewesen, dass der geistige Zustand des BF ein solcher war, dass die belangte Behörde einen Facharzt einschalten hätte müssen, notfalls auch mit der Zustimmung des BF eine Besachwaltung ventilieren hätte können. Es werde daher der Antrag gestellt, eine umfangreiche ärztliche Untersuchung des BF vornehmen zu lassen, insbesondere auch dahingehend, ob der BF überhaupt wahrnehmungs- und wiedergabefähig sei, bzw. nicht Schritte zur Bestellung eines Sachwalters angebracht wären. Auch möge der Verhandlung ein Sachverständiger für Pakistan beigezogen werden.
6.3. Auch hätte die belangte Behörde die Rückkehrsituation des BF einer besonders genauen Prüfung unterziehen müssen. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines subsidiären Schutzberechtigten habe die belangte Behörde verkannt, dass es im Bereich des Wahrscheinlichen liege, dass der BF in den Zustand einer existenzbedrohenen Krise geraten könnte, dies primär durch die ihm fehlenden Mittel zur Behandlung seiner Krankheit, aber auch der mangelnden Existenzgrundlage in seiner Heimat.
von Amts wegen zu erteilen sei.
6.4. Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.
7. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 27.12.2018 teilte diese dem BVwG mit, dass der BF im Bundesgebiet wiederholt straffällig geworden sei und dass wegen der wiederholten Straffälligkeit und der bestehenden erhöhten Fluchtgefahr über den BF mit Bescheid vom 13.12.2017 die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens angeordnet worden sei und sich der BF seit 21.12.2018 in Schubhaft befinde. Ferner wurde in diesem Schreiben mitgeteilt, dass hinsichtlich des BF eine positive Identifizierung vorliege und dass eine Zustimmung der pakistanischen Behörden zu seiner Rückübernahme vorliege.
8. Am 04.02.2019 wurde vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, an welcher der Beschwerdeführer sowie sein Rechtsvertreter teilnahmen. Das BFA ist der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt, Erörterung der Länderberichte zur Situation in Pakistan sowie ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei.
Nach Schluss der Verhandlung verkündete die erkennende Richterin mündlich gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG das Erkenntnis samt den wesentlichen Entscheidungsgründen und erteilte Rechtsmittelbelehrung. Die Beschwerde wurde in den angefochtenen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.
9. Mit Schreiben vom 18.02.2019 beantragte der Beschwerdeführervertreter die schriftliche Ausfertigung des am 04.02.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
1.3. Prüfungsumfang
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2. Zur Entscheidungsbegründung:
Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes sowie der am 04.02.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.
Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.
Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:
2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:
Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und islamischen Glaubens. Aufgrund der widersprüchlichen Angaben des BF konnte weder festgestellt werden, ob es sich beim BF um einen Angehörigen der Volksgruppe der Hazara handelt noch ob er Schiite oder Sunnite ist.
Die Identität und Nationalität des Antragstellers konnte durch den im Rahmen einer Personsdurchsuchung des BF sichergestellten pakistanischen Personalausweis festgestellt werden. Dieser Personalausweis wurde nach einer Überprüfung durch das Bundeskriminalamt als authentisch qualifiziert. Ferner ist eine Zustimmung der pakistanischen Behörden zur Rückübernahme des BF evident.
Die Beschwerde wurde ausschließlich gegen die Spruchpunkte II bis VI des angefochtenen Bescheides erhoben und ist Spruchpunkt I des Bescheides vom 30.01.2018 somit in Rechtskraft erwachsen ist.
Die im Verfahren vor dem BFA geltend gemachten Fluchtgründe waren daher nicht mehr zu erörtern. Auch der in der Stellungnahme vom 04.02.2019 vorgebrachten Benachteiligung aufgrund der Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara kommt folglich keine Relevanz zu. Darüberhinaus ist festzuhalten, dass nicht festgestellt werden kann, dass der BF tatsächlich der Minderheit der Hazara angehört.
Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Es konnten keine Gründe festgestellt werden, die einer Rückkehr bzw. Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.
Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.
Beim Beschwerdeführer wurde die Krankheit Epilepsie diagnostiziert sowie in der Vergangenheit eine traumatische Belastungsstörung. Der BF befindet sich weder in ärztlicher noch in psychotherapeutischer Behandlung. Ärztliche Befunde, welche dem BF eine Prozessunfähigkeit attestieren, wurden nicht in Vorlage gebracht. Auch aus dem psychiatrischen Gutachten vom 15.03.2018, welches im Auftrag des Bezirksgerichtes Leopoldstadt ergangen ist, ergibt sich, dass die Diskretionsfähigkeit erhalten ist. Es liegen keine Verdachtsmomente vor, aus denen sich ergibt, dass der Beschwerdeführer krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, sich selbst im Asylverfahren zu vertreten bzw. dieses zu betreiben und selbst seine Interessen wahrzunehmen und er für die Vertretung im Asylverfahren die Unterstützung durch einen rechtskundigen Sachwalter benötige. Aus Sicht des BVwG besteht kein Grund die Prozessfähigkeit des BF in Zweifel zu ziehen. Dem schlossen sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung sowohl der BF als auch der BFV an.
Es konnten keine Gründe festgestellt werden, die einer Rückkehr bzw. Rückführung (Abschiebung) des BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Beim BF wurde Epilepsie diagnostiziert und in der Vergangenheit eine traumatische Belastungsstörung. Der BF befindet sich weder in ärztlicher noch in psychotherapeutischer Behandlung und wird er auch nicht medikamentös behandelt. Der BF gab vor der belangten Behörde wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG an, dass er betreffend der Epilepsie-Erkrankung bereits in Pakistan behandelt worden war. Auch aus den dem Verfahren beigezogenen Feststellungen ergibt sich, dass Epilepsie sowie psychische Erkrankungen in Pakistan behandelt werden. Der BF leidet aktuell nicht an Epilepsie und trat die Erkrankung letztmalig gemäß seinen Angaben im Jahr 2015 oder 2016 zu Tage. Aktuelle ärztliche bzw. medizinische Befunde, welche eine Behandlung in Österreich erforderlich erscheinen lassen, hat der BF nicht in Vorlage gebracht. Der Beschwerdeführer leidet zweifelsfrei an keiner Krankheit, welche einer Abschiebung in Hinblick auf Artikel 3 EMRK und der diesbzgl. ergangene rezidenten Judikatur des EGMR entgegensteht.
Weder physisch noch psychisch weist der Beschwerdeführer maßgebliche körperliche Einschränkungen oder Erkrankungen auf. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer an einer per se lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, die in Pakistan nicht behandelbar ist.
Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. In Österreich halten sich keine Verwandten des BF auf. Der BF befindet sich in der Grundversorgung und lebt von staatlicher Unterstützung. Die einzige Beschäftigung, welcher er bisher nachgegangen ist, ist jene über gerichtlich angeordnete Sozialstunden bei einem Bauhof in XXXX.
Der Beschwerdeführer behauptete zwar in der mündlichen Verhandlung einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 absolviert zu haben, eine diesbzgl. Bestätigung konnte er aber nicht vorlegen. Ferner gab auch der BFV an, dass ihm ein Besuch respektive die Absolvierung eines Deutschkurses durch den BF nicht bekannt sei. Dass der Beschwerdeführer Deutschkurse absolviert respektive positiv abgeschlossen hat, kann sohin nicht festgestellt werden. Er beherrscht die deutsche Sprache auch nur in sehr geringem Ausmaß (siehe VH-Schrift Seite 8).
Der BF verrichtet auch keine gemeinnützigen Arbeiten. Er leistet auch keine offizielle ehrenamtliche Tätigkeit und ist nicht Mitglied in Vereinen. Es wurden auch keine Unterstützungserklärung oder Empfehlungsschreiben in Vorlage gebracht.
Gegen eine gelungene Integration spricht insbesondere auch die wiederholte Straffälligkeit des Beschwerdeführers in Österreich.
So wurde er von österreichischen Strafgerichten fünfmal rechtskräftig verurteilt:
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Baden vom 12.02.2016 (Rechtskraft: 07.04.2016) wegen der am 08.04.2015 begangenen Straftat gemäß § 127 StGB; § 125 StGB; § 83 (1) StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tags zu je 4,00 EUR (400,00 EUR) im NEF 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 17.11.2016 (Rechtskraft: 22.11.2016) wegen der am 30.06.2016 begangen Straftat gemäß § 83 (1 u 2) StGB; § 229 (1) StGB sowie § 15 StGB § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 02.02.2018 (Rechtskraft: 06.02.2018) wegen der am 20.12.2017 begangen Straftat gemäß §27 SMG, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14.02.2018 (Rechtskraft: 14.02.2018) wegen der am 21.01.2018 begangen Straftat gemäß § 15 StGB, § 141 StGB, §27 SMG, §15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Monat.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 23.05.2018 (Rechtskraft: 29.05.2018) wegen der am 25.11.2018 begangen Straftat gemäß §15 StGB, §127 StGB zu keiner Zusatzstrafe unter Bedachtnahme auf das Urteil des LG für Strafsachen vom 02.02.2018 (RK 06.02.2018).
Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.
Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil in Pakistan verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo er zweifelsfrei auch über soziale Anknüpfungspunkte verfügen wird. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer als arbeitsfähig und -willig anzusehen. Der Beschwerdeführer spricht Urdu, Dari und Farsi.
Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Pakistan festzustellen ist.
2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan war insbesondere festzustellen:
Zur Lage in der Islamischen Republik Pakistan werden folgende - im Zuge der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführte - Länderfeststellungen dem Verfahren zugrunde gelegt:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 21.06.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt am 15.11.2018)
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 15.11.2018: Proteste nach Freispruch in Blasphemiefall Asia Bibi (betrifft: Abschnitte 2/Politische Lage;
4/Rechtsschutz/Justizwesen; 15/Todesstrafe; 16/Religionsfreiheit, insb. 16.3/Christen und 16.5/ Blasphemiegesetze)
Der Oberste Gerichtshof Pakistans hat am 31.10.2018 das Todesurteil gegen Asia Bibi wegen Gotteslästerung aufgehoben und sie von allen Vorwürfen freigesprochen (Standard 3.11.2018, vgl. Guardian 31.10.2018), nachdem Bibis Berufung gegen das Todesurteil des Lahore High Court zuletzt im Oktober 2016 ohne Anhörung vom Obersten Gericht in Islamabad vertagt wurde, da sich einer der Richter weigerte, den Fall zu verhandeln (Dawn 8.10.2018). Die Urteilsverkündung, wodurch Bibi nach neun Jahren Haft im Todestrakt freigelassen werden soll (Guardian 31.10.2018), wurde ab 8.10.2018 drei Wochen lang vorgehalten (Dawn 8.10.2018; vgl. Guardian 31.10.2018), da Befürworter der Blasphemiegesetze drohten, das Land lahmzulegen und die Richter zu töten, falls Bibis Todesurteil nicht aufrecht erhalten werde (Guardian 31.10.2018).
Nach Bekanntwerden des Urteils kam es landesweit zu tagelangen Protesten durch Islamisten (Standard 3.11.2018; vgl. Dawn 3.11.2018a). Paramilitärische Sicherheitskräfte wurden in der Hauptstadt Islamabad eingesetzt, um den Obersten Gerichtshof, die Diplomatenviertel und die Wohnsiedlung der Richter zu schützen (Guardian 31.10.2018; vgl. Dawn 30.10.2018). Nach einer Einigung mit der Regierung erklärte die Islamistenpartei Tehreek-e-Labaik (TLP) die Massenproteste am 3.11.2018 für beendet (Standard 3.11.2018;
vgl. ORF 4.11.2018). Die Demonstranten entfernten die Barrikaden in den großen Städten; Karachi, Lahore und Islamabad kehrten zur Normalität zurück. Geschäfte und Schulen waren wieder geöffnet (ORF 4.11.2018).
Nach dem Freispruch gab es Bestrebungen, Bibi so schnell wie möglich außer Landes zu bringen (Guardian 31.10.2018). Ein zwischen TLP und Regierung unterzeichnetes Fünf-Punkte-Papier sieht vor, dass sich die Regierung einem am 1.11.2018 eingebrachten Überprüfungsantrag zum Urteil (Review Petition) durch die TLP nicht entgegenstellt und Bibi die Ausreise aus Pakistan untersagt wird (Standard 3.11.2018; vgl. Zeit 3.11.2018, Express Tribune 1.11.2018, BBC 8.11.2018). Zum derzeitigen Aufenthaltsort von Asia Bibi gab es keine offiziellen Angaben (Zeit3.11.2018). Sie wurde am 7. November 2018 aus dem Gefängnis entlassen und befindet sich nun in Pakistan an einem geheimen Ort (BBC 8.11.2018). Pakistanische Medien haben
seit dem Freispruch gemutmaßt, sie könne das Land bereits verlassen haben (BBC 8.11.2018; vgl. Tagesanzeiger 4.11.2018). Journalisten, die dies ohne offizielle Bestätigung berichteten, wurden von Informationsminister Fawad Hussein als "äußerst verantwortungslos" bezeichnet (BBC 8.11.2018).
Der Pakistanische Informationsminister Fawad Chaudhry erklärte, von der Regierung würden alle notwendigen Schritte gesetzt, um Bibis Sicherheit zu gewährleisten (BBC 3.11.2018). Bibis Ehemann und ihre Töchter wechseln ständig ihren Aufenthaltsort (ORF 4.11.2018) und bitten in anderen Staaten um Asyl (BBC 8.11.2018, vgl. Tagesanzeiger 4.11.2018). Der Anwalt von Asia Bibi hat aus Sorge um die eigene Sicherheit wie auch dem Wohlergehen seiner Familie das Land verlassen (Standard 3.11.2018; vgl. Zeit 3.11.2018, ORF 4.11.2018,
BBC 8.11.2018). Menschenrechtler kritisierten die Vereinbarung zwischen der Regierung und den Islamisten als Bankrotterklärung des Rechtsstaates (Zeit 3.11.2018), während Fawad Chaudhry erklärte, die Übereinkunft wurde getroffen, um die Proteste ohne Gewaltausübung zu beenden (BBC 3.11.2018).
Nachdem am 8.10.2018 das Urteil gegen Bibi vorgehalten wurde, wurden die Medien angehalten, über diesen Fall nicht zu berichten (Dawn 8.10.2018; vgl. Guardian 31.10.2018, Express Tribune 31.10.2018). Auch wurde eine Berichterstattung über die Proteste nach dem Freispruch von Medien vermieden (Guardian 31.10.2018). In Folge der Proteste, die teilweise von Vandalismus und Brandstiftung begleitet waren, wurden in der Provinz Punjab ca. 1.100 Personen festgenommen (Daily Pakistan 5.11.2018).
Die Spannungen in Pakistan wurden durch die Nachricht von der Ermordung des bedeutenden pakistanischen Religionsführers Sami ul-Haq verschärft, der am 2.11.2018 in seinem Haus in Rawalpindi von Unbekannten niedergestochen wurde. Ul-Haq, der auch als "Vater der Taliban" bekannt war, war ein Verbündeter der regierenden Tehreek-e-Insaf-Partei von Premierminister Imran Khan. Dieser verurteilte die Ermordung und ordnete eine Untersuchung an. Die afghanischen Taliban sprachen in einer Erklärung von "einem großen
Verlust für die gesamte islamische Nation". In Ul-Haqs Koranschulen wurden spätere Taliban-Größen wie Mullah Omar und Jalaluddin Haqqani ausgebildet (Standard 3.11.2018; vgl. ORF 4.11.2018).
Quellen:
• BBC (3.11.2018): Asia Bibi: Deal to end Pakistan protests over blasphemy case,
https://www.bbc.com/news/world-asia-46080067, Zugriff 5.11.2018
• Dawn (3.11.2018): Live blog: Protests on Asia Bibi's acquittal, https://www.dawn.com/live-blog/, Zugriff 5.11.2018
• Dawn (30.10.2018): Supreme Court acquits Asia Bibi, orders immediate release,
https://www.dawn.com/news/1442396, Zugriff 5.11.2018
• Dawn (8.10.2018): Supreme Court reserves verdict on Asia Bibi's final appeal against execution, https://www.dawn.com/news/1437605/supreme-court-reserves-verdict-onasia-bibis-final-appeal-against-execution,
Zugriff 5.11.2018
• Express Tribune, the (1.11.2018): Review petition filed against SC verdict,
https://tribune.com.pk/story/1838656/1-review-petition-filed-aasia-bibis-acquittal/, Zugriff 5.11.2018
• Express Tribune, the (31.10.2018): Aasia Bibi acquitted by Supreme Court,
https://tribune.com.pk/story/1837746/1-security-beefed-sc-prepares-announce-aasiabibi-verdict/, Zugriff 5.11.2018
• Guardian (31.10.2018): Asia Bibi: Pakistan court overturns blasphemy death sentence,
https://www.theguardian.com/world/2018/oct/31/asia-bibi-verdict-pakistancourt-overturns-blasphemy-death-sentence, Zugriff 5.11.2018
• ORF (4.11.2018): Pakistan: Zukunft von Christin Asia Bibi weiter unsicher, https://religion.orf.at/stories/2945335/,
Zugriff 5.11.2018
• Standard, der (3.11.2018): Anwalt von freigesprochener Christin verließ Pakistan,
https://derstandard.at/2000090586614/Anwalt-von-freigesprochener-Christin-verliess-Pakistan,Zugriff 5.11.2018
• Zeit (3.11.2018): : Islamisten erzwingen mögliche Berufung im Fall Bibi,
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/pakistan-asia-bibi-christin-freispruchproteste-gotteslaesterung-islam, Zugriff 5.11.2018
• Tagesanzeiger (4.11.2018): Ehemann von freigesprochener Christin bittet um Asyl,
https://www.tagesanzeiger.ch/news/standard/ehemann-von-freigesprochener-christinbittet-um-syl/story/17378032, Zugriff 5.11.2018
• DW - Deutsche Welle (3.11.2018): Nach Blasphemie-Freispruch: Asia Bibi immer noch in Haft,
https://www.dw.com/de/nach-blasphemie-freispruch-asia-bibi-immernoch-in-haft/a-46140621, Zugriff 5.11.2018
• Daily Pakistan (5.11.2018): Hundreds arrested for vandalism during protests against Asia Bibi's acquittal, https://en.dailypakistan.com.pk/headline/hundreds-arrested-forvandalism-during-protests-against-asia-bibis-acquittal/, Zugriff 5.11.2018
• BBC (8.11.2018): Pakistan blasphemy case: Asia Bibi freed from jail, https://www.bbc.com/news/world-asia-46130189, Zugriff 14.11.2018
Kommentar:
Blasphemie wird laut pakistanischem Strafgesetzbuch mit dem Tode bestraft. Bisher wurde noch kein Mensch in Pakistan wegen Blasphemie hingerichtet (Guardian 31.10.2018; vgl. LIB Pakistan, Abschnitt 16.5). Jedoch wurden seit 1990 mindestens 65 Personen, die der Blasphemie bezichtigt wurden, bei Aktionen der Selbstjustiz getötet (Guardian 31.10.2018).
Der Fall gegen Bibi demonstriert, wie in Pakistan Beschuldigungen der Blasphemie verwendet werden, um persönliche Streitigkeiten auszutragen und wie Entscheidungen am Beginn des gerichtlichen Instanzenweges Angeklagte aus Angst um deren Leben nicht freisprechen möchten (Guardian 31.10.2018). Im Jahr 2011 wurden der Gouverneur der Provinz Punjab, Salmaan Taseer, sowie der Minister für Minderheiten, Shahbaz Bhatti, ermordet, nachdem sie öffentlich Asia Bibi verteidigt hatten und sich für eine Reform der
Blasphemiegesetze ausgesprochen hatten (Guardian 31.10.2018; vgl. LIB Pakistan, Abschnitt 16.5).
KI vom 31.7.2018: Wahlen am 25.7.2018 (betrifft: Abschnitt 2/Politische Lage)
Am 25. Juli 2018 fanden in Pakistan Wahlen statt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass zwei gewählte Regierungen in Folge ihre volle Amtszeit dienen konnten (EUEOM 27.7.2018). Neben der Nationalversammlung wurden auch vier Provinzversammlungen (Punjab, Sindh, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan) gewählt (NDTV 26.7.2018).
Laut offiziellem Resultat der Wahlkommission erlangte die Partei Tehreek-e-Insaf (PTI) von Imran Khan 115 Sitze im Parlament in Islamabad. Die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) unter Shehbaz Sharif folgte mit 64 Sitzen, die Partei Pakistan Peoples Party (PPP) von Bilawal Bhutto kam mit 43 auf den dritten Platz (Dawn 30.7.2018). Khan hat noch keinen Koalitionspartner. Um alleine regieren zu können, hätte die PTI 137 Sitze benötigt (NZZ 28.7.2018). Die PML-N und PPP kündigten bereits an, in der Opposition gegen Imran Khan zusammenzuarbeiten (Dawn 30.7.2018). Imran Khan begann zunächst Koalitionsgespräche mit der Partei Muttahidda Qaumi Movement (MQM) (Dawn 28.7.2018).
Die Armee hatte am Wahltag 370.000 Soldaten eingesetzt, die die Wahllokale sichern sollten (NZZ 28.7.2018; vgl. EUEOM 27.7.2018). Zusätzlich waren 450.000 Polizisten im Einsatz. Die Befugnisse des Sicherheitspersonals wurden im Vergleich zur vorigen Wahl erweitert (EUEOM 27.7.2018). Erstmals waren Soldaten nicht nur vor, sondern auch in den Wahllokalen anwesend, auch während der Auszählung der Stimmen. Der Leiter der EU-Wahlbeobachtermission, Michael Gahler, sagte am Donnerstag gegenüber lokalen Medien, dem ersten Eindruck nach hätten sich die Soldaten strikt an ihren Einsatzbefehl gehalten (NZZ 28.7.2018).
Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlkommission landesweit bei 51,7 Prozent (ECP o.D.). Etwa 106 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. Neun Millionen Frauen hatten sich erstmals als Wählerinnen registrieren lassen. Obwohl es vereinzelt Beschwerden gab, dass Frauen von der Stimmabgabe abgehalten wurden, war die Wahlbeteiligung von Frauen anscheinend höher als früher. Die Wahlkommission hatte angeordnet, dass die Ergebnisse von Distrikten, in denen die Stimmen der Frauen unter 10 Prozent blieben, ungültig seien. Fast alle Parteien umwarben deshalb in diesem Jahr die Pakistanerinnen, wählen zu gehen (NZZ 28.7.2018). In den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) stieg die Zahl der Frauen, die als Wählerinnen registriert waren, um 66 Prozent gegenüber der vorhergehenden Wahl (EUEOM 27.7.2018; vgl. NZZ 28.7.2018).
Obwohl Schritte unternommen wurden, die Beteiligung von Minderheiten an den Wahlen zu sichern, blieb die Situation der Ahmadiya-Gemeinschaft unverändert. Ahmadis werden weiterhin in einem separaten Wählerverzeichnis geführt Eine Novelle des Wahlgesetzes 2017 hätte Ahmadis ins generelle Wählerverzeichnis inkludiert, diese Änderung wurde jedoch am 23.11.2017 nach Massenprotesten wieder rückgängig gemacht (EUEOM 27.7.2018).
Die Wahlverlierer prangerten auch Wahlfälschung an und erklärten, sie würden das Ergebnis nicht anerkennen. Sharif erklärte, das Militär habe die Abstimmung zugunsten Khans manipuliert. Auch Bilawal Bhutto sprach, ebenso wie Vertreter islamistischer Parteien, von Wahlfälschung (NZZ 28.7.2018). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlvorgang als transparent und gut durchgeführt ein, bemerkte jedoch Schwierigkeiten bei der Auszählung. Die Wahlhelfer hielten die Prozeduren nicht immer ein und hatten Schwierigkeiten, die Formulare für die Resultatsübermittlung korrekt auszufüllen (EUEOM 27.7.2018). Bei der pakistanischen Wahlkommission wurden bis kurz nach Schließung der Wahllokale 654 Beschwerden registriert, die ausschließlich Verstöße gegen die Wahlordnung betreffen würden. Über das Militär habe es keine Beschwerde gegeben (Standard 26.7.2018). Durch technische Probleme im erstmals eingesetzten Result Transmission System (RTS) kam es zu Verzögerungen der Bekanntgabe von Sprengelergebnissen an die Wahlkommission (EUEOM 27.7.2018).
Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale (EUEOM 27.7.2018). Bei einem Selbstmordanschlag in Quetta kamen 31 Menschen ums Leben, darunter auch Kinder und Polizisten, 35 Personen wurden verletzt. Der IS reklamierte den Anschlag für sich (Standard 26.7.2018; vgl Dawn 26.7.2018). In Khuzdar wurde bei einem Granatenangriff auf ein Wahllokal ein Polizist getötet (Dawn 26.7.2018; vgl. Standard 25.7.2018). Weiters gab es regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018). Bereits im Vorfeld der Wahl waren bei mehreren Anschlägen auf Parteien und Kandidaten mehr als 180 Menschen getötet worden (Standard 25.7.2018; vgl. Kurzinformation vom 18.7.2018).
Reporter ohne Grenzen berichten von zahlreichen Einschränkungen für Journalisten während des Wahlkampfes. In den vergangenen Monaten seien unabhängige Medien wiederholt zensiert und kritische Journalisten bedroht, tätlich angegriffen und entführt worden (ROG 25.7.2018). Auch die Wahlbeobachtermission der EU sah deutliche Hinweise für Einschränkungen der Redefreiheit durch staatliche und nicht-staatliche Akteure (EUEOM 27.7.2018). Gemäß Reporter ohne Grenzen versuchten insbesondere das Militär und die Geheimdienste eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern (ROG 25.7.2018). Weit verbreitete Selbstzensur der Berichterstatter hinderte gemäß EU-Wahlbeobachtermission Wahlberechtigte daran, eine qualifizierte Wahlentscheidung zu treffen (EUEOM 27.7.2018).
Quellen:
* Dawn (26.7.2018): 'Naya Pakistan' imminent: PTI leads in slow count of 11th general elections vote, https://www.dawn.com/news/1421984/voting-underway-across-pakistan-amid-tight-security-with-only-hours-left-till-polling-ends, Zugriff 30.7.2018
* Dawn (28.7.2018): Imran starts preparations for formation of govt at Centre,
https://www.dawn.com/news/1423370/imran-starts-preparations-for-formation-of-govt-at-centre, Zugriff 30.7.2018
* Dawn (30.7.2018): PPP, PML-N join hands to give Imran tough time, https://www.dawn.com/news/1423776/ppp-pml-n-join-hands-to-give-imran-tough-time, Zugriff 30.7.2018
* ECP -Election Commission of Pakistan (o.D.a): Assembly Wise Voters Turnout, https://www.ecp.gov.pk/frmstats.aspx, Zugriff 30.7.2018
* EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu_eom_pakistan_2018_-_preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf, Zugriff 30.7.2018
* NDTV - New Delhi Television Limited (26.7.2018): Pakistan Election Results Live Updates: "Want To Fix India-Pak Ties," Says Imran Khan, https://www.ndtv.com/world-news/pakistan-election-result-2018-live-updates-imran-khan-on-brink-of-victory-after-millions-vote-in-pak-1889205, Zugriff 30.7.2018
* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (28.7.2018): Imran Khan triumphiert in Pakistan,
https://www.nzz.ch/international/wahlen-in-pakistan-imran-khan-triumphiert-ld.1406380, Zugriff 30.7.2018
* ROG - Reporter ohne Grenzen (25.7.2018): Pakistan - Einschränkungen während Wahlkampfes, http://www.rog.at/pm/pakistan-einschraenkungen-waehrend-wahlkampfes/, Zugriff 30.7.2018
* Standard, der (25.7.2018): Dutzende Tote in Pakistan bei Anschlag am Wahltag,
https://derstandard.at/2000084092243/Dutzende-Tote-bei-Anschlag-am-Tag-der-Parlamentswahl-in-Pakistan, Zugriff 30.7.2018
* Standard, der (26.7.2018): Ex-Cricketstar Imran Khan steuert auf Wahlsieg in Pakistan zu,
https://derstandard.at/2000084154112/Pakistans-Regierungspartei-PML-N-spricht-von-Wahlfaelschung, Zugriff 30.7.2018
KI vom 18.7.2018: Anschläge und Proteste im Vorfeld der Wahlen am 25.7.2018
Im Vorfeld der Wahlen am 25. Juli 2018 kam es zu zahlreichen Anschlägen mit Todesopfern (Dawn 13.7.2018a).
Am 13. Juli sind bei einem Selbstmordanschlag in Mastung, Provinz Belutschistan, nach offiziellen Angaben 149 Menschen ums Leben gekommen und über 200 Menschen verletzt worden (CNN 16.7.2018). Das Attentat hatte einer Veranstaltung der Baluchistan Awami Partei gegolten (Dawn 13.7.2018a; vgl. ORF 13.7.2018, CNN 16.7.2018). Es ist der schwerste Anschlag in Pakistan seit vielen Jahren - ähnlich viele Tote gab es zuletzt beim Angriff der Taliban auf die Armeeschule in Peschawar im Dezember 2014 mit ca. 150 Toten (Standard 14.7.2018) - und der Terrorangriff mit den zweitmeisten Todesopfern in der Geschichte Pakistans (CNN 16.7.2018). Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich (ORF 13.7.2018; vgl. CNN 16.7.2018, Standard 14.7.2018), ebenso wie die Ghazi-Gruppe der radikalislamischen Taliban (Standard 14.7.2018). In Folge des Anschlages wurden die Wahlen im Wahlkreis PB-35 (Mastung) verschoben (Nation 14.7.2018).
Ebenfalls am 13. Juli wurden in Bannu [Provinz Khyber Pakhtunkhwa, nahe der Grenze zu den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA)] bei einem Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung des Chief Minister der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Akram Khan Durrani, vier Menschen getötet und 32 Menschen verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. News 13.7.2018). Durrani wurde bei dem Anschlag nicht verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. Dawn 13.7.2018b). Durrani tritt im Wahlkreis NA-35 (Bannu) als Kandidat der Partei Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) an (Dawn 13.7.2018b; vgl News 13.7.2018). Ebenfalls in Bannu wurden wenige Tage zuvor am 7.7. bei einem Bombenangriff auf einen Konvoi des Kandidaten der Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) für den Wahlkreis PK-89, Sherin Malik, sieben Personen, darunter der Kandidat, verletzt (Dawn 7.7.2018).
Am 10. Juli wurden bei einem Selbstmordanschlag in Peschawar, Hauptstadt der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, 22 Menschen getötet und 63 Personen verletzt (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 11.7.2018). Unter den Toten befindet sich Haroom Bilour, Provinzvorsitzender der Awami National Party (ANP) (Dawn 10.7.2018a) und Kandidat für den Wahlkreis Peschawar PK-78 (Nation 11.7.2018; vgl. Dawn 10.7.2018a). Die Pakistanischen Taliban haben sich zu dem Anschlag bekannt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die ANP war bereits im Vorfeld der Wahlen 2013 ein Hauptziel der Taliban (Nation 11.7.2018). Gemäß Angaben der Taliban wurde der Angriff auf Bilour aufgrund deren "anti-islamischen Politik" durchgeführt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die Behörden gaben an, dass der Bombenanschlag ein gezieltes Attentat auf Haroom Biloor gewesen sei. Als Folge des Angriffes wurden die Wahlen im Wahlkreis PK-78 verschoben (Dawn 10.7.2018a).
Am 13. Juli kehrten der ehemalige Premierminister Nawaz Sharif und seine Tochter Maryam aus Großbritannien nach Pakistan zurück. Sie wurden bei ihrer angekündigten Ankunft am Flughafen Lahore verhaftet, nachdem sie eine Woche zuvor wegen Korruption in Abwesenheit zu zehn bzw. sieben Jahren Haft verurteilt wurden (CNN 13.7.2018; vgl. New York Times 13.7.2018). In Lahore kam es zu Protesten von Anhängern der Partei Pakistani Muslim League-Nawaz (PML-N), die vom ehemaligen Chief Minister der Provinz Punjab und derzeitigem Parteiführer der PML-N Shahbaz Sharif - Bruder des ehemaligen Premierministers - angeführt wurden (CNN 13.7.2018). Im Vorfeld der angekündigten Proteste wurden etwa 500 Mitglieder der PML-N von den Sicherheitskräften verhaftet (CNN 13.7.2018).
Am 9. Juli veröffentlichte die Nationale Behörde für Terrorismusbekämpfung (National Counter Terrorism Authority - NACTA) die Namen von sechs Persönlichkeiten, für die besondere Gefahr durch terroristische Angriffe bestünde: Imran Khan, Vorsitzender der Pakistan Tehreek-i-Insaf; Asfandyar Wali und Ameer Haider Hoti, Vorsitzende der Awami National Party; Aftab Sherpao, Vorsitzender der Qaumi Watan Party; Akram Khan Durrani, Vorsitzender der Jamiat Ulema-i-Islam-Fazl; und Talha Saeed, Sohn von Hafiz Saeed. Weitere Bedrohungen bestünden gegen die Führungsebenen der Pakistan Peoples Party und der Pakistan Muslim League-Nawaz. Das Innenministerium wurde angewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen für die Parteiführungen zu erhöhen (Dawn 10.7.2018b). Für den Wahltag am 25.7. werden etwa 372.000 Sicherheitskräfte eingeteilt, um einen sicheren Ablauf der Wahl zu gewährleisten (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 14.7.2018).
Quellen:
* CNN (11.7.2018): Pakistani Taliban claims responsibility for deadly election suicide attack, https://edition.cnn.com/2018/07/11/asia/pakistan-peshawar-taliban-suicide-attack-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018
* CNN (13.7.2018): Former Pakistani Prime Minister Nawaz Sharif arrested after return,
https://edition.cnn.com/2018/07/13/asia/nawaz-maryam-sharif-return-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018
* CNN (16.7.2018): At least 149 killed in Pakistan terror strike targeting political rally,
https://edition.cnn.com/2018/07/13/asia/pakistan-suicide-attack-balochistan-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018
* Dawn (10.7.2018a): TTP claims responsibility for Peshawar blast; ANP's Haroon Bilour laid to rest, https://www.dawn.com/news/1419202, Zugriff 17.7.2018
* Dawn (10.7.2018b): Nacta names six politicians under threat from terrorists, https://www.dawn.com/news/1419042, Zugriff 17.7.2018
* Dawn (13.7.2018): Mastung bombing: 128 dead, over 200 injured in deadliest attack since APS, IS claims responsibility, https://www.dawn.com/news/1419812, Zugriff 17.7.2018
* Dawn (13.7.2018b): Blast targets convoy of JUI-F leader Akram Khan Durrani in Bannu, 4 killed,
https://www.dawn.com/news/1419792/blast-targets-convoy-of-jui-f-leader-akram-khan-durrani-4-killed, Zugriff 17.7.2018
* Dawn (7.7.2018): 7 including MMA candidate injured in Bannu blast, https://www.dawn.com/news/1418562, Zugriff 17.7.2018
* Express Tribune, the (13.7.2018): Four die as blast targets Durrani,
https://tribune.com.pk/story/1756834/1-least-four-killed-16-injured-akram-durranis-convoy-comes-attack/, Zugriff 17.7.2018
* Nation, the (11.7.2018): Peshawar attack: death toll rises to 22, https://nation.com.pk/11-Jul-2018/peshawar-attack-death-toll-increase-to-20, Zugriff 17.7.2018
* Nation, the (14.7.2018): BAP candidate among 128 killed in Mastung blast,
https://nation.com.pk/14-Jul-2018/bap-candidate-among-128-killed-in-mastung-blast?show=preview/, Zugriff 17.7.2018
* News, the (13.7.2018): Four killed in bomb attack on Akram Durrani's rally in Bannu,
https://www.thenews.com.pk/latest/341264-several-injured-in-bomb-attack-near-convoy-of-ex-kp-cm-akram-durrani, Zugriff 17.7.2018
* ORF (13.7.2018): Anschlag in Pakistan: Zahl der Opfer steigt auf 128, http://www.orf.at//stories/2446861/, Zugriff 17.7.2018
* Standard, der (14.7.2018): Nach Selbstmordanschlag: Zahl der Toten steigt auf 140,
https://derstandard.at/2000083427458/Zwei-Bomben-im-pakistanischen-Wahlkampf-mindestens-20-Tote, Zugriff 17.7.2018
1) Politische Lage
Pakistan ist ein Bundesstaat der sich aus den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa zusammensetzt. Das Hauptstadtterritorium Islamabad ("Islamabad Capital Territory") ist eine eigene Verwaltungseinheit unter Bundesverwaltung. Für die "Federally Administered Tribal Areas" (FATA, Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) bestimmte bis 28.5.2018 die pakistanische Verfassung, dass die vom Parlament beschlossenen Gesetze nur dann gelten, wenn dies der Präsident explizit anordnet (AA 10.2017a). Am 28.5.2018 unterzeichnete Präsident Mamnoon Hussain die FATA Interim Governance Regulation 2018, die etwa zwei Jahre lang gültig sein wird (NHT 28.5.2018). Am 31.5.2018 wurden die FATA mit Khyber Pakhtunhkhwa vereinigt und die ehemaligen Stammesgebiete werden mittels der FATA Interim Governance Regulation durch die Provinz Khyber Pakhtunkhwa verwaltet (Geo.tv 31.5.2018).
Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bis dahin von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 10.2017a).
Das Ergebnis der Volkszählung 2017 ergab für Pakistan 207.774.520 Einwohner (PBS 2017a) ohne Berücksichtigung von Azad Jammu & Kashmir und Gilgit Baltistan (TET 25.7.2018). Das Land ist laut CIA World Factbook der sechstbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 23.2.2018).
Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform ("Eighteenth Amendment of the Constitution of Pakistan") verabschiedet, die von einem parteiübergreifenden Parlamentsausschuss seit Juni 2009 vorbereitet worden war. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die nach zahlreichen Eingriffen der Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen gegenüber der Zentralregierung, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 10.2017a).
Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, zehn weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die reservierten Sitze werden auf die in der Nationalversammlung vertretenen Parteien entsprechend deren Stimmenanteil verteilt. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 10.2017a).
Seit 1.8.2017 ist der bisherige Ölminister Shahid Khaqan Abbasi (von der Regierungspartei PML-N) neuer Ministerpräsident. Der bisherige Ministerpräsident Nawaz Sharif war am 28.8.2017 vorzeitig zurückgetreten, nachdem Pakistans Oberster Gerichtshof Sharifs Amtsenthebung angeordnet hatte. Grundlage für die Amtsenthebung ist das Verschweigen von Einkommen aus einer ausländischen Firmenbeteiligung,