TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/7 G310 2215534-1

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Veröffentlicht am 07.03.2019
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Entscheidungsdatum

07.03.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2

Spruch

G310 2215534-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Rumänien, vertreten durch Mag. Nikolaus RAST, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene

Bescheid dahin abgeändert, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat:

"Gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von 18 Monaten befristetes Aufenthaltsverbot erlassen."

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Am 17.12.2018 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) davon benachrichtigt, dass mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 13.12.2018, XXXX, über den Beschwerdeführer (BF) wegen der Straftatbestände §§ 142 Abs. 1, 229 Abs. 1 StGB die Untersuchungshaft verhängt wurde.

Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 07.02.2019, XXXX, wegen des Vergehens der Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, wobei der Vollzug unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Gleichzeitig wurde der BF aus der Untersuchungshaft entlassen.

Am 08.02.2019 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes einvernommen.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein dreijähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit der strafgerichtlichen Verurteilung des BF begründet.

Nach der Zustellung des Bescheides wurde der BF am 09.02.2019 nach Rumänien abgeschoben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, den Bescheid zu beheben, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Verurteilung des BF nicht die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes erfülle, wonach dies nur zulässig sei, wenn das Verhalten des BF eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle. Die Verhängung des Aufenthaltsverbotes sei unverhältnismäßig.

Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 06.03.2019 einlangten.

Feststellungen:

Der BF ist rumänischer Staatsbürger. In Österreich weist er abgesehen von seinem Aufenthalt in der Justizanstalt XXXX vom XXXX2018 bis XXXX2019 keine Wohnsitzmeldung auf und geht im Bundesgebiet auch keiner Erwerbstätigkeit nach. Der BF hat nie einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung gestellt. Er ist gesund und arbeitsfähig. Dass der BF über Deutschkenntnisse verfügt, kann nicht festgestellt werden.

Der Lebensmittelpunkt des BF befindet sich in Rumänien, wo seine Eltern, seine Großmutter und Geschwister leben. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er durch die Mithilfe im Tierzuchtbetrieb seines Vaters.

Der Verurteilung des BF durch das Landesgericht XXXX liegt zugrunde, dass er am XXXX2018 zusammen mit einer weiteren Person im bewussten und gewollten Zusammenwirken auf eine dritte Person eingeschlagen, eingetreten und dieser Person dadurch eine Schädelprellung und Kieferprellung, sohin eine Körperverletzung zugefügt hat. Als mildernd wurden das Geständnis sowie sein Alter unter 21 Jahren gewertet. Erschwerende Umstände gab es keine.

Der BF weist eine weitere strafgerichtliche Verurteilung im Inland auf. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXXvom 12.05.2017, XXXX, wurde er wegen §§ 12 2. Fall, 127, §§ 15, 127 sowie § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 4,00 EUR, im Nichteinbringungsfall zu 50 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten. Entscheidungswesentliche Widersprüche liegen nicht vor. Die Abschiebung des BF ist im Fremdenregister registriert. Seine strafgerichtlichen Verurteilungen ergeben sich aus dem Strafregister.

Die Identität des BF wird durch seinen im Akt in Kopie inne liegenden Personalausweis belegt. Es gibt keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit.

Die Feststellungen zu den in Rumänien lebenden Angehörigen des BF und seiner Erwerbstätigkeit im Heimatland ergeben sich aus seinen Angaben bei der Einvernahme vor dem BFA.

Der Aufenthalt des BF in Österreich ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister. Es gibt keine Anhaltspunkte für eine Erwerbstätigkeit oder eine Krankenversicherung im Inland, zumal im Versicherungsdatenauszug keine Versicherungszeiten aufscheinen. Dass er noch nie eine Anmeldebescheinigung beantragt hat, ergibt sich aus seinen Angaben in der Einvernahme vor dem BFA.

Es gibt keine aktenkundigen Hinweise für familiäre oder private Bindungen in Österreich oder für konkrete Integrationsbemühungen. Auch fehlen konkrete Anhaltspunkte für Deutschkenntnisse, zumal die Einvernahme vor dem BFA sowie auch die Gerichtsverhandlung am Landesgericht Wiener Neustadt im Beisein eines Dolmetschers stattfand.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Wenn der EWR-Bürger eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt (so etwa, wenn er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbots ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration

(Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Mangels eines längeren Aufenthalts des BF in Österreich ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 zweiter Satz FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") anzuwenden.

Der BF konnte selbst durch die bereits erfahrene strafrechtliche Sanktion nicht von der Begehung einer weiteren strafbaren Handlung abgehalten werden. Der BF hat sohin mit seinem Verhalten seinen Unwillen unter Beweis gestellt, in Österreich geltende Grundinteressen der Gesellschaft sowie deren gültigen Rechtnormen zu achten. Dies lässt Rückschlüsse auf eine erhebliche kriminelle Energie und damit eine beträchtliche von ihm ausgehende Gefahr zu. Das persönliche Verhalten des BF stellt somit eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr dar, insbesondere im Hinblick darauf, dass er bislang keine Intention aufweist, am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen oder ernsthafte Integrationsschritte zu setzen, sondern vielmehr bei seinen bisherigen Aufenthalten im Inland strafrechtlich relevante Handlungen setzte. Auch liegen die ausgeführten Straftaten noch nicht lange zurück.

Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Derzeit kann daher noch nicht von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der durch die strafgerichtliche Verurteilung des BF indizierten Gefährlichkeit ausgegangen werden.

Die Verhinderung von strafbaren Handlungen zum Schutz von fremdem Eigentum und der körperlichen Unversehrtheit ist jedenfalls ein Grundinteresse der Gesellschaft. Unter Bedachtnahme auf Art und Schwere der Straftaten, auf das Persönlichkeitsbild, das sich daraus ergibt, und das Gesamtverhalten des BF ist die für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erforderliche aktuelle Gefährdung von öffentlichen Interessen in maßgeblicher Intensität zu bejahen.

Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF muss verhältnismäßig sein. Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt, zumal sich sein Lebensmittelpunkt in Rumänien befindet und er in Österreich weder einen Wohnsitz noch andere private oder familiäre Anknüpfungspunkte hat. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes durch das BFA erfolgte somit dem Grunde nach zu Recht.

Eine dreijährige Dauer des Aufenthaltsverbotes ist jedoch unverhältnismäßig, zumal die Straftaten des BF nicht der Schwerkriminalität zuzurechnen sind und der Strafrahmen nur zu einem Drittel ausgeschöpft wurde. Die Dauer des Aufenthaltsverbots ist daher auf ein seinem Fehlverhalten entsprechendes Maß zu reduzieren. Das Gericht geht davon aus, dass aufgrund des konkreten Unrechtsgehalts der vom BF begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe ein achtzehnmonatiges Aufenthaltsverbot ausreicht, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und ihn zu einem Umdenken hin zu einem rechtstreuen Verhalten zu bewegen. Diese Dauer ist - auch im Hinblick auf die dreijährige Probezeit für den bedingten Strafteil - notwendig, aber auch ausreichend, um eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken. Das Aufenthaltsverbot laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist somit in Stattgebung des entsprechenden Eventualantrages in der Beschwerde auf 18 Monate zu reduzieren.

Zu Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Da beim BF angesichts seiner Verurteilung eine hohe Wiederholungsgefahr besteht, ist dem BFA darin beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich war.

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Aufgrund der wiederholten Delinquenz des BF, welcher sich trotz bereits verspürtem Strafübel von der Begehung einer weiteren strafbaren Handlung nicht abhalten ließ, ist seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich und eine hohe Wiederholungsgefahr als gegeben anzunehmen. Daran ändert auch die geständige Verantwortung des BF nichts, weil es eines maßgeblichen Zeitraums des Wohlverhaltens in Freiheit bedarf, um einen Wegfall der durch die strafgerichtliche Verurteilung indizierten Gefährdung annehmen zu können.

Daher sind die Voraussetzungen für die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. FPG und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 3 BFA-VG erfüllt.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK sonst relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

Da hier der Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine weitere Herabsetzung oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbotes möglich wäre, kann eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal der BF kein ergänzendes, klärungsbedürftiges Tatsachenvorbringen erstattete.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284; 25.04.2014, Ro 2014/21/0033).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Durchsetzungsaufschub, Interessenabwägung,
öffentliche Interessen, strafrechtliche Verurteilung, Wiederholung,
Wiederholungsprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2215534.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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