Entscheidungsdatum
11.03.2019Norm
BAO §2aSpruch
W114 2118567-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard DITZ aufgrund des Vorlageantrages der XXXX ., XXXX , XXXX , vom 12.10.2017 über die Beschwerde vom 17.11.2015 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB I der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 05.10.2015, AZ 5006/I/I/I/Sche, nach Beschwerdevorentscheidung vom 25.09.2017, AZ 7009/I/I/I/Sche, betreffend Quotenregelung gemäß Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl I Nr. 55/2009 im Bereich Milch, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.03.2019 erkannt:
A)
I. Die Beschwerdevorentscheidung des Vorstandes für den GB I der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien vom 25.09.2017, AZ 7009/1/1/Sche, wird ersatzlos behoben.
II. Der Beschwerde der XXXX , vom 17.11.2015 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB I der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien vom 05.10.2015, AZ 5006/1/1/Sche, wird wie folgt stattgegeben:
Der Spruch des Bescheides des Vorstandes für den GB I der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien vom 05.10.2015, AZ 5006/1/1/Sche, wird insofern abgeändert als,
a) in Spruchpunkt 2. Der Satz "Dieser Betrag ist zur Gänze unberichtigt bzw. noch offen." entfällt.
b) am Ende des Spruchpunktes 2. dieser Spruchpunkt durch folgenden Satz zu ergänzen ist: "Dieser Betrag wird zur Gänze aus der Überschussabgabe abgedeckt, die von Österreich gemäß Art. 78 Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 nicht an den EGFL abzuführen ist."
c) die Wortfolge "Die sich aus dem ZMZ 2012/13 ergebende (unberichtigte) Überschussabgabe in Höhe von insgesamt EUR 78.664,33 ist innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides auf folgendes Konto der Agrarmarkt Austria zu überweisen: IBAN:
AT706000000092038602; BIC: OPSKATWWW." ersatzlos entfällt.
III. Ein darüberhinausgehendes Beschwerdevorbringen wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , im Weiteren: Produzentin, hatte bis September Milch an die XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführerin) geliefert. In den Zwölfmonatszeiträumen (ZMZ; von 01.04.bis 31.03. des Folgejahres) 2011/12, 2012/13, 2013/14 hatte die Produzentin für diese ZMZ zugestandene Quoten für Lieferungen von Milch ("A-Quote") stets überliefert. Die deswegen zu entrichtende Überschussabgaben konnte die Produzentin wegen finanzieller Probleme nicht zur Gänze entrichten. Von der Beschwerdeführerin wurde die Überschussabgabe im Rahmen der Milchgeldabrechnung gegenüber der Produzentin nur teilweise einbehalten.
2. Mit Beschluss des BG Waidhofen/Ybbs vom 11.10.2012 wurde im Rahmen eines Exekutionsverfahrens die von einer betriebenen Partei gegenüber der Produzentin beantragte Exekution zur Sicherstellung durch Pfändung von Forderungen bewilligt. Mit weiterem Beschluss des BG Waidhofen/Ybbs vom 17.12.2012 wurde die Exekution zur Sicherstellung in eine Exekution zur Befriedigung umgewandelt.
Aufgrund der gepfändeten Milchgeldforderung der Produzentin wurde die Beschwerdeführerin vom BG Waidhofen/Ybbs aufgefordert, das Milchgeld an die betreibende Partei zu überweisen. Die Pfändung war im Zeitpunkt der Einstellung der Milchanlieferung an die Beschwerdeführerin im September 2013 noch aufrecht.
Für die einzelnen ZMZ stellt sich die Situation wie folgt dar:
ZMZ 2011/12:
Die Produzentin verfügte im ZMZ 2011/12 über eine Milch-Lieferquote mit einem Ausmaß vom 78.453 kg. Sie lieferte jedoch 481.821 kg Milch an die Beschwerdeführerin. Daraus ergab sich eine Überschussabgabe in Höhe von EUR XXXX .
In diesem ZMZ hatte die Beschwerdeführerin von der gemäß § 23 Abs. 2 MQuV 2007 bestehenden Möglichkeit, bei Überschreitung der Produzentin zustehenden A-Quote das Milchgeld als Vorauszahlung auf die Überschussabgabe einzubehalten, nur sehr eingeschränkt Gebrauch gemacht, indem sie ab der Abrechnungsperiode Jänner 2012 pro Kilogramm überlieferter Milch nur einen Betrag in Höhe von EUR 0,08 als Akontoabzug einbehalten hatte.
Auf diese Weise wurde im ZMZ 2011/12 (ab August 2012) kein Milchgeld mehr an die Produzentin ausbezahlt, sondern das Milchgeld wurde bis April 2013 zur Gänze einbehalten. Davon wurde ein Betrag in Höhe von EUR 38.788,74 für die Zahlung der von der Produzentin geschuldeten Überschussabgabe für den ZMZ 2011/12 verwendet.
Die Beschwerdeführerin hat zwar im Rahmen der Überschussabgabenregelung betreffend den ZMZ 2011/12 die Überschussabgabe hinsichtlich des auf die Produzentin entfallenden Teils zur Gänze an die AMA überwiesen, ihr verblieb jedoch gegenüber der Produzentin für diesen Zeitraum eine Restforderung an Überschussabgabe in der Höhe von EUR XXXX .
ZMZ 2012/13:
Die Produzentin verfügte im ZMZ 2012/13 über eine Milch-Lieferquote mit einem Ausmaß vom 18.453 kg. Sie lieferte jedoch 380.938 kg Milch an die Beschwerdeführerin. Dadurch ergab sich eine offene Überschussabgabe in Höhe von EUR XXXX .
Das in diesem ZMZ von der Beschwerdeführerin ab August 2012 einbehaltene Milchgeld wurde nur teilweise (in Höhe von EUR 38.788,74) mit der offenen Forderung der Beschwerdeführerin betreffend die Überschussabgabe für den ZMZ 2011/12 und teilweise mit anderen offenen Forderungen der Beschwerdeführerin gegenüber der Produzentin verrechnet. Ein Einbehalt des Milchgeldes als Vorauszahlung auf die zu erwartende Überschussabgabe des ZMZ 2012/13 erfolgte jedoch nicht.
Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen der Überschussabgabenregelung betreffend den ZMZ 2012/13 die Überschussabgabe für all ihre betroffenen Lieferanten an die AMA überwiesen, jedoch abzüglich des auf die Produzentin entfallenden Teiles in Höhe von EUR 70.272,65 und darüber hinaus auch abzüglich jenes Teiles der Überschussabgabe betreffend den ZMZ 2011/12, den die Beschwerdeführerin gegenüber der Produzentin entfallende Überschussabgabe in Höhe von insgesamt EUR 78.664,33, die von der Beschwerdeführerin nicht an die AMA überwiesen wurde.
Mit Schreiben vom 02.10.2013 hat die Beschwerdeführerin die AMA ersucht, von der Abgabenleistung in Höhe von EUR 78.664,33 wegen Uneinbringlichkeit der Forderung Abstand zu nehmen und dies begründet.
ZMZ 2013/14:
Die Produzentin verfügte im ZMZ 2012/13 über eine Milch-Lieferquote mit einem Ausmaß vom 18.650 kg. Sie lieferte bis zum Ende ihrer Lieferungen im September 2013 74.719 kg Milch an die Beschwerdeführerin. Dadurch ergab sich eine offene Überschussabgabe in Höhe von EUR 9.871,23, die von der Beschwerdeführerin zur Gänze einbehalten wurden.
Im ZMZ 2013/14 wurde das Milchgeld bis zur Einstellung der Milchanlieferung zwar zur Gänze einbehalten, jedoch ab Mai 2013 - aufgrund der Pfändung der Milchgeldforderung - an den betreibenden Gläubiger überwiesen. Dadurch bestand ab diesem Zeitpunkt auch keine Möglichkeit mehr, das Milchgeld als Vorauszahlung auf die Überschussabgabe einzubehalten.
Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen der Überschussabgabenregelung betreffend den ZMZ 2013/14 die Überschussabgabe für alle ihre betroffenen Lieferanten an die AMA überwiesen, jedoch abzüglich des auf die Produzentin entfallenden Teiles in Höhe von EUR 9.871,23.
3. Mit Schreiben vom 12.03.2015, AZ I/1/1/5001/Sche., wurde der ermittelte Sachverhalt im Rahmen eines Parteiengehörs von der AMA an die Beschwerdeführerin übermittelt.
4. In einem Schreiben vom 14.04.2015 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass der wiedergegebene Sachverhalt weitgehend der Sichtweise der Beschwerdeführerin entspreche und dass sie keine Ahnung von den finanziellen Schwierigkeiten der Produzentin gehabt habe.
5. Mit Bescheid der AMA vom 05.10.2015, AZ 5006/I/I/I/Sche, betreffend Quotenregelung gemäß Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl I Nr. 55/2009 idgF im Bereich Milch, wurde die Überschussabgabe hinsichtlich der Produzentin festgesetzt und der Beschwerdeführerin aufgetragen die sich aus dem ZMZ 2013/14 ergebende (unberichtigte) Überschussabgabe in Höhe von insgesamt EUR 78.664,33 innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides auf ein Konto der AMA zu überweisen. Der Spruch dieser Entscheidung weist folgenden Wortlaut auf:
"Die Überschussabgabe wird hinsichtlich der Lieferantin XXXX , XXXX , XXXX , (BNr. XXXX ) für nachstehende Zwölfmonatszeiträume (ZMZ) wie folgt festgesetzt:
1. ZMZ 2011/12: EUR 79.449,86
Dieser Betrag wurde von der XXXX bereits zur Gänze an die Agrarmarkt Austria (AMA) überwiesen.
2. ZMZ 2012/13: EUR 70.272,65
Dieser Betrag ist zur Gänze unberichtigt bzw. noch offen.
Zusätzlich wird eine Überschussabgabe in Höhe von EUR 8.391,68 festgesetzt.
3. ZMZ 2013/14: EUR 9.871,23.
Dieser Betrag wird zur Gänze aus der Überschussabgabe abgedeckt, die von Österreich gemäß Art. 78 Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 nicht an den EGFL abzuführen ist.
Die sich aus dem ZMZ 2012/13 ergebende (unberichtigte) Überschussabgabe in der Höhe von insgesamt EUR 78.664,33 ist innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides auf folgendes Konto der Agrarmarkt Austria zu überweisen:
IBAN: AT706000000092038602; BIC: OPSKATWW."
Begründend führte die AMA aus, dass die Beschwerdeführerin angesichts der großen Überlieferung durch die Produzentin, sie bereits entsprechend frühzeitig einen entsprechend hohen Betrag des an die Produzentin auszubezahlenden Milchgeldes hätte zurückbehalten müssen.
Sofern die Beschwerdeführerin aufgrund der gerichtlichen Pfändung ab Mai 2013 das Milchgeld zur Gänze an den betreibenden Gläubiger auszubezahlen gehabt habe, wäre es ihr unmöglich gewesen einen Teil des Milchgeldes einzubehalten. Daher liege ein Anwendungsfall des Art. 16a der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 iVm Art. 78 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 vor. Die sich ergebende Überschussabgabe in Höhe von EUR 9,871,23 sei daher aus jener Überschussabgabe abzudecken, die nicht an den EGFL abzuführen sei. Daher habe die Beschwerdeführerin diesen Betrag nicht an die AMA zu überweisen.
Diese Entscheidung wurde der Beschwerdeführerin am 21.10.2015 zugestellt.
6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 17.11.2015, eingelangt bei der AMA am 18.11.2015, Beschwerde.
7. Die AMA legte am 17.12.2015 mit Schreiben vom 10.12.2015 die Beschwerde und die verfahrensgegenständlichen Verfahrensunterlagen zur Entscheidung vor.
8. Unter Hinweis auf § 262 Abs. 1 BAO, wonach in einem Verfahren, das nach der BAO abzuwickeln hat, bei einer Beschwerde die belangte Behörde jedenfalls eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen hat, hat das erkennende Gericht mit Beschluss vom 04.09.2017, GZ W114 2118567-1/3E, seine Unzuständigkeit festgestellt und das beim BVwG anhängige Verfahren eingestellt. In der Begründung wurde auf das Erfordernis einer Beschwerdevorentscheidung hingewiesen.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung der AMA vom 25.09.2017, AZ 7009/I/I/I/Sche, wurde die Beschwerde mit im Wesentlich gleichlautender Begründung abgewiesen.
Diese Entscheidung wurde der Beschwerdeführerin am 02.10.2017 zugestellt.
10. Die Beschwerdeführerin übermittelte der AMA einen Schriftsatz vom 12.10.2017 und stellte darin einen Vorlageantrag.
11. Die AMA übermittelte dem BVwG mit Schreiben vom 02.11.2017 am 06.11.2017 den Vorlageantrag und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens.
12. Am 07.03.2019 fand im Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in welcher gemeinsam mit der Beschwerdeführerin und der AMA übereingekommen wurde, dass auch in der gegenständlichen Angelegenheit ein Anwendungsbereich von Art. 16a der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 vorliegt und damit der offene Betrag in Höhe von EUR 78.664,33 zur Gänze aus der Überschussabgabe abgedeckt wird, die von Österreich gemäß Art. 78 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 nicht an den EGFL abzuführen ist.
Dieses Ergebnis wurde am Ende der mündlichen Verhandlung auch mündlich verkündet, begründet und die Rechtsmittelbelehrung erteilt. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die AMA gaben einen Rechtsmittelverzicht ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Verfahrensgang wird auch zu Feststellungen erklärt.
2. Beweiswürdigung: Der Sachverhalt ergibt sich aus den Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und wurde von der Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 13.04.2015 sowie in der mündlichen Verhandlung am 07.03.2019 bestätigt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und Allgemeines:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß § 29 Abs. 3 AMA-Gesetz 1992, kann gegen Bescheide des zuständigen Organs der AMA Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Gemäß § 13 Abs. 1 MOG 2007, BGBl. I Nr. 55/2007, sind auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die im Rahmen von Regelungen des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben werden, die Vorschriften der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idFd BGBl. I Nr.104/2018, anzuwenden, soweit durch dieses Bundesgesetz oder durch Verordnung auf Grund dieses Bundesgesetzes nicht anderes bestimmt ist. Die jeweils zuständige Marktordnungs- und Zahlstelle ist, soweit die Vorschriften der BAO anzuwenden sind, bei der Vollziehung dieser Bestimmung Abgabenbehörde im Sinne des § 49 Abs. 1 BAO.
Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idgF (im Folgenden: AMA-G), können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden.
Gemäß § 2 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Quoten im Milchsektor, BGBl. II Nr. 209/2007, Milchquoten-Verordnung 2007 - MQuV 2007, ist für die Vollziehung in diesem Bereich die AMA zuständig.
Gemäß § 2a BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idgF gelten die Bestimmungen der BAO sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten.
Gemäß § 2a BAO gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.
Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht gemäß § 279 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zu A)
a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für den Beitragszeitraum maßgeblichen Fassung:
Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22.10.2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. L 299 vom 16.11.2007. S 1, im Weiteren VO (EU) 1234/2007 lautet auszugsweise:
"Artikel 78
Überschussabgabe
(1) Auf Milch und Milcherzeugnisse, die über die gemäß Unterabschnitt II festgesetzte einzelstaatliche Quote hinaus vermarktet werden, wird eine Überschussabgabe erhoben.
Die Abgabe wird auf 27,83 EUR je 100 Kilogramm Milch festgesetzt.
[...]
(2) Die Mitgliedstaaten schulden der Gemeinschaft die Überschussabgabe, die sich aus der Überschreitung der einzelstaatlichen Quote ergibt und die auf einzelstaatlicher Ebene und getrennt für Lieferungen und Direktverkäufe festgestellt wird; sie überweisen 99 % des geschuldeten Betrags dem EGFL zwischen dem 16. Oktober und dem 30. November, der auf den betreffenden Zwölfmonatszeitraum folgt.
[...]."
"Artikel 79
Beitrag der Erzeuger zu der fälligen Überschussabgabe
Die Überschussabgabe wird gemäß den Artikeln 80 und 83 vollständig auf die Erzeuger aufgeteilt, die zu den jeweiligen Überschreitungen der einzelstaatlichen Quoten nach Artikel 66 Absatz 2 beigetragen haben.
Unbeschadet von Artikel 80 Absatz 3 und Artikel 83 Absatz 1 schulden die Erzeuger dem Mitgliedstaat ihren nach Maßgabe der Artikel 69, 70 und 80 berechneten Beitrag zur fälligen Überschussabgabe allein aufgrund der Überschreitung ihrer verfügbaren Quoten."
"Artikel 81
Rolle der Käufer
(1) Die Käufer sind für die Erhebung der Beiträge von den Erzeugern zuständig, die diese als fällige Überschussabgabe zu entrichten haben, und zahlen der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats vor einem Zeitpunkt und nach einem Verfahren, die von der Kommission festzulegen
[...]
(3) Überschreiten die von einem Erzeuger gelieferten Mengen im Laufe des Referenzzeitraums die für ihn verfügbare Quote, so kann der zuständige Mitgliedstaat entscheiden, dass der Käufer nach Bedingungen, die vom Mitgliedstaat festgelegt werden, bei jeder Lieferung des Erzeugers, die die für ihn verfügbare Quote überschreitet, einen Teil des Milchpreises als Vorauszahlung auf den Beitrag des Erzeugers zur Abgabe einbehält. Der Mitgliedstaat kann besondere Vorschriften vorsehen, die es den Käufern ermöglichen, diese Vorauszahlung einzubehalten, wenn die Erzeuger an mehrere Käufer liefern."
"Artikel 84
Zu viel gezahlte oder nicht gezahlte Beträge
[...]
(3) Ist ein Käufer der Verpflichtung zur Erhebung des Beitrags der Erzeuger zur Überschussabgabe gemäß Artikel 81 nicht nachgekommen, so kann der Mitgliedstaat unbeschadet etwaiger Sanktionen gegen den säumigen Käufer die nicht gezahlten Beträge direkt beim Erzeuger erheben.
[...]."
Die Verordnung (EG) Nr. 595/2004 der Kommission vom 30.03.2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. Nr. L 094 vom 31.03.2004, S 22 - 32, idF der Verordnung (EG) Nr. 1468/2006 der Kommission vom 04.10.2006 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, im Weiteren VO (EG) 595/2004, lautet auszugsweise:
"Artikel 15
Zahlungsfrist
(1) Vor dem 1. Oktober jedes Jahres zahlt der Abnehmer oder, im Fall von Direktverkäufen, der Erzeuger der zuständigen Behörde den geschuldeten Abgabebetrag nach den vom Mitgliedstaat festgelegten Modalitäten.
[...]."
"Artikel 16a
Verwendung der nicht an den EGFL zu entrichtenden Abgabe in Höhe von 1 %
Übersteigt die gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 nicht an den EGFL zu entrichtende Abgabe in Höhe von 1 % den Betrag, der für Konkursfälle oder Fälle erforderlich ist, in denen Erzeuger definitiv nicht in der Lage sind, ihre Abgabe zu leisten, können die Mitgliedstaaten den Überschussbetrag gemäß Artikel 13 Absatz 1 derselben Verordnung verwenden."
Das Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation (Marktordnungsgesetz 2007 - MOG 2007), BGBl. Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 46/2018 lautet auszugsweise:
"Quotenregelungen
§ 10. (1) Der Bundesminister oder die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus kann durch Verordnung, soweit die jeweiligen Regelungen des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts eine Durchführung hinsichtlich der technischen Abwicklung bei Quoten (Quoten, Garantiemengen, Referenzmengen und sonstigen Mindest- oder Höchstmengen oder -beträgen sowie nationalen Reserven im Rahmen von Marktordnungsmaßnahmen oder Direktzahlungen) vorsehen und soweit diese in den zugrunde liegenden Regelungen des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts bestimmt, bestimmbar oder begrenzt ist, die näheren Vorschriften einschließlich der anzuwendenden Verfahrensvorschriften erlassen.
(2) Der Bundesminister oder die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus kann durch Verordnung festlegen, dass die Überprüfung der Qualität und der wertbestimmenden Merkmale der an Erstkäufer gelieferten Milch durch ein anerkanntes Labor zu erfolgen hat. Zusätzlich sind die näheren Voraussetzungen der Anerkennung sowie die Präzisierung der Verstöße gemäß § 30 Abs. 1 Z 2 festzulegen."
Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Quoten im Milchsektor (Milchquoten-Verordnung 2007 - MQuV 2007), BGBl. II Nr. 209/2007, lautet auszugsweise:
"Erhebung der Überschussabgabe
§ 23. (1) Der Käufer hat dem Betriebsinhaber den Betrag der Überschussabgabe vom Entgelt für die im (dem Ende des dem jeweiligen Zwölfmonatszeitraum folgenden) August gelieferten Milchmengen (Milchgeld für August) abzuziehen, soweit dieser nicht bereits gemäß Abs. 2 einbehalten wurde. Zum gleichen Zeitpunkt sind Vorauszahlungen gemäß Abs. 2, die die tatsächlich zu entrichtende Überschussabgabe überschreiten, dem Betriebsinhaber zuzüglich allfälliger Zinsen gemäß Abs. 3 zu überweisen.
(2) Sobald die Lieferungen eines Betriebsinhabers seine Quote für Lieferungen überschreiten, ist der Käufer berechtigt, das Lieferungsentgelt für die die Quote überschreitenden Lieferungen als Vorauszahlung auf die Überschussabgabe einzubehalten; der Betriebsinhaber kann dies durch Stellung einer anderen Sicherheit abwenden.
(3) Der Käufer hat die Zahlungen auf die Überschussabgabe bis zum Zeitpunkt der Überweisung an die AMA auf einem Fremdgeldkonto gesondert zu veranlagen und mindestens zum vom Käufer für täglich fällige Gelder erzielten Zinssatz zu verzinsen. Von den anfallenden Zinsen kann der Käufer die dabei anfallenden Bankspesen und gesetzlichen Abzüge bedecken.
(4) Im Falle der Aussetzung der Einhebung der Überschussabgabe sind die Aussetzungszinsen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 zu berechnen."
3.4. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:
In der gegenständlichen Angelegenheit stellte sich zentral die Frage, ob in der die Bestimmung des Art. 16a der VO (EG) 595/2004 nicht nur - wie von der AMA durchgeführt - für die Überschussabgabe im ZMZ 2013/14, sondern auch hinsichtlich des noch offenen Betrages in Höhe von EUR 78.664,33 betreffend die ZMZ 2011/12 und 2012/13 zur Anwendung gelangt. Eine Rechtsprechung des VwGH bzw. des VfGH liegt zu dieser Frage nicht vor.
Der Wortlaut von Artikel 16a der VO (EG) 595/2004 stellt auf uneinbringliche Überschussabgaben ab, wobei nur demonstrativ auf Konkursfälle, aber auch sehr allgemein auf Fälle, in denen Erzeuger definitiv nicht in der Lage sind, ihre Abgabe zu leisten, verwiesen wird.
Dass die Produzentin definitiv nicht (mehr) in der Lage ist, die noch offene Überschussabgabe zu entrichten, wurde übereinstimmend von der AMA als auch von der Beschwerdeführerin nachvollziehbar dargelegt. Darüber hinaus hat der Vertreter der AMA gegenüber dem erkennenden Gericht auch mitgeteilt, dass der offene Betrag in Höhe von EUR 78.664,33 jedenfalls betraglich im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in jenem einem Prozent liegt, der nicht an den EGFL zu überweisen war.
Im Ergebnis bedeutet das, dass dieser Betrag damit zur Gänze aus der Überschussabgabe abgedeckt wird, die von Österreich gemäß Art. 78 VO (EG) 1234/2007 nicht an den EGFL abzuführen ist.
Daraus ableitend war der Spruch des angefochtenen Bescheides entsprechend richtigzustellen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur deswegen nicht ab, weil es hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit von Art. 16a der VO (EG) 595/2004 keine Rechtsprechung gibt.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Bescheidabänderung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W114.2118567.2.00Zuletzt aktualisiert am
14.06.2019