Entscheidungsdatum
12.03.2019Norm
AsylG 2005 §57Spruch
G306 2214605-1/3E
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, kosovarischer Staatsangehöriger, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28.01.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beschlossen und zu Recht erkannt:
A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung
(Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde vom 12.02.2019 gegen den oben genannten Bescheid vor, mit welchem dem Beschwerdeführer (BF) kein internationaler Schutz sowie kein Status eines subsidiären Schutzberechtigten zuerkannt wurde (Spruchpunkte I. und II.); kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen wurde (Spruchpunkt III. und IV.) sowie die Zulässigkeit der Abschiebung in den Kosovo festgestellt wurde (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VI.) und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).
Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zusammengefasst damit, dass der Kosovo laut Herkunftsstaaten-VO als sicherer Herkunftsstaat gelte. Für die Behörde stehe auch fest, dass dem BF bei der Rückkehr in sein Heimatland, keine reale Gefahr eine Menschenrechtsverletzung drohe.
Der BF erhob eine Beschwerde gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheids, mit der er die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die ersatzlose Aufhebung des Bescheids, den BF Asyl zuzuerkennen; in eventu dem BF den Status eines subsidiären Schutzberechtigten zuzuerkennen;
festzustellen, dass die Abschiebung in den Kosovo auf Dauer unzulässig ist sowie die Rückkehrentscheidung ersatzlos zu beheben;
in eventu den Bescheid zu beheben und an die Behörde zur Neuerlassung zurückzuverweisen, beantragt.
Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass das Ermittlungsverfahren mangelhaft geführt worden sei sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit vorliegen würde. Warum dies der Fall sein würde, konnte jedoch nicht substantiiert vorgebracht werden. Nur die Angabe, dass die Gattin und das gemeinsame Kinde sich in Österreich aufhalten würden und es durchaus nachvollziehbar sei, warum der BF einen Asylantrag gestellt hat, mag die Mangelhaftigkeit nicht aufzeigen. Des Weiteren ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid, dass sich die belangte Behörde jedenfalls mit dieser Situation ausführlich auseinandergesetzt hat und in ihrem Ergebnis zum Schluss kam, dass das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechtes Höhe wiegt, als gegenständlich das private Interesse des BF. Das Gleiche gilt für die übrigen Feststellungen im bekämpften Bescheid.
Ob die Qualifikation vom Kosovo als "sicherer Herkunftsstaat" tatsächlich rechtmäßig sei, sei fraglich, sodass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sei.
Die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens langten am 15.02.2019 beim BVwG ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 22/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) I. (Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung)
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen, wobei § 38 VwGG gilt.
Dem BF kommt auf dem Boden der Rechtsprechung des VwGH gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG - insbesondere jedoch auch vor dem Hintergrund dessen Wortlautes "von Amts wegen" (vgl. 2285/A XXV. GP) - kein Antragsrecht zu, sondern hat das Verwaltungsgericht vielmehr - amtswegig - das Wiederzuerkennen einer allfällig aberkannten aufschiebenden Wirkung zu prüfen (vgl VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0284, mwH auf VwGH 13.9.2016, Fr 2016/01/0014 ua).
In Ermangelung der Existenz eines diesbezüglichen Antragsrechtes des BF war der - konkrete - Antrag des BF auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückzuweisen.
Zu A) II.: (keine amtswegige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung)
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich hierbei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vorherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 13.12.2018, Zahl Ro 2018/18/0008-3 unter anderem erwogen:
Randzahl 22:
Dennoch stellen die Ausführungen des EuGH im oben genannten Beschluss die Rechtslage in solcher Weise klar, dass eine neuerliche Befassung des EuGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen nicht geboten erscheint. Der EuGH hat es nämlich in der besonderen Verfahrenskonstellation eines Asylverfahrens, in dem die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 und 8 der Verfahrensrichtlinie erfüllt sind, offenkundig für zulässig erachtet, den weiteren Verbleib des Betroffenen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats nur solange zu gestatten, bis das Gericht die Rechtmäßigkeit der sofortigen Aufenthaltsbeendigung überprüft hat.
Randzahl 23:
Sofern diese gerichtliche Entscheidung darauf Bedacht nimmt, dass die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 in Verbindung mit Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie erfüllt sind, dass der Grundsatz der Nichtzurückweisung nach Art. 18, 19 Abs. 2 GRC eingehalten wird und dass die durch Art. 47 GRC garantierten Verfahrensrechte des Betroffenen nicht verletzt werden, wird dadurch den rechtlichen Leitlinien, wie sie sich aus der zitierten Rechtsprechung des EuGH ergeben, entsprochen.
Randzahl 26:
Ausgehend davon gebietet es das Unionsrecht, § 18 Abs. 5 BFA-VG so auszulegen, dass damit eine Überprüfung im Sinne der in Rz 23 dieses Erkenntnisses genannten Voraussetzungen gewährleistet wird. Dies erfordert, dass das BVwG bei seiner Entscheidung über den Verbleib des Antragstellers im Hoheitsgebiet nach Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA zunächst klärt, ob eine besondere Verfahrenskonstellation vorliegt, in der unter Bedachtnahme auf Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie eine Beendigung des Verbleibs des Antragstellers vor der Entscheidung über seine Beschwerde in der Hauptsache gerechtfertigt ist.
Randzahl 31:
Nach den unionsrechtlichen Vorgaben müssen die Rechtswirkungen der Rückkehrentscheidung überdies gesetzlich solange ausgesetzt sein, solange der Betroffene gemäß Art. 46 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates verbleiben darf. Im Zusammenhalt mit Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie hat das zur Folge, dass die Aussetzung der Rechtswirkungen jedenfalls bis zur Entscheidung des Gerichtes, ob der Antragsteller (zumindest) während des Rechtsmittelverfahrens im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates verbleiben darf, vorgesehen sein muss. Dem wird im österreichischen Recht grundsätzlich - und zwar jedenfalls im Zusammenhang mit der Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme - durch die siebentägige Wartepflicht nach § 16 Abs. 4 BFA-VG entsprochen. Ist bei Ablauf der Frist gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG aber noch keine gerichtliche Entscheidung über die aufschiebende Wirkung ergangen, muss zur Erzielung eines unionsrechtskonformen Zustandes davon ausgegangen werden, dass sich die gesetzlich angeordnete Wartepflicht bis zur tatsächlichen Entscheidung des Gerichtes über die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (im oben dargestellten Sinne) verlängert und die Wirkungen der Rückkehrentscheidung jedenfalls bis dahin ausgesetzt sind.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
Nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und in die dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat haben sich nach Durchführung einer Grobprüfung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach anzunehmen wäre, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 2 oder 3 EMRK bzw. des 6. oder 13. ZPEMRK bedeutete oder er als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich brächte.
Auf Grund der durchgeführten Grobprüfung ist den gegenständlichen Beschwerden -unbeschadet anderslautender Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen
Darüber hinaus ist dem Vorbringen der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn diese die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mit der Herkunftsstaatsicherheit des BF begründet.
Soweit sich die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides richtet, wird darüber gesondert entschieden werden.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zwecks Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Der im vorliegenden Fall entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt erscheint aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - EntfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2214605.1.00Zuletzt aktualisiert am
12.06.2019