TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/14 G309 2215107-1

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Veröffentlicht am 14.03.2019
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Entscheidungsdatum

14.03.2019

Norm

BFA-VG §22a
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76

Spruch

G309 2215107-1/9E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 05.03.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN

ERKENNTNISSES:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Nigeria, vertreten durch die Rechtsanwälte DR. LECHENAUER - DR. SWOZIL, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2019, Zl. XXXX, und gegen die Anhaltung in Schubhaft, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde), Regionaldirektion Salzburg, vom 10.01.2019, vom Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) persönlich übernommen am 10.01.2019 um 10:40 Uhr, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

2. Mit dem am 25.02.2019 bei der belangten Behörde eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seine bevollmächtigte Rechtsvertretung Beschwerde gegen den im Spruch angeführten Schubhaftbescheid.

In der Beschwerde wurde einerseits beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag stattgegeben wird und eine mündliche Verhandlung durchführen; in eventu die Sicherung der Abschiebung ersatzlos aufheben und gelindere Mittel anordnen und anderseits beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden und den Bescheid der belangten Behörde vom 10.01.2019 ersatzlos beheben, gemäß § 46a FPG Duldung erteilen und eine mündliche Verhandlung durchführen.

Nach - hier nicht relevanten - inhaltlichen Ausführungen zu den beiden rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren des BF wurde vorgebracht, dass der BF sich um eine außerordentliche Integration bemühe und zahlreiche Bezugspersonen und Freunde gefunden habe. Der BF habe aufgrund seines Rechtsstatus keine Anmeldung nach dem MeldeG vornehmen können, er habe keinen Vorsatz gehabt die Abschiebung zu verhindern. Der BF habe hinsichtlich des Heimreisezertifikates mitgewirkt und wäre ihm gemäß § 46a FPG die Duldung zu erteilen gewesen. Der BF habe am 28.02.2018 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz gestellt und bedeute dies, dass er sich keinem Verfahren entzogen habe.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 26.02.2019 vorgelegt.

4. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 05.03.2019 in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF nach polizeilicher Vorführung aus dem Anhaltezentrum (AHZ) XXXX, sein bevollmächtigter Rechtsvertreter, ein Vertreter der belangten Behörde und ein Dolmetscher für die englische Sprache teilnahmen. Am Schluss der Verhandlung wiederholte der BF den Antrag auf Stattgabe der Beschwerde, während der Vertreter der belangten Behörde die Abweisung der Beschwerde, einen Ausspruch über die Fortsetzung der Schubhaft sowie im Falle des Obsiegens, überdies den Zuspruch des Verhandlungsaufwandes beantragte.

Nach Schluss der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.

5. Mit dem am 08.03.2019 eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz der Rechtsvertreter des BF (OZ 8) wurde die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger von Nigeria. Identitätsdokumente wurden nicht vorgelegt. Er verfügt weder über ein gültiges Reisedokument noch über eine Berechtigung zur Einreise in das österreichische Bundesgebiet und zum Aufenthalt in diesem.

1.2. Der BF reiste spätestens am 17.11.2015 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 19.04.2017 gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 rechtskräftig abgewiesen wurde. Eine Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erfolgte nicht und wurde gegen den BF einer Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist.

Die vom BF gegen den abweisenden Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom BVwG mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 29.09.2017 als unbegründet abgewiesen. Dem BF wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen eingeräumt.

1.3. Am 21.06.2017 wurde ein Verfahren zur Erlangung eines nigerianischen Heimreisezertifikates (HRZ) eingeleitet. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde der BF am 16.02.2018 von der nigerianischen Botschaft als Staatsangehöriger von Nigeria identifiziert.

1.4. Trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung verließ der BF das Bundesgebiet nicht und stellte am 28.02.2018 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

1.5. Mit Ladung vom 05.03.2018 wurde der BF für eine Einvernahme vor das BFA im Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz geladen. Der BF blieb diesem Einvernahmetermin unentschuldigt fern und gab dem BFA seinen Aufenthaltsort nicht bekannt. Mit XXXX2018 wurde der BF im Zentralen Melderegister (ZMR) und vom Grundversorgungsquartier abgemeldet.

1.6. Mit Bescheid des BFA vom 28.09.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 28.02.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht erteilt.

1.7. Einlangend mit 12.10.2018 brachte die Rechtsvertretung des BF Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.09.2018 ein. Mit Erkenntnis des BVwG vom 19.12.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

1.8. Am 05.11.2018 wurde der BF gemäß § 34 Abs. 3 Z 2 BFA-VG zur Festnahme ausgeschrieben.

1.9. Am 09.01.2019 wurde der BF im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle angetroffen und festgenommen.

1.10. Der BF weist im Entscheidungszeitpunkt keine strafgerichtliche Verurteilung auf.

1.11. Der BF ist seit XXXX2018 Mieter eines WG-Zimmers in XXXX. Die Kosten werden vom Verein XXXX getragen. Von XXXX2018 (Abmeldung vom Grundversorgungsquartier) bis zur Anmeldung im Anhaltezentrum am XXXX2019 lag keine Wohnsitzmeldung des BF im Bundesgebiet vor.

1.12. Es konnten keine Anhaltspunkte für eine nennenswerte soziale und gesellschaftliche Integration des BF festgestellt werden. Es konnte insbesondere nicht festgestellt werden, dass der BF mit einer anderen Person in einer aufrechten Beziehung lebt.

Er verfügt über keine familiären, beruflichen oder sonstigen nennenswerten tiefergehenden sozialen Bindungen in Österreich, und über keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes.

1.13. Es wird festgestellt, dass der BF bislang nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist ist und keine Bereitschaft zeigt, künftig freiwillig aus dem Bundesgebiet auszureisen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt den vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung und auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.1. Die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und die angeführte Staatsangehörigkeit beruhen auf den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen seitens des BF weder in seiner Beschwerde vom 25.02.2019 noch in der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2019 entgegengetreten wurde.

2.2. Die Feststellungen hinsichtlich der Einreise und des Aufenthaltes des BF sowie zu den ihn betreffenden asyl- und fremdenrechtlichen Entscheidungen beruhen auf einer Abfrage des Zentralen Fremdenregisters und auf den Feststellungen des Bescheides der belangten Behörde, denen seitens des BF weder in seiner Beschwerde noch im Zuge der mündlichen Verhandlung entgegengetreten wurde.

2.3. Die Feststellung, dass der BF über keine gültigen Reisedokumente verfüge, beruht auf dem entsprechenden Vorbringen des BF im gesamten Verfahren.

Die Feststellung, dass das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ) eingeleitet wurde sowie die dazu getroffenen weiteren Konstatierungen ergeben sich einerseits aus den Feststellungen des angefochtenen Bescheides, denen seitens des BF weder in seiner Beschwerde noch im Zuge der mündlichen Verhandlung entgegengetreten wurde, sowie anderseits aus den glaubwürdigen Angaben des in der Beschwerdeverhandlung anwesenden Vertreters der belangten Behörde, der den Verfahrensstand betreffend der Erlangung des HRZ nachvollziehbar darlegte.

2.4. Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF gründet sich auf einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister.

2.5. Die Feststellungen zu den Wohnsitzmeldungen des BF gründen auf einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Aus dem vorgelegten Mietvertrag ergibt sich, dass der BF seit XXXX2018 Mieter eines WG-Zimmers ist. Aus der vorgelegten Haftungserklärung ergibt sich, dass die Kosten für die Wohnung vom Verein getragen werden.

2.6. Der BF hat familiäre Bezugspunkte in Österreich weder behauptet noch belegt und basiert die entsprechende Feststellung auf den unbestritten gebliebenen Feststellungen im verfahrensgegenständlichen Bescheid. Der BF gab selbst an über keine familiären Bindungen in Europa zu verfügen. Die Feststellungen hinsichtlich des Bestehens freundschaftlichen Verbindungen in Österreich ergeben sich aus entsprechenden Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung. Da der BF die von ihm vorgebrachten (engen) Freundschaften weder durch die Nennung der Namen der betreffenden Personen noch durch andere Beweismittel zu belegen wusste, konnte eine diesbezügliche, tiefgreifende und maßgebliche emotionale Bindung des BF nicht konstatiert werden. Auch machte der BF bis auf die vage Aussage, dass er "eine Freundin habe, mit der er zusammengelebt habe", keine weiteren Angaben zu einer im Bundesgebiet geführten Beziehung. Letztlich konnte weder festgestellt werden, dass der BF in der Vergangenheit eine Beziehung geführt hat noch, dass im Entscheidungszeitpunkt eine solche Beziehung gegeben ist.

2.7. Feststellungen hinsichtlich fehlender beruflicher Bindungen an Österreich bzw. ausreichender Existenzmittel gründen sich auf entsprechende, unbestritten gebliebene Feststellungen im angefochtenen Bescheid und auf das Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung.

2.8. Auf Grund des bisherigen Gesamtverhaltens und des in der Verhandlung hinterlassenen persönlichen Eindrucks tritt das erkennende Gericht im Ergebnis der Beurteilung der belangten Behörde bei, dass sich der BF bislang als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat:

Der BF hat durch sein Verhalten (Nichtmitwirkung am Asylverfahren, Nichtbekanntgabe seines Aufenthaltsortes) seinen Unwillen, sich an österreichische Rechtsnormen zu halten und damit einhergehend die fehlende Bereitschaft zur Integration in Österreich, unter Beweis gestellt.

2.8.1. Die Feststellung, dass der BF bislang nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist ist und auch keine ernsthafte Bereitschaft zeigt, aus diesem auszureisen, beruht auf seiner Weigerung den ihm gegenüber ausgesprochenen und rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen nachzukommen. Auf Befragung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der BF an, dass er nicht bereit sei Österreich freiwillig zu verlassen.

2.8.2. Das von der Rechtsvertreterin des BF in der mündlichen Verhandlung geäußerte Vorbringen, dass keine Fluchtgefahr bestehe, da der BF in Salzburg verankert und bereit sei jegliches gelinderes Mittel zu befolgen, war vor dem Hintergrund seines bisherigen Verhaltens als nicht glaubhaft zu bewerten.

Der BF kam seiner seit September 2017 bestehenden Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern stellte nochmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Auch nach rechtskräftigem Abschluss dieses zweiten Asylverfahren - währenddessen der BF für die Behörden nicht greifbar war - leistete der BF der Ausreiseverpflichtung nicht Folge und blieb weiterhin untergetaucht. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 05.03.2019 zeigte er keine entsprechende Bereitschaft, künftig aus dem Bundesgebiet auszureisen. Somit vermochte der BF nicht glaubhaft vorzubringen, dass zur Sicherung des laufendenden Verfahrens mit gelinderen Mitteln, bspw. der Vorschreibung von Meldeverpflichtungen, Auslangen gefunden werden könnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit:

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das BVwG ist nach § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

3.2. Abweisung der Beschwerde betreffend Schubhaftbescheid und Anhaltung in Schubhaft (Spruchpunkt A.I.):

3.2.1. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG),

lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647). Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).

Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).

3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Die belangte Behörde hat den vorliegenden Schubhaftbescheid auf § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 AVG gestützt und zum Zweck der Sicherung der Abschiebung erlassen.

Wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, verfügt der BF über keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich. Der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz vom 28.02.2018 wurde vom BFA am 28.09.2018 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Die dagegen erhobene Beschwerde des BF wurde vom BVwG am 19.12.2018 abgewiesen.

Die Weigerung, das Bundesgebiet trotz rechtskräftiger und durchsetzbarer Rückkehrentscheidungen zu verlassen und das vom BF bereits gezeigte Untertauchen von Anfang März 2018 bis zu seiner Festnahme im Jänner 2019 zeigen die mangelnde Bereitschaft des BF, sein Verhalten im Sinne der österreichischen Rechtsordnung auszurichten, deutlich. Auf die vom BF vorgebrachte Erklärung, dass er sich aufgrund seines Status nicht behördlich anmelden durfte, ist in rechtlicher Hinsicht nicht weiter einzugehen, da diese Angabe nicht überzeugt und als reine Schutzbehauptung zu werten ist. Dem rechtskundig vertretenen BF war es - unabhängig von einer behördlichen Meldung - jederzeit möglich der belangten Behörde seine Adresse bekannt zu geben. Eine solche Bekanntgabe erfolgte jedoch nicht. Vielmehr kam der BF seiner Ladung zwecks Einvernahme am 08.03.2018 nicht nach und war für die belangte Behörde bis zu seiner zufälligen Kontrolle am XXXX2019 nicht greifbar. Es ist der belangten Behörde daher auch dahingehend beizutreten, dass dem BF im Verfahren auf Grund seines bisherigen Gesamtverhaltens die erforderliche Vertrauenswürdigkeit abzusprechen war. Der BF hat bislang keine ernst zu nehmende Bereitschaft gezeigt, sich an die die Einreise und den Aufenthalt regelnden Bestimmungen zu halten. Zwar äußerte der BF seine Bereitschaft, an der Ausstellung eines Ersatzreisedokuments (HRZ) durch die nigerianische Vertretungsbehörde mitzuwirken, doch betonte der BF mehrfach, keinesfalls nach Nigeria zurückkehren zu wollen.

Der BF verfügt in Österreich weder über berücksichtigungswürdige familiäre oder sonstige berücksichtigungswürdige private Bindungen, und über keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes.

Es kann daher der belangten Behörde unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des BF nicht vorgeworfen werden, wenn sie bei ihrer Entscheidung zur Anordnung der Schubhaft und dem dafür erforderlichen Sicherungsbedarf davon ausging, dass sich der BF durch Untertauchen der beabsichtigten Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen könnte, dies insbesondere aufgrund des Umstandes, dass der BF nicht bereit ist, freiwillig aus dem Bundesgebiet auszureisen, vor seiner Festnahme bereits seit März 2018 seinen Aufenthaltsort der Behörde nicht bekannt gegeben hat und einer Ladung im Asylverfahren am 08.03.2018 unentschuldigt nicht Folge leistete. Aus diesem Verhalten ist eindeutig zu erkennen, das der BF kein Interesse daran hat, dass die belangte Behörde seinen aktuellen Aufenthaltsort kennt.

Trotz dem bereits zweiten rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahren hat der BF das Bundesgebiet nicht verlassen und hielt sich seitdem rechtswidrig im Bundesgebiet auf. Auch wird der konkrete Sicherungsbedarf durch die nunmehr bestehende Möglichkeit und die bevorstehende Abschiebung in den Herkunftsstaat, Nigeria, weiter verstärkt, zumal die nigerianischen Behörden den BF bereits als Staatsangehörigen identifiziert haben.

Insoweit die belangte Behörde in ihrer Würdigung auch davon ausging, dass ein konkreter Sicherungsbedarf für die Durchführung einer Abschiebung sowie die Erforderlichkeit der Schubhaft als einzige geeignete Sicherungsmaßnahme gegenüber der Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG und auch die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gegeben waren, begegnet dies keinen Bedenken. Entgegen des Vorbringens des BF in seiner Beschwerde hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zu Recht dargelegt, dass im vorliegenden Fall der erforderliche Sicherungszweck nicht durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG erreicht werden kann. Weder verfügt der BF über ausreichende finanzielle Mittel für die Hinterlegung einer angemessenen Sicherheit, noch war auf Grund des bisherigen Verhaltens davon auszugehen, dass er regelmäßigen Meldeverpflichtungen nachkommen oder dass er sich in irgendeiner Weise den Behörden für die beabsichtigte Abschiebung jedenfalls aus freien Stücken zur Verfügung halten würde.

Die vom BF in seiner Beschwerde vorgebrachten persönlichen Bindungen im Bundesgebiet konnten von diesem nicht substantiiert belegt werden, so weist der BF angesichts seines langen Aufenthaltes im Bundesgebiet nur verhältnismäßig wenig Anhaltspunkte einer tiefergehenden persönlichen oder sozialen Integration auf und konnte der BF auch nicht glaubhaft darstellen, eine Beziehung mit einer im Bundesgebiet wohnhaften Person zu führen.

Eine Gesamtabwägung aller angeführten Umstände ergibt daher, dass das öffentliche Interesse an der Sicherung der Abschiebung das Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit überwogen und ein konkretes Sicherungsbedürfnis bestanden hat. Die belangte Behörde konnte somit unter den gegebenen Umständen zu Recht von einer Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG ausgehen. Auch erweist sich die bisherige Anhaltung in Schubhaft bei Abwägung aller betroffenen Interessen und insbesondere im Lichte dessen, dass das Verfahren zur Erlangung von Heimreisezertifikaten bereits eingeleitet wurde, als verhältnismäßig.

Da die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen war, dass sich der unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige BF der zu sichernden Abschiebung entziehen könnte und sie den gegenständlichen Bescheid zutreffend auf die im Spruch des Bescheides angeführten Rechtsvorschriften gestützt hat, war gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm.

§ 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Beschwerde hinsichtlich des Schubhaftbescheides und der darauf gestützten Anhaltung in Schubhaft als unbegründet abzuweisen.

3.3. Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft (Spruchpunkt A.II.):

Den oben unter Punkt 3.2. dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft kommt auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung unverändert Geltung zu.

Darüber hinaus war im gegenständlichen Fall bei der Beurteilung des konkreten Sicherungsbedarfs (infolge Fluchtgefahr) der weiter fortgeschrittene Stand des Verfahrens maßgeblich zu berücksichtigen.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann nunmehr von einem verstärkten Sicherungsbedarf ausgegangen werden, zumal eine Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat möglich ist und diese Tatsache dem BF auch bewusst ist. Im Lichte dessen, dass der BF mehrfach betont hat, unter keinen Umständen nach Nigeria zurückkehren zu wollen, wird der Sicherungsbedarf dadurch verstärkt, dass es durch das eingeleitete Verfahren zur Erlangung eines Heimreisedokuments auch nicht unmöglich oder unwahrscheinlich erscheint, dass der BF seinen Aufenthalt in Österreich oder in anderen europäischen Staaten nicht mehr fortsetzen kann. Auch die mangelnde Vertrauenswürdigkeit des BF, insbesondere auf Grund seiner bereits gezeigten mangelnden Bereitschaft der Behörde seinen Aufenthaltsort mitzuteilen, lässt eine Fluchtgefahr als erheblich erscheinen.

Aus den eben dargelegten Umständen und insbesondere auch unter Berücksichtigung der fehlenden sozialen Bindungen in Österreich ist aktuell von einer erheblichen Fluchtgefahr auszugehen, zumal besondere Umstände vorliegen, die ein Untertauchen des BF - um sich so einer Abschiebung zu entziehen - befürchten lassen. Letztlich konnte der BF auch nicht glaubhaft machen, dass er sich in einer festen, emotional tiefgreifenden Beziehung mit einer in Österreich lebenden Person befindet.

Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG erweist sich im Hinblick auf die erhebliche Fluchtgefahr als nicht geeignet, um den erforderlichen Sicherungszweck (Durchführung der Abschiebung) zu erreichen.

Des Weiteren war maßgeblich zu berücksichtigen, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat offenbar möglich und auch wahrscheinlich ist.

Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung der Abschiebung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

Dass besondere, in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen, die der Schubhaft entgegenstehen würden, ist weder dem Vorbringen in der Beschwerde noch den Ermittlungsergebnissen in der mündlichen Verhandlung zu entnehmen.

Die fortgesetzte Anhaltung in Schubhaft erweist sich daher zum Zweck der Sicherung der Abschiebung als notwendig und verhältnismäßig. Die Anhaltung in Schubhaft kann somit derzeit auch aus diesem Gesichtspunkt, aber auch unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft fortgesetzt werden.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.4. Zu den Anträgen auf Ersatz der Aufwendungen (Spruchpunkte A.III. und A.IV.):

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Der mit "Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" betitelte § 35 VwGVG lautet:

"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) wie folgt festgesetzt:

"1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro."

Da die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft ausgesprochen wurde, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und die beschwerdeführende Partei unterlegene Partei.

In der mündlichen Verhandlung wurde vonseiten der belangten Behörde der Ersatz getätigter Aufwendungen einschließlich des Verhandlungsaufwandes beantragt.

Es war daher spruchgemäß der beschwerdeführenden Partei als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz (mit Verhandlungsaufwand) in der Gesamthöhe von 887,20 Euro aufzuerlegen.

Der in der Beschwerde gestellte Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen im beantragten Umfang war gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abzuweisen, da sie (gänzlich) unterlegene Partei ist und ein Aufwandersatz somit nicht in Betracht kommt.

3.5. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH vom 19.02.2015, Zl. Ro 2013/21/0075, vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, und vom 19.05.2015, Zl. Ro 2014/21/0071, sowie auch der die Schubhaft betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., und E 4/2014.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G309.2215107.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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