Entscheidungsdatum
18.03.2019Norm
BVergG 2006 §12 Abs1Spruch
W139 2215679-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER über den Antrag der XXXX , auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Straßenbauarbeiten an der B99 Katschberg-Straße zur Errichtung eines Kreisverkehres in Eben im Pongau" der Auftraggeber Land Salzburg, Postfach 527, 5010 Salzburg und ASFINAG Bau Management GmbH, Modecenterstraße 16, 1030 Wien, vertreten durch das Land Salzburg, vertreten durch das Amt der Salzburger Landesregierung, Michael-Pacher-Straße 36, 5020 Salzburg, vom 08.03.2019:
A) Der Antrag, "das Bundesverwaltungsgericht möge mittels
einstweiliger Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens (in eventu für die Dauer von sechs Wochen) den Auftraggebern die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung und die Erteilung des Zuschlags untersagen; in eventu mittels einstweiliger Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens (in eventu für die Dauer von sechs Wochen) den Auftraggebern die Erteilung des Zuschlags untersagen" wird gemäß § 350 Abs 1 BVergG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz vom 08.03.2019, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren in Verbindung mit einem Nachprüfungsantrag betreffend die Entscheidung der Auftraggeber vom 28.02.2019, das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden, auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, auf Akteneinsicht und auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeber. Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:
Das gegenständliche Vergabeverfahren werde als offenes Verfahren im Unterschwellenbereich geführt. Die Antragstellerin habe fristgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt. Wie sich in der Folge herausgestellt habe, habe sie das Angebot mit dem niedrigsten Preis gelegt. Die Antragstellerin habe evidenter Maßen ein hohes Interesse an der Teilnahme an diesem Vergabeverfahren sowie am Vertragsabschluss, da der Auftrag in ihren zentralen Geschäftsfeldern liegen würde. Es drohe ein in der Höhe des entgangenen Gewinns, im Verlust eines Referenzprojektes, in der mangelnden Auslastung von Personal und Geräten, in Folgekosten für die Akquisition anderer Aufträge und in frustrierten Teilnahmekosten liegender Schaden, den die Antragstellerin näher bezifferte.
Die Antragstellerin bezeichnete jene Rechte, in denen sie sich verletzt erachte und entrichtete eine Pauschalgebühr für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Laut Punkt 4.1 der Vergabebestimmungen werde das Bauvorhaben "zu 50% vom Land Salzburg und zu 50% von der ASFINAG beauftragt". Da eine gemeinsame Vergabe von Bund und Land vorliege, sei die Vollziehung gemäß Art 14b Abs 2 Z 1 lit f B-VG Bundessache. Entgegen der Festlegung in den Vertragsbestimmungen sei das Bundesverwaltungsgericht und nicht das Landesverwaltungsgericht Salzburg die zuständige Vergabekontrollbehörde.
Zu den Gründen der Rechtswidrigkeit führte die Antragstellerin im Einzelnen aus, dass entgegen der Auffassung der Auftraggeber die Kosten für die Herstellung und den Rückbau einer Umleitungsstraße nicht von den Positionen 020901 und 020902 des Leistungsverzeichnisses umfasst seien und eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises daher nicht gegeben sei. Die Position 020901 umfasse besondere Verkehrsaufrechterhaltungsmaßnahmen, nicht aber die Herstellung und den Rückbau einer Umleitungsstraße als eigene Hauptleistungspositionen, was daraus ableitbar sei, dass lediglich von "Umleitungen" nicht aber von "Umleitungsstraßen" gesprochen werde. Selbst wenn man dieser Auslegung nicht folge, so bestimme die Position 020901 eindeutig, dass die Kosten für die Umleitungsstraße nur dann in die Position 020901 einzurechnen seien, wenn im Leistungsverzeichnis keine eigenen Positionen für die Erbringung dieser Leistungen vorgesehen seien. Ebenso umfasse die Position 020902 nur Kosten für Erschwernisse, nicht aber Herstellungs- und Rückbaukosten. Die Antragstellerin habe daher die betreffenden Kosten in die Positionen 061531A, 061533C, 0616ff, 0625ff, 25ff, 26ff, 0630ff, 0640ff und 531005A eingerechnet. Dies ergebe sich auch aus einer BVergG-konformen Auslegung der Position 020901, wonach § 88 Abs 2 BVergG bestimme, dass der Auftraggeber die Ausschreibungsunterlage so auszuarbeiten habe, dass die Preise ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risiken von den Bietern ermittelt werden können; die Vergleichbarkeit der Angebote sei sicherzustellen. Seien daher Positionen im Leistungsverzeichnis enthalten, so müsse der Bieter die betreffenden Leistungen selbstverständlich in diese Positionen und nicht in Pauschalen einrechnen, die keine näheren Details über Art und Ausmaß einer Leistung beinhalten. Die Antragstellerin habe sohin ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt. Das Ausscheiden des Angebotes sei daher rechtswidrig.
Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung führte die Antragstellerin aus, dass ohne deren Erlassung die Fortsetzung des Vergabeverfahrens, somit die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung und die Erteilung des Zuschlages möglich wäre und der Antragstellerin dadurch der Auftrag unwiederbringlich verloren gehen und die Chance auf Teilnahme an einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren und am Erhalt des Zuschlages und eines Referenzprojektes genommen würde.
Am 11.03.2019 erteilte die ASFINAG Bau Management GmbH auf Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes, die Bezeichnung der Auftraggeber sowie den jeweiligen Anteil der Auftraggeber am geschätzten Gesamtauftragswert anzugeben, mit, Auftraggeber seien das Land Salzburg und die ASFINAG Bau Management GmbH und die Kostenteilung betrage zwischen den Auftraggebern jeweils 50 Prozent. In einer Stellungnahme vom 12.03.3019 an das Landesverwaltungsgericht Salzburg, bei welchem seitens der Antragstellerin ebenso ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sowie ein Nachprüfungsantrag eingebracht wurden, wurde seitens der vergebenden Stelle Folgendes zur "Zuständigkeit der Nachprüfungsbehörde" ausgeführt:
"Es ist richtig, dass für den ausgeschriebenen Auftrag eine Kostenteilung zwischen ASFINAG Bau Management GmbH und Land Salzburg zu gleichen Teilen (50:50) vereinbart wurde. Diese Vereinbarung betrifft jedoch "nur" die Baukosten.
Das Land Salzburg leistet jedoch für gegenständliches Vorhaben die gesamten Projektmanagementleistungen wie Bauleitung, Baukoordinierung, örtlichen Bauaufsicht und Bauabrechnung, weshalb der Anteil des Landes Salzburgs am Gesamtauftragswert mit höher als 50% zu bewerten ist. Es wurde daher im Einklang mit den B-VG die Vollziehung als Landessache festgelegt."
Am 18.03.2019 wurden dem Bundesverwaltungsgericht die Unterlagen des Vergabeverfahrens auf elektronischem Weg zur Verfügung gestellt. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde mitgeteilt, dass keine Einwände bestehen würden. Es sei noch keine Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben worden, kein Zuschlag erteilt bzw Widerruf erklärt worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt:
Aufgrund der vorgelegten Stellungnahmen, der Bezug nehmenden Beilagen sowie der Unterlagen des Vergabeverfahrens wird im Rahmen des Provisorialverfahrens folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Die Auftraggeber, das Land Salzburg und die ASFINAG Bau Management GmbH, schrieben im Jänner 2019 die gegenständliche Leistung "Straßenbauarbeiten an der B99 Katschberg-Straße zur Errichtung eines Kreisverkehres in Eben im Pongau" in einem offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Unterschwellenbereich aus (CPV-Code: 45233120). Den Ausschreibungsunterlagen ist unter 4.1. der Vergabebestimmungen zu entnehmen, dass das Bauvorhaben zu 50% vom Land Salzburg und zu 50% von der ASFINAG beauftragt wird. Als Vergabekontrollbehörde wird unter Punkt 4.3. der Vergabebestimmungen das Landesverwaltungsgericht Salzburg bezeichnet. Gemäß Punkt 3.1. der zwischen dem Land Salzburg und der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft betreffend die Finanzierung der Errichtung eines Kreisverkehrs an der Anschlussstelle A 10 Tauern Autobahn, ASt Eben im Pongau, abgeschlossenen Vereinbarung tragen das Land und die ASFINAG jeweils 50 % der Gesamtprojektkosten.
Die Antragstellerin legte fristgerecht ein Angebot. Die Angebotsöffnung fand am 12.02.2019 statt.
Mit Schreiben vom 28.02.2019 wurde der Antragstellerin das Ausscheiden ihres Angebotes mitgeteilt. Die Ausscheidensentscheidung lautet auszugsweise:
"Das Ausscheiden Ihres Angebotes wird damit begründet, dass eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises vorliegt (§ 141 Abs 1 Z 3 BVergG).
Insbesondere wurde in den Leistungspositionen 20901 "Besondere Verkehrsaufrechterhaltungsmaßnahmen" und 20901 "Besondere Verkehrserschwernisse" die dafür vorgesehenen Leistungen unrichtig kalkuliert bzw. nicht berücksichtigt.
Gemäß den Aufklärungsgesprächen und dem Schriftverkehr wurde die Herstellung und der Rückbau der Umleitungsstraße nicht berücksicht[igt]. Diese Leistungen wären jedoch in die Positionen einzurechnen gewesen, so wie es die anderen Bieter des Verfahrens durchgeführt haben."
Am 08.03.2019 brachte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden mit einem Nachprüfungsantrag beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Antragstellerin entrichtete für ihren Antrag (auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) eine Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 1.621,--.
Es wurde weder eine Zuschlagsentscheidung bekanntgegeben, der Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1.Anzuwendendes Recht
Am 21.08.2018 ist das Bundesvergabegesetz 2018, BGBl I, Nr 65/2018, in Kraft getreten. Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde im Jänner 2019, somit nach In-Kraft-Treten des BVergG 2018 eingeleitet. Das Nachprüfungsverfahren wurde im März 2019 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gemacht. Sowohl materiellrechtlich als auch formellrechtlich kommen demnach die Bestimmungen des BVergG 2018 (idF BVergG) zur Anwendung.
Zu A)
2.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages
Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über die oben wiedergegebenen Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 5 BVergG sind das Land Salzburg und die ASFINAG Bau Management GmbH. Diese sind öffentliche Auftraggeber gemäß § 4 Abs 1 BVergG. Gemäß Art 14b Abs 1 Z 1 lit f B-VG ist die Vollziehung in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens Bundessache hinsichtlich der gemeinsamen Vergabe von Aufträgen durch den Bund und die Länder, wenn der Anteil des Bundes am geschätzten Gesamtauftragswert mindestens gleich groß ist wie die Summe der Anteile der Länder. Im Rahmen des Provisorialverfahrens kann der Anteil der Auftraggeber am geschätzten Gesamtauftragswert nicht abschließend festgestellt werden, weswegen unvorgreiflich anderer Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens im Nachprüfungsverfahren vorerst von der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes ausgegangen wird.
Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 5 BVergG um einen Bauauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt unter dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 BVergG, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich handelt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 334 Abs 2 BVergG iVm Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.
Da darüber hinaus laut Auskunft der Auftraggeber das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.
Von einem in § 350 Abs 1 BVergG genannten offensichtlichen Fehlen der Antragsvoraussetzungen gemäß § 342 Abs 1 leg.cit. ist vorerst nicht auszugehen. Unter der Annahme der Übermittlung der angefochtenen Entscheidungen am 28.02.2019 wurde der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, welcher zugleich mit einem Nachprüfungsantrag gemäß § 342 Abs 1 BVergG eingebracht wurde, innerhalb der gemäß § 343 Abs 1 BVergG maßgeblichen Frist eingebracht, sodass dieser als rechtzeitig zu qualifizieren ist (§ 350 Abs 3 und 4 BVergG).
Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die der Antragstellerin mitgeteilte Ausscheidensentscheidung. Beim Ausscheiden eines Angebotes handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 16 lit a sublit jj BVergG 2006. Die Antragstellerin hat die unmittelbar drohende Schädigung ihrer Interessen für den Fall, dass der Vertrag nicht mit ihr abgeschlossen werden und die angefochten Entscheidung aufrecht bleiben sollte, plausibel und nachvollziehbar dargestellt. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erfüllt auch die übrigen formalen Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet (§ 340 Abs 1 Z 1, 3 und 4 BVergG iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018).
2.3. Inhaltliche Beurteilung der Anträge
Gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 351 Abs 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Das Begehren der Antragstellerin ist darauf gerichtet, den Auftraggebern zu untersagen, eine Zuschlagsentscheidung zu treffen und (in eventu) den Zuschlag zu erteilen. Hierzu ist festzuhalten, dass sich das Vergabeverfahren im Stadium vor Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung befindet. Da somit die Erteilung des Zuschlages nicht unmittelbar bevorsteht, droht der Antragstellerin beim derzeitigen Stand des Vergabeverfahrens jedenfalls kein unmittelbarer Schaden durch die Erteilung des Zuschlages (ua BVwG 03.10.2018, W139 2206369-1/2E; 19.02.2015, W139 2100854-1/2E; 23.04.2014, W123 2007137-1/7E; ebenso LWwG Wien 26.02.2015, VGW- 123/V/072/627/2015-2; LVwG 04.06.2014, 123/V/077/26443/2014; sowie bereits ua BVA 26.07.2011, N/0071-BVA/12/2011-EV8; BVA 27.07.2012, N/0072-BVA/08/2012-EV20; siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung RV 1171 BlgNR XXII. GP, 141).
Auch ist kein Grund ersichtlich, den Auftraggebern das Treffen einer Zuschlagsentscheidung zu untersagen, da auch insofern die im Verlust des Auftrages liegende Schädigung der Interessen der Antragstellerin nicht unmittelbar droht. Die Antragstellerin müsste gegen eine allfällige, ihr - wie nachfolgend gezeigt wird - als verbliebener Bieterin bekanntzugebende Zuschlagsentscheidung ohnehin mit einem weiteren Nachprüfungsantrag vorgehen, um deren Bestandskraft zu verhindern und um die Chance auf Zuschlagserteilung zu wahren (ua BVwG 03.10.2018, W139 2206369-1/2E; 19.12.2017, W131 2179704-1/3E; 04.12.2015, W123 2117867-1/2E; 25.02.2014, W139 2001504/1-7E).
Der Auftraggeber ist gemäß § 143 Abs 1 BVergG verpflichtet, den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Die Erläuterungen zum Bundesvergabegesetz 2018, wie auch bereits zur BVergG-Novelle 2009, weisen darauf hin, dass ",verbliebene' Bieter [...] die Bieter [sind], die nicht ausgeschlossen wurden, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden bzw. deren Angebote zwar ausgeschieden wurden, jedoch die Ausscheidensentscheidung noch nicht rechtskräftig geworden ist (Art. 2a Abs. 2 zweiter UAbs. der RMRL spricht von einem "endgültig[en]" Ausschluss). Dies ist der Fall, wenn das Ausscheiden des Angebotes von der zuständigen Vergabekontrollbehörde für rechtmäßig erkannt wurde oder wenn es keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann." (RV 69 BlgNR XXVI. GP, 156; siehe in diesem Sinne auch RV 327 BlgNR XXIV. GP, 24 unter Bezugnahme auf RV 1171 BlgNR XXII. GP, 85). Gemäß Art 2a Abs 2 der RMRL ist die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter abzusenden. Bieter gelten danach als betroffen, wenn sie noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden. Ein Ausschluss ist danach dann endgültig, wenn er den betroffenen Bietern mitgeteilt wurde und entweder von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann. Verbliebene Bieter gemäß § 143 Abs 1 BVergG sind (neben jenen Bietern, die nicht ausgeschlossen wurden bzw deren Angebot nicht ausgeschieden wurde) daher auch jene Bieter, welche die sie betreffende Ausscheidenentscheidung noch fristgerecht bekämpfen können oder welche die Ausscheidensentscheidung rechtzeitig angefochten haben und das betreffende Nachprüfungsverfahren noch nicht beendet ist (siehe zu einer vergleichbaren Konstellation insbesondere VwGH 23.11.2016, Ra 2015/04/0029; siehe auch J. Aicher in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel³, § 131 Rz 16).
Selbst unter der Annahme, dass die Auftraggeber eine Zuschlagsentscheidung treffen würden, wären diese somit verpflichtet, diese Entscheidung der Antragstellerin als im Vergabeverfahren verbliebener Bieterin - bei sonstiger Bekämpfbarkeit der nachfolgenden Zuschlagserteilung - mitzuteilen, zumal das Ausscheiden bislang nicht seitens eines zur Vergabekontrolle zuständigen Verwaltungsgerichtes als rechtmäßig erkannt wurde und die antragstellende Bieterin daher noch nicht endgültig ausgeschlossen wurde (wiederum VwGH 23.11.2016, Ra 2015/04/0029; J. Aicher in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel³, § 131 Rz 17; überdies die oben zitierten Entscheidungen). Diese Entscheidung kann sodann von der Antragstellerin angefochten werden. Eine Erteilung des Zuschlags steht somit nicht unmittelbar bevor.
Daher ist im konkreten Fall eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung entstandene oder sonstige unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin, die im Sinne des § 350 Abs 1 BVergG zu beseitigen oder zu verhindern wären, nicht ersichtlich. Die Untersagung der Zuschlagsentscheidung und der Zuschlagserteilung ist zur Absicherung des auf die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung gerichteten Begehrens und des potentiell bestehenden Anspruches auf Zuschlagserteilung nicht notwendig (in diesem Sinne auch R. Madl in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 2208).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.
Zu B)
Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt; dies weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - soweit ersichtlich - im Hinblick auf die Mitteilungspflicht der Entscheidung über den Rahmenvereinbarungspartner an die "nichtberücksichtigten" Bieter iSd § 154 Abs 3 BVergG fehlt bzw die zur Mitteilungspflicht der Zuschlagsentscheidung vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich zu beurteilen ist. So geht der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 09.08.2010, AW 2010/04/0024, demnach entgegen der in diesem Beschluss geäußerten Ansicht davon aus, dass ein Bieter, der ein Nachprüfungsverfahren hinsichtlich des Ausscheidens seines Angebotes eingeleitet hat, bereits vor Beendigung des betreffenden Vergabekontrollverfahrens als "nicht im Vergabeverfahren verbliebener Bieter" gemäß § 131 Abs 1 BVergG 2006 angesehen werden könnte und für diesen daher mangels entsprechender Sicherungsmaßnahme die Gefahr besteht, nicht von der Zuschlagsentscheidung in Kenntnis gesetzt zu werden. Demgegenüber führt der Verwaltungsgerichtshof allerdings in seinem Beschluss vom 23.11.2016, Ra 2015/04/0029, aus, dass als "verbliebene" Bieter, welchen gemäß § 131 Abs 1 BVergG 2006 die Zuschlagsentscheidung nachweislich mitzuteilen ist, jene Bieter gelten, die nicht ausgeschlossen wurden, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden bzw deren Angebote zwar - wie in der dortigen wie auch in der vorliegenden Konstellation - ausgeschieden wurden, jedoch die Ausscheidensentscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Dass der Revisionswerberin durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher die Untersagung der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und die Erteilung des Zuschlags untersagt werde, eine bessere Rechtsposition eingeräumt werden sollte als den übrigen im Verfahren verbliebenen Bietern, ist nicht begründet. Der Verwaltungsgerichtshof verneinte angesichts der insoweit eindeutigen Rechtslage das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung und wies die gegen die Abweisung des Sicherungsbegehrens gerichtete Revision zurück.
Schlagworte
Ausscheiden eines Angebotes, Ausscheidensentscheidung, Bauauftrag,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W139.2215679.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.06.2019