Entscheidungsdatum
18.03.2019Norm
AsylG 2005 §18 Abs1Spruch
L506 2185300-2/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Armenien, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.10.2018, Zl. 1113104305-160602965, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (nachfolgend BF), eine Staatsangehörige Armeniens und Angehörige der Volksgruppe der Jesiden, stellte am 28.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Anlässlich der Erstbefragung am 28.04.2016 gab die BF als Grund für ihre Ausreise an, sie habe ihr Land verlassen, da sie von ihrem Stiefvater immer wieder geschlagen worden sei. Ihr sei nicht erlaubt worden, in die Schule zu gehen und sie hätte zwangsverheiratet werden sollen. Ihre Mutter habe die Reise organisiert. Ihren Reisepass habe sie dem Mann gegeben, der sie mit einem Kleinbus nach Österreich gebracht habe. Bei ihrer Rückkehr drohe ihr Misshandlung und Zwangsverheiratung. Im Einvernahmeprotokoll wurde der XXXX als Geburtsdatum der BF festgehalten.
3. Am XXXX brachte die BF ihre Tochter XXXX (hg. Zl. 2185301) zur Welt.
4. Am 28.08.2017 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend BFA). Die BF brachte zu ihren Ausreisegründen zusammengefasst vor, dass ihr (Stief-)Vater sie unbedingt habe verheiraten wollen. Sie kenne den Mann, den sie hätte heiraten sollen, nicht, es seien keine konkreten Absprachen getroffen worden.
In Österreich habe sie den Vater ihres Kindes kennengelernt, er sei der Sohn der Cousine ihrer Mutter. Sie lebe mit ihm und ihrer Tochter zusammen bei dessen Eltern.
In Armenien würde sie weiterhin von ihrem Vater drangsaliert werden und sie wüsste nicht, wo sie wohnen solle.
5. Mit Schreiben vom 6.12.2017 der Landespolizeidirektion (LPD) XXXX wurde dem BFA mitgeteilt, dass die BF mit einem Schengen Visum C, gültig von 30.03.2016 bis 28.04.2016 in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei und Kopien eines armenischen Reisepasses und der Geburtsurkunde der BF übermittelt, welche die BF Anfang November 2017 anlässlich der Bestellung ihres Aufgebotes im Marktgemeindeamt XXXX vorgelegt habe. In diesen Dokumenten scheine das Geburtsdatum XXXX auf, die Personaldaten seien daraufhin geändert worden.
6. Mit Bescheid vom 02.01.2018 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 und 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Das BFA führte zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass die Identität der BF aufgrund des sichergestellten Reisepasses nunmehr feststehe und dass eine asylrelevante Verfolgung der BF nicht feststellbar gewesen sei.
7. Mit Schriftsatz vom 28.01.2018 erhob die BF innerhalb offener Frist vollumfängliche Beschwerde gegen oa. Bescheid. Der Bescheid werde wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft. Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass das BFA das Vorbringen der BF nicht ausreichend erhoben, auf jegliche Würdigung explizit verzichtet und sich auf die Verwendung von Textbausteinen und unverifizierbaren Spekulationen beschränkt habe. Für die von Zwangsverheiratung bedrohte BF bestehe kein staatlicher Schutz und auch die vom BFA getroffenen Länderfeststellungen würden die Befürchtungen der BF bestätigen. Hinzu käme eine Gefährdung der BF durch die allgemein schlechte Sicherheitslage in Armenien und dass die BF im Falle der Rückkehr in realistischer Gefahr wäre, in eine existenzbedrohende Lage zu geraten.
8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.02.2018, Zl:
L526 2185300-1/3Z, wurde Spruchpunkt IV. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 und 4 BFA-VG) des zuvor angeführten Bescheides wegen Fehlens der in § 18 Abs. 1 Z 1-7 BFA-VG genannten Tatbestände ersatzlos behoben.
9. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.04.2018, Zl:
L526 2185300-1/6E, wurde in Erledigung der Beschwerde der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen. Begründend wurde auf das mangelhafte Ermittlungsverfahren, insbesondere auf die fehlende Erhebung hinsichtlich der behaupteten Übergriffe auf die BF, deren familiäres und soziales Umfeld sowie deren fehlende Würdigung vor dem Hintergrund der aktuellen Länderfeststellungen verwiesen. Auch habe das BFA die Situation der BF für die Erlangung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten nicht ausreichend geprüft, nicht nachvollziehbare Feststellungen getroffen und das Privat- und Familienleben der BF nur unzureichend geprüft. Auch sei dem BFA durch die Beiziehung eines männlichen Dolmetschers ein Verfahrensfehler unterlaufen und sei die rechtliche Beurteilung infolge Verwendung nicht individualisierter Textbausteine und ohne einer nachvollziehbaren Subsumtion zum festgestellten Sachverhalt mangelhaft. Das BFA habe sich weder im Rahmen der Einvernahme noch in der darauf basierenden Beweiswürdigung und den rechtlichen Erwägungen des Bescheides mit dem Fluchtvorbringen und den Rückkehrbefürchtungen der BF hinreichend auseinandergesetzt.
10. Am 10.08.2018 erfolgte eine weitere niederschriftliche Einvernahme der BF vor dem BFA. Die BF gab an, dass sie nunmehr verheiratet sei und mit ihrem Mann und ihrer Tochter in XXXX wohne. Sie habe zwar einen Deutschkurs besucht, aber keine Prüfung abgelegt, sie habe keinen Freundeskreis in Österreich und lebe mit ihrer Tochter von der Grundversorgung. Zum Ausreisegrund befragt führte die BF aus, dass ihr Stiefvater sie ab ihrem 14. Lebensjahr habe verheiraten wollen, sie dies aber abgelehnt habe. Sie sei vom Stiefvater auch mehrmals geschlagen worden. Sie habe dann noch weitere vier Jahre im Elternhaus verbracht. In dieser Zeit seien mehrere potenzielle Heiratskandidaten beim Vater vorstellig geworden. Eine Zwangsverheiratung sei nunmehr wohl nicht mehr möglich, da sich für sie als verheiratete Mutter bei Jesiden kein Heiratskandidat mehr finden würde.
11. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 03.10.2018 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
Das BFA stellte fest, dass die BF Staatsangehörige von Armenien sei und in Armenien keiner Verfolgung durch staatliche Organe oder Privatpersonen ausgesetzt sei. Eingriffe in die sexuelle Selbstbestimmung könnten nicht festgestellt werden und es sei auch kein Hinweis auf eine drohende Zwangsverehelichung zu erblicken. Im Rückkehrfall sei die BF keiner realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder N. 13 zur Konvention ausgesetzt und es könne nicht festgestellt werden, dass die selbsterhaltungsfähige BF in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde.
Begründend führte das BFA zu Spruchpunkt I. aus, dass die Ausführungen der BF, dass ihr Stiefvater zwar gewollt habe, dass die BF heirate, er aber niemanden als Heiratskandidaten für die BF ausgesucht habe und die BF daraufhin noch weitere vier Jahre im Elternhaus gelebt habe, für glaubwürdig erachtet werden, jedoch keinerlei Asylrelevanz entfalten würden.
Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 Abs 1 Z 1 AsylG zu verneinen sei.
Zu Spruchpunkt III. hielt das Bundesamt fest, dass die Erteilungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach den § 57 AsylG nicht vorliegen würden. Es wurde ausgeführt, dass bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise gefunden werden könnten, welche den Schluss zuließen, dass durch die Rückkehrentscheidung auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in das Recht der BF auf Schutz des Familien- und Privatlebens eingegriffen werden würde, zumal das Familienleben auch außerhalb Österreichs fortgeführt werden könnte. Unter Berücksichtigung sämtlicher individueller Umstände der BF sei auch die Abschiebung nach Armenien zulässig.
Zu Spruchpunkt IV (im Bescheid auf S 77 fälschlich mit V. bezeichnet) führte das BFA aus, dass es sich bei Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat handle und die BF keine Fluchtgründe vorgebracht habe, weshalb die Ziffer 1 und 4 des § 18 AsylG zur Anwendung kämen.
12. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 05.10.2018 wurde gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt sowie dieser mitgeteilt, dass sie gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch bis zum 17.10.2018 in Anspruch zu nehmen.
13. Am 08.10.2018 übermittelte die LPD XXXX einen Bericht (Sachverhaltsdarstellung), wonach der Nachname der BF nunmehr XXXX sei, da sie im Dezember 2017 geheiratet habe.
14. Mit Schriftsatz vom 06.11.2018 erhob die BF durch ihre rechtsfreundliche Vertretung rechtzeitig vollumfänglich wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung Beschwerde gegen den Bescheid des BFA. Zum Inhalt der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).
Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass das BFA dem Ermittlungs- und Verbesserungsauftrag des BFA nicht einmal ansatzweise nachgekommen sei. Die BF sei aus religiösen Gründen bzw. wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmen sozialen Gruppe verfolgt, sei der Gefahr der Zwangsverheiratung ausgesetzt gewesen und der armenische Staat sei diesbezüglich weder schutzfähig noch schutzwillig. Das Vorbringen der BF werde auch durch die Länderfeststellungen bestätigt, wonach es keinen Schutz bei häuslicher Gewalt gebe. Das BFA habe sich jedoch mit dem Vorbringen der BF nicht auseinandergesetzt. Auch lasse die schlechte allgemeine Sicherheitslage keine Rückkehr der BF zu, sie hätte keine Lebensperspektive und wäre in ihrer Existenz bedroht. Zudem habe das BFA das intensive Familienleben der BF in Österreich unzureichend berücksichtigt und sei eine Fortführung des Familienlebens in Armenien oder in der Ukraine nicht möglich. Vor allem in Hinblick auf die Tochter sei eine Trennung von der Familie eine Verletzung von Art. 8 EMRK.
15. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
16. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2018, Zl:
L506 2185300-2/5Z, wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin
1.1.1. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 06.11.2018 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage durch das BFA am 03.12.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.
1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt - nach Unzuständigkeitseinrede infolge Eingriffs in die sexuelle Selbstbestimmung (§ 20 AsylG 2005) - der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.
Zu A)
1. Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG
1.1. § 28 VwGVG lautet:
(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 2 2. Satz VwGVG (vgl. VwGH 19.11.2009, 2008/07/0167: "Tatsachenbereich") (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 Anm. 11).
1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:
* Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
* Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
* Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche, detaillierte Erhebung des relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist.
2. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 VwGVG im gegenständlichen Fall:
2.1. Vorerst ist festzuhalten, dass im Falle der BF hinsichtlich ihrer Tochter XXXX, geb. XXXX (hg. Zl: L506 2185301-2), ein Familienverfahren vorliegt.
Gem. § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat [...].
Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
2.2. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Ermittlungs- und Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:
2.2.1. Im gegenständlichen Fall hat die BF im Laufe ihres Verfahrens ihre Angst vor Zwangsverheiratung und Misshandlung artikuliert sowie ihre Befürchtung, im Fall ihrer Rückkehr weiter drangsaliert zu werden. Da die angesprochenen Themenbereiche vom BFA nicht ausreichend hinterfragt worden sind, um eine Glaubwürdigkeitsprüfung vornehmen bzw. die Asylrelevanz beurteilen zu können, wurde in der Folge der Bescheid des BFA vom 02.01.2018 vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Beschluss vom 24.04.2018, L526 2185300-1/6E, behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen. Dem BFA wurde ua die Klärung aufgetragen, wie sich die behaupteten Übergriffe auf die BF konkret gestaltet hätten, von welcher Intensität sie gewesen wären, ob die für die BF vorgesehene Verehelichung auch im Falle ihrer Weigerung durchgesetzt hätte werden sollen und ob diesbezüglich eine Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der armenischen Behörde gegeben sei.
Diesem Auftrag des Bundesverwaltungsgerichts kam das BFA nicht nach. Offenbar vermeinte das BFA, dass aufgrund der Verheiratung der BF diese Klärung nun nicht mehr erforderlich sei. Das BFA begnügte sich mit der Aussage der BF, dass diese noch nie gehört habe, dass bereits verheiratete Frauen zwangsverheiratet werden würden, da eine solche Zwangsehe schon mangels Heiratskandidaten für eine Frau mit Kind nicht zustande kommen würde (Niederschrift vom 10.08.2018, S 4). Das BFA übersieht dabei aber, dass das Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig mit oa Klärungsauftrag für den Fall der Verehelichung der BF mit dem Vater ihres Kindes darauf verwiesen hat, dass selbst eine bereits erfolgte Verehelichung das Risiko drohender Gewalt oder Einschränkungen der persönlichen Freiheit im Falle einer Rückkehr nicht von vornherein ausschließe und diesfalls jedenfalls die Behandlung von Frauen, die ohne Mann mit einem Kleinkind in den Herkunftsstaat zurückkehren, - da noch völlig unbehandelt - zu klären ist. Diesem Auftrag kam das BFA - trotz des ausdrücklichen Hinweises des BVwG - jedoch nicht nach.
2.2.2. Weiters führte das BVwG im Beschluss vom 24.04.2018 unter Verweis auf höchstgerichtliche Judikatur aus, dass die von der belangten Behörde herangezogenen und zitierten Länderinformationen unzulänglich gewesen seien und bemängelte, dass sich über Jesiden gerade einmal ein Satz in den Länderfeststellungen gefunden hätte und über die Situation jesidischer Frauen gar keine Feststellungen getroffen worden seien. Trotz dieses ausdrücklichen Hinweises des Bundesverwaltungsgerichtes finden sich auch im gegenständlich angefochtenen Bescheid wiederum keine Feststellungen zur Situation von Jesiden, insbesondere von jesidischen Frauen bzw. alleinstehenden jesidischen Frauen mit (Klein-)Kind.
2.2.3. Das BVwG zeigte im Beschluss vom 24.04.2018 auch auf, dass ohne Erörterung der Frage, wie das familiäre und soziale Umfeld auf eine allfällige Verweigerung der behaupteten (Zwangs-)Verheiratung oder auf die Rückkehr mit einem Kleinkind und allenfalls auch mit einem selbsterwählten Ehemann reagiert, die vom BFA getätigte Annahme, die BF verfüge über eine Unterkunft sowie über Unterstützung durch Verwandte und Freunde, bloße Spekulation sei (S 16 des Erkenntnisses vom 24.04.2018). Trotz dieses ausdrücklichen Hinweises des BVwG stellte das BFA im gegenständlich angefochtenen Bescheid abermals fest, dass die BF Verwandte in der Heimat habe, welche ihr im Falle der Rückkehr als soziales Auffangnetz dienen könnten, ohne im gesamten Verfahren zu hinterfragen, ob die Verhaltensweise der BF (Widerstand gegen eine Zwangsverheiratung, Ausreise, Heirat mit einem selbstgewählten Ehemann und Kind) überhaupt eine Unterstützung durch Freunde und Verwandte möglich macht oder sie allenfalls für dieses Verhalten geächtet werden würde. Dazu wäre es aber auch erforderlich, zum einen die vorgebrachten Ausreisegründe näher zu ergründen (tatsächliches Risiko der Zwangsverheiratung, erlittene Gewalt, Folgen der Verweigerung einer Verehelichung), zum andern aber auch die Vorgehensweise der BF zu hinterfragen, ob sie tatsächlich gegen den Widerstand und Willen des (Stief-)Vaters ihr Land verlassen und ihren jetzigen Ehemann geheiratet hat, zumal die BF mit Visum nach Österreich gekommen ist und direkt bei der Cousine ihrer Mutter, ihrer jetzigen Schwiegermutter, Aufnahme fand. Erst in weiterer Folge wäre es möglich abzuklären, ob für die BF (mit Kind) im Rückkehrfall überhaupt noch ein Kontakt bzw. eine Kontaktmöglichkeit mit Freunden und Verwandten besteht oder ob von einer Unterstützung durch die Familie ausgegangen werden kann. Die bloße Feststellung/Auflistung der Verwandten der BF samt deren Geburtsdaten hat in diesem Zusammenhang keinen Aussagewert.
2.2.4. In diesem Zusammenhang wäre weiters auch zu klären, ob die BF durch ihre nunmehrige Heirat möglicherweise ein Verhalten gesetzt hat, welches einen Verstoß gegen die Jesidischen Heiratsregelungen darstellt und - gegebenenfalls - welchen Konsequenzen bzw. Sanktionen sie deshalb bei Rückkehr ausgesetzt sein könnte.
2.2.5. Zudem verweist das BFA in seinen beweiswürdigenden Ausführungen zur Einreise in das österreichische Bundesgebiet darauf, dass die BF am 20.12.2016 (AS 434) bzw. am 23.12.2015 (AS 436) mit einem Visum der Tschechischen Republik eingereist sei und am 09.07.2018 einen weiteren Asylantrag eingebracht habe (AS 436). Dies ist schlichtweg aktenwidrig. Dem Akteninhalt lässt sich entnehmen, dass sich die BF seit dem 28.04.2016 in Österreich aufhält (AS 52) und an diesem Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat (AS 3). Allerdings gibt die BF auch an, dass sie ihr Heimatland bereits am 19.04.2016 verlassen (AS 339) und sich von 19.04.2016 - 25.04.2016 in der Ukraine aufgehalten (AS 7) habe. Weiters ist dem sichergestellten Reisepass zu entnehmen, dass die BF am 19.04.2016 über Warschau gereist ist (AS 107). Auch diese Vorgehensweise der BF wird in der noch vorzunehmenden Glaubwürdigkeitsprüfung zu berücksichtigen sein, zumal man doch bei begründeter Furcht vor Verfolgung dieses Ausmaßes annehmen können, dass von Asylwerbern die nächste Gelegenheit genützt wird, um Schutz zu ersuchen, was die BF nicht getan hat.
2.2.6. Vollständigkeitshalber wird auch noch darauf verwiesen, dass dem Akteninhalt zufolge die BF bislang über keine Berufserfahrung verfügt und nicht - wie vom BFA ausgeführt - "Schulbildung und Berufserfahrung genossen" hat (AS 426). Das BFA stellte im angefochtenen Bescheid fest, dass die BF eine selbsterhaltungsfähige armenische Staatsbürgerin sei (AS 384). Beweiswürdigend führte das BFA dazu aus, dass die BF "laut eigenen Angaben selbsterhaltungsfähig" sei, jedoch findet sich diese Aussage der BF im gesamten Akteninhalt nicht. Zur - nicht festgestellten - Arbeitsfähigkeit führte das BFA beweiswürdigend aus, dass sich diese "aus Ihrem [dem] Gesundheitszustand, Ihrem [dem] erwerbsfähigen Alter und Ihren [den] Angaben bezüglich Schulbildung und Berufserfahrung" ergäbe, obwohl die BF nach dem Abschluss der Grundschule keinen Beruf erlernt hat und nichts mehr machte (AS 52) und auch in Österreich nicht gearbeitet hat (AS 341). Zur Selbsterhaltungsfähigkeit verwies das BFA lediglich darauf, dass es der BF zumutbar wäre, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten (AS 425), ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob dies der BF in ihrer Situation - allein zurückkehrende Frau mit Kleinkind, allenfalls auch ohne familiären Rückhalt - überhaupt möglich ist.
2.3. Aus Sicht des erkennenden Gerichtes verstößt das Prozedere der belangten Behörde gegen die in § 18 Abs. 1 AsylG normierten Ermittlungspflichten. Die Asylbehörden haben in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amtswegen beizuschaffen. Diese Rechtsnorm, die eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 leg. cit. hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde, den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen ist, hat die Erstbehörde in diesem Verfahren missachtet.
Im gegenständlichen Fall hat sich das BFA mit dem Fluchtvorbringen und Rückkehrbefürchtungen der BF nicht ausreichend auseinandergesetzt und ist das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde im Ergebnis derart mangelhaft, dass die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides unvermeidlich erscheint. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen sonst zweifelfrei, dass das Vorbringen der BF umfassend dargelegt wurde. Im Gegenteil ist das Verfahren der belangten Behörde mit den oben dargestellten groben Mängeln behaftet. Die Vorgehensweise des BFA weist somit gravierende Ermittlungslücken im Sinne der Erkenntnisse des VwGH, Ra 2014/03/0054 vom 30.06.2015 sowie VwGH, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016, auf bzw. hat die belangte Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt lediglich ansatzweise ermittelt (VwGH 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, VwGH 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN).
2.4. Das BFA wird sich daher im fortgesetzten Verfahren nochmals mit den vorgebrachten Ausreisegründen der BF auseinander zu setzen und einer Glaubwürdigkeitsprüfung zu unterziehen haben, ob die BF tatsächlich gegen den Willen ihrer Eltern ihren nunmehrigen Ehemann geehelicht hat und wenn ja, ob und welche Folgen sie durch den Verstoß gegen jesidische Heiratsregeln im Fall der Rückkehr zu befürchten hat, sei es in Form einer Ächtung der jesidischen Gemeinde und/oder ihrer Familie. In weiterer Folge wird sich das BFA auch mit der Situation von Frauen, die ohne Mann mit einem Kleinkind in den Herkunftsstaat zurückkehren auseinander zu setzen und die individuelle Rückkehrsituation der BF zu klären haben und in diesem Zusammenhang auch deren Selbsterhaltungsmöglichkeit und der konkreten Möglichkeit des Zugangs zu Sozialeinrichtungen zu prüfen haben. Das BFA wird daher abermals eine umfassende Einvernahme der BF zu ihren Ausreisegründen sowie eine vollständige Glaubwürdigkeitsprüfung hinsichtlich der behaupteten Ausreisegründe vorzunehmen haben und wird die Rückkehr- und Lebenssituation der BF - unter Berücksichtigung individueller, auf die Situation der BF bezogene - Länderfeststellungen darzulegen sein.
2.5. Ebenso wird das BFA das in der Beschwerde erstattete Vorbringen der BF, insbesondere zu den geltend gemachten Verfahrensmängeln, zu berücksichtigen und ein ordnungsgemäßes und faires Verfahren zu führen haben.
2.6. Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit aktuellen und auf objektiv nachvollziehbaren Quellen beruhenden Länderfeststellungen verlangt (vgl. VwGH 26.11.2003, Zl. 2003/20/0389).
Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, zuletzt in seinem Erkenntnis vom 7.11.2008, Zl. U 67/08-9, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).
2.7. Das BFA übersah auch, dass beweiswürdigende Überlegungen zur Stichhaltigkeit einer Fluchtgeschichte sich regelmäßig nicht auf das Vorbringen des Asylwerbers beschränken dürfen. Vielmehr bedarf es idR auch einer Betrachtung der konkreten fallbezogenen Lage im Herkunftsstaat des Betreffenden, weil seine Angaben letztlich nur vor diesem Hintergrund einer Plausibilitätskontrolle zugänglich sind (VwGH 18.4.2002, 2001/01/0002; in diesem Sinne auch VwGH 28.1.2005, 2004/01/0476). Von den Asylbehörden ist eine Einbeziehung des realen Hintergrundes der von einem Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in das Ermittlungsverfahren zu erwarten. Die Behauptungen des Asylwerbers sind auch am Verhältnis zu der Berichtslage in Bezug auf das Ereignis, von dem er betroffen gewesen sein will, zu messen (VwGH 30.9.2004, 2001/20/0135, in diesem Sinne auch VwGH 31.5.2005, 2005/20/0176). Auch der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis 2001/10/02 B 2136/00 davon aus, dass sich die Asylbehörden nicht mit Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat begnügen dürfen, sondern fallbezogen konkrete Ermittlungen in Bezug auf das individuelle Vorbringen tätigen müssen, um dieses einer Plausibilitätskontrolle unterziehen zu können. Nach Ansicht des zitierten VfGH Erkenntnis besteht diese Verpflichtung selbst dann, "wenn die vom Beschwerdeführer gegebene Schilderung von vornherein als kaum glaubwürdig und als irreal erscheint. Dies entbindet die Asylbehörde nicht von ihrer Verpflichtung die notwendigen Ermittlungen vorzunehmen".
Die Beweiswürdigung des BFA hält in einer Gesamtschau einer Schlüssigkeitsprüfung nicht Stand und ist nicht geeignet, die mangelnde Asylrelevanz des Vorbringens der BF sowie der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung tragfähig zu begründen.
Dass BFA wird daher im fortgesetzten Verfahren die Ausreisegründe der BF umfassend zu erheben und eine Prüfung der Asylrelevanz hinsichtlich der behaupteten Fluchtgründe vorzunehmen haben und wird die BF ein weiteres Mal ausführlich und konkret zu ihrem ausreisekausalen Vorbringen und zu ihren Rückkehrbefürchtungen zu befragen sein sowie ihr die Ermittlungsergebnisse und insbesondere auch entscheidungsrelevante, aktuelle und auf den festgestellten Sachverhalt abgestimmte Länderfeststellungen mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist zur Kenntnis zu bringen sein. In weiterer Folge wird das BFA das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel einer - schlüssigen - Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen haben, welche als Basis für die rechtliche Beurteilung dienen.
2.8. Unter den genannten Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Asylrelevanz des Vorbringens der BF sowie in Bezug auf ihre Rückkehrsituation und erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung einer allfälligen Gefährdung der BF als so mangelhaft, dass weitere notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes diesbezüglich unerlässlich erscheinen, wobei auch die Tatsache, dass Armenien mittlerweile als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 13 HerkunftsstaatenV 2009, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 130/2018 gilt, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der armenischen Behörden spricht (vgl. etwa VwGH 10.8.2017, Ra 2017/20/0153, mwN), nichts an dieser Ermittlungspflicht zu ändern vermag. Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das Gericht entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.
Im Zuge des bisherigen Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Ermittlungen teils gänzlich unterlassen und/oder teils bloß ansatzweise ermittelt, wobei diese Ermittlungen nunmehr durch das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen werden müssten. In diesem Konnex ist ferner darauf zu verweisen, dass das BVwG auch selbst an seine Rechtsauffassung aus dem ersten Rechtsgang gebunden ist, weshalb eine erneute Kassation vorzunehmen war (vgl. dazu VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0166 mit Verweis auf VwGH 17.11.2015, Ra 2015/22/0076).
2.9. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass der Inhalt des Beschwerdeschriftsatzes nunmehr Teil des durch das BFA zu berücksichtigenden Sachverhaltes ist und es sich mit den dort gemachten verfahrensrelevanten Einwendungen auseinanderzusetzen haben wird.
2.10. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen.
Ausgehend von diesen Überlegungen war im vorliegenden Fall eine kassatorische Entscheidung zu treffen. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht der BF gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Die Rechtssache war daher spruchgemäß an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
3. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. der angefochtene Bescheid zu beheben war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG ergangene Judikatur ist ausführlich und auf den gegebenen Fall anwendbar.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylantragstellung, Asylverfahren, Behebung der Entscheidung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L506.2185300.2.00Zuletzt aktualisiert am
12.06.2019