TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/20 W141 2212304-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2019
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Entscheidungsdatum

20.03.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W141 2212304-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 05.09.2018, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer hat am 07.03.2018 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:

Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvoluts einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 08.06.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 30 vH bewertet wurde.

2. Mit angefochtenem Bescheid vom 05.09.2018 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH festgestellt.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass ein Grad der Behinderung von 30 vH vorliegen würde. In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG.

3. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

Unter Vorlage eines Konvolutes neuerlicher Befunde wurde vom Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass seine Depression zu gering eingeschätzt und diesbezügliche Befunde unberücksichtigt geblieben seien. Weiters sei das Wirbelsäulenleiden zwar aufgenommen, jedoch nicht im GdB berücksichtigt worden.

3.1. Zur Überprüfung der Einwende sowie der neu vorgelegten Befunde wurde seitens der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten desselben Facharztes für Neurologie, basierend auf der Aktenlage, ein weiteres Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 20.11.2018, sowie eine Gesamtbeurteilung desselben Facharztes für Orthopädie vom 26.11.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Gesamtgrad der Behinderung unverändert mit 30 vH zu beurteilen sei.

3.2. Mit Schreiben vom 07.01.2019 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde wegen Fristüberschreitung abgebrochen.

3.3. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs hat weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer Einwendungen erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand altersentsprechend, Ernährungszustand: gering adipös

Größe: 170,00 cm Gewicht: 80,00

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: unauffällig

Thorax: symmetrisch, elastisch

Abdomen: klinisch unauffällig, kein Druckschmerz

Obere Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal. Symmetrische Muskelverhältnisse. Durchblutung und Sensibilität sind ungestört. Benützungszeichen sind seitengleich.

Rechte Schulter: kein Druckschmerz am Endgelenk, kein Druckschmerz im Bereich des großen Rollhöckers. Bei Bewegung werden Schmerzen im Nackenbereich rechts angegeben. Auf Auffordern wird der Arm bis zur Horizontalen gehoben. Nackengriff und Kreuzgriff werden rechts auch ansatzweise nicht ausgeführt, links jeweils uneingeschränkt. Ellbogen, Vorderarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger sind seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar, der Faustschluss ist komplett.

Umfang: Oberarm rechts 33, links 32,5. Unterarm rechts 30, links 29,5.

Untere Extremitäten:

Der Barfußgang wird mit verlängerter Belastungsphase links ausgeführt. Zehenballengang und Fersengang werden nicht ausgeführt. Einbeinstand wird nur rechts ausgeführt. Anhocken wird auch ansatzweise nicht ausgeführt. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ist gleich. Durchblutung und Sensibilität sind ungestört. Die Fußsohlenbeschwielung ist seitengleich ausgebildet, das Fußgewölbe ist erhalten.

Die Endlagige Hüftbeugung links ist im Kreuz schmerzhaft.

Sonst sind sämtliche Gelenke bandfest und klinisch unauffällig.

Beweglichkeit:

Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken sind horizontal. Die Wirbelsäule ist etwa 2 cm nach links aus dem Lot. Regelrechte Krümmungsverhältnisse. Zarte S-förmige Skoliose. Im Stehen wird überwiegend das rechte Bein belastet. Mäßig Hartspann zervikal, kein auffallender Hartspann lumbal. Es wird lumbal lokal Druckschmerz angegeben. Kreuzbein-Darmbein¬Gelenk nicht druckschmerzhaft.

Beweglichkeit:

Auf Aufforderung werden nur minimal Bewegungen in allen Abschnitten ausgeführt.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt in Sneekers zur Untersuchung, das Gangbild ist symmetrisch und hinkfrei. Das Aus- und Ankleiden wird teils im Sitzen, teils im Stehen durchgeführt. Hierbei bestehen keine auffälligen Einschränkungen hinsichtlich Beweglichkeit an Wirbelsäule und an den Extremitäten. An der rechten Schulter sind keinerlei Einschränkungen sichtbar, die Kleidung wird auf einen deutlich über Kopfhöhe angebrachten Haken an der Wand aufgehängt.

Status Psychicus:

wach, Sprache unauffällig

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

1

Rezidivierend depressive Störung Eine Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da mit beschriebener Angstkomponente jedoch medikamentös überwiegend stabilisierbar ohne Erfordernis stationärer Behandlungen bzw. begleitender Gesprächstherapie

03.06.01

30 vH

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Wahl dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da bildgebend nachgewiesene degenerative Veränderungen, aber ohne neurologisches Defizit und ohne höhergradige Funktionsbehinderung

02.01.01

20 vH

Gesamtgrad der Behinderung

30 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH. Das Leiden 1 wird durch das weitere Leiden nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.

1.3. Der gegenständliche Antrag ist am 07.03.2018 bei der belangten Behörde eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt sowie aus dem Auszug aus dem zentralen Melderegister mit Stichtag 09.01.2019.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung des Beschwerdeführers gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, auf die vorgelegten medizinischen Beweismittel sowie die Aktenlage.

Die erstinstanzlich eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten sowie die ergänzende Gesamtbeurteilung sind schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Der befasste neurologische Sachverständige fasst die vorgelegten Beweismittel nachvollziehbar wie folgt zusammen:

* Vorgutachten 8.6.2018: rezid. depressive Störung, GdB 30%

Es wurde schriftlich am 4.10.2018 Beschwerde gegen das Gutachten erhoben: die Depression wurde zu gering eingeschätzt, im psychischen Bereich wurde vor allem der Befund von Frau XXXX vom 9.2.2018 nicht gebührend berücksichtigt, ich lege einen neuen Befund vom 31.7. bei. Er ist auch nicht in der Lage öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen für die Diagnose chronische Schmerzsymptomatik, rezid, depressive Störung, erscheint die Einstufung zu gering, vor allem da trotz verschiedener medikamentöser Therapien keine nachhaltige Besserung festgestellt werden konnte. Die Nachhaltigkeit der Erkrankung wurde über den oberen Rahmen rechtfertigen. Das Wirbelsäulenleiden wurde nicht mit einem Grad der Behinderung berücksichtigt. Im orthopädischen Bereich liegen ebenfalls neuere Befunde vor

* XXXX Innere Abteilung 18.6.2018, Aufnahmediagnose: Cervikalsydnrom C3-Th1, Diagnosen:Cervikobrachialgie, CT gez. Infiltration der Neuroforamina C5/C6 und C6/C7 rechts, Lumboischialgie, Discusprolaps L4/5.

Entlassungsmedikation: Duloxetin 60mg 1-0-0, Tradolan 50mg/1ml Amp 1-1-1, Saroten 25mg 0-0-2-0, Sirdalud 4mg 0-0-1, Noctamid bei Insomnie, Xanor bei Angst, Dominal bei Schlaflosigkeit, Xefo bei Schmerzen, Tramal Trpf, bei Schmerzen.

* Befundbericht XXXX , Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie 31.07.2018: anamnestisch bestehen bei dem Patienten seit vielen Jahren Depressionen sowie Ängste und Panikzustände. Der Patient berichtet über fehlende Belastbarkeit, er ist auch nicht in der Lage öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, es kommt zum Auftreten von Panikgefühlen und Beklemmungen. Weiters besteht ein chron. Schmerzsyndrom mit Schmerzen im Wirbelsäulenbereich sowie einer Kalkschulter rechtsseitig. Zusammenfassung: rezid. depressive Störung ggw mittelgradige Episode, Angst und depressive Störung gemischt. Trotz verschiedener medikamentöser Therapien konnte keine anhaltende Besserung erzielt werden, sodas damit in absehbarer Zeit auch nicht zu rechnen ist.

Der befasste orthopädische Sachverständige fasst die vorgelegten Beweismittel nachvollziehbar wie folgt zusammen:

* 04/2018 Befundbericht XXXX über Stoßwellenbehandlung rechte Schulter

* 07/2018 Befundbericht XXXX beschreibt Hypertonie ohne medikamentöse Behandlung, DP L4/5, CT-gezielte Infiltrationen an der Wirbelsäule 08/2018 unauffälliger internistischer Befund

* 08/2018 MR von Hals- und Lendenwirbelsäule beschreibt insbesondere keinen Bandscheibenprolaps, aber Degeneration

* 11/2018 Computertomographie Lendenwirbelsäule beschreibt Wurzelkompression L5 links und Degeneration, keine Listhese.

Die vorgelegten medizinischen Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die befassten Sachverständigen haben sich im Rahmen der Gutachtenserstellung damit auseinandergesetzt. Die angeführten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis der eingeholten Sachverständigenbeweise, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Das führende Leiden wird unter der Richtsatzposition 03.06.01 mit einem Grad der Behinderung von 30% angeführt. Der Sachverständige wählt diese Position eine Stufe unter dem oberen Rahmensatz, da aus Sicht des Facharztes für Neurologie die beschriebene Angstkomponente überwiegend medikamentös stabilisierbar ist und keine stationäre Behandlung oder begleitende Gesprächstherapie erforderlich sind.

Zudem beschreibt der medizinische Sachverständige in seinem neurologischen Gutachten, dass keine ausreichende Begründung für eine Veränderung zum Vorgutachten vorliegen. Die neuerlich vorgelegten Befunde decken sich inhaltlich mit dem bereits vorliegenden Befundberichten, welche im Vorgutachten berücksichtigt wurden.

Im Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie führt dieser nachvollziehbar und schlüssig aus, dass die degenerative Veränderung der Wirbelsäule unter der Richtsatzposition 02.01.01 mit einem Grad der Behinderung von 20vH zu beurteilen ist. Er begründet die Wahl des oberen Rahmensatzes damit, dass die generativen Veränderungen bildgebend, jedoch ohne neurologisches Defizit und ohne höhergradige Funktionsbehinderung, nachgewiesen sind.

Der befasste Sachverständige führt im Gesamtgutachten nachvollziehbar aus, dass die Beurteilung des führenden Leidens, rezidivierende depressive Störung, durch das weitere Leiden 2, degenerative Veränderung der Wirbelsäule, nicht erhöht wird, da keine wechselseitige negative Beeinflussung und eine zu geringe funktionelle Relevanz vorliegen.

Die beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden somit im eingeholten Sachverständigengutachten dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt.

Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden. Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis der eingeholten Sachverständigenbeweise, es wird kein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind. Das Beschwerdevorbringen war somit nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH vorliegt, zu entkräften.

Die Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Sachverständigengutachten und die ergangene Gesamtbeurteilung werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag des Beschwerdeführers weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 07.03.2018 auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungs-gerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

§ 1 sowie § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft.

Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am 07.03.2018 gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Da ein Grad der Behinderung von 30 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher von der belangten Behörde ein neurologisches Sachverständigengutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten desselben Facharztes, basierend auf der Aktenlage, sowie ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und ein Gesamtgutachten aller eingeholten Gutachten, eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die eingeholten Sachverständigengutachten und die ergänzende Beschreibung sind schlüssig und frei von Widersprüchen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W141.2212304.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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