Entscheidungsdatum
20.03.2019Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
G310 2216029-1/4E
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Rumänien, vertreten durch Mag. Georg DERNTL, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.01.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) zu Recht erkannt:
A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids
wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben.
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin (BF) hält sich seit 2005 im Bundesgebiet auf und wurde ihr am 03.09.2007 eine Anmeldebescheinigung (Familienangehöriger) ausgestellt. Einzig vom XXXX.2017 bis XXXX.2017 hielt sie sich zwischenzeitlich in Rumänien auf. In Österreich leben Ihre Mutter, zu welcher sie täglich Kontakt hat, sowie auch ihr Stiefvater und Halbbruder. Seit Juli 2018 ist die BF im Bundesgebiet unselbstständig erwerbstätig.
Die BF wurde in Österreich bislang dreimal strafgerichtlich verurteilt, und zwar 2016, 2017 und zuletzt 2018. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 21.06.2018, XXXX, wurde die BF wegen der Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 2. und 3. Fall, Abs. 2 Z 2 und 3 SMG und § 28a Abs. 1 5. Fall, Abs. 2 Z 2 und 3 SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt, wobei 18 Monate unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden. Mildernd gewertet wurden das teilweise Geständnis und die teilweise Sicherstellung von tatverfangenem Suchtgift, erschwerend wirkten sich das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen und mehreren Vergehen und eine einschlägige Vorstrafe aus.
Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen die BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein siebenjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihr gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde zu den Ausführungen hinsichtlich der Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes verwiesen. Es hätten sich keine Gründe ergeben, die gegen die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes sprächen. Die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes sei geboten, weil die BF durch ihr "oben geschildertes" Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Ihr Verhalten stelle auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, Ordnung und Sicherheit, berühre. Die Abwägung ergebe, dass aufgrund dieses Verhaltens ihr Interesse an einem Aufenthalt in Österreich hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurücktrete.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben, in eventu, die Dauer des Aufenthaltsverbots herabzusetzen und einen Durchsetzungsaufschub zu gewähren, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung an die Behörde zurückverweisen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und aufschiebende Wirkung zu gewähren. Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wird ausgeführt, dass von der BF seit mehr als zwei Jahren keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgehe. Sie lebe in geordneten Verhältnissen in einer Mietwohnung, gehe einer Beschäftigung nach, zahle die Kosten für den elektronisch überwachten Hausarrest, habe keinen Kontakt zur Suchtmittelszene mehr, konsumiere keine Drogen mehr und bestehe daher auch kein Bedarf mehr sich Suchtmittel zu beschaffen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, wo diese am 15.03.2019 einlangten.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere auf den Abfragen im Zentralen Melderegister, im Fremdenregister und im Strafregister sowie auf der vorgelegten Urteilsausfertigung und dem Versicherungsdatenauszug in Zusammenschau mit den Angaben der BF anlässlich ihrer Einvernahme und in der Beschwerde samt den dazu vorgelegten Urkunden.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag der BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen (vgl VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, 19.06.2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und 27.07.2017, Fr 2017/18/0022).
Zu Spruchteil B):
Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dem gesetzlichen Gebot, Bescheide zu begründen, ist als Ausdruck eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens besondere Bedeutung beizumessen. Ein Begründungsmangel kann eine wesentliche Mangelhaftigkeit darstellen (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 417 ff).
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Durchsetzungsaufschub und zur aufschiebenden Wirkung ausgeführt, dass gesondert zu begründen ist, inwieweit die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers nach § 86 Abs. 3 FPG (Dursetzungsaufschub, Rechtslage vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) geboten sein soll. Die auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen. Gleiches gilt für enthaltenen Überlegungen zum Ausschluss einer aufschiebenden Wirkung der Berufung, weil die aufschiebende Wirkung einer Berufung und die Gewährung eines einmonatigen Durchsetzungsaufschubes von ihren Zwecken und ihren Wirkungen her nicht vergleichbar sind (VwGH 21.11.2006, 2006/21/0171 mwN).
Die Aberkennung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - somit einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise der BF geboten ist.
Eine derartige Begründung ist im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht enthalten. Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung hier nicht fallspezifisch, sondern begnügte sich mit allgemein gehaltenen Textbausteinen, ohne auf den vorliegenden Einzelfall Bezug zu nehmen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der in diesem Teilerkenntnis behandelte Spruchteil des angefochtenen Bescheids aufzuheben ist.
Zu Spruchteil C):
Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot, aufschiebende Wirkung - Entfall,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2216029.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.06.2019