TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/22 G306 2179522-1

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Veröffentlicht am 22.03.2019
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Entscheidungsdatum

22.03.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G306 2179522-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.01.2019, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. und IV. des angefochtenen Bescheides wird festgestellt, dass gemäß § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und der Beschwerdeführerin gemäß §§ 58 Abs. 2 iVm

55 Abs. 2 AsylG 2005 idgF ein Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" erteilt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (BF) stellte am 02.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005).

2. Am selben fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung der BF statt.

3. Am 17.05.2017 wurde die BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.

4. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, der BF zugestellt am 06.11.2017, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt IV.).

5. Mit per E-Mail am 28.12.2017 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung (RV) Beschwerde gegen den zuvor genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im BVwG).

Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu, die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sowie jener des subsidiär Schutzberechtigten, sowie die Erklärung der dauerhaften Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung beantragt, die Frist für die freiwillige Ausreise verlängert wird, der angefochtene Bescheid behoben wird und zur Verfahrensergänzung und Neuerlassung an das BFA zurückverwiesen wird.

6. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt.

7. Am 18.01.2019 fand in der Grazer Außenstelle des BVwG eine mündliche Verhandlung statt, an jener die BF, ihr Vater und Bruder sowie ihre RV persönlich teilnahmen.

Die belangte Behörde wurde geladen, nahm jedoch entschuldigt an der Verhandlung nicht teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehörige der Republik Irak. Sie ist Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben. Die Muttersprache der BF ist arabisch.

Die BF ist mit XXXX, geb. XXXX, irakische Staatsangehöriger und im Bundesgebiet Asylberechtigter, traditionell verheiratet und ist im 7 Monat schwanger.

Die BF reiste am 16.10.2015 mit dem Flugzeug aus seinem Herkunftsstaat aus und ca. am 20.10.2015 in den EU Raum ein. Wann sie genau ins Bundesgebiet einreiste ist nicht feststellbar. Die BF stellte jedenfalls am 02.11.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Die BF wurde in Bagdad geboren, wo sie 14 Jahre die Schule besuchte und bis zuletzt bei ihren Eltern wohnte.

Die Familie der BF, konkret ihre Mutter sowie eine jüngere Schwester stellten zwar ebenfalls im Bundegebiet einen Antrag auf internationalen Schutz, kehrte jedoch bereits wieder freiwillig in den Irak zurück. Der Vater sowie ein Bruder leben hier im Bundesgebiet und stellten ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz. Diese Verfahren waren ebenfalls im Beschwerdeverfahren beim BVwG anhängig und wurden ihre Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

Die BF hält nach wie vor Kontakt zu ihrer Mutter im Irak.

Die BF ist gesund und arbeitsfähig, geht jedoch keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach, sondern lebt überwiegend von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Die BF besuchte den A1 und A2 Sprachkurs, legte jedoch keine Deutschprüfungen ab. Die BF ist der deutschen Sprache hinreichend mächtig.

Die BF verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich und erweist sich in strafgerichtlicher Hinsicht als unbescholten.

Sonst konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration in sprachlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht festgestellt werden.

Die BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund ihres Religionsbekenntnisses oder ihrer Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Bedrohungsgefahr ausgesetzt ist oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass die BF von Mitgliedern einer schiitischen Miliz in Bagdad konkret bedroht wurde.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

Irak:

0. Politische Lage

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazät) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).

Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).

Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018).

Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).

In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).

Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).

Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf.

Zugriff 12.10.2018

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Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker,

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BBC - British Broadcasting Corporation (3.10.2018): New Iraq President Barham Saleh names Adel Abdul Mahdi as PM, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-45722528. Zugriff 18.10.2018

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CIA - Central Intelligence Agency (17.10.2018): The World Factbook

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DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salihas-new-president/a-45733912, Zugriff 18.10.2018

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Zugriff 18.10.2018

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Der Standard (13.5.2018): Wahlen im Irak: Al-Abadi laut Kreisen in Führung,

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Der Standard (3.10.2018): Neue alte Gesichter für Iraks Topjobs, https://derstandard.at/2000088607743/Neue-alte-Gesichter-fuer-Iraks-Topiobs. Zugriff 19.10.2018

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TA - Tagesanzeiger (12.5.2018): Im Bann des Misstrauens, https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/im-bann-des-misstrauens/storv/29434606, Zugriff 18.10.2018

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UNSC - United Nations Security Council (17.1.2018): Report of the Secretary-General pursuant to resolution 2367 (2017), https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1800449.pdf, Zugriff 19.10.2018

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WZ - Wiener Zeitung (12.5.2018): Erste Wahl im Irak nach Sieg gegen IS stößt auf wenig Interesse, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/964399_Erste-Wahl-im-Irak-nach-Sieg-gegen-IS-stoesst-auf-wenig-Interesse.html, Zugriff 23.10.2018

2.1. Parteienlandschaft

Es gibt vier große schiitische politische Gruppierungen im Irak: die Islamische Da'wa-Partei, den Obersten Islamischen Rat im Irak (OIRI) (jetzt durch die Bildung der Hikma-Bewegung zersplittert), die Sadr-Bewegung und die Badr-Organisation. Diese Gruppen sind islamistischer Natur, sie halten die meisten Sitze im Parlament und stehen in Konkurrenz zueinander - eine Konkurrenz, die sich, trotz des gemeinsamen konfessionellen Hintergrunds und der gemeinsamen Geschichte im Kampf gegen Saddam Hussein, bisweilen auch in Gewalt niedergeschlagen hat (KAS 2.5.2018)

Die meisten politischen Parteien verfügen über einen bewaffneten Flügel oder werden einer Miliz zugeordnet (Niqash 7.7.2016; vgl. BP 17.12.2017) obwohl dies gemäß dem Parteiengesetz von 2015 verboten ist (Niqash 7.7.2016; vgl. WI 12.10.2015). Milizen streben jedoch danach, politische Parteien zu gründen (CGP 4.2018) und haben sich zu einer einflussreichen politischen Kraft entwickelt (Niqash 5.4.2018; vgl. Guardian 12.5.2018).

Die sunnitische politische Szene im Irak ist durch anhaltende Fragmentierung und Konflikt gekennzeichnet, zwischen Kräften, die auf Provinz-Ebene agieren, und solchen, die auf

Bundesebene agieren. Lokale sunnitische Kräfte haben sich als langlebiger erwiesen als nationale (KAS 2.5.2018)

Die politische Landschaft der Autonomen Region Kurdistan ist historisch von zwei großen Parteien geprägt: der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Dazu kommen Gorran ("Wandel"), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert, sowie eine Reihe kleinere islamistische Parteien (KAS 2.5.2018).

Abgesehen von den großen konfessionell bzw. ethnisch dominierten Parteien des Irak, gibt es auch nennenswerte überkonfessionelle politische Gruppierungen. Unter diesen ist vor allem die Iraqiyya/Wataniyya Bewegung des Ayad Allawi von Bedeutung (KAS 2.5.2018).

Die folgende Grafik veranschaulicht die Sitzverteilung im neu gewählten irakischen Parlament. Sairoon, unter der Führung des schiitischen Geistlichen Muqtada al-Sadrs, ist mit 54 Sitzen die größte im Parlament vertretene Gruppe, gefolgt von der Fath-Bewegung des Milizenführers Hadi al-Amiri und Haider al-Abadi's Nasr ("Victory")-Allianz (LSE 7.2018).

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Quelle: LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018): The 2018 Iraqi Federal Elections, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqi-elections_Report_2018.pdf. Zugriff 2.11.2018

Die Wahl im Mai 2018 war von Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug begleitet (Al- Monitor 23.8.2018; vgl. Reuters 24.5.2018, Al Jazeera 6.6.2018). Eine manuelle Nachzählung der Stimmen, die daraufhin angeordnet wurde, ergab jedoch fast keinen Unterschied zu den zunächst verlautbarten Ergebnissen und bestätigte den Sieg von Muqtada al-Sadr (WSJ 9.8.2018; vgl. Reuters 10.8.2018). Die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament ist neu und jung (WZ 9.10.2018). Im Prozess zur Designierung des neuen Parlamentssprechers, des Präsidenten und des Premierministers stimmten die Abgeordneten zum ersten Mal individuell und nicht in Blöcken - eine Entwicklung, die einen Bruch mit den üblichen, schwer zu durchbrechenden Loyalitäten entlang parteipolitischer, konfessioneller und ethnischer Linien, darstellt (Arab Weekly 7.10.2018).

Quellen:

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Al Jazeera (6.6.2018): Iraq orders recount of all 11 million votes from May 12 election, https://

www.aljazeera.com/news/2018/06/iraq-orders-recount-11-million-votes-12-election-180606163950024.html. Zugriff 23.10.2018

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Al-Monitor (23.8.2018): Many Iraqi legislators call for canceling election results, https://www.almonitor.com/pulse/originals/2018/05/iraq-election-fraud.html. Zugriff 23.10.2018

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The Arab Weekly (7.10.2018): Room for optimism in Iraq under new leadership,

https://thearabweekly.com/room-optimism-iraq-under-new-leadership. Zugriff 23.10.2018

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BP - Baghdad Post (17.12.2017): All Shia political parties have armed militias - Nujaba,

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CGP - Center for Global Policy (4.2018): The Role of Iraq's Shiite Militias in the 2018 Elections, https://www.cgpolicy.org/wp-content/uploads/2018/04/Mustafa-Gurbuz-Policy-Brief.pdf, Zugriff 22.10.2018

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Fanack (27.9.2018): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and- politics-of-iraq/. Zugriff 17.10.2018

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WZ - Wiener Zeitung (9.10.2018): Schlüsselland Irak, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/994916_Schluesselland-Irak.html. Zugriff 15.10.2018

2.2. Protestbewegung

Die Protestbewegung, die es schon seit 2014 gibt, gewinnt derzeit an Bedeutung. Zumeist junge Leute gehen in Scharen auf die Straße, fordern bessere Lebensbedingungen, Arbeitsplätze, Reformen, einen effektiven Kampf gegen Korruption und die Abkehr vom religiösen Fundamentalismus (WZ 9.10.2018). Im Juli 2018 brachen im Süden des Landes, in Basra, nahe den Ölfeldern West Qurna und Zubayr Proteste aus. Diese eskalierten, nachdem die Polizei in West Qurna auf Demonstranten schoss (ICG 31.7.2018). Reich an Ölvorkommen, liefert die Provinz Basra 80 Prozent der Staatseinnahmen des Irak. Unter den Einwohnern der Provinz wächst jedoch das Bewusstsein des Gegensatzes zwischen dem enormem Reichtum und ihrer eigenen täglichen Realität von Armut, Vernachlässigung, einer maroden Infrastruktur, Strom- und Trinkwasserknappheit (Carnegie 19.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).

Die Proteste im Juli weiteten sich schnell auf andere Städte und Provinzen im Süd- und Zentralirak aus (DW 15.7.2018; vgl. Presse 15.7.2018, CNN 17.7.2018, Daily Star 19.7.2018). So gingen tausende Menschen in Dhi Qar, Maysan, Najaf und Karbala auf die Straße, um gegen steigende Arbeitslosigkeit, Korruption und eine schlechte Regierungsführung, sowie die iranische Einmischung in die irakische Politik zu protestieren (Al Jazeera 22.7.2018). Die Proteste erreichten auch die Hauptstadt Bagdad (Joel Wing 25.7.2018; vgl. Joel Wing 17.7.2018). Am 20.7. wurden Proteste in 10 Provinzen verzeichnet (Joel Wing 21.7.2018). Demonstranten setzten die Bürogebäude der Da'wa-Partei, der Badr-Organisation und des Obersten Islamischen Rats in Brand; praktisch jede politische Partei wurde angegriffen (Al Jazeera 22.7.2018). Es kam zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, sowie zu Todesfällen (Kurier 15.7.2018; vgl. CNN 17.7.2018, HRW 24.7.2018). Ende August war ein Nachlassen der Demonstrationen zu verzeichnen (Al Jazeera 3.8.2018). Im September flammten die Demonstrationen wieder auf. Dabei wurden in Basra Regierungsgebäude, die staatliche Fernsehstation, das iranische Konsulat, sowie die Hauptquartiere fast aller Milizen, die vom Iran unterstützt werden, angegriffen. Mindestens 12 Demonstranten wurden getötet (Vox 8.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).

Quellen:

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Al Jazeera (22.7.2018): Iraq protests: What you should know, https://www.aljazeera.com/indepth/features/iraq-protests-180717074846746.html. Zugriff 23.10.2018

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Al Jazeera (3.8.2018): Protests in Iraq dwindle after weeks of anger,

https://www.aljazeera.com/news/2018/08/protests-iraq-dwindle-weeks-anger-180803192747710.html, Zugriff 24.10.2018

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Carnegie - Carnegie Middle East Center (19.9.2018): The Basra Exception, http://carnegie- mec.org/diwan/77284?lang=en. Zugriff 23.10.2018

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CNN - Central News Network (17.7.2018): Protests spread, turn deadly in Iraq: At least 8 are dead, dozens hurt, https://edition.cnn.com/2018/07/16/world/iraq-protests-violent/index.html. Zugriff 23.10.2018

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The Daily Star (19.7.2018): In Iraq, old grievances fuel deadly protests,

https://www.dailystar.com.lb/News/Middle-East/2018/Jul-19/457085-in-iraq-old-grievances-fuel-deadly-protests.ashx, Zugriff 23.10.2018

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DW - Deutsche Welle (15.7.2018): Protests spread from oil-rich Basra across southern Iraq,

https://www.dw.com/en/protests-spread-from-oil-rich-basra-across-southern-iraq/a-44678926. Zugriff 23.10.2018

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HRW - Human Rights Watch (24.7.2018): Iraq: Security Forces Fire on Protesters,

https://www.hrw.org/news/2018/07/24/iraq-security-forces-fire-protesters, Zugriff 24.10.2018

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ICG - International Crisis Group (31.7.2018): How to cope with Iraq's summer brushfire,

https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/iraq/b61-how-cope-iraqs-summer-brushfire, Zugriff 23.10.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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