TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/2 G314 2216530-2

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Veröffentlicht am 02.04.2019
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Entscheidungsdatum

02.04.2019

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5

Spruch

G314 2216530-2/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch die Rechtsanwältin XXXX, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

(Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde vom 26.03.2019 gegen den oben genannten Bescheid vor, mit dem dem Beschwerdeführer (BF) kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), die Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde (Spruchpunkt IV.). Das BFA begründet die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass die sofortige Ausreise des BF erforderlich sei, weil sein Verbleib in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Er habe die zulässige visumfreie Aufenthaltsdauer überschritten, sich ohne Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet aufgehalten und sei bei einer Beschäftigung betreten worden, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen.

Der BF erhob eine Beschwerde gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheids, mit der er die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids beantragt. Hilfsweise strebt er die Aufhebung der Rückkehrentscheidung, den Ausspruch, dass die Abschiebung unrechtmäßig sei, und die Reduktion der Dauer des Einreiseverbots an; außerdem wird ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt.

Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass er die visumfreie Aufenthaltsdauer nicht überschritten habe und sich erst seit 22.12.2018 im Bundesgebiet aufhalte, wo er mit seiner Lebensgefährtin zusammenlebe, die für seinen Lebensunterhalt aufkomme, sodass er nicht als mittellos anzusehen sei. Er sei keiner unzulässigen Beschäftigung nachgegangen, sondern habe lediglich ohne Entgelt einem Freund beim Transport von "Baustellenutensilien" geholfen.

Die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens langten am 29.03.2019 beim BVwG ein. Das BFA beantragte, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.

Feststellungen:

Der BF, der über einen am XXXX.2013 ausgestellten und bis XXXX.2023 gültigen serbischen Reisepass verfügt, wurde am 26.02.2019 bei einer Polizeikontrolle in XXXX wegen des Verdachts der Erwerbstätigkeit ohne Aufenthaltstitel festgenommen und nach seiner Einvernahme vor dem BFA und der Erlassung des angefochtenen Bescheids am 28.02.2019 nach Serbien abgeschoben. Der letzte Grenzkontrollstempel betreffend seine Einreise in den Schengenraum stammte vom 02.09.2018, nachdem er sich auch davor immer wieder im Gebiet der Schengen-Staaten aufgehalten hatte, zuletzt etwa zwischen 29.07. und 25.08.2018.

Der BF ist geschieden und lebte bis zur Einreise in Serbien, wo auch sein Bruder und seine beiden minderjährigen Töchter wohnen. Er spricht Serbisch. Er besitzt keinen österreichischen Aufenthaltstitel und hat auch noch nie einen beantragt. Er ist mit einer in XXXX lebenden Österreicherin liiert, die er immer wieder besuchte. Von 23.08. bis 27.12.2018 war er in ihrer Wohnung mit Nebenwohnsitz gemeldet; weitere Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet liegen nicht vor.

Am 26.02.2019 wurde der BF bei einer Polizeikontrolle als Beifahrer eines Firmenfahrzeugs der Spenglerei XXXX, das mit Werkzeug und Baumaterial beladen war, in Arbeitskleidung und mit am Körper getragenem Werkzeug (Rollmaß, Stanleymesser, Arbeitshandschuhe) beim Transport von Baumaterial zu einer Baustelle betreten.

Abgesehen vom Beschwerdevorbringen, wonach der BF in Lebensgemeinschaft mit einer Österreicherin lebe, die während seines Inlandsaufenthalts für seinen Unterhalt aufgekommen sei und die er heiraten wolle, gibt es keine Anhaltspunkte für familiäre oder private Anknüpfungen in Österreich oder in einem anderen Staat, für den die Rückführungsrichtlinie gilt. Es können keine besonderen Integrationsbemühungen des BF festgestellt werden.

Mit Strafverfügung vom XXXX.2019 wurde gegen den BF wegen des Verstoßes gegen §§ 31 Abs 1, 1a iVm 120 Abs 1a FPG rechtskräftig eine Geldstrafe von EUR 600 verhängt.

Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen sowie aus dem Zentralen Melderegister und dem Fremdenregister.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Die Beschwerde richtet sich auch gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat über eine derartige Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, zumal der letzte Einreisestempel in das Schengengebiet bei Festnahme des BF 178 Tage zurücklag und er sich im Bundesgebiet ohne Wohnsitzmeldung (und damit für die Behörden nicht greifbar) und ohne Rechtsanspruch auf ausreichende Unterhaltsmittel (womit die Gefahr der Mittelbeschaffung aus illegalen Quellen und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft verbunden ist) aufhielt.

Dem Beschwerdevorbringen, wonach er sich erst seit 22.12.2018 durchgehend im Bundesgebiet befunden und den visumfreien Aufenthalt nicht überschritten habe, ist Art 12 Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) entgegenzuhalten, wonach davon auszugehen ist, dass ein Drittstaatsangehöriger (wie der BF) die zulässige Aufenthaltsdauer überschritten hat, wenn er in einem Schengen-Mitgliedstaat ohne entsprechenden Ein- oder Ausreisestempel angetroffen wird und nicht durch andere glaubhafte Nachweise belegen kann, dass er die zulässige Aufenthaltsdauer eingehalten hat, z.B. durch Beförderungsnachweise oder Belege für seinen Aufenthalt außerhalb der Schengen-Staaten. Solche Nachweise wurden bislang nicht vorgelegt.

Zu den Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt des BF gehört auch, dass er Dokumente vorzeigen kann, die Zweck und Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (siehe Art 6 Abs 1 lit c Schengener Grenzkodex und Art 5 Abs 1 lit c SDÜ [Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl § 2 Abs 4 Z 6 FPG]).

Das Vorhandensein ausreichender Unterhaltsmittel für die beabsichtigte Aufenthaltsdauer hat der BF initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, wobei insoweit auch die Verpflichtung besteht, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mitteln nachzuweisen, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 21.12.2010, 2009/21/0157).

Der BF ist im Lichte dieser Grundsätze als mittellos anzusehen, zumal er jedenfalls keinen Rechtsanspruch auf von seiner Lebensgefährtin allenfalls tatsächlich gewährten Unterhalt hat.

Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat des BF (Serbien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG, zumal es sich gemäß § 1 Z 6 HStV um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, in dem die Todesstrafe gänzlich abgeschafft ist und kein bewaffneter internationaler oder innerstaatlicher Konflikt herrscht.

Auch bei Berücksichtigung der behaupteten privaten und familiären Bindungen (Lebensgefährtin in Österreich) ist keine Verletzung von Art 8 EMRK durch einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF zu befürchten, zumal er bislang in Serbien lebte und die Lebensgemeinschaft in Kenntnis seines unsicheren Aufenthaltsstatus, den er bislang nicht zu legalisieren versucht hat, eingegangen wurde, was ihr Gewicht maßgeblich relativiert. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang in seinem Herkunftsstaat abzuwarten und währenddessen den Kontakt zu seiner Lebensgefährtin über Telefonate und andere Kommunikationsmittel (E-Mail, Internet) sowie im Rahmen von Treffen in Serbien oder in anderen Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie nicht gilt, zu pflegen.

Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist zwar äußerst knapp, aber im Hinblick auf die nach der Aktenlage anzunehmende Überschreitung des visumfreien Aufenthalts, die fehlende Wohnsitzmeldung und die Mittellosigkeit des BF als gerade noch ausreichend anzusehen.

Im Ergebnis war die sofortige Ausreise des BF aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA in diesem Zusammenhang vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Der Beschwerde ist daher derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2216530.2.00

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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