TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/18 97/20/0742

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Veröffentlicht am 18.02.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
25/02 Strafvollzug;

Norm

StVG §24 Abs3 idF 1993/799;
StVG §58 Abs2 idF 1993/799;
StVG §58 Abs2;
StVG §65;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des X Y in Z, vertreten durch Dr. Ronald Klimscha, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Enge 31, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 26. Mai 1997, Zl. 424.179/35-V.6/1997-2, betreffend eine Angelegenheit des Strafvollzuges, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Justiz) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Strafgefangener in der Vollzugsanstalt Z. Er verbüßt dort eine über ihn wegen Mordes und anderen Delikten verhängte Freiheitsstrafe von 18 Jahren.

Mit Entscheidung des Anstaltsleiters vom 4. Dezember 1996 wurde der Beschwerdeführer nach dem insoweit übereinstimmenden Sachverhaltsvorbringen der Parteien von der Teilnahme an einer am selben Tage abgehaltenen Veranstaltung aus Gründen der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt ausgeschlossen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer (Administrativ-)Beschwerde an die belangte Behörde. Er werde diskriminiert, obwohl ihm nichts vorzuwerfen gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Beschwerde nicht Folge. Sie begründete dies damit, daß gegen den Beschwerdeführer bislang sieben Ordnungsstrafverfahren, darunter drei wegen unerlaubter Gewahrsame an Waffen (Messer), geführt worden seien. Zuletzt sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 29. Jänner 1996, bestätigt mit Urteil des OLG Linz vom 5. Juli 1996, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung gegenüber einem Justizwachebeamten zu einer weiteren Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verurteilt worden. Auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung sei ein weiteres Ordnungsstrafverfahren wegen unerlaubten Besitzes eines Messers anhängig gewesen. Im Jahr 1991 sei der Beschwerdeführer (aus der Justizanstalt S) geflüchtet, habe jedoch noch am selben Tag wieder in Haft genommen werden können. Anlaß für die Überstellung in die Justizanstalt Z sei gewesen, daß sich konkrete Verdachtsmomente ergeben hätten, den Beschwerdeführer gewaltsam zu befreien. Aufgrund des vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdungspotentials sei seine Teilnahme an Veranstaltungen nicht vertretbar, da Sicherheit und Ordnung in der Anstalt hierdurch gefährdet bzw. beeinträchtigt wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Teilnahme an Gemeinschaftsveranstaltungen gemäß § 65 iVm § 58 Abs. 2 StVG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, der Ausschluß einzelner Strafgefangener sei im Strafvollzugsgesetz nicht geregelt, dort finde sich auch keine Bezugnahme auf ein einem Strafgefangenen innewohnendes "Gefährdungspotential". Er befinde sich seit 1991 in der Justizanstalt Z, seit seiner Überstellung dorthin hätten sich keine Verdachtsmomente ergeben, daß er - von wem immer - gewaltsam befreit würde oder er selbst seine Flucht vorbereite. Derartige Verdachtsmomente wären im übrigen auch nicht geeignet, den Ausschluß von Gemeinschaftsveranstaltungen zu rechtfertigen, zumal die Behörde keine konkreten Verdachtsmomente anzuführen vermocht habe. Auch aus "eingeleiteten" Ordnungsstrafverfahren könne ein Gefährdungspotential des Beschwerdeführers nicht abgeleitet werden, diese beträfen samt und sonders mögliche Disziplinarvergehen aus Verstößen gegen die Hausordnung. Die unerlaubte Gewahrsame an Messern in drei Fällen beweise kein dem Beschwerdeführer innewohnendes Gefährdungspotential, weil bei ihm

"Besteckmesser mit glatter Klinge aufgegriffen wurden und der Beschwerdeführer dafür mit Ordnungsstrafen belegt wurde, während hingegen Besteckmesser mit gewellter Klinge allgemein Verwendung finden und die Gewahrsame an gewellten Brotmessern im allgemeinen kein Disziplinarvergehen darstellt".

Getilgte Ordnungsstrafen könnten kein besonderes Gefährdungspotential belegen. Der Beschwerdeführer sei " noch nie gewalttätig gegen Justizbeamte oder andere Häftlinge vorgegangen"; außerdem würde jede Veranstaltung in einer österreichischen Justizanstalt von bewaffneten Justizwachebeamten observiert, so daß die Teilnahme daran "grundsätzlich kein erhöhtes Sicherheitsrisiko" darstelle.

Nach § 65 StVG ist in den Strafvollzugsanstalten und in den Gefangenenhäusern der Gerichtshöfe wenigstens einmal im Vierteljahr eine belehrende, künstlerische oder unterhaltende Veranstaltung abzuhalten.

§ 58 Abs. 2 Strafvollzugsgesetz 1969 - StVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 799/1993 bestimmt:

"(1) Die Strafgefangenen sind zu einer sinnvollen Verwendung ihrer Freizeit anzuhalten und dabei erforderlichenfalls anzuleiten. Zu diesem Zweck ist ihnen insbesondere Gelegenheit zum Lesen, zur Teilnahme am Empfang von Rundfunksendungen (Hörfunk und Fernsehen), zu sportlicher Betätigung oder, unbeschadet des § 30 Abs. 2, zu Gesellschaftsspielen zu geben.

(2) Soweit es unter Berücksichtigung der Verhältnisse der Anstalt ohne Beeinträchtigung des Dienstes und der Sicherheit und Ordnung möglich ist, sind die Strafgefangenen berechtigt, sich eigene Bücher und Zeitschriften zu verschaffen (§ 60), in der Freizeit zu arbeiten (§ 61), schriftliche Aufzeichnungen zu führen (§ 62) sowie zu zeichnen und zu malen (§ 63) und an Veranstaltungen teilzunehmen (§ 65).''

Die Erläuterungen zur RV zur Strafvollzugsgesetznovelle 1993,

946. Blg NR XVIII. GP, bezeichnen die Teilnahme an Veranstaltungen als ein dem Strafgefangenen unter den im Gesetz genannten einschränkenden Voraussetzungen als subjektives Recht. Andererseits bezeichnet § 24 StVG in seinem Abs. 3 Z 7 die Teilnahme an Veranstaltungen (§ 65) als - bloße - Vergünstigung. Daß auf die in § 24 Abs. 3 Z 1bis 7 StVG genannten Vergünstigungen bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen jedoch ein Rechtsanspruch besteht, wurde vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 97/20/0076, dargelegt. Die belangte Behörde hat aber in diesem Sinne ohnedies eine meritorische Entscheidung gefällt, womit sie das einem Strafgefangenen grundsätzlich zustehende Recht nicht verneinte, sondern im konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden Fall das Vorliegen der dieses Recht einschränkenden Voraussetzungen, nämlich die Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt, annahm und diese Annahme auch begründete. Hervorzuheben sind dabei die von der belangten Behörde erwähnte Art der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Handlung und die Dauer der ausgesprochenen Haftstrafe, der Ausbruchsversuch im Jahr 1991, der Verdacht der (gewaltsamen) Befreiung und die mehrfachen wegen unerlaubten Waffenbesitzes ausgesprochenen Ordnungsstrafen.

Der Beschwerdeführer stellt zwar ein seiner Person innewohnendes "Gefährdungspotential" in abstracto in Abrede, bestreitet aber die im angefochtenen Bescheid hiezu angeführten konkreten Ereignisse nicht. Er bestätigt vielmehr die von der belangten Behörde herangezogene Tatsache eines von ihm im Jahr 1991 unternommenen Fluchtversuches und die gegen ihn wegen unerlaubten Waffenbesitzes geführten Ordnungsstrafverfahren, wobei es lediglich darauf ankommt, ob es sich dabei um eine "unerlaubte Gewahrsame" an diesen Gegenständen gehandelt hat und nicht darum, ob das Verbot an sich für den Strafgefangenen unmittelbar einsichtig ist oder nicht. Die doch beträchtliche weitere Bestrafung wegen gefährlicher Drohung gegenüber einem Justizwachebeamten läßt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde gänzlich unerwähnt. Schon angesichts der sohin - offen oder stillschweigend - zugestandenen, in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umstände erweist sich aber die Einschätzung der belangten Behörde, es gehe vom Beschwerdeführer eine die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt im Sinne des § 58 Abs. 2 StVG beeinträchtigende Gefährlichkeit aus, als nicht rechtswidrig.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs.1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 18. Februar 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997200742.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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