TE Bvwg Beschluss 2019/4/5 L524 2216890-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.04.2019
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Entscheidungsdatum

05.04.2019

Norm

AVG §18
AVG §18 Abs4
BFA-G §2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs3
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L524 2216890-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2019, Zl. 133687806-190006027, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unzulässig

zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 04.03.2019, Zl. 133687806-190006027, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 5 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG werde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

2. Gegen diese Erledigung erhob der Beschwerdeführer über seinen gewillkürten Vertreter fristgerecht Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die als Bescheid bezeichnete Erledigung des BFA vom 04.03.2019, Zl. 133687806-190006027, enthält folgende Fertigungsklausel:

"Für den Leiter der Regionaldirektion Wien

Ref. XXXX e.h."

Der angefochtene Bescheid ist nicht vom Direktor des BFA erlassen worden. Aus der Fertigungsklausel ergibt sich nicht, dass der Referent im Auftrag des Direktors des BFA den Bescheid erließ.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

1. Gemäß § 18 Abs. 4 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

Gemäß § 1 BFA-Einrichtungsgesetz besteht das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) als eine dem Bundesminister für Inneres unmittelbar nachgeordnete Behörde mit bundesweiter Zuständigkeit.

Gemäß § 2 Abs. 1 BFA-Einrichtungsgesetz steht an der Spitze des Bundesamtes der Direktor. Im Fall seiner Verhinderung sind die Aufgaben von einem seiner beiden Stellvertreter wahrzunehmen.

Gemäß § 2 Abs. 2 BFA-Einrichtungsgesetz hat das Bundesamt seinen Sitz in Wien und jeweils eine Regionaldirektion in jedem Bundesland. Darüber hinaus kann der Direktor des Bundesamtes Außenstellen der Regionaldirektionen einrichten, um alle anfallenden Verfahren in verwaltungsökonomischer Weise und ohne unnötigen Verzug durchführen und abschließen zu können.

Das BFA ist den vorstehenden gesetzlichen Regelungen über die Einrichtung und Organisation zufolge eine monokratisch organisierte Bundesbehörde, an deren Spitze der Direktor steht. Alle Bescheide des BFA werden sohin vom Direktor des BFA (oder in seinem Auftrag) erlassen. Der Direktor des BFA ist aber nicht Behörde, sondern nur das entscheidende Organ; Behörde ist das BFA (vgl. VwGH 27.10.2017, Ra 2016/17/0214, zur insoweit vergleichbaren Organisation einer Bezirkshauptmannschaft). Dass dem Leiter einer Regionaldirektion (§ 2 Abs. 2 BFA-Einrichtungsgesetz) organschaftliche Befugnisse zukommen würden, kann dem BFA-Einrichtungsgesetz nicht entnommen werden.

Für die Zurechnung eines Bescheids zu der den Bescheid erlassenden Behörde ist mangels ausdrücklicher Angabe in einem Vorspruch oder der Bezugnahme auf das bescheiderlassende Organ in der Begründung des Bescheids in erster Linie die Art der Unterfertigung maßgebend (VwGH 21.03.2017, Ra 2016/12/0064 mwN). Voraussetzung für die Zurechnung einer Erledigung an eine monokratisch organisierte Behörde ist die Genehmigung der Erledigung entweder durch den Leiter der Behörde selbst, oder durch einen zumindest abstrakt approbationsbefugten Organwalter (VwGH 21.04.2016, Ra 2016/11/0017 mwN).

Im vorliegenden Fall ist mangels Bezugnahme auf die die Erledigung erlassende Behörde im Spruch oder in der Begründung der angefochtenen Erledigung die Fertigungsklausel für die Zurechnung der Erledigung (alleine) maßgeblich. Aus der Fertigungsklausel geht eindeutig hervor, dass die Erledigung dem "Leiter der Regionaldirektion Wien" zuzurechnen ist. Dem Leiter der Regionaldirektion Wien kommen jedoch im Hinblick auf behördliche Erledigungen des BFA keine organschaftlichen Kompetenzen zu und hätte die Erledigung vielmehr vom Direktor des BFA selbst oder einem zumindest abstrakt approbationsbefugten Organwalter genehmigt und dieser Umstand in der Fertigungsklausel auch entsprechend zum Ausdruck gebracht werden müssen (etwa im Wege der üblicherweise verwendeten Formulierung "Für den Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl").

Die angefochtene Erledigung wurde daher entgegen § 2 Abs. 1 BFA-Einrichtungsgesetz nicht vom dazu befugten Organwalter - nämlich dem Direktor des BFA - genehmigt, so dass eine gegenüber dem Beschwerdeführer wirksame Erlassung eines Bescheides des BFA nicht zustande gekommen ist (vgl. VwGH 28.06.2011, 2010/17/0176; 22.04.2008, 2007/18/0164). Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss nämlich die - interne - Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es wie im gegenständlichen Fall an einer solchen Genehmigung, liegt nach der Rechtsprechung kein Bescheid vor (VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018).

Aus der Erledigung geht insgesamt auch nicht klar hervor, welcher Behörde sie zuzurechnen ist (auf die Kopfbezeichnung eines Bescheides kommt es nicht an, vgl. VwGH 08.09.2005, 2003/18/0238), zumal in der Begründung zwar einerseits auf die Zuständigkeiten des BFA abstrakt eingegangen wird, aber andererseits aus der verwendeten Fertigungsklausel nicht einmal hervorgeht, dass der Leiter der Regionaldirektion Wien des BFA damit gemeint ist. Auch deshalb liegt keine wirksame Bescheiderlassung vor.

Die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht richtet sich somit gegen einen Nichtbescheid, was entsprechend oben zitierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Mangel der Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge hat (vgl. auch VwGH 20.04.2017, Ra 2017/20/0095).

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

2. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

3. Das Verfahren ist daher weiter beim BFA anhängig:

Zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen wird auch darauf hingewiesen, dass gemäß § 52 Abs. 5 FPG die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen bestimmte Drittstaatsangehörige nur dann zulässig ist, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass der weitere Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Bei der Prüfung, ob die Annahme einer solchen Gefährdung gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2017/22/0194). Dabei ist auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme (hier: eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit) gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289). Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. VwGH 21.06.2018, Ra 2016/22/0101 unter Hinweis auf VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109; 31.8.2017, Ra 2017/21/0120).

Solche konkreten Feststellungen finden sich in der gegenständlichen Erledigung nicht. Es wären daher konkrete Feststellungen zu den einzelnen, die Verurteilungen des Beschwerdeführers zu Grunde liegenden Straftaten zu treffen gewesen. Erst anhand solcher konkreter Feststellungen ist es möglich, eine Gefährdungsprognose vorzunehmen. Dabei ist insbesondere auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten - und nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung - sowie auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fertigungsklausel, Gefährdung der Sicherheit,
Gefährdungsprognose, Genehmigung, konkrete Darlegung,
Konkretisierung, Nichtbescheid, Persönlichkeitsstruktur,
Prognoseentscheidung, Rückkehrentscheidung, strafrechtliche
Verurteilung, Unterfertigung, Unterschrift, Unzuständigkeit BVwG,
Zurechenbarkeit, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L524.2216890.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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