TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/8 W161 2185291-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.04.2019
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Entscheidungsdatum

08.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W161 2185291-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.01.2018, Zl. 1095931902-151815085, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.01.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der bei seiner Einreise nach Österreich noch minderjährige, nunmehr volljährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger von Afghanistan und stellte am 20.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Bei seiner Erstbefragung am 19.11.2015gab der BF an, er sei am

XXXX in Maidan Wardak geboren und ledig. Seine Muttersprache sei Farsi. Er sei Moslem und gehöre der Volksgruppe der Hazara an. Er habe von 2009 bis 2014 die Grundschule in Kabul besucht. Er habe keine Berufsausbildung und sei zuletzt als Lackierer tätig gewesen. Er habe noch seine Eltern, drei Brüder und eine Schwester. Seine Familie würde ein Haus mit einem Grundstück besitzen. Die finanzielle Situation sei schlecht. Die Familie bestreite den Lebensunterhalt durch die Landwirtschaft. Er habe in Maidan Wardak gewohnt.

Als Fluchtgrund gab der BF an, wegen des Krieges geflüchtet zu sein. Auch fände man in Afghanistan keine Arbeit und habe man keine Perspektiven.

3. Am 11.12.2015 wurde beim BF eine Bestimmung des Knochenalters durchgeführt. Als Ergebnis wurde "Schmeling 4, GP 31" festgehalten.

4. Aus dem Sachverständigengutachten zur Volljährigkeitsbeurteilung vom 17.02.2016 geht hervor, dass der BF zum Asylangtragsdatum ein höchstmögliches Mindestalter von 16,4 Jahren hatte. Es sei von einem spätest möglichen "fiktiven" Geburtsdatum am XXXX auszugehen.

5. Am 25.10.2017 wurde ein ÖSD-Zertifikat übermittelt, wonach der BF die A2 Deutsch Prüfung bestanden habe.

6. Am 03.01.2018 wurde der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich in der Sprache Dari einvernommen. Der BF gab an, dass er sich gesundheitlich gut fühle und psychisch und physisch dazu in der Lage sei, die Befragung durchzuführen. Er habe bis dato die Wahrheit gesagt, es sei alles richtig protokolliert und rückübersetzt worden.

Zu seinem Leben in Afghanistan führte er ergänzend aus, bis zu seinem 8. Lebensjahr in Maidan Wardak gelebt zu haben, danach habe er in Kabul mit seinem Onkel gelebt. In Kabul habe er fünf Jahre lang die Schule besucht. Bis zu seiner Ausreise habe er in Kabul gelebt. Er habe drei Jahre lang als Hilfsarbeiter (Lackierer) in Kabul gearbeitet. Er sei ledig und habe keine Kinder. Er sei Schiite. Er wisse nicht, welche Verwandten noch in Afghanistan leben würden. Er habe seit dem Verlassen des Landes keinen Kontakt mehr mit seiner Familie gehabt. Bis zu seiner Ausreise hätten seine Eltern, drei Brüder und eine Schwester in Maidan Wardak gelebt. Außerdem habe er drei Onkel väterlicherseits in Afghanistan. Mütterlicherseits habe er vier Onkeln und drei Tanten. Diese hätten in Maidan Wardak und in Kabul gelebt als er ausgereist sei. Seine Eltern hätten eine Landwirtschaft. Der Onkel, bei dem er gelebt habe, sei Koch. Ein anderer Onkel sei Landwirt. Auch die anderen Verwandten hätten Arbeit gehabt. Sein Vater besitze in Afghanistan Grund. Er könne mit seiner Familie keinen Kontakt aufnehmen. Mit seinem Onkel, bei dem er gelebt habe, habe er Kontakt aufgenommen, dieser lebe seit 1,5 Jahren im Iran.

Zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, in Kabul mit seinem Onkel ( XXXX ) und seiner Frau gelebt zu haben. Am 22.06.2015 sei der Onkel bei einem Bombenanschlag in Kabul gestorben. In Afghanistan herrsche Krieg, viele Leute seien gestorben und er habe nicht sterben wollen, deshalb habe er Afghanistan verlassen. Auch sei er wegen seiner Volksgruppe und Religion ständig in Gefahr gewesen. Die Taliban und Daesh würden alle solche Menschen umbringen. Auch deshalb habe er Afghanistan verlassen. Andere Gründe gäbe es nicht. Bei einer Rückkehr werde er sicher getötet.

Aufgefordert seine Probleme aufgrund seiner Volksgruppe und Religion näher zu schildern, gab der BF an, dass sein Onkel gestorben sei. Er wisse nicht genau, wer das gemacht habe, aber sie hätten die Hazara damit umbringen wollen. Er nehme an, dass auch er getötet werden könne. Es seien viele Hazara und Schiiten in der Gegend von Kabul. Sein Onkel sei getötet worden und würden generell viele Hazara und Schiiten getötet werden. Persönlichen Kontakt habe er nur mit den Taliban gehabt. Dies sei gewesen als er seine Eltern besuchen habe wollen. Es seien viele Taliban gewesen, welche Autos kontrolliert und "geschlagen" hätten. Ihm persönlich hätten sie nichts getan, er sei nicht geschlagen worden. Er habe die Taliban nur dieses eine Mal gesehen. Er habe beim Onkel väterlicherseits gelebt, da er zur Schule habe gehen wollen. Nach Vorhalt, dass er vorhin gesagt habe, dass der Onkel, bei dem er in Kabul gelebt habe, jetzt im Iran lebe und er beim Fluchtvorbringen gesagt habe, dass dieser Onkel bei einem Bombenanschlag gestorben sei, gab der BF an, es sei ein anderer Onkel, der im Iran lebe. Er habe einen anderen Onkel ( XXXX) gemeint, der auch in Kabul gelebt habe. Er sei zum Zeitpunkt des Bombenanschlages zu Hause, der Onkel in der Arbeit in Kabul gewesen. Der Onkel habe in einem Reisebüro für Angestellte gekocht.

Zu seinem Leben in Österreich gab er an, hier keine Verwandten zu haben. Er besuche Deutschkurse und spiele gerne mit anderen Fußball. Er wolle gerne eine Lehrstelle haben. In XXXX habe er viele Freunde (Unterkunft-Bewohner) gehabt, seit er in XXXX lebe, kenne er nicht so viele. In XXXX sei er auch mit seinem Betreuer zum AMS gegangen, er habe aber nichts mehr gehört. Die Schule habe er in Österreich nicht besucht. Er sei nicht in einem Verein aktiv und habe keine ehrenamtlichen Tätigkeiten verrichtet. Er habe aber einer Person bei der Montage eines Kastens geholfen und dafür Geld bekommen.

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme legte der BF folgende Unterlagen vor:

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Dienstleistungschecks im Wert von EUR 20,- und EUR 90,-; Tag der Beschäftigung des BF: 30.12.2017.

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Teilnahmebestätigungen für die Bildungsveranstaltung "Grundbildung-Fokus Deutsch".

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Teilnahmebestätigungen für die Kurse "Deutsch B1/Teil 1", "Deutsch B1/Teil 2".

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Kursbestätigung für den Deutschkurs "Leicht Fortgeschrittene Stufe 2 (Erweiterung der Grundkenntnisse).

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Teilnahmebestätigung "Basis Bildung Los! 2017-1".

7. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 06.01.2018 wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde der Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem BF unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. wurde festgehalten, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Das Bundesamt stellte fest, dass der BF afghanischer Staatsangehöriger sei, sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben bekenne und der Volksgruppe der Hazara angehöre. Seine Identität habe nicht festgestellt werden können. Er stamme aus der Provinz Maidan Wardak, im Alter von acht Jahren sei er nach Kabul gezogen. Er leide an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten. Es habe nicht festgestellt werden können, dass er in Afghanistan persönliche Probleme aufgrund seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit gehabt habe oder zukünftig einer realen Bedrohung oder Gefährdung ausgesetzt sein werde. Eine Verfolgung durch staatliche Organe oder Privatpersonen habe nicht festgestellt werden können. Auch aus den sonstigen Umständen habe keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung festgestellt werden können.

Beweiswürdigend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der BF sich hinsichtlich der Angaben zu seinem Onkel in Widersprüche verstrickt habe. Er habe keinen glaubhaften Sachverhalt vorbringen können. Auch wenn sich der Bombenanschlag tatsächlich zugetragen hätte, so wäre dieser nicht konkret gegen den BF persönlich gerichtet gewesen. Am BF würden auch keine besonderen Merkmale haften, welche ihn von der Masse hervorheben würden und ihn für die Taliban oder Daesh exponieren würden. Eine konkrete Betroffenheit habe er auch nicht hinsichtlich seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit gelten machen können. Die von ihm geschilderten Gründe in Bezug auf Afghanistan habe er nicht als konkret gegen ihn gerichtete, individuelle Verfolgungs- oder Bedrohungssituation glaubhaft machen können.

Betreffend die Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes wurde ausgeführt, dass der BF gesund und arbeitsfähig sei. Er verfüge über berufstätige Angehörige in Maidan Wardak und Kabul und würde bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanzielle Unterstützung von seiner Familie erhalten. Er habe als Hilfsarbeiter (Lackierer) gearbeitet und die Schule besucht. Es habe nicht festgestellt werden können, dass er bei einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde. Die Sicherheitslage in Kabul sei ausreichend.

Zur Rückkehrentscheidung wurde ausgeführt, dass der BF illegal eingereist sei und keine Familienangehörigen in Österreich habe. Er habe Deutschkurse besucht und Prüfungen abgelegt. Eine besondere Integration bestehe nicht. Er sei auch kein Mitglied von Vereinen und besuche keine Schule.

8. Gegen den Bescheid des BFA richtet sich die vollumfängliche Beschwerde. Darin wird insbesondere ausgeführt, die Länderfeststellungen würden sich nur unzureichend mit dem konkreten Fluchtvorbringen des BF beschäftigen, eine Abschiebung des BF sei aufgrund der prekären Sicherheitslage nicht zulässig. Auch die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei mangelhaft. Der BF habe glaubhaft vorgebracht in Afghanistan von Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur religiösen und ethnischen Gruppe der schiitischen Hazara bedroht zu sein. Es wurde auf Berichte aus dem Jahr 2016 zur Situation der Hazara verwiesen. Diese seien nach wie vor schwerer Diskriminierung, Gewalt und Verfolgung ausgesetzt. Die angeblichen Widersprüche der Behörde würden konstruiert und willkürlich erscheinen. Der BF habe ein widerspruchsfreies und nachvollziehbares Vorbringen erstattet. Es liege eine asylrelevante Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit des BF zur religiösen und ethnischen Gruppe der schiitischen Hazara vor, sowie aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, nämlich der Afghanen, welche nach Europa geflohen seien und welchen dadurch eine oppositionelle politische Gesinnung gegen die Taliban unterstellt werde. Der Umstand, dass er sich jahrelang im westlich geprägten Österreich aufgehalten habe, könne ihn aufgrund einer unterstellten politischen Einstellung oder einem unterstellten Werteabfall zur Zielscheibe von Übergriffen in Afghanistan machen. Auch liege keine IFA vor, da der BF als schiitischer Hazara überall in Afghanistan Verfolgung zu befürchten habe. Wegen der prekären Sicherheitslage sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen. Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung wurde ausgeführt, dass der BF viele Deutschkurse besucht habe und sich bemühe sich um Integration. Er habe sich auch für den Hauptschulabschluss angemeldet. Der Beschwerde wurden die UNHCR-Richtlinien aus 2016 und Berichte von Friederike Stahlmann aus 2017 beigefügt.

9. Am 11.01.2019 wurde ein Zeugnis über die bestandene Integrationsprüfung (B1) vorgelegt.

10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.01.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der BF in Anwesenheit seines Vertreters und einer Vertreterin der belangten Behörde ausführlich zu seinen Fluchtgründen, zu seinen persönlichen Umständen im Herkunftsstaat sowie seiner Integration in Österreich befragt wurde.

Im Zuge der Verhandlung legte der BF folgende Unterlagen vor:

-

Empfehlungsschreiben einer Familie für den BF;

-

Empfehlungsschreiben einer Deutschlehrerin;

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2 Bestätigungen über den Besuch eines Deutschkurses für Asylwerber B1 Teil 1 und 2;

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Zeugnis zur Integrationsprüfung Sprachkompetenz/Werte- und Orientierungswissen vom 13.12.2018.

11. Am XXXX langte eine Stellungnahme des BF ein. Darin wird ausgeführt, dass der BF am XXXX auch formal aus der islamischen Religionsgemeinschaft ausgetreten sei, die im gegenständlichen Verfahren relevant sei. Die Austrittsbescheinigung diene zum Beweis der Abkehr vom Islam. Dem BF würde im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seiner Apostasie eine asylrelevante Verfolgung drohen. Es werde daher ein Antrag auf Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens gestellt und beantragt, die Austrittsbestätigung im Erkenntnis zu berücksichtigen. Da der BF in der Vergangenheit nicht über die Möglichkeit der Erlangung einer Austrittsbestätigung Bescheid gewusst habe und erst am XXXX ordnungsgemäß den Austritt beim Magistrat bekannt gegeben habe, habe es ohne Verschulden daher bisher nicht vorgebracht werden können.

Der Stellungnahme wurde eine Bestätigung des BürgerInnenservice beim Magistrat der Stadt XXXX betreffend den Austritt des BF aus der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, datiert mit XXXX beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der bei seiner Einreise nach Österreich minderjährige, nunmehr volljährige BF ist ein Staatsangehöriger Afghanistans und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Seine genaue Identität steht nicht fest. Seine Muttersprache ist Dari.

Der BF hat keine Kinder und ist nicht verheiratet.

Der BF wurde in Afghanistan in der Provinz Maidan Wardak geboren, wo er gemeinsam mit seiner Familie bis etwa zu seinem achten Lebensjahr lebte. Danach ist er zu einem Onkel in die Stadt Kabul gezogen und hat dort bis zu seiner Ausreise gelebt. Er hat fünf Jahre lang die Schule in Kabul besucht. Neben der Schule hat der BF als Lackierer (Hilfsarbeiter) gearbeitet.

Der BF hat Kontakt zu einem Onkel, der mittlerweile im Iran lebt. Zu seiner restlichen Familie hatte der BF zuletzt vor seiner Ausreise aus Afghanistan Kontakt.

Der BF ist gesund, anpassungsfähig, arbeits- und leistungsfähig, kinderlos und nicht verheiratet. Er kann bei einer Rückkehr Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen.

1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Der BF wuchs als schiitischer Moslem auf. Eine völlige Abkehr von seinem Glauben (Apostasie) kann nicht festgestellt werden. Der BF tritt auch nicht religionsfeindlich oder gar spezifisch gegen den Islam auf. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF Verwandten oder sonstigen Personen in Afghanistan mitgeteilt hat, dass er keinen religiösen Glauben mehr ausübt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines behaupteten Abfalles vom muslimischen Glauben psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

Selbst bei Wahrunterstellung, dass der BF kein Interesse mehr an einer Glaubensausübung hat, kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr nach Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.

Es kann nicht festgestellt werden, dass konkret der BF als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara bzw. dass jeder Angehörige in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre bzw. eine solche im Falle seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in Afghanistan eine an seine Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seine politische Überzeugung anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität droht.

Der BF war in Afghanistan keiner Verfolgung bzw. Zwangsrekrutierung durch die Taliban ausgesetzt und ist im Falle der Rückkehr nach Afghanistan keiner konkreten gegen ihn gerichteten Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt.

Er wurde in seinem Herkunftsstaat niemals inhaftiert und hatte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder aufgrund seiner Rasse, Nationalität, seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwo Probleme. Er war nie politisch tätig und gehörte keiner politischen Partei an.

Dem BF droht individuell und konkret, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan, weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die Taliban oder die afghanische Regierung.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer hätte im Rückkehrfall keine aktuelle gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung (oder aus anderen Gründen) zu erwarten. Es besteht für ihn keine reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr einer Tötung (einschließlich der Verhängung und/oder Vollstreckung der Todesstrafe) durch den Staat oder tödlicher Übergriffe durch Dritte.

Eine mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr, der Folter ausgesetzt zu sein oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu sein, besteht nicht, insbesondere nicht im Hinblick auf eine drohende Kettenabschiebung, im Hinblick auf eine drohende Todesstrafe, im Hinblick auf den Gesundheitszustand in Verbindung mit einer Unzulänglichkeit der medizinischen Bedingungen im Herkunftsstaat, im Hinblick auf die allgemeinen humanitären Bedingungen im Herkunftsstaat in Verbindung mit der persönlichen Lage des Beschwerdeführers (etwa im Sinne einer existenzgefährdenden Notlage oder des Entzugs der notdürftigsten Lebensgrundlage) oder im Hinblick auf psychische Faktoren, auf Haftbedingungen oder aus anderen Gründen.

Eine solche mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene Gefahr besteht auch nicht im Hinblick auf eine etwaige ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der BF aufgrund seines Aufenthaltes in Österreich oder der Nichtpraktizierung des muslimischen Glaubens bei seiner Rückkehr einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif kann der BF grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft befriedigen, ohne in eine auswegslose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall einer Rückkehr in die Städte Mazar-e Sharif oder Herat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

Es ist dem BF möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedelung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif läuft er nicht Gefahr, aufgrund seines Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten oder dass sich seine Gesundheit in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern würde. Es sind auch sonst keine Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des BF in den Herkunftsstaat entgegenstünden.

Er kann die Städte Herat und Mazar-e Sharif von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

Der BF kann bei einer Rückkehr Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen.

1.4. Zum (Privat) Leben des BF in Österreich:

Der unbescholtene BF hält sich seit etwa drei Jahren und vier Monaten im Bundesgebiet auf. Er bezieht laufend Leistungen aus der Grundversorgung und wohnt in einer Unterkunft für Asylwerber. Er hat eine entgeltliche Tätigkeit für eine Familie (Aufbau eines Kastens) verrichtet und hilft der Familie indem er mit den minderjährigen Kindern spielt und auf diese aufpasst. Der BF hat in Österreich bereits Deutschkurse besucht und Deutschprüfungen (bis B1) absolviert. Zudem hat er an einer Veranstaltung teilgenommen. In seiner Freizeit spielt er gerne Fußball. Der BF gehört keinem Verein, keiner religiösen Verbindung und keiner sonstigen Gruppierung in Österreich an. Er hat in Österreich keine Schule besucht.

Der BF konnte Empfehlungsschreiben (der Familie und einer Deutschlehrerin) vorlegen und gab an, seit etwa zwei Monaten eine 16jährige Freundin in Österreich zu haben. Ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis oder ein gemeinsamer Haushalt besteht nicht. Eine nachhaltige Integration des BF im Sinne einer tiefgreifenden Verwurzelung im Bundesgebiet kann nicht erkannt werden. Der BF führt kein Familienleben in Österreich und hat auch sonst keine sonstigen engen sozialen Bindungen.

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Unter Bezugnahme auf das aktuellste Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand 08.01.2019), die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018, die ACCORD-Anfrage vom 01.06.2017 sowie der Anfrage der Staatendokumentation vom 12.07.2017 werden folgende entscheidungsrelevante, die Person des BF individuell betreffende Feststellungen zu Lage in Afghanistan getroffen:

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabu l

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der

Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach der Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018).

Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018).

Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefängnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Millionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Millionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).

Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilisten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und

im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).

Anmerkung: Weiterführende Informationen über den Wahlprozess in Afghanistan können der Kl der Staatendokumentation vom 19.10.2018 entnommen werden.

Zivile Opfer

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).

Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert:

davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:

Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).

Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptädte von den Taliban angegriffen: Farah- Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).

Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018). Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der

Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).

Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

...

(BFA Staatendokumentation 15.10.2018a)

Im Folgenden wird das Verhältnis zwischen den diversen sicherheitsrelevanten Vorfällen für den Zeitraum 1.4.2018 - 30.9.2018 durch eine Grafik der Staatendokumentation veranschaulicht.

Afghanistan: sicherhertsrelevante Vorfälle 1.4.2013 bis 30.9.2013

¿ Sonstige. Undefiniert

¿ Verhaltungen, "ötungen

¿ Angriffe auf militärische Einrichtungen oder Rekrutierungszentnen Angriffe auf Logistik. Hafer. Fracht. Wasserstraßen

Flughäfen, Flugverkehr Brandstiftung, Feuer Verschleppungen.

Entführungen

(BFA Staatendokumentation 15.10.2018b)

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).

Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).

Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).

(UNAMA 15.7.2018)

Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine "nationale Politik für zivile Schadensminimierung und - prävention" und das Protokol V der "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände", welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA

15.7.2018) .

Wahlen

Zwischen 14.04.2018 und 27.7.2018 fand die Wählerregistrierung für die Parlaments- sowie Distriktwahlen statt. Offiziellen Angaben zufolge haben sich im genannten Zeitraum 9,5 Millionen Wähler registriert, davon 34% Frauen (UNGASC 10.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Parlaments- sowie Distriktwahlen endete am 12.6.2018 bzw. 14.6.2018 und die Kandidatenliste für die Parlamentswahlen wurde am 2.7.2018 veröffentlicht (UNGASC 10.9.2018). Am 25.9.2018 wurde vom Sprecher der Independent Electoral Commission (IEC) verkündet, dass die landesweiten Distriktwahlen sowie die Parlamentswahlen in der Provinz Ghazni am 20.10.2018 nicht stattfinden werden (im Rest des Landes hingegen schon). Begründet wurde dies mit der niedrigen Anzahl registrierter Kandidaten für die Distriktwahlen (nur in 40 von 387 Distrikten wurden Kandidaten gestellt) sowie mit der "ernst zu nehmenden Sicherheitslage und anderen Problematiken". Damit wurden beide Wahlen (Distriktwahlen landesweit und Parlamentswahlen in Ghazni) de facto für 2018 abgesagt. Obwohl noch nicht feststeht, wann diese nachgeholt werden sollen, ist der 20.4.2019, an dem u.a. die Präsidentschafts- sowie Provinzwahlen stattfinden sollen, als neuer Termin wahrscheinlich (AAN 26.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ist für den Zeitraum 11.11.2018 - 25.11.2018 vorgesehen; die vorläufige Kandidatenliste soll am 10.12.2018 bereitstehen, während die endgültige Aufstellung am 16.1.2019 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018). Ohne die Provinz Ghazni sank die Zahl der registrierten Wähler mit Stand Oktober 2018 auf ungefähr 8.8 Milionen (AAN 9.10.2018; vgl. IEC o. D.). Die Verkündung der ersten Wahlergebnisse für die Parlamentswahlen (ohne Provinz Ghazni) ist für den 10.11.2018 vorgesehen, während das Endergebnis voraussichtlich am 20.12.2018 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018).

Im April und Oktober 2018 erklärten die Taliban in zwei Stellungnahmen, dass sie die Wahl boykottieren würden (AAN 9.10.2018). Angriffe auf mit der Ausstellung von Tazkiras sowie mit der Wahlregistrierung betraute Behörden wurden berichtet. Sowohl am Wahlprozess beteiligtes Personal als auch Kandidaten und deren Unterstützer wurden von regierungsfeindlichen Gruppierungen angegriffen. Zwischen 1.1.2018 und 30.6.2018 wurden 341 zivile Opfer (117 Tote und 224 Verletzte) mit Bezug auf die Wahlen verzeichet, wobei mehr als 250 dieser Opfer den Anschlägen Ende April und Anfang Mai in Kabul und Khost zuzuschreiben sind. Auch wurden während des Wahlregistrierungsprozesses vermehrt Schulen, in denen Zentren zur Wahlregistrierung eingerichtet worden waren, angegriffen (39 Angriffe zwischen April und Juni 2018), was negative Auswirkungen auf die Bildungsmöglichkeiten von Kindern hatte (UNAMA 15.7.2018) Seit dem Beginn der Wählerregistrierung Mitte April 2018 wurden neun Kandidaten ermordet (AAN 9.10.2018).

Von den insgesamt 7.366 Wahllokalen werden aus Sicherheitsgründen letztendlich am Tag der Wahl 5.100 geöffnet sein (AAN 9.10.2018; vgl. UNAMA 17.9.2018, Tolonews 29.9.2018). Diese sollen während der fünf Tage vor der Wahl von 54.776 Mitgliedern der Afghan National Security Forces (ANSF) bewacht werden; 9.540 weitere stehen als Reserven zur Verfügung (Tolonews 29.9.2018; vgl. AAN 9.10.2018).

KI vom 11.9.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul, Anschläge in Nangarhar und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Anschläge in Nangarhar 11.9.2018

Am 11.9.2018 kamen nach einem Selbstmordanschlag während einer Demostration im Distrikt Mohamad Dara der Provinz Nangarhar mindestens acht Menschen ums Leben und weitere 35 wurden verletzt (Tolonews 11.9.2018; vgl. TWP 11.9.2018, RFE/RL 11.9.2018). Kurz zuvor wurde am Vormittag des 11.9.2018 ein Anschlag mit zwei Bomben vor der Mädchenschule "Malika Omaira" in Jalalabad verübt, bei dem ein Schüler einer nahegelegenen Jungenschule ums Leben kam und weitere vier Schüler verletzt wurden, statt (RFE/RL 11.9.2018; AFP 11.9.2018). Davor gab es vor der Mädchenschule "Biba Hawa" im naheligenden Distrikt Behsud eine weitere Explosion, die keine Opfer forderte, weil die Schülerinnen noch nicht zum Unterricht erschienen waren (AFP 11.9.2018).

Weder die Taliban noch der IS/ISKP bekannten sich zu den Anschlägen, obwohl beide Gruppierungen in der Provinz Nangarhar aktiv sind (AFP 11.9.2018; vgl. RFE/RL 11.9.2018, TWP 11.9.2018).

Kämpfe in den Provinzen Sar-e Pul und Jawzjan 11.9.2018

Am Montag, dem 10.9.2018, eroberten die Taliban die Hauptstadt des Kham Aab Distrikts in der Provinz Jawzjan nachdem es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Taliban und den afghanischen Sicherheitskräften gekommen war (Tolonews 10.9.2018a; Tolonews 10.9.2018b). Sowohl die afghanischen Streitkräfte als auch die Taliban erlitten Verluste (Khaama Press 10.9.2018a).

Am Sonntag, dem 9.9.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt der Provinz Sar-i Pul, wo nach wie vor u.a. mit Einsatz der Luftwaffe gekämpft wird (Tolonews 10.9.2018b; vgl. FAZ 10.9.2018). Quellen zufolge haben die Taliban das Gebiet Balghali im Zentrum der Provinzhauptstadt eingenommen und unter ihre Kontrolle gebracht (FAZ 10.9.2018). Sar-i-Pul-Stadt gehört zu den zehn Provinzhauptstädten, die Quellen zufolge das höchste Risiko tragen, von den Taliban eingenommen zu werden. Dazu zählen auch Farah-Stadt, Faizabad in Badakhshan, Ghazni-Stadt, Tarinkot in Uruzgan, Kunduz-Stadt, Maimana in Faryab und Pul-i- Khumri in Baghlan (LWJ 10.9.2018; vgl. LWJ 30.8.2018). Weiteren Quellen zufolge sind auch die Städte Lashkar Gar in Helmand und Gardez in Paktia von einer Kontrollübernahme durch die Taliban bedroht (LWJ 10.9.2018).

IS-Angriff während Massoud-Festzug in Kabul 9.9.2018

Bei einem Selbstmordanschlag im Kabuler Stadtteil Taimani kamen am 9.9.2018 mindestens sieben Menschen ums Leben und ungefähr 24 weitere wurden verletzt. Der Anschlag, zu dem sich der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte, fand während eines Festzugs zu Ehren des verstorbenen Mudschahedin-Kämpfers Ahmad Shah Massoud statt (AJ 10.9.2018; vgl. Khaama Press 10.9.2018b).

IS-Angriff auf Sportverein in Kabul 5.9.2018

Am Mittwoch, dem 5.9.2018, kamen bei einem Doppelanschlag auf einen Wrestling-Klub im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi mindestens 20 Personen ums Leben und ungefähr 70 weitere wurden verletzt (AJ 6.9.2018; vgl. CNN 6.9.2018, TG 5.9.2018). Zuerst sprengte sich innerhalb des Sportvereins ein Attentäter in die Luft, kurz darauf explodierte eine Autobombe in der sich vor dem Klub versammelnden Menge (SO 5.9.2018) Der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte sich zum Anschlag (RFE/RL 5.9.2018).

KI vom 22.08.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS) in Kabul und Paktia und Aktivitäten der Taliban in Ghazni, Baghlan, Faryab und Kunduz zwischen 22.7.2018 und 20.8.2018

Entführung auf der Takhar-Kunduz-Autobahn 20.8.2018

Am 20.8.2018 entführten die Taliban 170 Passagiere dreier Busse, die über die Takhar-Kunduz-Autobahn auf der Reise nach Kabul waren (Tolonews 20.8.2018; vgl. IFQ 20.8.2018). Quellen zufolge wurden die Entführten in das Dorf Nikpe der Provinz Kunduz gebracht, wo es zu Kämpfen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen kam. Es wurden insgesamt 149 Personen freigelassen, während sich die restlichen 21 weiterhin in der Gewalt der Taliban befinden (IFQ 20.8.2018). Grund für die Entführung war die Suche nach Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte bzw. Beamten (IFQ 20.8.2018; vgl. BBC 20.8.2018). Die Entführung erfolgte nach dem von Präsident Ashraf Ghani angekündigten Waffenstillstand, der vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 gehen sollte und jedoch von den Taliban zurückgewiesen wurde (Reuters 20.8.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018).

IS-Angriff auf die Mawoud Akademie in Kabul 15.8.2018

Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am Nachmittag des 15.8.2018 in einem privaten Bildungszentrum im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi, dessen Bewohner mehrheitlich Schiiten sind, in die Luft (NZZ 16.8.2018; vgl. BBC 15.8.2018, Repubblica 15.8.2018). Die Detonation hatte 34 Tote und 56 Verletzte zur Folge (Reuters 16.8.2018a; vgl. NZZ 16.8.2018, Repubblica 15.8.2018). Die Mehrheit der Opfer waren Studentinnen und Studenten, die sich an der Mawoud Akademie für die Universitätsaufnahmeprüfungen vorbereiteten (Reuters 16.8.2018b; vgl. RFE/RL 17.8.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Vorfall (RFE/RL 17.8.2018; vgl. Reuters 16.8.2018b).

Kämpfe in den Provinzen Ghazni, Baghlan und Faryab

Am Donnerstag, dem 9.8.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt Ghaznis, einer strategisch bedeutenden Provinz, die sich auf der Achse Kabul-Kandahar befindet (Repubblica 13.8.2018; vgl. ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018). Nach fünftägigen Zusammenstößen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen konnten letztere zurückgedrängt werden (AB 15.8.2018; vgl. Xinhua 15.8.2018). Während der Kämpfe kamen ca. 100 Mitglieder der Sicherheitskräfte ums Leben und eine unbekannte Anzahl Zivilisten und Taliban (DS 13.8.2018; vgl. ANSA 13.8.2018).

Am 15.8.2018 verübten die Taliban einen Angriff auf einen Militärposten in der nördlichen Provinz Baghlan, wobei ca. 40 Sicherheitskräfte getötet wurden (AJ 15.8.2018; vgl. Repubblica 15.8.2018, BZ 15.8.2018).

Auch im Distrikt Ghormach der Provinz Faryab wurde gekämpft: Die Taliban griffen zwischen 12.8.2018 und 13.8.2018 einen Stützpunkt des afghanischen Militärs, bekannt als Camp Chinaya, an und töteten ca. 17 Mitglieder der Sicherheitskräfte (ANSA 14.8.2018; vgl. CBS 14.8.2018, Tolonews 12.8.2018). Quellen zufolge kapitulierten die Sicherheitskräfte nach dreitägigen Kämpfen und ergaben sich den Aufständischen (CBS 14.8.2018; vgl. ANSA 14.8.2018).

IS-Angriff auf schiitische Moschee in Gardez-Stadt in Paktia 3.8.2018

Am Freitag, dem 3.8.2018, kamen bei einem Selbstmordanschlag innerhalb der schiitischen Moschee Khawaja Hassan in Gardez-Stadt in der Provinz Paktia, 39 Personen ums Leben und weitere 80 wurden verletzt (SI 4.8.2018; vgl. Reuters 3.8.2018, FAZ 3.8.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Anschlag (SI 4.8.2018).

IS-Angriff vor dem Flughafen in Kabul 22.7.2018

Am Sonntag, dem 22.7.2018, fand ein Selbstmordanschlag vor dem Haupteingangstor des Kabuler Flughafens statt. Der Attentäter sprengte sich in die Luft, kurz nachdem der afghanische Vizepräsident Rashid Dostum von einem einjährigen Aufenthalt in der Türkei nach Afghanistan zurückgekehrt und mit seinem Konvoi vom Flughafen abgefahren war (AJ 23.7.2018; vgl. Reuters 23.7.2018). Es kamen ca. 23 Personen ums Leben und 107 wurden verletzt (ZO 15.8.2018; vgl. France24). Der Islamische Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich (AJ 23.7.2018; vgl. Reuters 23.7.2018).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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