TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/10 W124 2155447-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.04.2019
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Entscheidungsdatum

10.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W124 2155447-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005

iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 55, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste als unbegleiteter Minderjähriger unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am

XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab er an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, gehöre der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islam an und stamme aus der Provinz XXXX . Er habe von XXXX bis XXXX die Schule besucht und sei zuletzt als Bauhilfsarbeiter im Iran tätig gewesen. Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, er sei im Jahr XXXX , sohin als er 14 Jahre alt gewesen sei, in Afghanistan mit seiner Cousine verlobt gewesen. Vier Monate vor seiner Flucht sei seine Verlobte mit einem anderen Jungen weggelaufen bzw. durchgebrannt. Da er sich an dem Jungen rächen habe wollen, sei er zu dessen Haus gegangen. Es sei nur der Vater des Jungen dort gewesen. Da er sehr wütend gewesen sei, habe er diesem mit einem Stein auf den Kopf geschlagen. Daraufhin sei er davongelaufen und schließlich in den Iran geflüchtet. Dort habe er erfahren, dass der Mann im Krankenhaus verstorben sei. Man habe daraufhin den Vater des BF an seiner Stelle verhaftet, zumal er aufgrund seiner Flucht nicht mehr greifbar gewesen sei. Sein Vater sei noch immer im Gefängnis. Im Iran habe er dann Geld für seine Flucht nach Europa gespart. Im Falle seiner Rückkehr müsse er ins Gefängnis. Unter Umständen bestehe auch die Gefahr, dass er getötet werde.

2. Am XXXX erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt).

Vorgelegt wurden folgende Dokumente (in Kopie):

-

drei Bestätigungen über die Teilnahme an Deutschkursen (Sprachniveau A 2.1);

-

Bestätigung über die Teilnahme an einem fotopädagogischen Projekt im Ausmaß von 20 Stunden;

-

Zertifikat über die Mitgliedschaft beim Bewohnerbeirat der XXXX ;

-

Zertifikat über die Teilnahme an der Basisbildung im LernKwa.tier im Ausmaß von 151 Stunden.

Zu seiner Person gab der Beschwerdeführer an, er sei als ältester Sohn seiner Familie in XXXX in der afghanischen Provinz XXXX geboren und habe dort sechs Jahre die Schule besucht. Nebenbei habe er seinem Vater in der Landwirtschaft geholfen. Im Jänner XXXX habe er seinen Herkunftsstaat endgültig verlassen und habe daraufhin in XXXX als Hilfsarbeiter gearbeitet. So habe er sich seine Ausreise aus dem Iran finanziert. In Afghanistan würden noch seine Eltern sowie sein Bruder und seine drei Schwestern leben.

Mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen in Afghanistan habe er keine Probleme gehabt. An politischen Aktivitäten oder Demonstrationen habe er nicht teilgenommen. Ferner sei gegen ihn auch kein Gerichtsverfahren anhängig.

Zu seinen Fluchtgründen brachte er vor, als er 14 Jahre alt gewesen sei, habe seine Mutter unbedingt gewollt, dass er heirate. Daher sei er mit seiner Cousine verlobt worden. Vier Monate nach der Verlobung sei das Mädchen mit einem anderen Jungen namens XXXX geflüchtet. Aus Wut über diesen Vorfall sei er zum Haus des Jungen gegangen und habe angeklopft. Es sei aber niemand herausgekommen. Als der Vater des Jungen die Tür geöffnet habe, sei er in das Haus hineingestürmt und habe ihn dort gesucht. Der Vater des Jungen habe Kontakte zur Regierung und sei ein mächtiger Mann. Der BF habe ihm gesagt, dass er bereits verlobt sei. Dieser habe gemeint, dass es jetzt so sei und er nichts machen könne. Dann habe der BF einen Stein gesehen und dem Mann damit auf den Kopf geschlagen. Dieser sei nicht zu Boden gegangen, habe aber stark geblutet. Daraufhin sei der BF nachhause gelaufen und habe seinem eigenen Vater von dem Vorfall erzählt. Dieser habe ihm erklärt, er müsse das Land verlassen, da er einen großen Fehler begangen habe und sein Leben in Gefahr sei. Der BF habe von seinem Vater Geld bekommen und sei daraufhin für zwölf Monate in den Iran gegangen. Dort habe er erfahren, dass der Vater des Jungen im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen sei. Daher müsse nun sein eigener Vater für seine Tat eine Gefängnisstrafe absitzen. "Sie" würden ihn haben wollen. Da es schwer gewesen sei, im Iran illegal zu leben, sei er auch von dort weggegangen. Er habe gehört, dass der Bruder des Jungen bzw. dessen ganze Familie ihn suche. Sein Leben sei in Gefahr und er wisse nicht, was im Falle seiner Rückkehr mit ihm gemacht werde.

Auf die Frage, warum die Familie des BF noch in Afghanistan leben könne, gab er an, sein Vater sei in Haft. Seine Mutter habe nur ihre Schwester. Wirtschaftlich gehe es ihnen trotzdem ganz gut, es fehle der Mann in der Familie.

Befragt, wie sich das "Ansuchen um die Hand seiner Cousine" gestaltet habe, gab er zu Protokoll, dass sein Vater mit dessen Bruder alle Abmachungen getroffen habe, bevor der BF davon erfahren habe. Sein Vater habe den Wunsch seiner Mutter erfüllt, da in der Volksgruppe der Hazara auch die Frau entscheiden dürfe. Auf Vorhalt, dass man in Afghanistan nicht vor dem 16. Lebensjahr heiraten dürfe, erklärte er, was die Eltern vorgeben, das müsse gemacht werden. Auch die Mullas seien froh, dies zu tun. Wie lange die Haftstrafe seines Vaters dauern würde, wisse er nicht. Er sitze seit vier Jahren in XXXX im Gefängnis. In einem anderen Teil seines Herkunftsstaates könne der BF nicht leben, da er sich dort nicht auskenne.

Verwandte oder Angehörige habe er in der Europäischen Union nicht. Er lebe von staatlicher Unterstützung, könne sich auf Deutsch gut verständigen und spiele in seiner Freizeit Fußball.

3. Mit Schreiben vom XXXX brachte der BF im Wege seiner ausgewiesenen Vertreterin unter Hinweis auf diverse Länderberichte sowie Judikate des VfGH und des EGMR vor, dass die Sicherheitslage in der Provinz XXXX äußerst prekär sei und dem BF daher der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei. Eine innerstaatliche Fluchtalternative in XXXX könne nicht ohne Weiteres angenommen werden. Zur Annahme einer solchen müsste zumindest ein soziales bzw. familiäres Netzwerk vorliegen und müsste der BF über Erfahrung mit dem Umgang in dieser Stadt verfügen. Ferner wurde auf die Verschlechterung der Lage im bisher als relativ sicher geltenden urbanen Raum in Afghanistan sowie auf die besondere Vulnerabilität des BF als unbegleiteter Minderjähriger ohne soziales Netzwerk außerhalb seiner Herkunftsprovinz hingewiesen.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie betreffend die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 wurde ihm nicht erteilt und wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Ferner wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden gemäß § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

5. Mit fristgerechter Beschwerde vom XXXX wurde dieser Bescheid vollinhaltlich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, angefochten. Nach Darstellung des Verfahrensgangs sowie des wesentlichen Fluchtvorbringens wurde unter Verweis auf die Flüchtlingsdefinition sowie auf die im bisherigen Verfahren dargelegten Fluchtgründe verwiesen. Ergänzend wurde festgehalten, dass dem BF eine aktuelle Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention drohe. Ferner wurde auf die volatile Sicherheitslage in der Provinz XXXX hingewiesen.

Weiters wurde angemerkt, dass es das Bundesamt verabsäumt habe, sich mit dem Sachverhalt gebührend auseinanderzusetzen. Daher leide der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln. Eine innerstaatliche Fluchtalternative würde dem BF im Übrigen nicht offenstehen, da er weder in Kabul noch in einer sonstigen afghanischen Großstadt über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Folglich wäre die Entscheidung des VfGH vom 07.06.2013, U 24362012, zu beachten gewesen. Die Gesamtsituation in Afghanistan sei derart dramatisch, dass eine Abschiebung unzulässig sei. Ferner sei von der Behörde nicht gewürdigt worden, dass der BF lediglich über eine siebenjährige Schulbildung verfüge und keine Fachausbildung absolviert habe. Unter Berücksichtigung seiner individuellen Umstände sowie der allgemeinen Situation in Afghanistan verletze daher eine Rückkehrentscheidung den BF in seinen in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechten.

6. Die Beschwerdevorlage langte am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Am XXXX erfolgte eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Im Zuge der Verhandlung wurden folgende Dokumente (in Kopie) in Vorlage gebracht:

-

Semesterzeugnis vom XXXX (Beilage ./A),

-

Teilnahmebestätigung der VHS XXXX (Beilage ./B),

-

Urkunde des XXXX (Beilage ./C),

-

eine Schulbesuchsbestätigung vom XXXX (Beilage ./D),

-

Bestätigung des Vereins XXXX (Beilage ./E),

-

Bestätigung einer Frau XXXX (Beilage ./F).

-

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

(...)

7.1 Befragung zur Lebenssituation in Österreich

R (auf Deutsch): Sprechen Sie Deutsch?

BF (auf Deutsch): Ja.

R (auf Deutsch): Verstehen Sie Deutsch?

BF (auf Deutsch): Ja.

R (auf Deutsch): Besuchen Sie einen Deutschkurs?

BF (auf Deutsch): Ich besuche abends Gymnasiumschule.

R (auf Deutsch): In die wievielte Klasse gehen Sie?

BF (auf Deutsch): Erste Klasse, jede Klasse hat zwei Semester. Ich bin im zweiten Semester.

R (auf Deutsch): Gehen Sie da in die Oberstufe oder in die Unterstufe?

BF (auf Deutsch): Oberstufe.

R (auf Deutsch): Welcher Zweig?

BF (auf Deutsch): Ich verstehe das nicht

Die Frage wird auf Dari wiederholt.

BF (auf Deutsch): Matura, ich muss dort vier Jahre gehen.

R: Wie heißt das Gymnasium in das Sie gehen?

BF (auf Deutsch): Abendgymnasium XXXX .

R: (auf Deutsch): Von wem wird das betrieben?

BF: Es steht nur Abendgymnasium XXXX , einen anderen Namen gibt es nicht.

R: Welchen Zweig, ist das ein naturwissenschaftlicher, ein neusprachlicher, ein humanistischer?

BF: Ich bin noch nicht zugeteilt, es ist mein erstes Jahr.

R: Sind Sie dort ordentlicher Hörer oder nur außerordentlicher Hörer?

BF: Ich bin ordentlicher Hörer. Das ist für die Matura.

R: Ist es ein Oberstufenrealgymnasium? Jedes Gymnasium hat einen Schwerpunkt in Österreich?

BF: Ich weiß was Zweig heißt, aber ich weiß nicht, welcher Zweig.

R (auf Deutsch): Wie bestreiten Sie in Österreich Ihren Lebensunterhalt?

BF (auf Deutsch): Das meinen Sie wie? Wie "leben ich"?

Fragewiederholung auf Dari:

BF (auf Deutsch): XXXX .

R (auf Deutsch): Wo wohnen Sie? Wo sind Sie untergebracht?

BF (auf Deutsch): In der XXXX , das ist ein Heim der XXXX .

R (auf Deutsch): Sind Sie verheiratet?

BF (auf Deutsch): Früher ja, aber jetzt nein.

R (auf Deutsch): Heißt das, Sie sind jetzt geschieden?

BF (auf Deutsch): Ja, weil das Mädchen mit einem anderen Jungen weg ist.

R (auf Deutsch): Haben Sie Kinder?

BF (auf Deutsch): Nein.

R (auf Deutsch): Leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?

BF (auf Deutsch): Sie meinen in XXXX , oder? Das ist ein Heim.

Fragewiederholung auf Dari.

BF: Ich habe doch gesagt, dass ich in einem Heim lebe.

Fragewiederholung auf Dari?

BF: Nein.

R (auf Deutsch): Haben Sie eine Freundin?

BF (auf Deutsch): Hier in XXXX , ja.

R (auf Deutsch): Wie heißt Ihre Freundin mit Vornamen und Familiennamen?

BF (auf Deutsch): Ich kenne nur den Vornamen. XXXX .

R Ist das eine engere Freundin oder eine weitere Freundin?

BF (auf Deutsch): Sie war meine Freundin, aber jetzt haben wir uns getrennt.

R: Sie haben jetzt also keine Freundin?

BF: Ich habe jetzt keine Freundin, sie ist nur eine Freundin.

R (auf Deutsch): Gehören Ihrem Freundeskreis auch Österreicher an?

BF (auf Deutsch): In Österreich?

Fragewiederholung auf Dari:

BF: Ja, sehr viele.

R (auf Deutsch): Nennen Sie mir Ihre zwei besten Freunde mit Vor- und Familiennamen?

BF (auf Deutsch): Freunde habe ich so viele, aber ich frage nicht nach den Nachnamen, Wir kennen uns nur vom Vornamen.

R (auf Deutsch): Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

BF (auf Deutsch): Spazieren, Fußballspielen, in der Woche dreimal.

R (auf Deutsch): Sind Sie in einem Verein, in einer Organisation oder dergleichen tätig?

BF (auf Deutsch): Wir haben eine kleine Mannschaft.

R (auf Deutsch): Ist das ein Verein?

BF (auf Deutsch): Nein.

R (auf Deutsch): Leiden Sie an irgendwelchen schweren Krankheiten?

BF (auf Deutsch): Nein.

R (auf Deutsch): Sind Verwandte von Ihnen in Österreich?

BF (auf Deutsch): "Österreichische nicht. Freund von Österreichischen."

Fragewiederholung auf Dari.

BF: Nein, habe ich nicht.

R (auf Deutsch): Sind Verwandte von Ihnen in der Europäischen Union?

BF (auf Deutsch): Nein.

R: Bei der nächsten Frage können Sie von Ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machen. Sind Sie gerichtlich vorbestraft oder läuft gegen Sie ein Strafverfahren?

BF: Nein, in Österreich nicht.

R: Bei der nächsten Frage können Sie von Ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machen. Läuft gegen Sie ein Verwaltungsstrafverfahren, zum Beispiel Verfahren wegen Lenkens eines Fahrzeuges mit Alkohol oder ohne Lenkerberechtigung. Ist bereits ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Sie ergangen?

BF: In Österreich, nein.

R an RV: Haben Sie zur Integration Fragen an den BF?

RV: Nein.

(...)

7.2. Befragung zur Person des BF und zur Familie

R (auf Deutsch): Welcher Volksgruppe bzw. Religion gehören Sie an?

BF (auf Deutsch): Ich bin Schiite und Moslem.

R (auf Deutsch): Welcher Volksgruppe gehören Sie an? Welcher Ethnie?

BF (auf Deutsch): Hazara.

R: Wir setzen jetzt in Dari fort. Wo sind Sie geboren, in welchem Dorf/Distrikt/Provinz?

BF: Ich habe in der Provinz XXXX , Distrikt XXXX , Dorf XXXX gelebt.

(...)

R: Wie viele Geschwister hat Ihr Vater?

BF (auf Deutsch): Mein Vater hat sieben Geschwister.

R: Wie viele Onkel und wie viele Tanten väterlicherseits haben Sie? Wir machen das in Ihrer Sprache, damit es keine Missverständnisse gibt.

BF: Ich habe drei Tanten väterlicherseits und vier Onkeln väterlicherseits.

R: Wo leben die drei Tanten und vier Onkeln väterlicherseits?

BF: In XXXX .

R: Wo in XXXX ?

BF: Meine vier Onkeln väterlicherseits, XXXX lebt in XXXX , XXXX lebt ebenfalls XXXX , XXXX und XXXX leben ebenfalls in XXXX , im Dorf XXXX .

R: Und die drei Tanten väterlicherseits?

BF: Latifa lebt in XXXX , in XXXX . XXXX lebt in XXXX und XXXX lebt in XXXX in XXXX .

R: Wie heißt der Dorfälteste in Ihrem Heimatort?

BF: Seinen Namen habe ich jetzt vergessen.

R: Dann denken Sie bitte nach:

BF: XXXX .

R: Hat der auch einen anderen Namen?

BF: Man kennt ihn unter dem Namen XXXX . Es gibt auch einen anderen Dorfältesten mit dem Namen XXXX .

R: Wie weit wohnt XXXX von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Zu Fuß ca. 20 Minuten entfernt.

R: Wie groß ist Ihr Dorf? Wie viele Einwohner bzw. Häuser befinden sich in diesem Dorf?

BF: Ca. 140 bis 150 Häuser gibt es dort.

R: Wie heißen Ihre unmittelbar angrenzenden Nachbarn?

BF: Das sind meine Onkel und Cousins.

R: Wie heißen sie. Sagen Sie mir die Namen der Nachbarn, die unmittelbar angrenzen.

BF: Der erste ist XXXX , er liegt westlich von meinem Elternhaus. XXXX liegt südlich, XXXX nördlich, und XXXX auch nördlich.

R: Wieviel Geschwister hat Ihre Mutter?

BF: Sechs.

R: Wo wohnen die Geschwister Ihrer Mutter?

BF: In XXXX .

R: Wo genau?

BF: Eine Schwester lebt in unserem Ort. Ihr ältester Bruder lebt im Iran und die anderen Geschwister leben in XXXX .

R: Wie heißt Ihre Tante mütterlicherseits, die in Ihrem Heimatort lebt?

BF: XXXX , nein so heißt meine Mutter. Ihre Schwester heißt XXXX .

R: Ist das ihr jetziger Familienname?

BF: Nein, das ist ihr Vorname.

R: Ist sie verheiratet?

BF: Ja, sie heißt XXXX .

R: Wie weit lebt diese Tante mütterlicherseits von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Dreieinhalb Stunden mit dem Auto.

R: Wo wohnt jetzt Ihre Tante mütterlicherseits? Sie haben zuerst gesagt, sie wohnt in Ihrem Dorf.

BF: Zwanzig Minuten zu Fuß entfernt.

R: Weil Sie gesagt haben, dreieinhalb Stunden mit dem Auto. Wo haben Sie gelebt und zwar von Ihrer Geburt an bis zu Ihrer Reise nach Österreich? Wo haben Sie gelebt und wie lange? Zuerst einmal Afghanistan und dann die Fluchtroute.

BF: Soll ich alles erzählen? Bis zum 14. Lebensjahr habe ich in XXXX gelebt. Mit dem 14. Lebensjahr wurde ich verheiratet und dann ging ich in den Iran.

R: Wo haben Sie jetzt in Afghanistan gelebt?

BF: Nur in diesem Dorf.

R: Durch welche Orte bzw. Dörfer sind Sie gefahren, als Sie Ihr Elternhaus Richtung Iran verlassen haben?

BF: Zuerst kam ich nach XXXX , in das Zentrum von XXXX . Dann ging ich nach XXXX und von dort nach XXXX.

R: Das ist mir zu allgemein. XXXX ist zu groß, bitte um die genaue Fluchtroute.

BF: XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , danach kenne ich mich nicht mehr aus.

R: Die vorigen Angaben waren auch nur sehr allgemein. Das ist keine genaue Beschreibung. Wie lange haben Sie im Iran gelebt?

BF: Ein Jahr.

R: Wo haben Sie genau gelebt?

BF: In XXXX in XXXX .

R: Bei wem haben Sie dort gelebt?

BF: Ich habe dort gearbeitet und gelebt mit meinem Arbeitskollegen.

R: Was haben Sie dort gearbeitet?

BF: Auf der Baustelle.

R: Was haben Sie dort für Tätigkeiten verrichtet?

BF: Ich habe Mosaiksteine für die Duschen verlegt.

R: War das eine Art Pflasterer?

BF: Ich war Hilfsarbeiter, alles was auf der Baustelle so angefallen ist.

R: Was haben Sie außerdem noch gemacht? Was haben Sie für andere Arbeiten verrichtet?

BF: Das war meine Arbeit von 06.00 Uhr bis 21:00 Uhr.

R: Wie heißt Ihr Großvater väterlicherseits?

BF: XXXX .

R: Hat er auch einen anderen Namen gehabt?

BF: XXXX , so wie ich heiße.

R: Was hat Ihr Großvater gearbeitet?

BF: Als ich geboren wurde, ist er verstorben. Ich weiß es nicht.

R: Woher stammt Ihre Familie?

BF: Von XXXX , vom Dorf XXXX , dort wo wir gelebt haben.

R: Woher stammt die Familie Ihrer Mutter?

BF: Sie stammen auch aus XXXX .

R: Wie hat Ihr Großvater mütterlicherseits geheißen?

BF: XXXX , aber den Namen meiner Großmutter weiß ich nicht.

R: Wie geht es Ihrer Mutter?

BF: Ich weiß es nicht genau. Ich weiß es nicht im Moment, sie lebt im Iran. Wenn ich meinen Onkel mütterlicherseits frage, sagte er, dass es ihr gut gehen würde.

R: Hat Ihre Mutter mit Ihnen Afghanistan verlassen?

BF: Mein Onkel war dort, um nach meinem Vater zu suchen. Er hat dann auch meine Geschwister und meine Mutter vor neun oder zehn Monaten in den Iran gebracht.

R: Wo leben sie jetzt genau im Iran?

BF: In XXXX .

R: In welchem Stadtviertel?

BF: Mir haben sie gesagt, in XXXX (phonetisch).

R: Wie geht es Ihren anderen Onkeln väterlicherseits?

BF: Ich weiß es nicht. Ich habe keinen Kontakt zu ihnen.

R: Woher wissen Sie dann, dass Ihre Mutter jetzt im Iran ist?

BF: Ich habe nur mit meinem Onkel mütterlicherseits Kontakt, weil mein Onkel mütterlicherseits meine Mutter und meine Geschwister in den Iran gebracht hat.

R: Deshalb frage ich Sie, wie es Ihren Onkeln väterlicherseits geht, weil Ihr Onkel mütterlicherseits Ihre Mutter und Ihre Geschwister in den Iran gebracht hat.

BF: Ich habe keinen Kontakt zu meinen Onkeln väterlicherseits, nur zu meinem Onkel mütterlicherseits.

R: Wie lange lebt Ihr Onkel mütterlicherseits im Iran?

BF: Er lebt schon sehr lange im Iran, seine Frau ist Iranerin.

R: Welcher Volksgruppe gehören Ihre Onkel väterlicherseits an?

BF: Hazara.

R: Ihre anderen in Afghanistan lebenden Verwandten?

BF: Meine Verwandten sind alle Hazara.

R: Wie haben Sie in Afghanistan Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Wir hatten sehr viele Grundstücke. Wir haben diese bewirtschaftet und davon gelebt.

R: Wie waren die Vermögensverhältnisse, wenn Sie sie im Verhältnis zu den anderen dort lebenden Bewohnern vergleichen?

BF: Normal, es war kein Unterschied.

R: Was heißt das?

BF: Ich meine damit, dass manche mehr Geld hatten und manche weniger als wir.

R: Wie würden Sie die Vermögensverhältnisse jetzt bezeichnen?

BF: Im Jahr war der Ertrag unserer Grundstücke 130.000 Afghani.

Die Verhandlung wird um 10:48 Uhr unterbrochen.

Die Verhandlung wird um 11:08 Uhr fortgesetzt.

R: Wie viele Moscheen gibt es in Ihrem Dorf?

BF: Nur eine. Es ist eine sehr alte Moschee und deshalb wurde sie renoviert.

R: Wie heißt diese Moschee? Hat diese einen Namen?

BF: Die Moschee heißt XXXX .

R: Wie oft sind Sie dorthin gegangen?

BF: Einmal bis zweimal in der Woche.

R: Wie weit ist diese Moschee von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Ca. zehn bis fünfzehn Minuten.

R: Wo sind Sie in die Schule gegangen?

BF: Ich habe die Schule XXXX besucht, diese gehört zu XXXX .

R: Wie weit ist diese Schule von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Wir sind ungefähr eine Stunde und zehn bis zwanzig Minuten zu Fuß gegangen.

R: Wieviel Klassen haben Sie in dieser Schule absolviert?

BF: Bis zur sechsten Klasse habe ich die Schule dort besucht.

R: Wie alt waren Sie, als Sie die 6. Klasse besucht haben?

BF: 14.

(...)

R: Wie hat Ihr Vater seinen Lebensunterhalt in Afghanistan bestritten?

BF: Von der Landwirtschaft.

R: Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Ich habe die Schule besucht und habe meinem Vater geholfen.

R: Bei was haben Sie Ihrem Vater geholfen?

BF: Ich habe Hilfstätigkeiten auf den Feldern gemacht.

R: Haben Sie an der von Ihnen zuerst angegebenen Heimatadresse alleine gewohnt?

BF: Mit meiner Familie.

R: Welche Mitglieder meinen Sie mit Familie?

BF: Meine Geschwister und meine Eltern.

R: Wieviel Geschwister haben Sie?

BF: Ich habe einen Bruder. Er ist neun Jahre alt und heißt XXXX , jetzt ist er elf geworden. Meine älteste Schwester ist 17 Jahre alt und sie heißt XXXX . Meine andere Schwester heißt XXXX . Sie ist 15 Jahre alt. Die kleinste ist XXXX . Sie ist 13 Jahre alt.

R: Was würden Sie befürchten, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?

BF: Ich fürchte um mein Leben. Mein Vater ist verschollen und das ist meinetwegen geschehen.

R: Warum haben Sie den Iran verlassen?

BF: Dort hatte ich keine Aufenthaltsgenehmigung. Ich hatte Angst, abgeschoben zu werden und ich habe dort schwarzgearbeitet.

R: Hat Ihre Mutter und Ihre Geschwister einen Aufenthaltstitel im Iran?

BF: Nein.

R: Leben Ihre Mutter und Ihre Geschwister noch im Iran?

BF: Seit ein paar Monaten leben sie dort.

R: Seit wie vielen Monaten?

BF: Seit neun oder zehn Monaten leben sie dort.

R: Wie geht es ihnen?

BF: Ich weiß es nicht. Mein Onkel mütterlicherseits sagt mir, dass es ihnen gut gehen würde.

R: Wo wohnen Ihre Geschwister und Ihre Mutter, bei wem?

BF: Bei meinem Onkel mütterlicherseits.

R: Sind Sie in direktem Kontakt mit Ihrem Onkel mütterlicherseits?

BF: Manchmal rufe ich ihn an, das ist sehr teuer, deswegen alle ein bis zwei Monate.

R: Warum sind Sie dann nicht direkt mit Ihrer Mutter und Ihren Geschwistern in Kontakt?

BF: Meine Mutter weint sehr viel und mein Onkel meint, dass sie es nicht schafft normal zu reden und würde sie die ganze Zeit nur weinen. Der Onkel würde ihr berichten, dass es mir gut geht, damit sie nicht weint.

7.3. Zu den Fluchtgründen

R: Warum würden Sie befürchten, dass Sie in Afghanistan Probleme hätten?

BF: Weil als ich ein Kind war, haben mein Onkel väterlicherseits und mein Vater untereinander ausgemacht, dass ich die Tochter meines Onkels dann heiraten würde. Mein Vater hat immer wieder gesagt, dass meine Cousine "in meinem Namen gemacht wurde" (D: das entspricht dem, dass mir meine Cousine versprochen war). Als ich 14 wurde, hat mein Vater gemeint, er würde jetzt um die Hand meiner Cousine (seine Nichte) für mich anhalten, weil sie mir ja sowieso versprochen ist. Ich habe meinen Eltern gesagt, dass ich die Entscheidung ihnen überlasse und dann gingen sie zu meinem Onkel väterlicherseits und machten unsere Beziehung, dann offiziell. Ich war damals sehr jung. Ich wusste nicht einmal, was es heißt, verheiratet zu sein. Wir wurden verlobt, vier Monate danach lief das Mädchen mit einem anderen Burschen namens XXXX weg.

R: Wie hat der Onkel väterlicherseits mit vollen Namen geheißen?

BF: XXXX .

R: Was war das für ein Onkel als Nachbar?

BF: Rechts von uns.

R: Welche Himmelsrichtung? Sie gehen in eine Schule.

BF: Rechts.

R: In welche Himmelsrichtung?

BF: Nördlich von uns.

R: Wie hat dieser Onkel seinen Lebensunterhalt bestritten?

BF: Er hat auch in der Landwirtschaft gearbeitet und seinen Lebensunterhalt damit verdient.

R: Wie viel Kinder hat dieser Onkel?

BF: Er hat zwei Söhne und drei Töchter.

R: Wie heißen die zwei Söhne von ihm?

BF: XXXX und XXXX.

R: Wie alt sind die beiden?

BF: Sie sind älter, zwischen 25 und 30 Jahren, genau weiß ich das nicht.

R: Leben die bei Ihrem Onkel?

BF: Damals schon, jetzt weiß ich es nicht.

R: Wohnten die alle in einem Haus?

BF: Dort sind die Häuser anders. Es ist ein Innenhof und dort gibt es mehrere Häuser. Die Häuser sind mit den Mauern miteinander verbunden.

R: Sind die beiden Cousins verheiratet?

BF: Ja.

R: Wie bestreiten die beiden Cousins ihren Lebensunterhalt?

BF: Das weiß ich nicht. Einer von ihnen, der Älteste, XXXX , hat ein Geschäft in unserem Dorf gehabt. Der andere hatte damals die Universität besucht.

R: Welches Geschäft hat dieser XXXX in Ihrem Dorf gehabt?

BF: Ein Lebensmittelgeschäft.

R: War das das einzige Lebensmittelgeschäft im Dorf?

BF: Nein, dort gibt es viele, zehn bis zwölf.

R: Hat er sein Lebensmittelgeschäft auf einem Markt gehabt?

BF: Nein, einfach ein ganz normales Geschäft.

R: Wie weit war das von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Zu Fuß sechs bis sieben Minuten.

R: Hat er das Geschäft alleine betrieben?

BF: Ja.

R: Sie haben gesagt, man hat das dann offiziell gemacht. Was heißt das, man hat das dann offiziell gemacht. Was hat man darunter verstanden?

BF: In Afghanistan ist es Brauch, dass man zur Familie der Braut geht und ihr ein Tuch über den Kopf zieht. Man gibt dann der Familie des Bräutigams Süßigkeiten. Das heißt symbolisch, dass sie meine Frau ist.

R: Sie haben zuerst gesagt, Sie hätten überhaupt nicht gewusst, was heiraten heißt, Sie waren aber schon 14 Jahre alt. Was heißt das?

BF: Ich habe nur soweit verstanden, dass wir, so wie meine Mutter und mein Vater Mann und Frau werden.

R: Wann waren Sie bei der Familie dort?

BF: In diesem Jahr. Wir wurden verlobt und vier Monate später ist das Mädchen weggelaufen.

R: Meine Frage war, wann waren Sie dort. Das ist ein einschneidender Tag? Wann waren Sie dort?

BF: Meine Eltern sind dorthin gegangen. Es war in der Nacht. Das Datum kann ich Ihnen nicht sagen. Ich glaube, XXXX war das.

R: Wann XXXX ?

BF: Ich kannte mich damals mit den Jahreszeiten nicht aus.

R: In welchem Jahr war das Ihrem Kalender nach?

BF: Ich kannte mich damals nicht aus.

R: Wie viel Klassen haben Sie in Afghanistan besucht.

BF: Sechs Klassen, aber ich war klein. Damals habe ich mich nicht ausgekannt.

R: Jetzt waren Ihre Eltern dort. Was ist dann passiert, nachdem Ihre Eltern dort waren?

BF: Wir wurden verlobt. Vier Monate später ist sie mit einem anderen Burschen wegelaufen.

R: Wie heißt die Mutter dieses Mädchen?

BF. XXXX .

R: Wo hat dieses Mädchen gewohnt?

BF: Neben uns, sie waren Nachbarn.

R: In welchem Teil des Gebäudes hat das Mädchen gewohnt?

BF: Bei ihren Eltern, rechts von uns.

R: Können Sie mir den Gebäudeteil beschreiben, wo das Mädchen gewohnt hat?

BF: Dort sind die Häuser so, dass es einen Innenhof gibt und die Häuser miteinander verbunden sind. Sie hat in einem dieser Gebäude mit ihren Eltern gelebt.

R: Können Sie mir das näher beschreiben?

BF: Es ist zweistöckig. Das sind so einfache zweistöckige Lehmhäuser.

R: Können Sie mir genau die Räumlichkeiten beschreiben?

BF: Wir sind eine Familie und haben miteinander Kontakt gehabt. Sie hat in diesem Wohnhof in einem dieser Gebäude gelebt.

R: Beschreiben Sie mir das Gebäude, in dem Ihre zukünftige Frau gewohnt hat.

BF: Im ersten Stock gibt es einen Zugang. Rechts und links sind zwei Zimmer. Dahinter befindet sich die Küche und im zweiten Stock gab es ein Gästezimmer.

R: War im zweiten Stock außer einem Gästezimmer noch etwas?

BF: Dort gab es einen Flur, wo man die Schuhe auszieht.

R: Wo hat sich Ihre Verlobte aufgehalten?

BF: Dort, wo alle zusammengesessen sind.

R: Wo war das?

BF: Unten.

R: In welchem Zimmer?

BF: Das weiß ich jetzt nicht. In einem von diesen beiden Zimmern. Einmal in dem einen und einmal in dem anderen Zimmer.

R: Wie alt ist bzw. war Ihre Verlobte?

BF: Sie ist vier oder fünf Monate jünger als ich.

R: Haben Sie Ihre Verlobte gekannt?

BF: Wir sind ja miteinander aufgewachsen.

R: Was heißt das?

BF: Als wir noch kleine Kinder waren, haben wir im Innenhof gespielt. Als wir älter wurden, ist jeder seinen Weg gegangen.

R: Wo ist Ihre Verlobte in die Schule gegangen?

BF: In die Schule, wo ich auch war.

R: Wie hat Ihre Verlobte geheißen?

BF: XXXX .

R: Wie hat die Person geheißen, mit der Ihre Verlobte weggelaufen ist?

BF: XXXX , das habe ich bereits gesagt.

R: Wo hat diese XXXX gewohnt?

BF: In unserem Dorf in XXXX .

R: Wie weit war Ihr Elternhaus von ihm entfernt?

BF: Ca. 20 Minuten.

R: Wie bestreitet der Vater von XXXX seinen Lebensunterhalt?

BF: Man hat nicht genau gewusst, was er macht. Er hat manchmal mit den Taliban Sachen gemacht und manchmal mit der Polizei. Dadurch, dass er einer der Ältesten im Dorf war, hat jeder Angst vor ihm gehabt.

R: Wie viele Weißbärtige hat es in Ihrem Dorf gegeben?

BF: Jedes Haus hatte einen Ältesten, aber auf Dorfebene waren drei.

R: Wie haben die drei geheißen?

BF: XXXX , den Nachnamen weiß ich nicht mehr, XXXX , und den dritten weiß ich nicht. Man hat den dritten XXXX genannt, aber wie er tatsächlich heißt, weiß ich nicht.

R: Wie hat XXXX seinen Lebensunterhalt bestritten?

BF: Das weiß ich nicht. Ich habe keine Ahnung.

R: Jetzt ist Ihre Verlobte mit diesem XXXX durchgebrannt. Was ist dann passiert?

BF: Als ich nach Hause kam, waren meine Eltern, meine Mutter traurig. Zuerst haben sie nichts gesagt, danach haben sie gesagt, dass XXXX mit XXXX geflüchtet sei. Ich habe mich in meiner Ehre gekränkt gefühlt, da sie ja "in meinem Namen gemacht war". Ich dachte, dass der Bursche das Mädchen zu sich nach Hause gebracht hat. Ich ging zu der Haustüre des Burschen und klopfte an der Tür. Er kam nicht, sondern sein Vater. Ich habe seinen Vater gefragt, warum er ( XXXX ) mit XXXX geflüchtet sei. Daraufhin schupfte mich sein Vater weg und sagte: "Na und, er hat das gut gemacht. Was geht dich das an?"

R: Sie haben gesagt, dass Sie damals noch klein waren. Wie beschreiben Sie denn diesen Vater von XXXX ?

BF: Er ist ein großer kräftiger Mann. Als er mich schubst, fragte ich ihn, warum er mich geschubst hat.

R: Wie kann ich mir den Vater von XXXX vorstellen?

BF: Er ist ca. 1,75 m groß. Er hat einen dicken Bauch. Er ist dick und seine Haare waren ein wenig grau.

R: Wie alt war er?

BF: Ca. 50 oder etwas über 50. Als er mich geschubst hat, hat er gesagt: "Verschwinde, ansonsten schlage ich dich." Als ich gesehen habe, dass er mich schlagen wird, wusste ich nicht, was ich sonst tun soll. Deshalb nahm ich einen Stein, der dort lag und habe ich ihn damit beworfen. Ich traf ihn am Kopf.

R: Wie er das zu Ihnen gesagt hat, wie weit waren Sie von ihm entfernt?

BF: Seine Hand konnte zu mir reichen. Ich habe dann ca. einen Meter Abstand genommen, um diesen Stein zu nehmen.

R: Was wollten Sie damit machen, als Sie diesen Stein genommen haben?

BF: Ich wollte mich nur wehren. Ich wollte ihn mit etwas bewerfen, damit er abgelenkt ist und ich flüchten kann.

R: Hat er Sie geschlagen?

BF: Er wollte mich schlagen, aber ich habe ihn dann mit dem Stein beworfen.

R: Was war das für ein Stein?

BF: Ein ganz normaler Stein.

R: Beschreiben Sie mir den Stein. Es gibt keinen normalen Stein.

BF: Steine sind Steine. Ich kann mich an die Farbe des Steines nicht erinnern. Es war einfach ein Stein.

R: Dann beschreiben Sie mir bitte den Stein von der Form und von der Größe her.

BF: Er war rundlich. Er war nicht so groß.

R: Wie groß war er?

BF: Er war so groß wie ein Pingpong-Ball.

R: Er war so groß wie ein Ball, den man beim Tischtennis-Spielen nimmt?

BF: Ja.

R: Wo haben Sie diesen Stein gefunden?

BF: Er lag dort. Wir standen vor seiner Haustüre und der Stein lag vor der Türe.

R: Was ist dann passiert, nachdem Sie diesen Stein gefunden haben. Wenn Sie mir das genau beschreiben.

BF: Ich nahm den Stein. Ich wollte ihn damit ablenken, damit ich flüchten

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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