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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der M in F, vertreten durch Dr. Remigius Etti, Rechtsanwalt in Brunn am Gebirge, Leopold Gattringerstraße 40, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 4. September 1997, Zl. RV/0297 - 08/04/97, betreffend u.a. den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1994 und 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerde ist strittig, ob die Bezüge der zu 65 % am Stammkapital der Beschwerdeführerin (im folgenden auch: B GmbH) beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführerin (im folgenden auch: Frau B) für die Jahre 1994 und 1995 in die Beitragsgrundlage zur Bemessung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen sind. Streitpunkt bildet die Frage, ob die Gesellschafter-Geschäftsführerin als eine an Kapitalgesellschaften beteiligte Person im Sinne des § 22 Z. 2 EStG 1988 nach § 41 Abs. 2 FLAG (in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 1993/818) als Dienstnehmer anzusehen ist.
Der zwischen der Gesellschafter-Geschäftsführerin und der Beschwerdeführerin abgeschlossene Geschäftsführer-Vertrag enthält folgende Bestimmungen:
"I. Der Vertrag zwischen der B GmbH und Frau B wird auf unbestimmte Zeit, jedenfalls aber für die Dauer der Funktion von Frau B als Geschäftsführerin der B GmbH abgeschlossen. Er kann beiderseits nur unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist mit Ende des Geschäftsjahres aufgekündigt werden.
II. Frau B ist seit 1.10.94 Geschäftsführerin der B GmbH, sie übernimmt den kaufmännischen Bereich der Geschäftsleitung. Für Teilbereiche kann sie geeignete Mitarbeiter heranziehen bzw. sich vertreten lassen, jedoch wird von ihr erwartet, daß sie rechtzeitig alle notwendigen Handlungen setzt bzw. Entscheidungen trifft, um den Erfolg der Gesellschaft sicherzustellen. Die Geschäftsführerin ist an keine bestimmte Arbeitszeit gebunden. Sie hat die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages zu beachten und unterliegt den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung, im übrigen ist sie an keinerlei Weisungen gebunden.
III. Für ihre Tätigkeit erhält Frau B Geschäftsführerbezüge wie folgt:
a) eine Jahresvergütung von S 338.000 (dreihundertachtunddreißigtausend)
b) je nach wirtschaftlichem Erfolg der Gesellschaft entscheidet die Gesellschafterversammlung, ob und in welcher Höhe eine zusätzliche Erfolgsprämie an die Geschäftsführerin ausbezahlt wird, bei Verlusten kann der Jahresbezug auch gekürzt werden.
Bei Abwesenheit (Urlaub, Krankheit) von mehr als 5 Wochen insgesamt pro Jahr reduziert sich das Jahresentgelt anteilsmäßig. Die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (GSVG) trägt die B GmbH Für eine ordnungsgemäße Besteuerung ihrer Bezüge hat Frau B selbst zu sorgen."
Eine mit Vorhaltsbeantwortung vom 31. Oktober 1996 abgegebene Tätigkeitsbeschreibung für die Gesellschafter-Geschäftsführerin lautet wie folgt:
"1. Schilderung der Tätigkeit
Die Geschäftsführerin setzt alle notwendigen Handlungen, die im Zuge der Führung der B GmbH anfallen. Soweit sie die Tätigkeiten nicht selbst durchführt, kann sie auch jederzeit an Dienstnehmer der Gesellschaft delegieren oder nach Gutdünken externe Firmen mit der Durchführung der Arbeiten betrauen.
Aufgrund der Betriebsgröße konzentriert sich die Geschäftsführerin auf die Kontrolle der Arbeitsergebnisse der Mitarbeiter. Sie stellt sicher, daß die Buchhaltung und interne Kostenrechnung richtig und rechtzeitig erstellt wird. Die Auswertungen werden teilweise unter ihrer Mitwirkung erledigt, mit der Erstellung der Buchhaltung ist jedoch eine eigene Mitarbeiterin betraut.
Der Leistungsgrad der Mitarbeiter in der Werkstatt wird durch die Geschäftsführerin laufend geprüft. Wenn hier in einzelnen Fällen Minderleistungen auftreten, greift sie sofort ein und klärt dies mit dem jeweiligen Mitarbeiter.
Auch im Verkauf gibt es entsprechende Vorgaben, deren Einhaltung überwacht wird. Werden die Ziele nicht erreicht, leitet die Geschäftsführerin Gegenmaßnahmen ein (z.B. Werbeoffensive).
2. Die Geschäftsführerin hat selbstverständlich die Möglichkeit zur Delegierung ihrer Aufgaben bzw. kann auch Hilfskräfte beiziehen, wenn sie dies für erforderlich hält.
3. Die Geschäftsführerin darf jedoch unternehmensspezifische Daten nicht zum Schaden der Gesellschaft an Andere weitergeben.
4. Die Heranziehung von Hilfskräften erfolgt laufend. Für die laufende Erfolgskontrolle benötigt die Geschäftsführerin die laufende Aufarbeitung der betrieblichen Daten. Die Aufarbeitung hat sie an die Buchhalterin delegiert. Die täglichen Überweisungen werden auch durch eine Hilfskraft vorbereitet. Die Geschäftsführerin wickelt dann die Zahlungen über die Bank ab.
5. Die Entlohnung erfolgt aufgrund des Geschäftsführervertrages. Das dort bestimmte Jahresentgelt wird in monatlichen Teilbeträgen ausbezahlt. Sonstige Bezüge bestehen keine, sie ist jedoch berechtigt, das Firmenauto für Privatfahrten zu benutzen. Die Entlohnung ist insoweit erfolgsabhängig, als die Gesellschafterversammlung im Falle eines entsprechenden Gewinnes eine zusätzliche Erfolgsprämie beschließen kann. Im Falle von Verlusten muß die Geschäftsführerin jedoch mit einer Kürzung ihrer Bezüge rechnen.
6. Die im Zuge der Tätigkeit der Geschäftsführerin anfallenden Reisekosten und sonstigen Auslagen trägt die Gesellschaft.
7. + 8. Der Urlaubsanspruch einschließlich krankheitsbedingte Abwesenheit beträgt 5 Wochen. Bei Überschreiten wird der Bezug entsprechend gekürzt.
9. Eine Kündigung ist zum Jahresende unter Einhaltung einer 6-monatigen Frist möglich.
10. Die Geschäftsführerin ist nicht an eine bestimmte Arbeitszeit gebunden. Die Qualität ihrer Leistung wird am Erfolg der Gesellschaft gemessen.
11. Ihr Arbeitsort befindet sich regelmäßig am Sitz der Gesellschaft. Aufgrund der Vielfältigkeit ihrer Aufgaben besteht für die Geschäftsführerin kein bestimmter Arbeitsplatz. Dieser wechselt je nach Erfordernis.
12.
Die Bezüge unterliegen der GSVG.
13.
Die Bezüge werden als Einkünfte aus selbständiger Arbeit der Einkommensteuer unterzogen."
In der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu lesen, gemäß § 22 Z. 2 EStG 1988 fielen unter die Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt würden. Für die Frage, ob "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" gegeben seien, sei der Umstand der Beteiligung an der GmbH auszublenden und eine auf Grund der Beteiligungsverhältnisse fehlende Weisungsgebundenheit fiktiv hinzuzudenken. Sodann sei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses gegeben seien. Im Beschwerdefall sei von einem "Schulden der Arbeitskraft" der Geschäftsführerin gegenüber der Beschwerdeführerin auszugehen, weil sich diese verpflichtet habe, der GmbH ihre Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit zur Verfügung zu stellen. Die für ein Dienstverhältnis charakteristische persönliche Arbeitsleistung bestehe im konkreten Fall darin, dass die Geschäftsführerin das Unternehmen leite und zusätzlich operativ im Betrieb tätig sei (lt. Geschäftsführervertrag obliege der Geschäftsführerin der kaufmännische Bereich der Geschäftsleitung). Da es sich bei der vereinbarten Tätigkeit um ein Dauerschuldverhältnis und nicht um ein Zielschuldverhältnis handle, könne auch dem Argument nicht gefolgt werden, wonach die Geschäftsführerin nicht ihre Arbeitskraft, sondern einen Erfolg schulde. Davon zu unterscheiden sei der Umstand, dass die Geschäftsführerin durch ihre Arbeitskraft den Erfolg der Gesellschaft wesentlich beeinflusse, "was aber jeder Art von leitender Tätigkeit immanent ist". Weiters sei festzuhalten, dass bei Abwesenheiten bis zu fünf Wochen (Urlaub oder Krankheit) eine Weiterzahlung des Entgelts erfolge und der Geschäftsführervertrag nur unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist mit Ende des Geschäftsjahres aufgekündigt werden könne. Auch liege eine faktische Eingliederung der Geschäftsführerin bei Erfüllung der ihr übertragenen Tätigkeitsbereiche in den betrieblichen Ablauf vor, und zwar sowohl in zeitlicher, örtlicher als auch in organisatorischer Hinsicht. So stellten die Führung der Dienstnehmer und die Besorgung des Tagesgeschäftes zeitliche Rahmenbedingungen dar, die auch die Wahl des Arbeitsplatzes bestimmten. Wesentlich für die Feststellung einer "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisenden Beschäftigung" sei die Frage, ob der Geschäftsführer in dieser Eigenschaft ein Unternehmerrisiko zu tragen habe. Dieses Kriterium zeige sich insbesondere in den Ausprägungen "Erfolg/Einnahmen" und "Ausgaben". Der Geschäftsführerin stünde eine Entlohnung in Form einer Jahresvergütung zu. Laut Vorhaltsbeantwortung werde diese Jahresvergütung in monatlichen Teilbeträgen ausbezahlt. Die vereinbarte Erhöhung oder Kürzung der Bezüge durch die Gesellschafterversammlung je nach Gewinn oder Verlust der Gesellschaft stelle eine bei Führungskräften nicht unübliche Leistungskomponente dar. Dass zudem Aufwendungen der Geschäftsführerin von der Beschwerdeführerin ersetzt würden (Reisekosten und sonstige Auslagen trage die Gesellschaft), spreche ebenfalls gegen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse (die Geschäftsführerin schulde ihre Arbeitskraft, werde ohne Unternehmerrisiko sowie bei regelmäßiger Gehaltsgewährung tätig und sei auch - obwohl auf Grund des Beteiligungsausmaßes nicht weisungsgebunden - in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert) sei die Einbeziehung ihrer Gehälter und sonstigen Vergütungen in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag bzw. Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu Recht erfolgt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. November 1996, 96/15/0094, ausgeführt, § 41 Abs. 2 FLAG sei in gleicher Weise wie § 2 Kommunalsteuergesetz dahingehend auszulegen, dass der Verweis auf § 22 Z. 2 EStG 1988 den zweiten Teil (Teilstrich 2) der letztgenannten Bestimmung erfasse.
Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 leg. cit. sind dann gegeben, wenn, unterstellt man die auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung fehlende Weisungsgebundenheit, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ein Dienstverhältnis vorliegt. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn, neben dem Vorliegen weiterer Merkmale, die für ein Dienstverhältnis sprechen, wie etwa laufende Gehaltsauszahlung, den wesentlich Beteiligten kein Unternehmerrisiko trifft (siehe dazu insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1996, 96/15/0121, sowie die Erkenntnisse vom 26. November 1996, 96/14/0028 und vom 28. Oktober 1997, 97/14/0132).
In der Beschwerde wird geltend gemacht, im Geschäftsführervertrag sei ein Ersatz von Reisekosten und sonstigen Auslagen nicht vorgesehen und das Tragen von Auslagen sei "sehr wohl Ausdruck der Mitbeteiligung des Geschäftsführers am Unternehmerrisiko". Bei diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin die im Verwaltungsverfahren erstattete Vorhaltsbeantwortung vom 31. Oktober 1996, in der ausdrücklich davon die Rede ist, dass die im Zuge der Tätigkeit der Geschäftsführerin anfallenden Reisekosten und sonstigen Auslagen von der Beschwerdeführerin getragen werden. Im Geschäftsführervertrag ist dazu auch noch geregelt, dass die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung seitens der Beschwerdeführerin geleistet werden. Mit der der Aktenlage nicht entsprechenden Behauptung der Kostentragung durch die Geschäftsführerin kann die Beschwerdeführerin somit nichts für ihren Standpunkt gewinnen. Der belangten Behörde ist auch darin zuzustimmen, dass leistungsbezogene Entlohnungssysteme durchaus auch bei Dienstverhältnissen, zumal bei Arbeitnehmern in leitender Position, üblich sind (vgl. etwa in diesem Sinn die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1992, 88/14/0115, vom 30. November 1993, 89/14/0300, und vom 25. Oktober 1994, 90/14/0184). Dass die Entlohnung der Geschäftsführerin nur vom Eintreten eines Erfolges ihrer Tätigkeit abhängig gewesen wäre, ist eine erstmals in der Beschwerde vertretene Ansicht, die in der Aktenlage keine Deckung findet (so ist im Geschäftsführervertrag neben einer betraglich von vornherein festgelegten Jahresvergütung von S 338.000,-- nur eine allfällige zusätzliche Erfolgsprämie vorgesehen).
Die Delegierung von Arbeit und die Heranziehung von Hilfskräften ist beim leitenden Führungspersonal eine nicht unübliche Vorgangsweise. Der Hinweis in der Beschwerde, da die Beschwerdeführerin einen weiteren Geschäftsführer habe, bestehe die "Möglichkeit, sich in vollem Umfang vertreten zu lassen", besagt noch nicht, dass die Geschäftsführerin die ihr
lt. Geschäftsführervertrag obliegenden Verpflichtungen nicht grundsätzlich persönlich auszuüben hatte. Die in der Beschwerdeschrift nicht erwähnte lt. Geschäftsführervertrag vorgesehene Zahlung des Jahresentgeltes auch für eine maximal 5-wöchige Abwesenheit wegen Urlaubs oder Krankheit durfte die belangte Behörde als Merkmal eines Dienstverhältnisses werten.
Das bloß allgemein behauptete Risiko einer Bezugskürzung bei einer Verlustsituation bildet ebensowenig ein unternehmerspezifisches Risiko, wie eine Kürzung der Bezüge bei einer negativen allgemeinen Wirtschaftsentwicklung. Da im Beschwerdefall einkommensteuerrechtlich keine nichtselbständigen Einkünfte vorliegen (Einkünfte iSd § 22 Z.2 Teilstrich 2 EStG 1988 werden nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs.2 EStG 1988 erzielt, siehe nochmals das oben zitierte Erkenntnis 96/15/0121), und damit auch keine steuerliche Begünstigungsmöglichkeit für einen 13. und 14. Monatsbezug besteht, ist es nicht von wesentlicher Bedeutung, dass die Auszahlung der Geschäftsführervergütung (wie ansonsten bei Dienstverhältnissen üblich) "nicht in 14 Teilbeträgen" erfolgt ist. Eine laufende Gehaltsauszahlung durfte die belangte Behörde bei Zahlung der vereinbarten Jahresvergütung in monatlichen Teilbeträgen annehmen.
Die Beschwerde zeigt damit insgesamt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Sie war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Februar 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997150175.X00Im RIS seit
01.06.2001