TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/15 W264 2178065-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.04.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W264 2178065-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle Wien, vom 3.10.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte im Mai 2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) und legte medizinische Befunde bei.

2. Die belangte Behörde holte nach Aufforderung, ein aktuelles Reinton-Audiogramm vorzulegen, zur Überprüfung des Antrages

Sachverständigengutachten ein:

* Sachverständigengutachten auf Grundlage der Aktenlage Dris. XXXX ,

Facharztes für HNO, vom 6.9.2017: Funktionseinschränkung "Taubheit rechts bei normalem Hörvermögen links", Dauerzustand, mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 20 von Hundert (in der Folge vH);

* Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Facharzt für Orthopädie, vom 29.9.2017 nach Untersuchung am 26.9.2017: Funktionseinschränkung "Zustand nach Stabilisierung L4/5", Dauerzustand, mit einem Grad der Behinderung iHv 20 vH

* Zusammenfassendes Gutachten Dris. XXXX vom 2.10.2017, mit dem Gesamtgrad der Behinderung von 20 vH

3. Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer das Zusammenfassende Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 2.10.2017 gemeinsam mit dem nunmehr bekämpften Bescheid.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH fest.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde und legte der Beschwerde ärztliche Befunde bei.

Die belangte Behörde legte den bezughabenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) zur Entscheidungsfindung vor und langte dieser am 28.11.2017 ein.

6. In dem vorgelegten Fremdakt liegen folgende Beweismittel ein:

* Arztbrief des XXXX über eine Untersuchung am 21.7.2017

* Befundbericht Dris. XXXX vom 23.11.2017, wonach sich der BF seit 9.11.2017 do. in Behandlung befindet

* Ton- und Sprachaudiogramm des HNO Dr. XXXX vom 11.10.2017

* Befundbericht der Gruppenpraxis XXXX GmbH vom 17.11.2017

* Krankenhausaufenthaltsbestätigung des KAV vom 21.10.2016

* Implantatnachweis des XXXX vom 20.10.2016 (zweimalig einliegend)

* Leihvereinbarung Neuroth vom 10.11.2017 (zweimalig einliegend)

* Entlassungsbrief XXXX und Aufenthaltsbestätigung vom 22.10.2016 und 21.10.2016

* Röntgenbefund XXXX vom 9.1.2017

* Audiometriebefund Dris. XXXX vom 4.3.2016

* Befund MRT Gehirnschädel, Diagnosezentrum XXXX , 4.5.2016

7. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes holte das BVwG Sachverständigengutachten ein.

7.1. Das BVwG befasste mit Auftrag vom 28.5.2018 eine Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie.

Ihr wurde mitgeteilt, dass im Verfahren vor der belangten Behörde die Begutachtung durch einen Facharzt für Orthopädie sowie durch einen Facharzt für HNO erfolgte und beim Beschwerdeführer auf Basis eines zusammenfassenden Gutachtens durch den Facharzt für Orthopädie vom 2.10.2017 (am 3.10.2017 vidiert) ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. auf Grund der Leiden "Taubheit rechts bei normalem Hörvermögen links" sowie "Zustand nach Stabilisierung L4/5" festgestellt wurde und im Rahmen der Beschwerde dieser unter anderem einen Befundbericht von Dr. XXXX , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin vom 23.11.2017, beigelegt war.

Die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie wurde daher um Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens basierend auf der Aktenlage ersucht und hingewiesen, dass insbesondere der Befundbericht vom 23.11.2017 maßgeblich ist.

Es wurde ersucht, Nachfolgendes zu beurteilen bzw. Stellung zu nehmen (nach der Einschätzungsverordnung):

1) Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung (GdB) für jede festgestellte Gesundheitsschädigung

Medizinisch exakte Bezeichnung der festgestellten Gesundheitsschädigung

Gewählte Position, wobei auf die Begründung der Wahl der Position besonders zu achten ist

Zu Grunde gelegter Rahmensatz, wobei auf die Begründung der Einschätzung des GdB innerhalb des Rahmensatzes besonders zu achten ist

2) Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Sollte aus gutachterlicher Sicht eine nochmalige persönliche Untersuchung für erforderlich erachtet werden, so wurde die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie ersucht, dies dem Bundesverwaltungsgericht mit Vorschlägen von für Sie passenden Terminen umgehend mitzuteilen, sodass das Gericht die Ladung veranlassen kann.

Sollte aus gutachterlicher Sicht die Beiziehung weiterer Sachverständiger aus anderen Teilbereichen der Medizin für erforderlich erachtet werden, so wurde die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie ersucht, dies dem Bundesverwaltungsgericht umgehend mitzuteilen.

Die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. XXXX wurde auf die Neuerungsbeschränkung hingewiesen, wonach ab 28.11.2017 (Einlangen der Beschwerdevorlage im Bundesverwaltungsgericht) keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden dürfen.

7.1.2. Die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie erstattete ihr Gutachten vom 6.7.2018 auf Basis der Aktenlage (es folgt ein Auszug):

Bild kann nicht dargestellt werden

7.1.3. Sowohl das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. XXXX vom 6.7.2018 als auch eine Abschrift des Auftrags vom 28.5.2018 wurden dem BF sowie an die belangte Behörde mit Erledigung vom 18.7.2018 ins Parteigehör übermittelt mit der Möglichkeit, binnen vier Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben.

Die Zustellung an den BF ist laut unbedenklichem Rückschein RSa durch persönliche Übernahme am 23.7.2018 ausgewiesen. Eine Stellungnahme unterblieb.

7.2. Das BVwG befasste mit Auftrag vom 17.9.2018 den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde befassten Facharzt für HNO Dr XXXX .

Der Facharzt für HNO wurde mit der Erstellung einer ergänzenden Stellungnahme beauftragt (im erstinstanzlichen Verfahren erstellte er bereits ein Aktengutachten, worin er zum Ergebnis kam, dass beim Beschwerdeführer eine Taubheit rechts bei normalem Hörvermögen links vorliegt, Positionsnummer 12.02.01, Grad der Behinderung 20 vH). Der Facharzt für HNO wurde darüber informiert, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren ein Tonaudiogramm vom 11.10.2017 vorlegte und wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass im bisherigen Verfahren folgende Gutachten eingeholt wurden:

* Gutachten Dris. XXXX vom 29.9.2017 nach pers. Untersuchung

* Gutachten Dris. XXXX vom 6.9.2017

* Gutachten Dris. XXXX vom 6.7.2018

Der Facharzt für HNO wurde ersucht, zu beurteilen, ob dieser vorgelegte Befund eine abweichende Beurteilung vom bisherigen Ergebnis bedingt.

7.2.1. Der Facharzt für HNO erstattete sein Gutachten vom 7.10.2018 auf Basis der Aktenlage (es folgt ein Auszug):

Bild kann nicht dargestellt werden

7.2.2. Sowohl das Gutachten des Facharztes für HNO Dr. XXXX vom 7.10.2018 als auch eine Abschrift des Auftrags vom 17.9.2018 wurden dem BF sowie an die belangte Behörde mit Erledigung vom 17.10.2018 ins Parteigehör übermittelt mit der Möglichkeit, binnen vier Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben.

Die Zustellung an den BF ist laut unbedenklichem Rückschein RSa durch persönliche Übernahme am 24.10.2018 ausgewiesen. Eine Stellungnahme unterblieb.

7.3. Das BVwG befasste mit Auftrag vom 3.1.2019 den Allgemeinmediziner Dr. XXXX mit der Zusammenfassung der bisherigen Gutachten.

Dr. XXXX wurde darin darauf hingewiesen, dass im Verfahren vor der belangten Behörde die Begutachtung des BF durch einen Facharzt für HNO sowie in weiterer Folge durch Dr. XXXX erfolgte und wurde er auch auf das beide Gutachten in einem zusammenfassenden Gutachten "Gesamtbeurteilung" am 2.10.2017 Zusammengefasste (Grad der Behinderung von 20 vH auf Grund der Leiden "Taubheit rechts bei normalem Hörvermögen links" sowie "Zustand nach Stabilisierung L4/5") und den vom Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgelegten Befundbericht von Dr. XXXX & Dr. XXXX , Fachärzte für Orthopädie, vom 17.11.2017 hingewiesen.

Dr. XXXX wurde auch das Gutachten Dris. XXXX vom 6.7.2018 zur Kenntnis gebracht und auch das Gutachten Dris. XXXX l vom 7.10.2018, da der Beschwerdeführer vorbrachte "sehr schwerhörig, fast taub" zu sein.

Daher erging an Dr. XXXX der Auftrag um Erstellung eines zusammenfassenden allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens in Form einer Gesamtbeurteilung. Er wurde gebeten, für den Fall, dass aus gutachterlicher Sicht die Beiziehung weiterer Sachverständigen aus anderen Teilbereichen der Medizin bzw. - etwa im Hinblick auf den Beschwerdepunkt "extrem starke Rückschmerzen wegen der Operation, die ich gehabt habe" eine persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers für erforderlich erachtet werden sollte, dies dem Bundesverwaltungsgericht in dem zusammenfassenden Gutachten mitzuteilen.

7.3.1. Der Allgemeinmediziner erstattete das zusammenfassende Gutachten vom 5.2.2019 auf Basis der Aktenlage (es folgt ein Auszug):

Bild kann nicht dargestellt werden

Bild kann nicht dargestellt werden

Zu dem vorgelegten Befundbericht von Dr. XXXX & Dr. XXXX , Fachärzte für Orthopädie, vom 17.11.2017, führte Dr. XXXX aus:

"In diesem Befundbericht wird ein Zustand nach Fusionsoperation L5/L4 am 17. Oktober 2016 bei Bandscheibenvorwölbung L2 bis L4 sowie Osteochondrosen L4 bis S1 bei Bakerzyste rechts angeführt. Konservative Therapiemaßnahmen werden verordnet. Im orthopädischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX nach persönlicher Untersuchung am 26. September 2017 ist eine mäßiggradige Einschränkung der Lendenwirbelsäule bei unauffälliger Funktion der Halswirbelsäule dokumentiert. Die Einschätzung der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule bei Zustand nach operativem Vorgehen, welche der Befundbericht von Dr. XXXX und Dr. XXXX dokumentiert, erfolgte im Sachverständigengutachten Dris. XXXX auf Basis der objektivierbaren funktionellen Einschränkungen nachvollziehbar und adäquat. Im Befundbericht von Dr. XXXX und Dr. XXXX beschriebenen degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule führen zu keiner Änderung der Einschätzung hinsichtlich Position Nr. 2.

Dokumentiert im orthopädischen Befund von Dr. XXXX und Dr. XXXX ist eine Bakerzyste im Bereich des rechten Kniegelenks. Die Bakerzyste im Bereich des rechten Kniegelenks erreicht keinen Behinderungsgrad, da maßgebliche Einschränkungen der Funktion des rechten Kniegelenks laut orthopädischen Sachverständigengutachten nicht bestehen. Beschrieben in diesem Sachverständigengutachten sind seitengleich freibewegliche Kniegelenke sowie ein hinkfreies und insges unauffälliges Gangbild.

Die laut Beschwerdeschreiben vom 25. November 2017 vom Beschwerdeführer angeführten "extrem starken Rückenschmerzen wegen Operation" wurden von nervenärztlicher Seite unter Position "Schmerzsyndrom der Wirbelsäule" berücksichtigt.

Es besteht Dauerzustand. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich"

7.3.2. Sowohl das Zusammenfassende Gutachten Dris. XXXX vom 5.2.2019 als auch eine Abschrift des Auftrags vom 3.1.2019 wurden dem BF sowie an die belangte Behörde mit Erledigung vom 14.2.2019 ins Parteigehör übermittelt mit der Möglichkeit, binnen vier Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben.

Die Zustellung an den BF ist laut unbedenklichem Rückschein RSa durch persönliche Übernahme am 19.2.2019 ausgewiesen. Eine Stellungnahme unterblieb.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 31.5.2017 bei der belangten Behörde ein.

1.2. Der BF ist ein Staatsbürger Syriens. Dem BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.1.2014 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.3. Beim BF sind die folgenden voraussichtlich länger als sechs

Monate andauernden Funktionseinschränkungen vorhanden:

Leiden 1: Taubheit rechts, geringgradige Hörstörung links,

Leiden 2: Zustand nach Stabilisierung der Lendenwirbel L4/L5,

Leiden 3: reaktiv depressive Verstimmung,

Leiden 4: Schmerzsyndrom der Wirbelsäule,

Leiden 5: Benzidazepin- und Opioidabhängigkeit.

1.4. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 % (30 vH).

Es besteht Dauerzustand.

Die unter Leiden 2 bis Leiden 5 dokumentierten Funktionsbeeinträchtigungen des BF wirken mit dem führenden Leiden 1 (Taubheit rechts und geringgradige Hörstörung links) nicht maßgeblich wechselseitig negativ zusammen und erhöhen nicht weiter.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die unter II.1.1. getroffene Feststellung basiert auf dem unbedenklichen unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Fremdaktes.

2.2. Die unter II.1.2. getroffenen Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Flüchtlingseigenschaft, zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des BF im Inland basieren auf dem im vorgelegten Fremdakt einliegenden Bescheid des BFA vom 14.1.2014, Zahl XXXX , und auf dem eingeholten unbedenklichen Auszug aus dem Zentralen Melderegister, wonach der BF seit XXXX .2016 an der Adresse XXXX Wien, XXXX , hauptwohnsitzlich gemeldet ist.

2.3. Die unter II.1.3. und II.1.4. getroffenen Feststellungen gründen auf den vom BVwG eingeholten Sachverständigengutachten und auf dem von der belangten Behörde eingeholten orthopädischen nSachverständigengutachten. Es sind dies die folgenden:

* Gutachten des FA für Orthopädie Dr. XXXX vom 29.9.2017 auf Basis persönlicher Untersuchung am 26.9.2017

* Gutachten der FA für Neurologie und Psychiatrie Dr. XXXX vom 6.7.2018 auf Basis der Aktenlage

* Gutachten des bereits von der Behörde befassten FA für HNO Dr. XXXX vom 7.10.2018 auf Basis der Aktenlage

* Zusammenfassendes Gutachten des Allgemeinmediziners Dr. XXXX vom 5.2.2019 auf Basis der Aktenlage.

In diesen vier Gutachten wird auf die Art der Leiden des BF und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die zuvor genannten medizinischen Sachverständigen setzen sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen - basierend auf den bereits im Fremdakt vorliegenden Sachverständigenbeweisen und basierend auf den vom BF beigebrachten Beweismitteln seiner niedergelassenen Ärzte und behandelnden Krankenanstalten (einliegend im vorgelegten Fremdakt) sowie das orthopädische Gutachten, welches auf persölicher Untersuchung und auf der Anamnese des BF basiert - entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Die allgemeinmedizinische Gesamtbeurteilung Dris. XXXX vom 2.10.2017 - auf welche sich der bekämpfte Bescheid stützt - schätzt das Leiden 1 (darin bezeichnet als "Taubheit rechts bei normalem Hörvermögen links) unter die Position der Einschätzungsverordnung 12.02.01. ein und stuft dieses mit einem Grad der Behinderung von 20% (20 vH) ein.

Im Unterschied zu der seitens der belangten Behörde eingeholten allgemeinmedizinische Gesamtbeurteilung Dris. XXXX ist das Leiden 1 "Taubheit rechts, geringgradige Hörstörung links" nach Untersuchung durch Dr. XXXX ebenso nach der Position "12.02.01. Einschränkungen des Hörvermögens" eingeschätzt, jedoch unter Berücksichtigung der im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Beweismitteln "aktuelles Tonaudiogramm vom 11.10.2017, HNO Dr. XXXX " mit einem Grad der Behinderung von 30 vH eingestuft. Aufgrund der vorgelegten Beweismittel Befundbericht Dris. XXXX , FA für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, vom 23.11.2017, und seines Beschwerdevorbringens "extrem starke Rückenschmerzen wegen der Operation, die ich gehabt habe" in Zusammenschau mit dem Befundbericht Dris. XXXX und Dris. XXXX , XXXX GmbH, vom 17.11.2017 und Aufenthaltsbestätigung des XXXX vom 21.10.2016, wurde im gegenständlichen Verfahren seitens des BVwG auch eine medizinische Sachverständige aus dem Fachgebiet Neurologie und Psychiatrie eingebunden, deren Befund und Gutachten nach persönlicher Untersuchung - zusätzliche Funktionsbeeinträchtigungen objektivierte, nämlichen die Leiden 3 bis Leiden 5.

Insgesamt berücksichtigen der behördlich beigezogene Sachverständige Dr. XXXX in seinem Gutachten vom 29.9.2017 auf Basis der Untersuchung des BF und die drei von dem BVwG beigezogenen medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX in ihrem Gutachten vom 6.7.2018 auf Basis der Aktenlagen, Dr. XXXX in seinem Gutachten vom 7.10.2018 auf Basis der Aktenlage und Dr. XXXX in seinem zusammenfassenden Gutachten vom 5.2.2019 das Beschwerdevorbringen des BF und die von ihm in diesem Zusammenhang vorgelegten medizinischen Befunde.

Die geänderte Beurteilung des als führend anzusehenden Leiden 1 wirkt sich erhöhend auf den Gesamtgrad der Behinderung aus, da der BF nunmehr einen Gesamtgrad der Behinderung von 30% (30 vH) anstelle von bisher 20% (20 vH) aufweist.

Die beigezogenen Sachverständigen Dr. XXXX , Dr. XXXX und Dr. XXXX gehen in den oben genannten Gutachten ausführlich auf sämtliche Beschwerdegründe und die vorgelegten Beweismittel des BF ein und wurden diese Sachverständigengutachten dem BF jeweils mit Rückscheinen RSa zur Kenntnis gebracht. Der BF übernahm das Gutachten Dris. XXXX am 23.7.2018, das Gutachten Dris. XXXX am 24.10.2018 und das Gutachten Dris. XXXX am 19.2.2019.

Zu keinem dieser Gutachten langte im Parteigehör eine Stellungnahme des BF ein. Somit ist der BF den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX , Dr. XXXX und Dr. XXXX infolge unterbliebener Äußerung nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Einem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, steht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes frei, das im Auftrag der Behörde oder des Gerichts erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (VwGH 27.6.2000, 2000/11/0093).

Seitens des BVwG bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten aus der Feder der Sachverständigen Dr. XXXX , Dr. XXXX und Dr. XXXX . Deren Gutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Ad A) Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen."

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

"Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

..."

Da der gegenständliche Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses nach dem 1.9.2010 (Inkrafttreten der Einschätzungsverordnung) gestellt wurde, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einzuschätzen war und blieb dies in der Beschwerde auch unbestritten.

Betreffend die bei dem BF sachverständig festgestellten vorliegenden Leiden wird auf die obige Beweiswürdigung verwiesen und ist zu den jeweiligen beim BF vorhandenen Funktionseinschränkungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 Folgendes zu entnehmen:

ad Leiden 1 "Taubheit rechts, geringgradige Hörstörung links":

12.02. Hörorgan

Bild kann nicht dargestellt werden

Für die als "Leiden 1" diagnostizierte Funktionsbeeinträchtigung sieht die Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position 12.02.01. in einer Tabelle einen Rahmensatz vor und wurde der Grad der Behinderung dieses Leidens von einem FA für HNO unter Zugrundelegung der Einschätzungsverordnung mit 30% (20 vH) eingeschätzt, welcher das Ergebnis der Einschätzung des Rahmensatzes entsprechend § 2 Abs 3 der Einschätzungsverordnung begründete.

Dieses Leiden und dessen fachärztliche Einschätzung wurden von dem allgemeinmedizinischen Sachverständigen in deren zusammenfassenden Gutachten vom 5.2.2019 der Gesamtbeurteilung des Gesamtgrades der Behinderung zu Grunde gelegt.

ad Leiden 2 "Zustand nach Stabilisierung L4/5":

Allgemeine einschätzungsrelevante Kriterien: Beweglichkeit und Belastbarkeit - den allgemeinen Kriterien der Gelenksfunktionen, der Funktionen der Muskel, Sehen, Bänder und Gelenkskapsel sind gegenüber den alleinigen Messungen des Bewegungsradius eine stärkere Gewichtung zu geben. Entzündungsaktivität (Schmerzen, Schwellung). Bei radiologischen Befunden ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant. Ausmaß der beteiligten Gelenke, Körperregionen und organische Folgebeteiligung.

Bild kann nicht dargestellt werden

Eine weitere sachverständig festgestellte Funktionsbeeinträchtigung des BF ist "Zustand nach Stabilisierung L4/5" (Leiden 2).

Hierfür sieht die Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position 02.01.01. einen Rahmensatz von 10% bis 20% vor.

Der Grad der Behinderung dieses Leidens wird von dem bereits von der belangten Behörde beigezogenen orthopädischen Sachverständigen Dr. XXXX mit 20% (20 vH) festgestellt und das Ergebnis der Einschätzung des Rahmensatzes entsprechend § 2 Abs 3 der Einschätzungsverordnung durch den medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX begründet: der obere Rahmensatz gelangt zur Anwendung, da mäßige Beweglichkeitseinschränkung an der LWS ohne neurologisches Defizit gegeben ist.

ad Leiden 3 "reaktiv depressive Verstimmung":

Bild kann nicht dargestellt werden

Für die sachverständig festgestellte Funktionsbeeinträchtigung des BF "reaktiv depressive Verstimmung" sieht die Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position 03.06.01. einen Rahmensatz von 10% bis 40% vor.

Der Grad der Behinderung dieses Leidens wird von der gerichtlich beigezogenen Sachverständigen Dr. XXXX mit 20% (20 vH) festgestellt und das Ergebnis der Einschätzung des Rahmensatzes entsprechend § 2 Abs 3 der Einschätzungsverordnung durch die medizinische Sachverständige begründet.

Es wird eine Stufe über dem unteren Rahmensatz angewendet, da die Verstimmung medikamentös in der Einstellungsphase befindlich ist und noch keine stationären Aufenthalte erfolgt sind.

ad Leiden 4 "Schmerzsyndrom der Wirbelsäule":

Bild kann nicht dargestellt werden

Für die sachverständig festgestellte Funktionsbeeinträchtigung des BF "Schmerzsyndrom der Wirbelsäule" sieht die Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position 04.11.01. einen Rahmensatz von 10% bis 20% vor.

Der Grad der Behinderung dieses Leidens wird von der gerichtlich beigezogenen Sachverständigen Dr. XXXX mit 20% (20 vH) festgestellt und das Ergebnis der Einschätzung des Rahmensatzes entsprechend § 2 Abs 3 der Einschätzungsverordnung durch die medizinische Sachverständige begründet: die Einstufung mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz erfolgt, da das Schmerzsyndrom mit opioidhältigen Analgetika behandelbar ist.

ad Leiden 5 "Benzodiazepin- und Opiodabhängigkeit":

Bild kann nicht dargestellt werden

Für die sachverständig festgestellte Funktionsbeeinträchtigung des BF "Benoidazepin- und Opioidabhängigkeit" sieht die Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position 03.08.01. einen Rahmensatz von 10% bis 40% vor.

Der Grad der Behinderung dieses Leidens wird von der gerichtlich beigezogenen Sachverständigen Dr. XXXX mit 20% (20 vH) festgestellt und das Ergebnis der Einschätzung des Rahmensatzes entsprechend § 2 Abs 3 der Einschätzungsverordnung durch die medizinische Sachverständige begründet: es gelangt eine Stufe über dem unteren Rahmensatz zur Anwendung, da chronischer Gebrauch ohne erfolgreiche Entzugstherapie vorliegt.

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein Grad der Behinderung von 50 vH oder mehr vorliege, sodass dem BF ein Behindertenausweis auszustellen wäre. Es ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass der nunmehr in Höhe von 30 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche.

Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.7.2009, 2007/11/0088; VwGH 22.1.2013, 2011/11/0209 mwN).

Wie oben in der Beweiswürdigung ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung die unter II.2.3. genannten Sachverständigengutachten zu Grunde gelegt.

Der die Zusammenfassung der drei Gutachten aus der Feder eines FA für Orthopädie, eines FA für HNO und einer FÄ für Psychiatrie und Neurologie vornehmende allgemeinmedizinische Sachverständige stellt in diesem Sachverständigengutachten fest, dass eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung zwischen dem führenden Leiden 1 und den übrigen Leiden (Leiden 2 bis Leiden 5) wegen fehlender maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz nicht besteht, sodass die Leiden 2 bis Leiden 5 das führende Leiden 1 nicht erhöhen.

In dem als Beweismittel vorgelegten Befundbericht Dris. XXXX und Dris. XXXX vom 17.11.2017 wird ein Zustand nach Fusionsoperation L5/L4 am 17. Oktober 2016 bei Bandscheibenvorwölbung L2 bis L4 sowie Osteochondrosen L4 bis S1 bei Bakerzyste rechts angeführt und wurden konservative Therapiemaßnahmen verordnet. Im orthopädischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX nach persönlicher Untersuchung am 26.9.2017 - somit nach der Fusionsoperation L5/L4 - ist eine mäßiggradige Einschränkung der Lendenwirbelsäule bei unauffälliger Funktion der Halswirbelsäule dokumentiert. Die Einschätzung der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule bei Zustand nach operativem Vorgehen, welche der Befundbericht von Dr. XXXX und Dr. XXXX dokumentiert, erfolgte im Sachverständigengutachten Dris. XXXX auf Basis der objektivierbaren funktionellen Einschränkungen nachvollziehbar und adäquat. Im Befundbericht von Dr. XXXX und Dr. XXXX beschriebenen degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule führen zu keiner Änderung der Einschätzung hinsichtlich Position Nr. 2.

Dokumentiert im orthopädischen Befund von Dr. XXXX und Dr. XXXX ist eine Bakerzyste im Bereich des rechten Kniegelenks. Die Bakerzyste im Bereich des rechten Kniegelenks erreicht keinen Behinderungsgrad, da maßgebliche Einschränkungen der Funktion des rechten Kniegelenks laut orthopädischen Sachverständigengutachten nicht bestehen. Beschrieben sind in diesem Sachverständigengutachten seitengleich freibewegliche Kniegelenke sowie ein hinkfreies und insges unauffälliges Gangbild.

Die im Beschwerdeschreiben vom 25.11.2017 vorgebrachten "extrem starken Rückenschmerzen wegen Operation" wurden von der gerichtlich beigezogenen Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie in dem nunmehr neu aufgenommenen Leiden 3 "Schmerzsyndrom der Wirbelsäule" berücksichtigt.

Es ergibt sich somit ein Gesamtgrad der Behinderung von 30% (30 vH).

Die vom BF im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Befunde und seine vorgebrachten Beschwerdegründe waren geeignet, das Leiden 1 betreffend eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes zu belegen und waren die vom BF vorgelegten medizinischen Beweismittel "aktuelles Tonaudiogramm vom 11.10.2017, HNO Dr. XXXX ", "Befundbericht Dris. XXXX , FA für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, vom 23.11.2017", sein Beschwerdevorbringen "extrem starke Rückenschmerzen wegen der Operation, die ich gehabt habe" in Zusammenschau mit dem "Befundbericht Dris. XXXX und Dris. XXXX , XXXX GmbH, vom 17.11.2017" geeignet, die zusätzlichen Dauerleiden Leiden 3 bis Leiden 5 zu belegen.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 vH sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde, in welchem das orthopädische Gutachten Dris. XXXX einliegt, XXXX den vom BVwG eingeholten medizinische Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten HNO, Psychiatrie & Neurologie sowie Allgemeinmedizin (siehe unter II.2.3.). Die eingeholten Gutachten gehen auf alle Einwendungen und alle im gesamten Verfahren vorgelegten Beweismitteln in fachlicher Hinsicht ein. Infolge unterbliebener Rückmeldung im Parteigehör ist diesen der BF nicht substantiiert entgegengetreten.

Die strittige Tatsachenfrage, genauer die Art und das Ausmaß der Funktionseinschränkungen des BF sind einem Bereich zuzuordnen, der von einem Sachverständigen zu beurteilen ist.

Weder der BF, noch die Amtspartei haben die Durchführung der mündlichen Verhandlung begehrt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Ad Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W264.2178065.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten