TE Bvwg Beschluss 2019/4/15 W226 2148131-6

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.04.2019
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Entscheidungsdatum

15.04.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W226 2148131-6/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. WINDHAGER im Verfahren über die durch mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.03.2019, Zl. 732234004-190288561 erfolgte Aufhebung des faktischen

Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX , StA: Russische

Föderation:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im Jahr 2003 unrechtmäßig nach Österreich ein und stellte am 25.07.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.12.2009 wurde ihm gemäß § 7 Asylgesetz 1997 Asyl gewährt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des versuchten schweren gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls nach den §§ 15, 127, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 130 letzter Fall Strafgesetzbuch - StGB sowie wegen des Vergehens des unbefugten Führens einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe nach § 50 Abs. 1 Z. 1 Waffengesetz 1996 zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, wovon ein Teil von 13 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Auf Grund dieser Verurteilung wurde der BF bis XXXX in Strafhaft angehalten.

3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster, zweiter und dritter Fall und Abs. 3 Suchtmittelgesetz - SMG sowie wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach den §§ 12 dritter Fall StGB und 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 2 Z. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, wovon ein Teil von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen hat der BF von Anfang 2012 bis Anfang April 2013 begangen.

Auf Grund dieser Verurteilung wurde der BF bis XXXX in Strafhaft angehalten.

4. Am 19.08.2014 stellte der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses, welcher mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.03.2015 abgewiesen wurde. Eine Zustellung dieses Bescheides an den BF war nicht möglich, da sein Aufenthaltsort weder bekannt noch feststellbar war. Auf Betreiben des Bundesamtes wurde mit Beschluss eines Bezirksgerichtes vom XXXX ein Abwesenheitskurator für den BF bestellt.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.11.2015 wurde dem BF der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 2005 - AsylG aberkannt und festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Der Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dem BF nicht zuerkannt und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gleichzeitig wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist und gegen ihn ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid wurde dem Abwesenheitskurator des BF zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

6. Am 20.11.2016 erließ das Bundesamt gemäß § 34 Abs. 3 Z. 2 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG einen den BF betreffenden Festnahmeauftrag, da er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und im Bundesgebiet untergetaucht war.

7. Mit Schreiben vom XXXX teilte das Ministerium für innere Angelegenheiten der Russischen Föderation dem Bundesamt mit, dass der BF als Staatsangehöriger der Russischen Föderation identifiziert worden sei und seiner Rückübernahme zugestimmt werde.

8. Der BF wurde am 09.02.2017 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und am selben Tag vom Bundesamt zur Anordnung der Schubhaft einvernommen. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass er Österreich nicht verlassen habe, da er nicht nach Russland zurückkehren wolle. Er wohne seit fünf Monaten in einer von ihm gemieteten Wohnung, habe sich dort jedoch nicht angemeldet. Er besitze derzeit kein Geld und finanziere seinen Lebensunterhalt kurzfristig durch eine Beschäftigung, die er jedoch wegen seines abgelaufenen Passes verloren habe. Derzeit beziehe er Sozialhilfe. Er sei geschieden und für zwei Töchter sorgepflichtig. Wo seine Töchter wohnen könne er nicht angeben, da ihm die Adresse von seiner Ex-Gattin nicht bekannt gegeben werde. Er zahle für die Kinder keine Alimente und habe sie vor ca. zwei Monaten das letzte Mal gesehen. Er treffe seine Töchter ca. alle zwei Monate an öffentlichen Orten oder in der Wohnung einer Freundin seiner Ex-Gattin. Abgesehen von seinen Kindern habe er keine Angehörigen in Österreich. Eine Schwester und zwei Brüder befänden sich in Russland.

Die Unterschrift wurde vom BF verweigert.

9. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.02.2017 wurde über den BF Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme dieses Bescheides wurde vom BF verweigert. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.02.2017 abgewiesen und gleichzeitig wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

10. Am 21.02.2017 stellte der BF einen Antrag auf Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z. 1 FPG, der mit Bescheid des Bundesamts vom 04.03.2017 abgewiesen wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.06.2017 abgewiesen.

11. Der BF wurde am XXXX begleitet auf dem Luftweg in die Russische Föderation abgeschoben.

12. Am 19.08.2017 wies sich der BF in Ungarn im Zuge eines Grenzübertrittes mit einem von 29.07.2017 bis 29.07.2022 gültigen russischen Reisepass sowie einer Österreichischen Karte für subsidiär Schutzberechtigte aus.

13. Am 18.09.2018 wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Österreich aufgegriffen, gemäß § 40 BFA-VG festgenommen und dem Bundesamt zur Einvernahme vorgeführt.

14. Der BF wurde am 18.09.2018 vom Bundesamt unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Russisch zur beabsichtigten Anordnung der Schubhaft einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er in Tschetschenien wie ein Obdachloser gelebt habe und nicht nach Russland zurückkehren wolle. Er wisse, dass gegen ihn ein Einreiseverbot vorliege, er verfüge über keine Dokumente, da er seinen Reisepass nach Hause geschickt habe. Er sei ca. vor einem Jahr alleine illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe bei verschiedenen Leuten Unterkunft genommen, wobei er sich an die Adressen nicht erinnere und die Namen der Personen nicht bekannt geben wolle. Behördlich habe er sich nicht gemeldet, da er illegal in Österreich sei. Er besitze kein Geld und arbeite bei einer bosnischen Firma für Fenster- und Türmontage. Er sei geschieden und habe zwei Töchter, zu denen er jedoch keinen Kontakt habe, da das seine Ex-Frau nicht zulasse. Im Bundesgebiet befänden sich zwei Cousinen, seinen Geschwister leben in Tschetschenien. Effekten habe er nicht einzuholen.

Die Unterfertigung der Niederschrift wurde vom BF verweigert.

15. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.09.2018 wurde über den BF Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme des Bescheides wurde vom BF verweigert. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

16. Seit XXXX liegt eine Zustimmung der russischen Behörden zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF vor, die entsprechenden Verbalnoten wurden jedoch noch nicht übermittelt.

17. Das Bundesamt führte am 16.10.2018, 13.11.2018, 11.12.2018, 07.01.2018 und 04.02.2019 Schubhaftprüfungen durch. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2018 wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

18. Am XXXX urgierte das Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF.

19. Das Bundesamt legte am 07.02.2019 den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur neuerlichen Prüfung der Verhältnismäßigkeit dem Bundesverwaltungsgericht vor.

20. Das Bundesamt teilte am 14.02.2019 mit, dass die Zustimmung der Botschaft der Russischen Föderation zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates nunmehr vorliege und die Abschiebung des BF organisiert werden könne.

21. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.02.2019 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

22. Am 07.03.2019 erfolgte neuerlich eine Aktenvorlage seitens des Bundesamtes an das Bundesverwaltungsgericht zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG betreffend den im Spruch bezeichneten BF.

Anlässlich der Aktenvorlage teilte das Bundesamt mit, dass die Abschiebung des BF nunmehr für den XXXX organisiert worden sei und die Abschiebung des BF somit durchgeführt werden könne. Das Bundesamt führte des Weiteren aus, dass im Schubhaftbescheid die Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit und die Nichtanwendung des gelinderen Mittels entsprechend begründet worden seien. Der BF sei einem Einreiseverbot zuwiderhandelnd illegal nach Österreich zurückgekehrt und habe sich im Verborgenen aufgehalten. Es sei damit zu rechnen, dass der BF jede Möglichkeit nützen würde, um unterzutauchen, um sich der drohenden Abschiebung in die Russische Föderation zu entziehen. Der Sicherungsbedarf sei somit noch immer gegeben.

II. Gegenständlicher Folgeantrag:

Am 21.03.2019 stellte der BF nunmehr aus dem Stande der Schubhaft heraus den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der erfolgten Erstbefragung schilderte der BF, dass er sich von Mitte 2018 bis Mitte Oktober 2018 nach seiner Abschiebung in der Russischen Föderation aufgehalten habe, seit Oktober 2018 sei er wieder in Österreich.

In Russland und in Tschetschenien sei seine Sicherheit nicht gewährleistet, sein Leben sei dort in Gefahr. Nach der letzten Abschiebung nach Russland seien Polizisten zu ihm nach Hause gekommen und hätten seiner Schwester eine Ladung für ihn übergeben. Er selbst sei nach der Abschiebung gar nicht nach Tschetschenien gereist, aber die russischen Behörden hätten offensichtlich die tschetschenischen Behörden über seine Ankunft informiert. Vor der Entlassung am Flughafen in XXXX sei ihm mitgeteilt worden, dass der FSB über seine Ankunft informiert worden sei. Aus diesem Grund habe er sich zur erneuten Flucht entschlossen. Im Fall der Rückkehr würde er von den Tschetschenen gefoltert und getötet werden. Er habe ja zugegeben, den tschetschenischen Kämpfern geholfen zu haben.

Am 25.03.2019 wurde der BF durch die belangte Behörde niederschriftlich zum Folgeantrag einvernommen. Der BF führte aus, in der Lage zu sein, der Einvernahme zu folgen, er sei nicht in ärztlicher Behandlung und nehme auch keine Medikamente. Er könne eine Ladung von der Polizei vorlegen, dass er sofort bei der Polizei erscheinen müsse, diese habe die Schwester zu ihm geschickt, sie habe es der Gattin nach Österreich geschickt.

Dem BF wurde vorgehalten, dass er nur eine Kopie einer angeblichen Ladung vorlegen könne, zudem sei augenscheinlich bei der Jahreszahl etwas ausgebessert worden. Der BF wurde gefragt, welches Jahresdatum seiner Meinung nach auf der Ladung befindlich sei und vermeinte er, dass es das Jahr 2017, das Jahr seiner Abschiebung sein müsse. Nach der Abschiebung habe der FSB seine Daten nach Tschetschenien geschickt. Er habe im Jahr 2010 bekannt gegeben, dass er den tschetschenischen Widerstandskämpfern geholfen habe.

Darüber hinaus verwies darauf, dass er zwei Kinder in Österreich habe, er nannte deren Namen, das Geburtsdatum konnte er nicht nennen. Er sei von der Kindesmutter längst geschieden, er habe zuletzt 500 Euro für die Kinder an Unterhalt überwiesen, als er das letzte Mal gearbeitet habe.

Der BF schilderte, dass ein Freund für ihn ein - gefälschtes - österreichisches Visum organisiert habe, damit er arbeiten könne. Er sei dann festgenommen worden, befinde sich seit fast sieben Monaten in Schubhaft. Auf die Frage, ob die Behörde recht in der Annahme gehe, dass es sich um ein gefälschtes Visum gehandelt habe, antwortete der BF: "Ja".

Er sei im Jahr 2017 von Österreich abgeschoben worden, nach sechs Monaten sei er wieder nach Österreich zurückgekehrt. Dann hätten ihn verschiedene Freunde unterstützt. In der Heimat würden noch zwei Brüder und eine Schwester leben, die Eltern seien bereits verstorben. Die Geschwister könnten ohne Probleme dort leben, hätten sie Probleme, hätten sie Tschetschenien schon verlassen. Nach der Abschiebung habe er sich sechs Monate lang in Russland aufgehalten, er habe versteckt gelebt. Bei der Rückkehr seien am Flughafen seine Daten kontrolliert worden, nach einigen Stunden sei er freigelassen worden. Dem BF wurde vorgehalten, dass er erst sechs Monate nach Anhaltung in Schubhaft den gegenständlichen Folgeantrag stelle, das vorgelegte Dokument sei offensichtlich manipuliert. Der BF antwortete darauf, dass man im Fernsehen sehe, dass man in Tschetschenien nicht frei reden dürfe, es gebe dort keine Freiheit. Er sei ein moderner Muslim, kein Terrorist, kein Bandit.

Im Anschluss an diese Einvernahme hob das BFA den faktischen Abschiebeschutz des Betroffenen gemäß § 12a Absatz 2 Asylgesetz mit mündlich verkündetem Bescheid vom 25.03.2019 auf. Dies wurde im Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme vom 25.03.2019 dokumentiert. Die belangte Behörde gab den Verfahrensgang wieder, insbesonders auch die strafrechtlichen Verurteilungen des BF. Gegen diesen würde seit 2015 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot für die Dauer von sechs Jahren bestehen. Der BF sei letztmalig am XXXX in den Herkunftsstaat abgeschoben worden. Der BF sei wieder illegal eingereist und habe sich dann ein Jahr illegal im Bundesgebiet aufgehalten und habe erst sechs Monate nach Verhängung der Schubhaft den Folgeantrag gestellt.

Zu den Gründen für die neuerliche Antragstellung führte die belangte Behörde aus, dass es dem BF möglich gewesen sei, einen russischen Reisepass ausgestellt zu bekommen. Wäre der BF tatsächlich von Bedeutung für die russischen Behörden, wäre er sofort am Flughafen festgenommen worden, nachdem dies nicht erfolgt sei, müsse die erkennende Behörde zwingend davon ausgehen, dass die vorgebrachte Verfolgung einzig und allein einem Gedankenkonstrukt entspringe.

Die belangte Behörde führte weiters aus, dass der BF erst ein halbes Jahr nach Verhängung der Schubhaft einen Folgeantrag gestellt habe. Wäre er tatsächlich im Heimatland gefährdet, hätte er sicherlich bereits kurz nach der neuerlichen illegalen Einreise in das Bundesgebiet einen neuerlichen Antrag gestellt. Der BF habe sich aber eineinhalb Jahre erneut illegal im Bundesgebiet aufgehalten, bevor er einen Antrag gestellt habe.

Der BF habe zudem ein Dokument vorgelegt, allerdings sei dies nur eine Kopie. Die angebliche Vorladung sei für den XXXX , wobei augenscheinlich die Jahreszahl manipuliert worden sei. Es sei eindeutig zu erkennen, dass die Jahreszahl ausgebessert worden sei und stelle sich die Frage, warum der BF erst im Februar 2019 in den Besitz dieses Schreibens gekommen sein soll. Der BF habe darüber hinaus bei seiner Einvernahme bezüglich Verhängung der Schubhaft mit keinem Wort angegeben, von den heimischen Behörden verfolgt zu werden, es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass ein Asylwerber tatsächlich bestehende Verfolgung verschweige. Es liege somit ein Folgeantrag vor. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass dem BF bei der Rückkehr der Abschiebung in den Herkunftsstaat keine Verletzung seiner Integrität drohe. Die allgemeine Lage, wie auch die persönlichen Verhältnisse hätten sich seit dem Vorverfahren nicht geändert.

Im Verwaltungsakt befindet sich die erwähnte angebliche Kopie einer angeblichen Ladung für XXXX , dabei handelt es sich offensichtlich um ein handschriftlich ausgefülltes Formular, wobei augenscheinlich die Jahreszahl insofern manipuliert wurde, als ursprünglich sich darauf vier Zahlen befinden, nämlich 200 (die Vierte unleserlich) und anstelle der vierten unleserlichen Zahl die Ziffern XXXX darüber handschriftlich vermerkt wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Betroffene ist Staatsbürger der Russischen Föderation. Der Verfahrensgang wurde bereits umfangreich dargestellt.

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet erstmals am 25.07.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er begründete diesen mit seiner Unterstützung des Tschetschenischen Widerstands.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.09.2009 wurde dem BF der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Mit Bescheid des BFA vom 06.11.2015 wurde dieser zuerkannte Status des Asylberechtigten dem BF aberkannt. Zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Die Lage im Herkunftsland des Betroffenen stellt sich gegenüber den im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen im Wesentlichen unverändert dar.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den Betroffenen, sowie durch Einsicht in die hg. Gerichtsakte betreffend die genannten Vorverfahren.

Die Feststellungen zur Person des Betroffenen gründen auf den Angaben des Betroffenen in dem Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz sowie das Aberkennungsverfahren.

Die Feststellungen zum ersten Antrag auf internationalen Schutz, zu dessen Erledigung sowie zum damaligen Vorbringen des Betroffenen ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des BFA und dem Gerichtsakt des AsylGH.

Die Rechtskraft der Entscheidung des BFA vom 06.11.2015, mit welchem der Status des Asylberechtigten aberkannt wurde ist gegeben. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung gab es durch den Beschluss des BG XXXX vom XXXX einen Abwesenheitskurator, an welchen die Entscheidung zugestellt wurde. Ein Rechtsmittel wurde nicht eingebracht.

Dass es sich bei den im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Behauptungen und vorgebrachten Rückkehrbefürchtungen des Betroffenen nicht um einen Sachverhalt handelt, der erst nach Beendigung des Verfahrens betreffend Aberkennung des Asylstatus verwirklicht wurde, ergibt sich aus dem Umstand, dass das Vorbringen zu den Problemen mit der Rückkehr nicht glaubhaft ist.

Die Wirksamkeit der Zustellung der genannten Entscheidung des BFA vom 06.11.2015 ergibt sich auch daraus, dass in der Zwischenzeit fünf Entscheidungen betreffend Schubhaft ergangen sind und sämtliche bisher damit befassten Gerichtsabteilungen des BVwG keinen Anlass gefunden haben, an der Rechtskonformität der Zustellung dieser Entscheidung zu zweifeln.

Was das nunmehrige Vorbringen betreffend die Ereignisse in der Russischen Föderation nach der Rückkehr betrifft, kann auch das erkennende Gericht nicht nachvollziehen, warum der BF nach eigenen Angaben relativ kurze Zeit nach der ersten Abschiebung mit einem gefälschten Visum nach Österreich gelangt sein will und dann in weiterer Folge jedoch offensichtlich untergetaucht ist. Warum der BF in weiterer Folge nicht sofort wieder Asyl beantragt hat, haben sich doch nach seinen nunmehrigen Behauptungen wesentliche Neuerungen ergeben, kann nicht nachvollzogen werden. Tatsächlich findet sich im Verwaltungsakt eine niederschriftliche Einvernahme des BF vom 18.09.2018, wo dieser nach Festnahme im Bundesgebiet einzig ausführt, dass er nach der Abschiebung "wie ein Obdachloser gelebt" habe. Der BF schildert bei dieser Gelegenheit freimütig, bereits seit einem Jahr illegal in Österreich wieder aufhältig zu sein, er sei nicht behördlich gemeldet, weil er eben illegal da sei, er arbeite bei einer bosnischen Firma. Mit keinem Wort kommt der BF zu diesem Zeitpunkt darauf zu sprechen, dass es neue Fluchtgründe geben würde, dass es Ladungen gegen ihn geben würde, all das hat der BF erst unmittelbar vor der erneuten drohenden Abschiebung bekannt gegeben. Für das erkennende Gericht ist nicht nachvollziehbar, warum der BF mit gefälschtem Visum in das Bundesgebiet einreist, fast ein Jahr lang im Untergrund lebt und einer illegalen Beschäftigung nachgeht und warum der BF nicht zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt die angeblich neuen Fluchtgründe geltend macht.

Auch die Bedenken der belangten Behörde betreffend das vorgelegte Dokument sind völlig gerechtfertigt, handelt es sich bei diesem Vordruck doch offensichtlich nur um eine Kopie, an welcher die Jahreszahl offensichtlich manipuliert wurde und ein Vordruck aus den Jahren 2000 bis 2009 offensichtlich verwendet wurde, um für den BF eine angebliche Ladung für das Jahr XXXX herzustellen. Bei größtmöglicher Phantasie kann auch das erkennende Gericht nicht nachvollziehen, warum Behörden in Tschetschenien einen Vordruck aus dem vorangehenden Jahrzehnt verwenden sollten, um einen angeblich gefährlichen Unterstützer der Rebellen zu einer polizeilichen Befragung zu laden. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde erweist sich auch diesbezüglich als nicht zu beanstanden.

Auch die Feststellungen zum Privat und Familienleben des Betroffenen haben im Wesentlichen, verglichen mit der Entscheidung des BFA vom 06.11.2015 keine Änderung erfahren. Der BF führt diesbezüglich einzig aus, dass er getrennt von seiner geschiedenen ehemaligen Ehegattin lebt, er will einmal 500 Euro an Unterhalt überwiesen haben. Diesem Vorbringen steht die in der Entscheidung vom 06.11.2015 ausgeführte vielfache strafrechtliche Delinquenz des BF entgegen, welche, wie dargestellt, auch zur Erlassung eines sechsjährigen Einreiseverbotes geführt hat. Auch in diesem Spruchpunkt betreffend Einreiseverbot wurde das Privatinteresse des BF - welcher wie dargestellt auch über einen russischen Reisepass verfügte, mit dem er vorangehend freiwillig in die Russische Föderation gereist ist - mit den öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung abgewogen. Auch in den individuellen Verhältnissen des BF hat sich keine maßgebliche Änderung ergeben, dieser schildert selbst vor der belangten Behörde, grundsätzlich gesund zu sein, keine Medikamente zu nehmen und auch nicht in intensiver fachärztlicher Behandlung zu stehen. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung des Betroffenen sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die allgemeine Lage in der Russischen Föderation hat sich seit des rechtskräftigen Abschlusses des Aberkennungsverfahrens im Wesentlichen nicht geändert.

III. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und zum anwendbaren

Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018 zu G 186/2018 ua. wurden verwaltungsgerichtliche Normanfechtungsanträge zur Überprüfung von ua. § 22 Abs. 10 dritter, vierter und fünfter Satz AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 68/2013, sowie gegen § 22 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 68/2013 abgewiesen, im Übrigen wurden die Anträge zurückgewiesen.

3.2. Zu Spruchpunkt A): Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

3.2.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen:

§ 12a AsylG 2005 lautet auszugsweise:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt und

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

...

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und Ausweisungen gemäß § 66 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt werden."

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:

"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch - als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

§ 22 BFA-VG lautet:

"§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.2.2. Daraus folgt für das gegenständliche Verfahren:

Beim Antrag des Betroffenen auf internationalen Schutz vom 21.03.2019 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005, wurde doch der Status des Asylberechtigten rk. mit Bescheid des BFA vom 06.11.2015 aberkannt.

Die Rückkehrentscheidung und das vom BFA erlassene Einreiseverbot wurden somit ebenfalls am 06.11.2015 bzw. mit Zustellung an den Abwesenheitskurator rechtskräftig.

Die Zulässigkeit der Abschiebung ist weiterhin aufrecht, liegt doch ein auf 6 Jahre befristetes Einreiseverbot vor, wodurch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme iSd § 12a (6) AsylG vorliegt.

Eine Prognoseentscheidung ergibt, dass der Antrag des Betroffenen auf internationalen Schutz vom 21.03.2019 voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist: das Vorbringen des BF über neue Fluchtgründe erwies sich als unglaubwürdig.

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344 mwN). Auch diesbezüglich wurden keine entscheidungswesentlichen Sachverhaltsänderungen vorgebracht.

Im vorliegenden Fall gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebung des Betroffenen in der Russischen Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK darstellen würde. Eine Gefährdung iSd Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK wurde vom Betroffenen zu keiner Zeit vorgebracht. Bereits im Aberkennungsverfahren wurde festgehalten, dass der Betroffene bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht (§ 50 FPG). Auch im Folgeverfahren sind keine Risiken für den Betroffenen im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall)

nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände ist vor dem Hintergrund der Feststellungen des BFA jedenfalls zu verneinen.

Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158, mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61.204/09 mwH).

Es sind auch keine erheblichen in der Person des Betroffenen liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Der Betroffene gab in diesem Zusammenhang selbst an, gesund zu sein.

Ebenso wenig sind Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Betroffenen ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Betroffene hat auch solche Umstände weder in der Erstbefragung noch in der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl substantiiert vorgebracht.

Eine besondere Aufenthaltsverfestigung kann unverändert nicht angenommen werden. Es kann daher auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden, wurden doch im Aberkennungsverfahren die öffentlichen Interessen angesichts der Straffälligkeit höher gewertet als die privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet.

Entsprechend den obigen Ausführungen stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Betroffenen in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass die mit mündlich verkündetem Bescheid vom 25.03.2019 ausgesprochene Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig war.

Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W226.2148131.6.00

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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