TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/16 W240 2187523-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.04.2019
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Entscheidungsdatum

16.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a

Spruch

W240 2187523-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.03.2019, Zl. 1121420903-190135455, zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des

angefochtenen Bescheids wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Abs. 1a FPG 2005, § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG 2005 und § § 15b Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 07.02.2019 gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des

§ 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) in Österreich.

2. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 04.07.2016 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

3. Am 05.07.2016 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Wien die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Dabei gab der BF an, afghanischer Staatsangehöriger und Schiit zu sein sowie der Volksgruppe der Hazara anzugehören. Als Fluchtgrund führte er an, dass seine Eltern gemeinsam mit ihm und seinen Geschwistern aufgrund des Krieges und der Krankheit des Vaters aus Afghanistan in den Iran geflüchtet seien. Damals sei er vier Jahre alt gewesen. Den Iran habe er verlassen müssen, da Afghanen dort schlecht behandelt und benachteiligt würden. Sie seien Faschisten. Er fürchte den Krieg in Afghanistan und außerdem sei er Schiit und würde als solcher in Afghanistan schlecht behandelt werden.

4. Am 31.05.2017 verweigerte der BF seine Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

5. Am 16.10.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich (im Folgenden: BFA), einvernommen. Dabei gab der BF an, ledig und kinderlos zu sein und keine Verwandten in Afghanistan zu haben. Alle Verwandten des BF würden im Iran leben. Er selbst sei zwar in Afghanistan geboren, habe Afghanistan aber im Alter von vier Jahren mit seiner Familie verlassen und sei im Iran aufgewachsen. Er habe acht Jahre lang die Schule besucht und seinen Lebensunterhalt als Landarbeiter bestritten. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab er an, dass die Lage in Afghanistan sehr gefährlich sei. Es gebe dort täglich Attentate. Wenn Afghanistan sicher wäre, wäre seine Familie zurückgekehrt. Den Iran habe er verlassen müssen, da er keinen Aufenthaltstitel mehr bekommen habe. Die aktuellen Länderberichte wurden mit dem BF erörtert und ihm die Möglichkeit gegeben dazu Stellung zu nehmen.

Weiters gab der BF an, dass er nur eine Niere habe. Der Spezialist im Iran habe dem BF gesagt, dass er alle sechs Monate eine Kontrolle der Niere durchführen lassen solle. Der BF müsse keine Medikamente einnehmen.

6. Mit Bescheid vom 02.02.2018 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status als Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) gegen ihn erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 2 Wochen/Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.)

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF keine Verfolgung in Afghanistan habe glaubhaft machen können. Er sei im Iran aufgewachsen und habe keine Probleme in Afghanistan. Eine Rückkehr nach Afghanistan sei ihm zumutbar, da sich weder aus seinem Vorbringen noch aus der allgemeinen Situation eine Gefährdungslage im Sinne des § 8 AsylG ergebe. Der BF leide auch an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung. Die Rückkehrentscheidung sei mangels Familienleben in Österreich und mangels Ansatzpunkten für eine besondere Bindung an Österreich zulässig.

7. Am 24.02.2018 erhob der BF, vertreten durch seinen bevollmächtigten Vertreter, gegen sämtliche Spruchpunkte des Bescheides fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Begründung des BFA nicht nachvollziehbar sei. Die Beweiswürdigung bestehe nur aus selektiven Zitaten aus dem Protokoll der Einvernahme und Textbausteinen. Das BFA habe einen großen Teil der Aussagen des BF nicht zur Kenntnis genommen. Der Fall des BF sei in geradezu ostentativ desinteressierter Weise abgehandelt worden ohne auch nur rudimentäre Ermittlungen durchzuführen. Der BF werde in Afghanistan aufgrund seiner Zugehörigkeit zur ethnischen und religiösen Minderheit der Hazara verfolgt. Der BF würde im Falle seiner Rückkehr außerdem aufgrund seiner westlichen Orientierung von islamistischen Terroristen verfolgt werden und auf jeden Fall in Konflikt mit der konservativ-islamischen Gesellschaft Afghanistans geraten. Daraus sei eine politische, wenn nicht auch religiöse Verfolgung zu entnehmen. Sein Heimatstaat sei nicht willig bzw. fähig, ihn vor dieser Verfolgung zu schützen. Die UNHCR-Richtlinien würden bestätigen, dass die Verfolgungssituation des BF glaubwürdig sei.

Zum subsidiären Schutz wurde vorgebracht, dass der BF über kein familiäres oder soziales Netz in Afghanistan verfüge und die Sicherheitslage den Länderberichten zufolge weder unverändert sicher noch stabil sei, da es zu einer steten Zunahme von sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen sei. Dazu wurde auf Berichte mehrerer Quellen verwiesen.

Des Weiteren sei die Behandlung seines Vorbringens zu seinem Privat- und Familienleben unzureichend gewesen. Der bloße Verweis auf die Aufenthaltsdauer könne die Integration des BF in Österreich nicht entkräften. Er habe sich während seines Aufenthaltes intensiv um eine Integration bemüht, die deutsche Sprache in beeindruckendem Ausmaß erlernt und soziale Kontakte geknüpft. Er sei arbeitswillig und -fähig, sowie unbescholten. Im Falle der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung wäre er für die Gebietskörperschaft keinesfalls eine Belastung.

Zusammenfassend wurde festgestellt, dass es dem BFA nicht gelungen sei, die Glaubwürdigkeit des BF und der Asylrelevanz seiner Fluchtgründe nachvollziehbar zu widerlegen. In der Beweiswürdigung sei auf die Fluchtgründe nicht substantiell eingegangen worden, wodurch der Bescheid einen Begründungsmangel aufweise. Da das Vorbringen des BF der Wahrheit entspreche, glaubwürdig und gründlich substantiiert sei, sei ihm Asyl zu gewähren. Allenfalls wäre ihm aufgrund der katastrophalen Sicherheitslage, der fehlenden innerstaatlichen Fluchtalternative und der daraus entstehenden Gefahr einer existenzbedrohenden Lage im Fall einer Rückkehr subsidiärer Schutz zu gewähren oder aufgrund der Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären. Das Verfahren sei mangelhaft, da es die Behörde verabsäumt habe, sich mit der konkreten Situation des BF auseinanderzusetzen und ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen. Daher sei eine rechtliche Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen nicht möglich gewesen.

8. Am 28.02.2018 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

9. Mit Erkenntnis vom 06.04.2018, Zl. W167 2187523-1/5E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde vom 24.02.2018 mit der Maßgabe, dass Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat, als unbegründet ab: "VI. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass der BF afghanischer Staatsangehöriger sei, der Volksgruppe der Hazara und der schiitischen Glaubensrichtung des Islam angehöre, der BF in Afghanistan, in der Provinz XXXX , geboren worden sei und seinen Heimatstaat im Alter von vier Jahren verlassen habe. Weiters, dass der BF bis zu seiner Ausreise gemeinsam mit seiner Familie im Iran gelebt habe, wo seine Familie weiterhin lebe, der BF ledig sei und keine Kinder habe sowie über eine achtjährige Schulbildung und Berufserfahrung als Tischler verfüge. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF nach Kabul ausschließen könnten, hätten nicht festgestellt werden können. Der BF leide an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung.

Die Abweisung der Beschwerde begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass das vom BF dargelegte Fluchtvorbringen (betreffend die ihm drohende Gefahr, in Afghanistan auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religionszugehörigkeit von islamistischen Terroristen verfolgt zu werden) nicht festgestellt werden könne. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass konkret der BF auf Grund der Tatsache, dass er sich in Europa aufgehalten habe und "westlich orientiert" sei bzw. jeder derartige "Rückkehrer" in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt sei bzw. dass er eine solche im Falle seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätte.

Es könne insgesamt nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre. Im Falle einer Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat drohe diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Dem BF stehe eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in der Stadt Kabul zur Verfügung. Der BF sei volljährig, gesund, befinde sich im erwerbsfähigen Alter und sei arbeitsfähig. Er habe eine achtjährige Schulbildung und Arbeitserfahrung als Tischler. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kabul ausschließen könnten, hätten nicht festgestellt werden können. Der BF leide an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung.

Der BF halte sich seit 04.07.2016 in Österreich auf. Er habe keine Familienangehörigen bzw. Verwandten in Österreich. Der BF spreche etwas Deutsch. Er sei bisher in Österreich nicht erwerbstätig gewesen und lebe von der Grundversorgung.

In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass sich das individuelle Vorbringen des BF während des gesamten Verfahrens ausschließlich auf die Situation in im Iran, in den er im Kindesalter gemeinsam mit seiner Familie ausgewandert sei, und wo er vor seiner Ausreise nach Europa gelebt habe, beziehe. In der Erstbefragung habe der BF angegeben, dass er im Iran als Afghane schlecht behandelt und benachteiligt worden sei. In der Einvernahme vor dem BFA habe der BF angegeben an, er habe den Iran verlassen müssen, weil er keinen Aufenthaltstitel mehr bekommen habe, in seine Heimat [Afghanistan] habe er aufgrund der schlechten Sicherheitslage nicht zurückkehren können.

In der Beschwerde habe der BF ausgeführt, dass er in Afghanistan aufgrund seiner westlichen Orientierung und der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara Zielscheibe von Islamisten würde und bei den afghanischen Behörden in einem Fall wie diesem weder Schutzwilligkeit noch Schutzfähigkeit bestehe.

Die Feststellung, dass dem BF auf Grund seines Aufenthalts im Iran und in Europa (und somit dem "westlichen" Ausland) keine konkret gegen ihn gerichtete physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan drohe, ergebe sich ebenso aus dem lediglich allgemein gehaltenen Vorbringen (in der Beschwerde beispielsweise S. 2/19 "Davon abgesehen ist er aufgrund seiner Entwurzelung aus Afghanistan, und seinem jahrelangen Aufenthalt im Iran und in der Folge auch in Österreich in Gefahr, im Falle einer ‚Rückkehr' nach Afghanistan als verwestlicht angesehen zu werden, was ihn zum Ziel islamistischer Terroristen machen würde."), mit dem eine Bedrohung seiner Person im Falle einer Rückkehr nicht hinreichend substantiiert aufgezeigt worden sei.

Im Übrigen sei dem Vorbringen der Verwestlichung entgegen zu halten, dass aus den Länderfeststellungen nicht ableitbar sei, dass eine "westliche" Geisteshaltung bei Männern alleine bereits mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung asylrelevanter Intensität auslösen würde; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genüge jedoch nicht (so z.B. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN). Auch der VwGH verneint in seiner Judikatur eine Vergleichbarkeit solcher Sachverhalte mit seiner Judikatur zum "selbstbestimmten westlichen Lebensstil" von Frauen (vgl. VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0329).

Im Hinblick auf die Volksgruppenzugehörigkeit des BF habe dieser nur pauschal eine Verfolgung in den Raum gestellt. Es ergebe sich jedoch aus den in das Verfahren eingebrachten Länderfeststellungen, dass die in Afghanistan immer wieder bestehende Diskriminierung der schiitischen Hazara und die beobachtete Zunahme von Übergriffen gegen Hazara kein Ausmaß erreichen, das die Annahme rechtfertigen würde, dass in Afghanistan lebende schiitische Hazara wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen und religiösen Minderheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten. Eine Gruppenverfolgung sei auch nicht daraus ableitbar, dass Hazara allenfalls Opfer krimineller Aktivitäten werden oder schwierigen Lebensbedingungen ausgesetzt seien. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gehe davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit Hazara - unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit - nicht dazu führe, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande). Eine asylrelevante Verfolgung des BF wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara lasse sich somit nicht erkennen. Eine individuelle Gefährdung aus politischen oder religiösen Gründen, solchen der Nationalität oder der Rasse sei ebenso wenig ersichtlich beziehungsweise sei nicht dargelegt worden.

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.04.2018, Zl. W167 2187523-1/5E, wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des BF am 11.04.2018 zugestellt und erwuchs in Rechtkraft.

10. Der BF stellte am 16.05.2018 den zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

11. Am 16.05.2018 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Niederösterreich die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Dabei gab der BF an, dass er nicht nach Afghanistan zurückkönne. Er sei zwar in Afghanistan geboren, habe das Land aber mit vier Jahren verlassen und sei im Iran aufgewachsen. In Afghanistan sei er niemals wieder aufhältig gewesen. In Afghanistan herrsche Krieg. Es gebe keine Sicherheit und die Schiiten würden dort getötet. Der BF habe nur eine Niere, im Iran dürften an Afghanen keine Nieren transplantiert werden. Der Vater des BF habe ebenfalls an Nierenproblemen gelitten und sei deshalb auch im Iran verstorben. In Afghanistan würde der BF wegen der Nierenprobleme nicht behandelt werden, da es dort keine medizinische Möglichkeit gebe. Die Gründe für seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz wolle er aufrecht halten.

12. Am 14.06.2018 wurde der BF vor dem BFA einvernommen. Dabei gab der BF an, dass er afghanischer Staatsangehöriger, Hazara und Schiit sei. Er sei ledig und habe keine Kinder. Er habe neun Jahre die Grundschule absolviert und sei zuletzt als Landwirt und Tischler beschäftigt gewesen. Der BF sei gesund und arbeitsfähig. Er habe Nierenprobleme und müsse alle sechs Monate zu einer großen Untersuchung mit Blutabnahme und Sonographie. Der BF habe nur eine Niere und diese habe sich vergrößert. Der Vater des BF habe Nierenprobleme gehabt und im Iran sei eine Nierentransplantation von Afghanen nicht erlaubt. Der Vater des BF sei nach fünf Jahren verstorben. Der BF habe die gleichen Probleme. Er könne im Iran und Afghanistan keine notwendige Nierentransplantation erhalten. Nachdem der Vater des BF im Krankenhaus verstorben sei, habe der BF seinen Aufenthaltstitel in Form eines Dokumentes im Krankenhaus als Pfand hinterlegen müssen. Dann sei der BF im Iran illegal aufhältig gewesen. Er hätte zu jedem Zeitpunkt nach Afghanistan abgeschoben werden können. Der BF habe auch einen Antrag beim iranischen Parlament gestellt, um seinen Aufenthaltstitel zu verlängern. Dieser sei jedoch abgelehnt worden. Im Iran sei es nicht möglich, illegal zu leben. Man werde von der Polizei mitgenommen und in Schubhaft genommen. Wenn man Geld habe, könne man sich freikaufen, ansonsten drohe die Abschiebung.

Befragt, warum der BF im Erstverfahren angegeben habe, gesund zu sein, antwortete er: "Ich bin gesund, ich habe nur Nierenprobleme. Ich habe alle Befunde vorgelegt." Er stehe in Österreich nicht auf einer Liste für eine Nierentransplantation.

Der BF habe keine Angehörigen in Afghanistan, alle seine Angehörigen würden im Iran leben. Der BF stehe mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im Iran in Kontakt.

Der BF habe keine Verwandten in Österreich und lebe mit niemandem in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Der BF habe in Österreich für zwei Wochen vier Stunden am Tag gemeinnützige Tätigkeiten verrichtet und hierfür EUR 4,- pro Stunde erhalten. Er habe in Österreich Straßenreinigungen durchgeführt. Er habe auch ehrenamtlich und unbezahlt in der Landwirtschaft gearbeitet. Der BF bestreite seinen Lebensunterhalt durch die Grundversorgung. Er interessiere sich für Fußball und sei in einer Schauspielgruppe.

Auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, den Antrag des BF wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, gab der BF an, dass er in Afghanistan niemanden habe. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei extrem schlecht. Es gebe täglich Anschläge in Afghanistan. Es würden täglich Menschen in Afghanistan sterben. Dem BF sei gesagt worden, dass es in Kabul sicher sei, doch dann würden im sichersten Viertel, dort wo die Deutsche Botschaft stehe, bei einer Explosion über hundert Menschen sterben. Der BF werde in Afghanistan sterben. Er habe dort keine Unterstützung.

Der BF legte einen Zeitungsartikel und Unterstützungserklärungen vor, denen zu entnehmen ist, dass der BF als Schauspieler bei einer Aufführung im Rahmen des Kulturfestes in XXXX sowie am " XXXX " teilnahm. Weiters legte der BF zwei A1 Deutschkursteilnahmebestätigungen und auszugsweise Berichte von UNAMA vor.

Schließlich legte der BF ein Dokument aus dem Iran vom 07.10.2015 vor, laut dem die " XXXX " ersucht werde, dem "Herrn XXXX .... unleserlich" maximale Hilfeleistung zu veranlassen. Weiters wird erwähnt, dass der verstorbene Vater "der oben erwähnten Person" (=

"Herrn XXXX .... unleserlich") von " XXXX -Spitalskosten" befreit

worden sei. Als Absender des Briefes scheine das Büro des " XXXX " auf.

13. Mit Bescheid vom 02.07.2018, Zl. 1121420903/180462445, wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 16.05.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Das BFA erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte fest, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1a 3 FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III.).

Die Zurückweisung des Antrages begründete das BFA damit, dass der BF keine neuen Fluchtgründe geltend gemacht habe. Er habe nur vorgebracht, dass in Afghanistan Krieg herrsche, es dort keine Sicherheit gebe und Schiiten getötet würden. Es sei weder in der maßgeblichen Sachlage noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen lassen würde, weshalb die Rechtskraft des ergangenen Bescheides vom 02.02.2018, Zl. 1121420903/180462445, dem neuerlichen Antrag entgegenstehe.

Weiters habe der BF vorgebracht, dass er an Nierenproblemen leiden würde und im Iran nicht behandelt werden könne. Abgesehen von den Nierenproblemen sei der BF gesund. Der BF habe keine medizinischen Befunde in das Verfahren eingebracht und sei daher als Person unglaubwürdig. Bis zur Erlassung des Bescheides des BFA vom 02.07.2018 habe der BF keine Befunde bezüglich seines medizinischen Zustandes eingebracht. Seine behaupteten Nierenprobleme würden keinen glaubhaften Kern aufweisen und seien unglaubhaft, da er keine Befunde vorgelegt habe und selbst angegeben habe, gesund zu sein. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass im Falle des BF schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestünden. Den Länderinformationen zu Afghanistan sei zudem zu entnehmen, dass es medizinischen Versorgung in Afghanistan gebe.

Der Entscheidung wurden aktuelle Länderfeststellungen betreffend Afghanistan vom 30.01.2018 zugrunde gelegt. Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens sei festzuhalten, dass der BF über keine familiären bzw. verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Österreich verfüge. Es bestehe im Falle des BF offensichtlich keine besondere Integrationsverfestigung.

14. Gegen den Bescheid vom 02.07.2018 wurde Beschwerde erhoben. Darin wiederholte der BF im Wesentlichen, dass er der Volksgruppe der Hazara angehöre und Schiit sei, aus der Provinz XXXX stamme und Afghanistan im Alter von vier Jahren verlassen habe. Der BF sei im Iran aufgewachsen und habe keinerlei familiären Bezug mehr zu Afghanistan, seine gesamte Familie lebe im Iran. Der BF leide unter Nierenprobleme und habe nur noch eine Niere. Der BF müsse deswegen zur halbjährlichen Kontrolle und es sei auch festgestellt worden, dass die verbliebene Niere bereits vergrößert sei. Der Vater des BF habe dieselben Nierenprobleme gehabt und sei deswegen auch verstorben. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte der BF, dass er aufgrund seiner Nierenerkrankung dasselbe Schicksal erleide, wie sein Vater.

Der BF fügte seiner Beschwerde die folgenden Dokumente an:

-

Entlassungsbrief des Landesklinikums XXXX vom XXXX mit der Diagnose: "Doppelseitige Hernia inguinalis, ohne Einklemmung und ohne Gangrän." Laut Entlassungsbrief sei am XXXX eine Herniotomie re. und Lichtenstein-Repair, Lichtenstein-Repair li. durchgeführt worden, nachdem der BF wegen einer geplanten operativen Sanierung einer Leistenhernie bds. aufgenommen worden sei. Im Zuge der Operation habe sich eine Scrotalhernie in der Größe von 8x4cm gezeigt, hier sei die Herniotomie mit Lichtenstein-Repair erfolgt. Auf der linken Seite habe keine Hernie bzw. kein Bruchsack festgestellt werden können, die Transversalisfascie sei sich stabil gezeigt, es habe eine Augmentation mit ProGrip-Netz erfolgt. Der BF habe in gutem Allgemeinzustand entlassen werden können.

-

Befund der XXXX vom 27.03.2017: "Leistensonographie bds., Zuweisungsdiagnose: Leistenhernie re."

-

Laborbericht vom 19.06.2018 eines auf dem Befund nicht aufscheinenden und namentlich nicht genannten Labors

15. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 16.07.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

16. Am 16.07.2018 übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter des BF dem Bundesverwaltungsgericht einen ärztlichen Befund von XXXX , Facharzt für Urologie, vom 23.05.2017, laut dem der BF am 23.05.2017 zu einer Kontrolluntersuchung erschienen sei, derzeit aber keine Untersuchung machen, sondern ausschließlich einen alten Befund haben wolle. Weiters ist dem ärztlichen Befund folgende Diagnose zu entnehmen:

"Status:

rektal prall ca 30g

U/S Nieren Linke Niere OB

Rechte Niere keine gefunden beim Ultraschall

U/S UB Restharn keiner

Diagnose: BPH EInzell Niere Links

Therapie: keine"

17. Mit Erkenntnis des BVwG Zl. W255 2187523-2/5E vom 17.07.2018 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.07.2018 als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht führte im Erkenntnis insbesondere aus, dass der vom BF am 04.07.2016 gestellte Antrag auf internationalen Schutz mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.04.2018 rechtskräftig abgewiesen worden sei und die durch das BFA gegen den BF erlassene Rückkehrentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden sei; ebenso die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Afghanistan festgestellt worden sei.

Verwiesen wurde darauf, dass der BF am 16.05.2018 den zweiten Antrag auf internationalen Schutz eingebracht habe, welchen er im Wesentlichen damit begründet habe, dass er Angehöriger der Volksgruppe der Hazara sei, in Afghanistan Krieg herrsche und er nur eine Niere habe. Dieser Antrag sei mit Bescheid des BFA vom 02.07.2018 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden und eine Rückkehrentscheidung erlassen worden. Gegen diesen Bescheid habe der BF am 11.07.2018 fristgerecht Beschwerde erhoben. Der BF sei in Afghanistan geboren und habe im Alter von vier Jahren gemeinsam mit seiner Familie Afghanistan verlassen. Der BF sei im Iran gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern aufgewachsen. Seine Familie lebe nach wie vor im Iran. Der BF stehe in regelmäßigem Kontakt mit seiner Familie. Er sei ledig und habe keine Kinder. Der BF habe eine achtjährige Schulbildung und Berufserfahrung als Tischler. Beim BF sei im Juni 2017 in einem österreichischen Landesklinikum eine Herniotomie re. und Lichtenstein-Repair, Lichtenstein-Repair li. Durchgeführt worden, nachdem der BF wegen einer geplanten operativen Sanierung einer Leistenhernie bds. aufgenommen worden sei. Im Zuge der Operation zeige sich eine Scrotalhernie, hier sei die Herniotomie mit Lichtenstein-Repair erfolgt. Auf der linken Seite seien keine Hernie bzw. kein Bruchsack festgestellt worden, die Transversalisfascie zeigte sich stabil und es sei eine Augmentation mit ProGrip-Netz erfolgt. Der BF sei in gutem Allgemeinzustand entlassen worden und habe seither in Zusammenhang mit dieser Operation keine Beschwerden aufgewiesen.

Der BF verfüge nur über eine Niere. Er sei seit Juli 2017 nie wegen etwaiger Nierenprobleme in Behandlung und nehme keine Medikamente. Seine letzte vereinbarte Kontrolluntersuchung bei einem Facharzt für Urologie, am 23.05.2017, sei vom BF verweigert worden. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF aufgrund der Tatsache, dass er nur über eine Niere verfüge, im Alltag eingeschränkt ist bzw. Probleme habe. Er fühle sich selbst gesund. Vom BVwG sei festgestellt worden, dass der BF an keinen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leide, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehe. Der BF lebe aktuell in einer Flüchtlingsunterkunft im Bundesgebiet, beziehe Leistungen aus der Grundversorgung und sei nicht selbsterhaltungsfähig. Er habe zwei Deutschkurse auf A1 Niveau besucht und habe bisher keine Deutschprüfung in Österreich absolviert. Der BF sei in einer Schauspielgruppe aktiv und habt an Theateraufführungen teilgenommen. Der BF verfüge über keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich. Der BF habe seit Rechtskraft seines Erstverfahrens kein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen geltend gemacht. Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz des BF könne ebensowenig festgestellt werden, wie eine maßgebliche Änderung der vom BF bereits im Erstverfahren vorgebrachten Fluchtgründe. Aus den Länderberichten ergebe sich, dass in Afghanistan Medikamente auf jedem Markt erwerblich seien, eine begrenzte Zahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan würden kostenfreie medizinische Versorgung bieten. Abgesehen davon habe der BF selbst erklärt, derzeit keine Medikamente zu nehmen und nicht in Behandlung zu stehen. Seine letzte vereinbarte Kontrolle im Mai 2017 sei von ihm selbst gegenüber seinem Arzt verweigert worden.

Es wurde ausgeführt, dass der BF bereits in seinem ersten Asylverfahren gegenüber dem BFA angegeben habe, nur eine Niere zu haben, jedoch gesund zu sein. Auch im gegenständlichen zweiten Asylverfahren habe der BF angegeben, nur eine Niere zu haben, jedoch gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen. Vom BF sei zwar erstmals im gegenständlichen Verfahren vorgebracht worden, alle sechs Monate zu einer Kontrolluntersuchung gehen zu müssen. Laut dem vom BF selbst vorgelegten ärztlichen Befund eines Facharztes für Urologie, vom 23.05.2017, sei der BF am 23.05.2017 zwar zu einer Kontrolluntersuchung erschienen, habe sich aber geweigert, sich einer Untersuchung zu unterziehen.

Der BF habe erstmals gemeinsam mit seiner Beschwerde vom 11.07.2018 ärztliche Dokumente vorgelegt. Keinem dieser Dokumente sei zu entnehmen, dass der BF seit Juli 2017 in Behandlung gestanden sei, eine Behandlung benötigt habe, derzeit unter Schmerzen oder Beeinträchtigungen leide oder Medikamente einnehme. Es sei ferner darauf hinzuweisen, dass der BF auch schon vor Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.04.2018 (hinsichtlich Asyl und subsidiärem Schutz) angegeben habe, nur eine Niere zu haben und alle vom BF am 11.07.2018 vorgelegten ärztlichen Dokumente vor 02.02.2018 ausgestellt worden seien.

Insoweit habe dem BF auch schon bei rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens (mit Erkenntnis vom 06.04.2018) eine Niere gefehlt. Eine Verschlechterung seines Zustandes habe zum Entscheidungszeitpunkt nicht festgestellt werden können.

Zu dieser Erkrankung sei auszuführen, dass es sich bei dieser weder um eine schwere noch um eine akut lebensbedrohliche oder im Herkunftsstaat nicht behandelbare Erkrankung handle. Die Feststellungen zur familiären Situation des BF würden sich aus einer Abfrage des Zentralen Melderegisters und seinen Angaben im Verfahren ergeben. Dass eine maßgebliche Änderung der vom BF bereits in seinem Vorverfahren vorgebrachten Fluchtgründe nicht festgestellt werden könnten, würde sich aus den Angaben des BF in beiden Verfahren ergeben.

Der BF habe jeweils angegeben, dass in Afghanistan Krieg herrsche und er als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara einer Gefahr ausgesetzt wäre. Der BF habe jedoch ein Vorbringen geltend gemacht, dass bereits die Begründung seiner Bedrohung anlässlich des vorangegangenen Verfahrens über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz gewesen sei. Dieser Antrag sei hinsichtlich der Zuerkennung von Asyl und subsidiären Schutz mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.04.2018 rechtskräftig abgewiesen worden. Ein neues Vorbringen sei vom BF nicht erstattet worden. Der BF habe im gegenständlichen Verfahren zu seiner Bedrohung im Herkunftsstaat somit keinen wesentlich geänderten Sachverhalt vorgebracht. Vielmehr sei zur Begründung des Folgeantrages dieselbe Bedrohung wie im Vorverfahren behauptet worden. Damit habe der BF aber kein neues Vorbringen geltend gemacht, das einer neuerlichen inhaltlichen Überprüfung unterzogen hätte werden müssen

Das Erkenntnis des BVwG erwuchs in Rechtskraft.

18. Verfahren über gegenständlichen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz:

19. Am 17.09.2018 langte bei der Behörde ein Wiederaufnahmeersuchen gem. Art 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO von Deutschland ein. Mitgeteilt wurde, dass der Beschwerdeführer am 13.09.2018 in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

20. Am 07.02.2019 wurde der Beschwerdeführer von Deutschland nach Österreich rücküberstellt. Am selben Tag hat er den gegenständlichen (den zweiten Folgeantrag) Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

21. Anlässlich der Erstbefragung zu gegenständlichen Folgeantrag vom 07.02.2019 gab der Beschwerdeführer an, dass er ab 04. oder 05.09.2018 bis zum 07.02.2019 in Deutschland gewesen sei. Der BF habe auch angegeben, dass sich an den Fluchtgründen nichts geändert habe. Sein Leben sei in Gefahr, in Afghanistan gebe es keine Sicherheit, er sei krank und würde Behandlungen benötigen, die er in Afghanistan nicht erhalten würde. Weiters habe er angegeben, dass in Afghanistan jeden Tag Anschläge stattfinden würden. Selbst die Regierung würde sagen, dass es in Afghanistan nicht sicher wäre. Er würde in Österreich bleiben wollen.

22. Am 25.02.2019 wurde der BF beim BFA, Erstaufnahmestelle West, niederschriftlich einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

"(...)

LA: Sind Sie in diesem Verfahren vertreten?

VP: Nein.

LA: Bei Ihrer Erstbefragung am 07.02.2019 haben Sie angegeben, dass Ihre Muttersprache Farsi ist. Möchten Sie dazu noch etwas ergänzen, sprechen Sie noch weitere Sprachen?

VP: Nein, nur Farsi.

LA: Sind Sie damit einverstanden, die heutige Einvernahme in der Sprache Farsi durchzuführen, die Sie laut Ihren Angaben ausreichend beherrschen?

VP: Ja.

LA: Wie verstehen Sie den/die anwesende(n) Dolmetscher(in)?

VP: Ja, gut.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

(...)

LA: Wie geht es Ihnen heute?

VP: Es geht mir gut, aber ich habe schon ein bisschen Stress.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja, ich bin bereit dazu.

LA: Bei Ihrer Erstbefragung am 07.02.2019 haben Sie angegeben, dass Sie an keinen Krankheiten oder Beschwerden leiden würden, die Sie an der Einvernahme hindern oder das weitere Verfahren beeinträchtigen würden. Möchten Sie diesbezüglich eine Änderung vorbringen?

VP: Ja, das stimmt, ich bin momentan gesund.

LA: Zur Erstbefragung im gegenständlichen Verfahren auf internationalen Schutz, wo Sie am 07.02.2019 bereits einvernommen wurden. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?

VP: Es stimmt alles. Ich habe schon bei der Erstbefragung gesagt, dass in einer Webside namens UNAMA über die afghanische politische Lage berichtet, dass in Afghanistan momentan die politische Lage sich verschlechtert hat. Ich glaube es war ein Missverständnis in der Erstbefragung, vielleicht hat der Dolmetscher das falsch verstanden.

LA: Aus der Erstbefragung vom 07.02.2019 geht hervor, dass Sie die Merk- und Informationsblätter für Asylwerber erhalten haben. Sind Sie sich Ihrer Rechte und Pflichten im Verfahren bewusst?

VP: Ja.

LA: Welcher Arbeit gingen Sie außerhalb Ihres Herkunftsstaates, explizit seit Rechtskraft im letzten Verfahren (19.07.2018 - 2. Instanz) in Österreich nach?

VP: Ich habe über die Diakonie in XXXX zwei Wochen lang gemeinnützige Arbeit geleistet. Als freiwillige Helfer wurden wir öfter von den Leuten abgeholt und dann haben wir freiwillig gearbeitet. Da haben wir im Wald oder auch am Friedhof gearbeitet.

LA: Aber nach dem 19.07.2018 haben Sie in Österreich nicht mehr gearbeitet?

VP: Nein, nicht mehr.

LA: Hat sich seit Rechtskraft im letzten Verfahren (19.07.2018 - 2. Instanz) eine Änderung in Ihren familiären Verhältnissen hier in Österreich ergeben?

VP: Nein, keine Änderung.

LA: Hat sich seit Rechtskraft im letzten Verfahren (19.07.2018 - 2. Instanz) eine Änderung in Ihrem Privatleben in Österreich ergeben, haben Sie zu anderen Personen ein enges Verhältnis oder ein Abhängigkeitsverhältnis?

VP: Nein.

LA: Hat sich seit Rechtskraft im letzten Verfahren (19.07.2018 - 2. Instanz) eine Änderung in Ihren familiären Verhältnissen im Herkunftsstaat ergeben?

VP: Meine Familie befindet sich im Iran, ich bin nur in Afghanistan geboren. Meine Familie hat Afghanistan verlassen als ich drei Jahre alt war und sie leben immer noch im Iran.

LA: Haben Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?

VP: Das ist eine Kopie meiner Aufenthaltskarte im Iran. (Kopie wird zum Akt genommen.)

Mein Vater hatte eine afghanische Taskira. (Sterbeurkunde und Taskira des Vaters werden in Kopie vorgelegt und zum Akt genommen) Ich habe hier einen ärztlichen Befund den ich gerne vorlegen möchte. (Wird in Kopie zum Akt genommen) Und dann habe ich noch medizinische Unterlagen und einen Laborbefund. (wird in Kopie zum Akt genommen)

LA: Haben Sie jemals einen Reisepass besessen oder beantragt?

VP: Nein.

LA: Verfügen Sie gegenwärtig über Barmittel?

VP: Ich habe 95 Euro. Und ich arbeite hier zwei Stunden am Tag und bekomme wöchentlich 22 Euro.

LA: Wie finanzierten Sie Ihr Leben in Österreich seit Ihrer erstmaligen Einreise bis jetzt?

VP: Ich war in Grundversorgung in einem Flüchtlingsheim.

LA: Wie finanzierten Sie Ihr Leben im Herkunftsstaat bzw. im Iran?

VP: Im Iran war ich als Bauer tätig und habe auch in einer Tischlerei gearbeitet. Wegen der Krankheit meines Vaters war ich auch oft mit diesem beschäftigt. Ich habe immer als Tagesarbeiter gearbeitet.

LA: Sind Sie vorbestraft?

VP: Nein.

V: Sie haben am 05.07.2016 unter der Zahl 1121420903/160931381 Ihren ersten Asylantrag hier in Österreich gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurde. Dieses Verfahren erlangte auf Grundlage des Erkenntnis vom BVwG, Zl. W167 2187523-1/5E, nach Zustellung mit 13.04.2018 die Rechtskraft in II. Instanz.

LA: Warum stellen Sie einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz?

VP: Ich kann nicht nach Afghanistan zurück gehen, weil ich dort niemanden habe und ich kenne mich mit Afghanistan nicht aus. In den Iran kann ich auch nicht zurückkehren, weil ich dort keine Aufenthaltsgenehmigung mehr habe. Auch habe ich dieses Problem mit meiner Niere. Deshalb kann ich überhaupt nicht nach Hause zurückkehren. Unterlagen dazu habe ich vorgelegt. Ich hatte im Iran keine Aufenthaltsgenehmigung mehr, weil ich diese Karte im Krankenhaus gelassen habe bis ich die Leiche meines Vaters von dort bekommen konnte. Nachher wollte ich meine Aufenthaltskarte wieder zurückhaben, und habe sogar mit einem Abgeordneten gesprochen, dass ich eine Bestätigung bekommen habe. (Schreiben eines Abgeordneten wird in Kopie vorgelegt und zum Akt genommen) Aber trotzdem habe ich die Karte nicht zurück bekommen. Ich hatte keine andere Möglichkeit als den Iran zu verlassen und mein Leben wo anders aufzubauen. Ich wollte in einem Land leben, wo ich zumindest eine Identität habe. Ich habe gar kein Identitätsdokument von meiner Heimat und im Iran wurde ich immer, obwohl ich 30 Jahr dort gelebt habe, nicht als Einheimischer anerkannt sondern immer als Ausländer bezeichnet. Diese Aufenthaltskarte wurde nur ausgestellt damit wir später Steuern bezahlen können, wir haben aber keine Leistungen vom Staat erhalten. Ich bin acht Jahre im Iran zur Schule gegangen, nachher durfte ich nicht mehr zur Schule gehen. Meine Schwester wollte auch zur Uni gehen aber das durfte sie auch nicht. Und die Afghanen die aus dem Iran nach Europa gekommen sind, haben weniger Schulbildung als diejenigen die aus Afghanistan kommen.

LA: Wie lange sind Ihnen diese Gründe die Sie jetzt angeführt haben schon bekannt?

VP: Diese Probleme waren mir von Anfang an bekannt, schon im Iran waren diese Probleme vorhanden. Und es gibt dort immer noch, dass afghanische Staatsbürger nicht in bestimmten Provinzen im Iran leben dürfen. Und es gibt noch soviele andere Probleme im Iran.

LA: Aber bekannt sind Ihnen diese Probleme schon seit Sie den Iran verlassen haben?

VP: Ja das habe ich schon immer gewusst.

LA: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, gegenständlichen Antrag auf int. Schutz zu stellen, vollständig geschildert?

VP: Ja, und meine Krankheit ist natürlich mein Hauptproblem.

LA: Wie lange haben Sie diese Krankheit schon?

VP: Als mein Vater krank war wurde ich zufällig auch bei einer Untersuchung angeschaut und festgestellt, dass ich nur eine Niere habe. Mein Vater hatte auch Nierenprobleme gehabt und die Ärzte meinen ich sollte aufpassen dass ich nicht die gleiche Probleme wie mein Vater bekomme.

LA: Wie wirken sich diese Probleme in Ihrem Leben in Ihrem Alltag aus?

VP: Derzeit habe ich kein Problem aber die Ärzte meinten ich solle aufpassen und ich soll alle sechs Monate zur Blutuntersuchung gehen. Und auch zur Sonographie.

LA: Wie oft waren Sie seit Sie in Österreich sind schon bei dieser Untersuchung?

VP: Ich war einmal bei der Sonographie und nach dem negativen Bescheid konnte ich leider nicht mehr zum Arzt gehen. In Deutschland wollte ich auch zur Sonographie gehen, aber das hat nicht funktioniert. Als ich wieder nach Österreich kam, wurde ein Termin für den 21.03.2019 ausgemacht.

LA: Warum haben Sie dann vorher angegeben, dass Sie gesund sind?

VP: Derzeit fühle ich mich gesund. Aber allgemein bin ich schwach. Es gibt einen Unterschied zwischen Menschen die eine oder zwei Nieren haben.

LA: Wie lange haben Sie diese Probleme mit Ihrer Niere schon?

VP: Ich glaube selber, dass das angeboren ist. Weil die Ärzte wussten das nicht, aber sie vermuten, dass das angeboren ist.

LA: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu Ihrer Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiter mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie werden darauf hingewiesen, dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.

VP: Ja.

LA: Sie werden letztlich angewiesen, im Fall von ärztlicher Behandlung unaufgefordert medizinisch Auskunft gebende Schreiben an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu übermitteln.

Haben Sie die Anweisung verstanden?

VP: Ja.

LA: Haben Sie dies bereits in Ihrem Erstverfahren angegeben?

VP: Ja. Ich habe das schon im Erstverfahren vorgelegt.

LA: Auf Ihrem in Deutschland ausgestellten Laisser-Passer sind Sie mit den Personalien XXXX , geboren am XXXX angeführt. Warum haben Sie in Österreich und Deutschland unter verschiedenen Identitäten einen Asylantrag gestellt?

VP: XXXX ist der Name meines Vaters und mein Familienname und XXXX war schwer auszudrücken und das wollte ich einfach nicht mehr in meiner Familie haben.

LA: Sie haben aber auch ein anderes Geburtsdatum angegeben?

VP: Ich wusste mein richtiges Geburtsdatum nicht, dann habe ich das richtige Geburtsdatum erst später erfahren und deshalb habe ich in Deutschland das richtige Geburtsdatum angegeben.

LA: Wie haben Sie dann von Ihrem richtigen Geburtsdatum erfahren?

VP: Ich habe es von meiner Mutter gehört.

LA: Wann haben Sie das von Ihrer Mutter gehört?

VP: Als ich in Deutschland war.

LA: Wann genau und wie ist das abgelaufen?

VP: Ich habe meine Mutter telefonisch gefragt und sie sagt mir, ich war drei Jahre alt, als ich mit meiner Familie Afghanistan verlassen hatte. Dann habe ich selber gerechnet und dieses Datum herausbekommen.

LA: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf int. Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Sie können nunmehr dazu Stellung nehmen.

VP: Ich habe Ihnen gerade alle meine Probleme erzählt ich kann nicht nach Afghanistan zurückkehren und in den Iran kann ich auch nicht. Ich wollte mir hier ein neues Leben aufbauen und eine Identität haben.

LA: Ihnen wurden bereits am 18.02.2019 die aktuellen Länderfeststellungen zur Lage in Afghanistan mit der Ladung ausgefolgt. Möchten Sie nunmehr eine Stellungnahme zu dieser Länderfeststellung abgeben?

VP: Nein, ich kenne mich mit Afghanistan nicht aus.

LA: Haben Sie sich die Unterlagen angeschaut?

VP: Ja, aber das konnte ich nicht richtig verstehen.

LA: Haben Sie irgendjemanden um Hilfe gebeten?

VP: Nein.

Anmerkung: Dem ASt. wird die Verfahrensanordnung gem. § 29 (3) Z. 5 AsylG iVm 63 Abs. 2 AVG gegen eigenhändige Unterschriftsleistung ausgefolgt. Der Inhalt der Verfahrensanordnung wird dem ASt. durch den anwesenden Dolmetscher zur Kenntnis gebracht.

Anmerkung: Ihnen wird nun zur Kenntnis gebracht, dass Sie nach einer Frist von mindestens 24 Stunden im Zuge einer niederschriftlichen Befragung im Beisein eines Rechtsberaters die Möglichkeit haben, zu diesem Sachverhalt Stellung zu beziehen. Von diesem Termin werden Sie schriftlich in Kenntnis gesetzt. Sollten Sie diesem Termin nicht nachkommen, müssen Sie damit rechnen, dass das Verfahren in Ihrer Abwesenheit fortgesetzt wird.

LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?

VP: Ja.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: Nein.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:

LA: Haben Sie den/die Dolmetscher/in während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

VP: Ja.

LA: Hat Ihnen der/die Dolmetscher/in alles rückübersetzt?

VP: Ja.

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Nein, ich möchte nicht korrigieren. Aber ich möchte, dass sie meinen Familiennamen ändern.

AW wird über den SV aufgeklärt.

LA: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?

VP: Ja. (Anm.: dem ASt. wird eine schriftliche Ausfertigung dieser Niederschrift ausgefolgt)

(...)"

24. Am 07.03.2019 wurde der BF im Rahmen des Parteiengehörs, im Beisein seiner Rechtsberatung, erneut vor dem BFA befragt. Die wesentlichen Passagen dieser Befragung gestalteten sich wie folgt:

"(...)

LA: Verstehen Sie die/den anwesende Dolmetscher/in heute?

VP: Ja, gut.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Wie geht es Ihnen heute?

VP: Ich bin nervös.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja.

Anmerkung:

Die anwesende Rechtsberaterin erklärt auf konkrete Nachfrage hin, dass im gegenständlichen Fall am 25.02.2019 von 14:15 Uhr bis 14:30 Uhr, und am 06.03.2019 von 09:00 bis 09:15 haben Rechtsberatungsgespräche stattgefunden.

LA: Es wurde Ihnen das Info- und Belehrungsblatt zum Ermittlungsverfahren (Wahrheits- und Mitwirkungspflicht, vertrauliche Behandlung, Konsequenzen von Falschaussagen, Rechtsberater, Ablauf der Niederschrift, Meldepflichten, etc.) in einer verständlichen Sprache bereits im Zuge der Erstbefragung zur Kenntnis gebracht und mit Ihnen gemeinsam erläutert. Haben Sie den Inhalt verstanden und sind Ihnen die damit verbundenen Rechte und Pflichten bewusst?

VP: Ja.

Anmerkung:

Dem ASt. wird die vor der Behörde EAST-West am 25.02.2019 gemachte Niederschrift, welche seine Unterschrift trägt, vorgelegt.

LA: Sind die von Ihnen im Rahmen der ersten Einvernahme gemachten Angaben richtig und halten Sie diese aufrecht?

VP: Ja. Ich habe nur die ganze Wahrheit gesagt.

LA: Möchten Sie bezüglich der oa. Einvernahme Korrekturen oder Ergänzungen vorbringen?

VP: Nein.

LA: Wie ist der derzeitige med. Zustand hinsichtlich der Behandlung Ihrer angeführten Nierenprobleme?

VP: Also es ist keine Veränderung. Ich stehe unter Stress und Druck und das macht meinen gesundheitlichen Zustand noch schlimmer. Ich gehe auch zu einem Psychotherapeuten. Ich habe das letzte Mal auch gesagt, bei mir gibt es nur eine Niere und jederzeit könnte es so weit sein, dass ich stationär aufgenommen werden muss. (Aw legt Fragebogen vor, wird in Kopie zum Akt genommen). Mein Vater ist auch im Iran an dieser Krankheit gestorben, die afghanischen Flüchtlinge bekommen im Iran keine med. Behandlung. Das ist auch ein Grund warum es mir so schlecht geht. Mein Vater hätte sonst auch nicht sterben müssen.

LA: Seit wann sind Sie in psychotherapeutischer Behandlung?

VP: Also bis jetzt war ich einmal dort bei einer Sitzung, ich muss aber regelmäßig zur Therapie gehen, die psychischen Probleme habe ich aber seit langem, es geht vor allem um Schlafstörungen, das hat alles im Iran angefangen, als ich im Iran geschlagen wurde und jetzt habe ich immer vor uniformierten Polizisten Angst.

LA: Wann waren Sie das erste Mal bei einer Sitzung?

VP: Das war letzte Woche, das Datum müsste auf den Unterlagen stehen.

LA: Wieso haben Sie erst jetzt einen Therapeuten aufgesucht obwohl sie schon so lange Probleme haben?

VP: Wir Afghanen haben ein Sprichwort, wenn jemand zum Psychologen geht, dann ist er irre. Vielleicht habe ich deshalb versucht nicht zum Arzt zu gehen.

LA: Waren Sie deshalb schon bei

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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