Entscheidungsdatum
16.04.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W118 2163954-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ECKHARDT über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/16-5294169010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die von der AMA aufgrund eines Meldefehlers als nicht ermittelt gewerteten 13 Rinder als prämienfähig zu berücksichtigen sind.
II. Gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 wird der AMA aufgetragen, die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis dem Beschwerdeführer bescheidmäßig mitzuteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Mit Datum vom 10.05.2016 stellte die beschwerdeführende Partei über die Internet-Applikation eAMA elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2016 und beantragte die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016.
2. Mit Formular "Alm/Weidemeldung RINDER für das Jahr 2016" meldete der Bewirtschafter der Alm mit der BNr. XXXX den Auftrieb von 13
Rindern der beschwerdeführenden Partei am 18.06.2016 und von 2
Rindern der beschwerdeführenden Partei am 21.06.2016. Das angeführte Formular langte am 06.07.2016 in der AMA ein.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.01.2017 gewährte die AMA der beschwerdeführenden Partei für das Antragsjahr 2016 EUR 9.312,23 an Direktzahlungen. Davon entfielen auf die Basisprämie EUR 6.400,92 und auf die Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden ("Greeningprämie") EUR 2.874,61. Im Rahmen der gekoppelten Stützung wurden für zwei am 21.06.2016 aufgetriebene Rinder Prämien im Ausmaß von EUR 36,70 gewährt.
Begründend wurde ausgeführt, da die Alm/Weidemeldung Rinder nicht binnen 15 Tagen mitgeteilt worden sei, könnten 13 aufgetriebene Rinder nicht als förderfähig berücksichtigt werden (Art. 7 Abs. 1 VO 1760/2000, Art. 53 Abs. 4 VO 639/2014, § 13 Abs. 1 DIZA-VO).
4. Mit online gestellter Beschwerde vom 31.01.2017 führte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen aus, der Almbewirtschafter habe die Alm/Weidemeldung am 01.07.2016 per "Einschreiben" bei der Post aufgegeben. An einem verspäteten Einlangen treffe die beschwerdeführende Partei keine Schuld.
Der Beschwerde wurde eine Rechnung der Österreichischen Post AG vom 01.07.2016 betreffend einen eingeschriebenen Brief (PLZ 1200) in Kopie beigeschlossen. Auf der genannten Rechnungskopie bestätigt der Almbewirtschafter die Postaufgabe der Alm/Weidemeldung am 01.07.2016.
5. Im Rahmen der Beschwerdevorlage vom 11.07.2017 führte die AMA im Wesentlichen aus, eine verspätete Meldung an die Rinderdatenbank führe dazu, dass diese Tiere im betreffenden Antragsjahr nicht als ermittelt gewertet werden könnten, weshalb für diese Rinder gemäß Art. 2 Abs. 1 Z 18 lit. a VO (EU) 640/2014 iVm Artikel 30 Abs. 3 VO (EU) Nr. 640/2014 keine Prämie gewährt werden könne. Die Beschränkung der Beihilfegewährung auf ordnungsgemäß gekennzeichnete und registrierte Tiere ergebe sich bereits aus Art. 53 Abs. 4 der delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014. In diesem Zusammenhang sei national in § 13 Abs. 1 DIZA-VO normiert, dass die gekoppelte Stützung nur für jene auf Almen aufgetriebenen Rinder gewährt werden könne, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 gekennzeichnet und registriert worden seien. Eine Ausnahme sei dabei nur vorgesehen, wenn die Angaben gemäß Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich VO (EG) Nr. 1760/2000 am ersten Tag der Alpung des betreffenden Tiers mitgeteilt worden seien. Diese Ausnahme treffe auf den gegenständlichen Fall nicht zu. Die verspäteten Meldungen des Almobmanns seien dem Auftreiber zuzurechnen.
6. Mit hg. Beschluss vom 12.07.2017 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision zur Zl. Ro 2014/17/0114 ausgesetzt. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der VwGH aus Anlass des genannten Revisionsfalls dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen betreffend verspätete Auftriebsmeldungen sowie insbesondere zu der innerstaatlichen Regelung, dass bezüglich der Rechtzeitigkeit einer Alm/Weidemeldung auf den Eingang der Meldung abzustellen sei, zur Vorabentscheidung vorgelegt habe.
7. Mit Urteil vom 07.06.2018, EP Agrarhandel GmbH, C-554/16, entschied der EuGH, dass Art. 2 Abs. 4 der Entscheidung 2001/672/EG der Kommission vom 20.08.2001 mit besonderen Regeln für die Bewegungen von Rindern im Fall des Auftriebs auf die Sommerweide in Berggebieten in der durch den Beschluss 2010/300/EU der Kommission vom 25.05.2010 geänderten Fassung dahin auszulegen sei, dass er einer nationalen Vorschrift entgegenstehe, die für die Einhaltung der Frist für die Meldung des Sommerweideauftriebs den Eingang der Meldung als maßgeblich erkläre. In seiner Begründung legte der EuGH dar, dass er davon ausgehe, dass die nach Art. 2 Abs. 4 der Entscheidung 2001/672/EG vorgesehene Frist eingehalten worden sei, wenn die verlangten Angaben spätestens 15 Tage nach der Ankunft der Tiere auf den Weiden an die zuständige Behörde abgeschickt worden seien.
8. Der Verwaltungsgerichtshof führte in der Folge in seinem Erkenntnis vom 29.08.2018, Ro 2014/17/0114-14, zur Bestimmung des § 6 Abs. 6 der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 ("Für die Einhaltung der Frist ist der Eingang maßgeblich.") aus, dass diese nationale Vorschrift nach dem Urteil des EuGH vom 07.06.2018 - soweit sie Fristen für die Meldung des Sommerweideauftriebs im Sinn der Entscheidung der Kommission betreffe - in Widerspruch mit Unionsrecht stehe, sodass sie nach der Rechtsprechung des EuGH unangewendet zu bleiben habe. Es komme daher für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Meldung des Sommerweideauftriebs auf den Zeitpunkt der Absendung dieser Meldung an die zuständige Behörde an.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):
Mit Datum vom 10.05.2016 stellte die beschwerdeführende Partei einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2016 und beantragte die Gewährung von Direktzahlungen. Die beschwerdeführende Partei trieb im Antragsjahr 2016 auch Tiere auf die Alm mit der BNr. XXXX auf.
Mit Formular "Alm/Weidemeldung RINDER für das Jahr 2016" meldete der Bewirtschafter der Alm mit der BNr. XXXX betreffend die beschwerdeführende Partei den Auftrieb von 13 Rindern am 18.06.2016 und von 2 Rindern am 21.06.2016.
Das angeführte Formular wurde am 01.07.2016 per Post an die AMA übermittelt und langte am 06.07.2016 bei der Behörde ein.
2. Beweiswürdigung:
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Vorbringen der Parteien.
Die Feststellung zu der am 01.07.2016 erfolgten Absendung des Formulars "Alm/Weidemeldung RINDER für das Jahr 2016" an die AMA beruht auf den Angaben der beschwerdeführenden Partei und dem vorgelegten Beleg der Österreichischen Post AG vom 01.07.2016.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit und zum Verfahren:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:
"Artikel 52
Allgemeine Vorschriften
(1) Die Mitgliedstaaten können den Betriebsinhabern unter den in diesem Kapitel festgelegten Bedingungen eine gekoppelte Stützung gewähren (in diesem Kapitel im Folgenden "gekoppelte Stützung").
(2) Die gekoppelte Stützung kann für folgende Sektoren und Erzeugungen gewährt werden: Getreide, Ölsaaten, Eiweißpflanzen, Körnerleguminosen, Flachs, Hanf, Reis, Schalenfrüchte, Stärkekartoffeln, Milch und Milcherzeugnisse, Saatgut, Schaf- und Ziegenfleisch, Rind- und Kalbsfleisch, Olivenöl, Seidenraupen, Trockenfutter, Hopfen, Zuckerrüben, Zuckerrohr und Zichorien, Obst und Gemüse sowie Niederwald mit Kurzumtrieb.
[...].
(6) Die gekoppelte Stützung wird in Form einer jährlichen Zahlung gewährt und unterliegt vorgegebenen Mengenbegrenzungen mit festgesetzten Flächen und Erträgen oder Anzahl an Tieren.
[...]."
Delegierte Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11. März 2014, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 1, im Folgenden VO (EU) 639/2014:
"Artikel 53
Voraussetzungen für die Gewährung der Stützung
1. Die Mitgliedstaaten legen im Einklang mit den Rahmenvorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und den Bedingungen der vorliegenden Verordnung Beihilfefähigkeitskriterien für gekoppelte Stützungsmaßnahmen fest.
[...].
4. Betrifft die gekoppelte Stützungsmaßnahme Rinder und/oder Schafe und Ziegen, legen die Mitgliedstaaten als Beihilfefähigkeitsbedingung für die Stützung die Anforderungen der Kennzeichnung und Registrierung von Tieren gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates bzw. der Verordnung (EG) Nr. 21/2004 des Rates fest.
Unbeschadet anderer Beihilfefähigkeitsbedingungen sollte ein Tier jedoch auch dann als beihilfefähig gelten, wenn die in Unterabsatz 1 genannten Anforderungen an die Kennzeichnung und Registrierung ab einem Zeitpunkt erfüllt sind, der vom Mitgliedstaat festzusetzen ist und nicht später sein darf als:
a) der erste Tag des Haltungszeitraums des betreffenden Tieres, wenn ein Haltungszeitraum gilt;
b) ein Datum, das auf der Grundlage objektiver Kriterien gewählt wird und mit der gemäß Anhang I gemeldeten Maßnahme im Einklang steht, wenn kein Haltungszeitraum gilt.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission bis zum 15. September 2015 die in Unterabsatz 2 genannten Zeitpunkte mit.
[...]."
Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates, ABl. L 204, 11.8.2000, S. 1 - im Folgenden VO (EG) 1760/2000:
Gemäß Art. 1 Abs. 1 VO (EG) 1760/2000 schafft jeder Mitgliedstaat ein System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern.
Gemäß Art. 3 VO (EG) 1760/2000 beruht das System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern auf folgenden Elementen:
a) Ohrmarken zur Einzelkennzeichnung von Tieren,
b) elektronischen Datenbanken,
c) Tierpässen
d) Einzelregistern in jedem Betrieb.
Gemäß Art. 7 Abs. 1 VO (EG) 1760/2000 müssen Tierhalter folgende Anforderungen erfüllen:
-
Sie halten ein Register auf dem neuesten Stand,
-
sie teilen der zuständigen Behörde ab dem Zeitpunkt, zu dem die elektronische Datenbank voll betriebsfähig ist, die genauen Daten jeder Umsetzung von Tieren in den oder aus dem Betrieb sowie die Daten aller Tiergeburten und Todesfälle bei Tieren im Betrieb innerhalb einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von drei bis sieben Tagen nach dem betreffenden Ereignis mit. Die Kommission kann jedoch auf Antrag eines Mitgliedstaats nach dem Verfahren des Artikels 23 Absatz 2 festlegen, unter welchen Umständen die Mitgliedstaaten die Höchstfrist verlängern können, und spezifische Regeln für die Bewegungen von Rindern vorsehen, die im Sommer an verschiedenen Orten in den Bergen weiden sollen.
Entscheidung der Kommission mit besonderen Regeln für die Bewegungen von Rindern im Fall des Auftriebs auf die Sommerweide in Berggebieten Nr. 2001/672/EG, ABl. L 235, 4.9.2001, S. 23 idF Beschluss der Kommission vom 25. Mai 2010, ABl. L 127 vom 26.05.2010, S. 19:
"Artikel 1
Diese Entscheidung gilt in den im Anhang genannten Mitgliedstaaten oder Teilgebieten derselben für die Bewegungen von Rindern von verschiedenen Haltungsorten zu Weideplätzen in Berggebieten in der Zeit vom 15. April bis zum 15. Oktober.
Artikel 2
(1) Jeder der in Artikel 1 genannten Weideplätze muss eine spezifische, in der nationalen Datenbank zu erfassende Registriernummer erhalten.
(2) Die für die Weideplätze zuständige Person erstellt eine Liste der Rinder, die für eine Bewegung im Sinne von Artikel 1 vorgesehen sind. Diese Liste muss mindestens enthalten:
-
die Registriernummer des Weideplatzes
-
und für jedes Rind
-
die individuelle Kennnummer des Tieres;
-
die Kennnummer des Herkunftsbetriebes;
-
das das Datum der Ankunft auf dem Weideplatz;
-
den voraussichtlichen Zeitpunkt des Abtriebs.
(3) Die unter Ziffer 2 genannte Liste wird von dem für die Überwachung der Rinderbewegung zuständigen Tierarzt bestätigt.
(4) Die Angaben für die in Absatz 2 genannte Liste sind der zuständigen Behörde gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 spätestens 15 Tage nach dem Datum des Auftriebs der Tiere auf die Weide zu übermitteln.
(5) Alle Ereignisse wie Geburten, Todesfälle und andere Bewegungen, die während des Aufenthalts der Tiere auf der Weide eintreten, sind im Einklang mit den allgemeinen Bestimmungen in die nationale Datenbank für Rinder aufzunehmen. Die für den Weideplatz zuständige Person muss den für den Herkunftsbetrieb Verantwortlichen darüber so schnell wie möglich unterrichten. Auch das tatsächliche Datum des Abtriebs und der Zielort jedes Tieres muss im Einklang mit den allgemeinen Bestimmungen gemeldet werden.
[...]."
Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.06.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014:
"Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke des integrierten Systems im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.
Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:
[...].
13. "Beihilferegelung für Tiere": eine fakultative gekoppelte Stützungsmaßnahme gemäß Titel IV Kapitel 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, wonach die unter Berücksichtigung vorgegebener Mengenbegrenzungen zu gewährende jährliche Zahlung auf festgesetzten Tierzahlen beruht;
[...].
18. "ermitteltes Tier":
a) im Rahmen einer Beihilferegelung für Tiere ein Tier, das alle in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen erfüllt, [...]."
"Artikel 30
Berechnungsgrundlage
(1) In keinem Fall kann die Beihilfe oder Stützung für mehr Tiere gewährt werden, als im Beihilfe- oder Zahlungsantrag angegeben sind.
(2) Die im Betrieb vorhandenen Tiere gelten nur als ermittelt, wenn sie im Beihilfe- oder Zahlungsantrag identifiziert sind. Identifizierte Tiere können ersetzt werden, ohne dass dies zum Verlust des Anspruchs auf Zahlung der Beihilfe oder Stützung führt, sofern die zuständige Behörde den Begünstigten nicht bereits über Verstöße in Bezug auf den Beihilfe- oder Zahlungsantrag unterrichtet oder ihm nicht bereits ihre Absicht, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, mitgeteilt hat. [...].
(3) Liegt die Zahl der in einem Beihilfe- oder Zahlungsantrag angegebenen Tiere über der Zahl der bei Verwaltungskontrollen oder Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Tiere, so wird der Beihilfe- oder Stützungsbetrag unbeschadet des Artikels 31 anhand der Zahl der ermittelten Tiere berechnet.
[...]."
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission vom 17. Juli 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 227 vom 31.07.2014, S. 69, im Folgenden VO (EU) 809/2014:
"Artikel 4
Berichtigung und Anpassung bei offensichtlichen Irrtümern
Vom Begünstigten vorgelegte Beihilfe-, Förder- und Zahlungsanträge sowie Belege können jederzeit nach ihrer Einreichung berichtigt und angepasst werden, wenn es sich um offensichtliche Irrtümer handelt, die von der zuständigen Behörde auf der Grundlage einer umfassenden Einzelfallbewertung anerkannt wurden, und wenn der Begünstigte in gutem Glauben gehandelt hat.
Die zuständige Behörde kann offensichtliche Irrtümer nur dann anerkennen, wenn sie durch eine einfache Prüfung der Angaben in den in Unterabsatz 1 genannten Unterlagen unmittelbar festgestellt werden können."
"Artikel 21
Anforderungen an Beihilfeanträge für Tiere und Zahlungsanträge im Rahmen tierbezogener Stützungsmaßnahmen
[...].
(4) Die Mitgliedstaaten können Verfahren einführen, wonach die Angaben in der elektronischen Datenbank für Tiere für den Beihilfe- oder Zahlungsantrag für Tiere herangezogen werden können, sofern die elektronische Datenbank für Tiere den für die ordnungsgemäße Verwaltung der Beihilferegelungen oder Fördermaßnahmen erforderlichen Zuverlässigkeits- und Durchführungsstandard für die einzelnen Tiere gewährleistet.
Die Verfahren gemäß Unterabsatz 1 können in einem System bestehen, bei dem der Begünstigte den Beihilfe- und/oder Zahlungsantrag für alle Tiere stellen kann, die zu einem vom Mitgliedstaat bestimmten Zeitpunkt oder in einem vom Mitgliedstaat bestimmten Zeitraum nach den Angaben aus der elektronischen Datenbank für Tiere beihilfeund/oder förderfähig sind.
[...]."
Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 189/2013:
"Fakultative gekoppelte Stützung
§ 8f. (1) Die in § 8 Abs. 1 Z 6 vorgesehene gekoppelte Stützung wird für Rinder, Schafe und Ziegen je aufgetriebene raufutterverzehrende Großvieheinheit (RGVE) gewährt.
(2) Die Umrechnung in RGVE wird folgendermaßen vorgenommen:
1. Rinder über 24 Monate 1,0 RGVE
2. Rinder über 6 bis 24 Monate 0,6 RGVE
3. Kälber bis 6 Monate 0,4 RGVE
4. Schafe und Ziegen über 12 Monate 0,15 RGVE
5. Schafe und Ziegen bis 12 Monate 0,07 RGVE
(3) Die gekoppelte Stützung beträgt
1. je Kuh bzw. je RGVE Mutterschafe und Mutterziegen 62 €
2. je sonstige RGVE 31 €.
(4) Die Anzahl der im jeweiligen Antragsjahr förderfähigen RGVE darf 290 000 nicht übersteigen."
Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015), BGBl. II Nr. 368/2014:
"Fakultative gekoppelte Stützung
§ 13. (1) Die fakultative gekoppelte Stützung kann nur für jene auf Almen aufgetriebenen Rinder, Schafe und Ziegen gewährt werden, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rinder und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97, ABl. Nr. L 204 vom 11.08.2000 S. 1, bzw. gemäß der Verordnung (EG) Nr. 21/2004 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Schafen und Ziegen und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Richtlinien 92/102/EWG und 64/432/EWG, ABL. Nr. L 5 vom 09.01.2004 S. 8, gekennzeichnet und registriert sind. Ein Tier gilt jedoch auch dann als prämienfähig, wenn die Angaben gemäß Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 am ersten Tag der Alpung des betreffenden Tiers mitgeteilt worden sind.
(2) Die fakultative gekoppelte Stützung wird vom Betriebsinhaber mit der Einreichung des Mehrfachantrags-Flächen und der Almauftriebsliste gemäß § 22 Abs. 5 der Horizontalen GAP-Verordnung sowie für Rinder zusätzlich in Verbindung mit den Angaben aus der elektronischen Datenbank für Rinder betreffend die Alm/Weidemeldungen gemäß Art. 2 der Entscheidung 2001/672/EG mit besonderen Regeln für die Beweidung von Rindern im Fall des Auftriebs auf die Sommerweide in Berggebieten, ABl. Nr. L 235 vom 04.09.2001, S. 23, beantragt.
(3) Die für die Gewährung der fakultativen gekoppelten Stützung maßgebliche Anzahl wird anhand der zum Stichtag 15. Juli gealpten Tiere des jeweiligen Betriebsinhabers ermittelt.
(4) Die Tiere müssen mindestens 60 Tage gealpt werden. Die Alpungsdauer beginnt mit dem Tag des Auftriebs, jedoch höchstens 15 Tage vor Abgabe der Alm/Weidemeldung für Rinder bzw. der Almauftriebsliste. Der Tag des Almabtriebs wird bei der Alpungsdauer nicht berücksichtigt. Als Almen sind die im Mehrfachantrag-Flächen des betreffenden Kalenderjahres unter der Nutzung ‚Alm' angemeldeten Flächen einer im Almkataster eingetragenen Alm zu verstehen.
(5) Die Berechnung des Alters der aufgetriebenen Tiere erfolgt zum Stichtag 1. Juli des betreffenden Kalenderjahres. Als Mutterschafe bzw. Mutterziegen gelten weibliche Tiere, die zu diesem Stichtag mindestens 1 Jahr alt sind.
(6) Die Anzahl der im jeweiligen Antragsjahr förderfähigen RGVE darf folgende Obergrenzen nicht übersteigen:
1. bei Kühen 124 714 RGVE
2. bei sonstigen Rindern 149 262 RGVE
3. bei Mutterschafen und Mutterziegen 12 871 RGVE
4. bei sonstigen Schafen und Ziegen 3 153 RGVE"
Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008, BGBl. II Nr. 201/2008 idF BGBl. II Nr. 66/2010:
"Meldungen durch den Tierhalter
§ 6. (1) Innerhalb von sieben Tagen sind zu melden:
1. Tiergeburten, Todesfälle (Schlachtungen und Verendungen) von kennzeichnungspflichtigen Tieren sowie Umsetzungen von Tieren in den oder aus dem Betrieb unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten,
2. Umsetzungen von Tieren zwischen Betrieben eines Tierhalters in verschiedenen Gemeinden unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten,
3. der Auftrieb auf Almen/Weiden, wenn es zu einer Vermischung von Rindern mehrerer Tierhalter kommt,
4. der Auftrieb auf Almen/Weiden in einer anderen Gemeinde, wenn für die Almen/Weiden eigene Betriebsnummern gemäß LFBIS-Gesetz, BGBl. Nr. 448/1980, in der jeweils geltenden Fassung, vorhanden sind oder die Flächenangaben zu den Almen/Weiden im Sammelantrag gemäß der INVEKOS-CC-V 2010, BGBl. II Nr. 492/2009 anderer Bewirtschafter enthalten sind.
Davon ausgenommen ist jedoch der Auftrieb auf Zwischenweiden (zum Beispiel Vorsäß, Maisäß, Nachsäß, Aste) desselben Tierhalters vor oder nach einem meldepflichtigen Auftrieb auf eine Alm oder Weide.
[...]
(5) Die Alm/Weidemeldung ist unter Verwendung eines von der AMA aufzulegenden Formblattes durchzuführen und postalisch oder online bei der AMA einzubringen. Die übrigen Meldungen nach Abs. 1 bis 4 sind telefonisch, schriftlich oder online unbeschadet des § 5 Abs. 1 bei der AMA einzubringen.
(6) Für die Einhaltung der Frist ist der Eingang maßgeblich."
3.3. Rechtliche Würdigung:
Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greeningprämie"), abgelöst. Darüber hinaus kann seither eine gekoppelte Stützung gewährt werden.
Im vorliegenden Fall wurden im Rahmen der gekoppelten Stützung 13 beantragte Rinder der beschwerdeführenden Partei als nicht ermittelt gewertet, da die Auftriebsmeldung nicht innerhalb von 15 Tagen bei der AMA eingelangt ist.
Tatsächlich kann gemäß Art. 53 Abs. 4 1. Satz VO (EU) 639/2014 i. V.m. § 13 Abs. 1 Direktzahlungs-Verordnung 2015 die gekoppelte Stützung für Rinder nur dann gewährt werden, wenn die Bestimmungen zur Rinderkennzeichnung eingehalten werden. Gemäß Art. 7 Abs. 1 VO (EG) 1760/2000 i.V.m. § 6 Abs. 1 Z 4 Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 ist der Auftrieb von Rindern auf Gemeinschaftsalmen binnen sieben Tagen zu melden. Mit Art. 2 Abs. 4 der Entscheidung der Kommission mit besonderen Regeln für die Bewegungen von Rindern im Fall des Auftriebs auf die Sommerweide in Berggebieten wurde die Meldefrist auf 15 Tagen verlängert.
Absatz 6 des § 6 der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 sieht diesbezüglich vor, dass für die Einhaltung der Frist der Eingang (bei der AMA) maßgeblich sei.
Der EuGH entschied in einem vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof anhängig gemachten Vorabentscheidungsersuchen mit Urteil vom 07.06.2018, EP Agrarhandel GmbH, C-554/16, dass das Unionsrecht einer nationalen Vorschrift entgegensteht, die für die Einhaltung der Frist für die Meldung des Sommerweideauftriebs den Eingang der Meldung als maßgeblich erklärt.
Daher hielt der VwGH in seinem Erkenntnis vom 29.08.2018, Ro 2014/17/0114-14, fest, dass die Bestimmung des § 6 Abs. 6 der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 - soweit sie Fristen für die Meldung des Sommerweideauftriebs im Sinn der Entscheidung der Kommission betrifft - unangewendet zu bleiben hat und davon auszugehen ist, dass es bei der Frage der Rechtzeitigkeit der Meldung des Sommerweideauftriebs im Sinne der oben zitierten Ausführungen des EuGH auf den Zeitpunkt der Absendung dieser Meldung an die zuständige Behörde ankommt.
Für das gegenständliche Beschwerdeverfahren folgt daraus, dass die Almweidemeldung hinsichtlich der am 18.06.2016 aufgetriebenen 13 Rinder rechtzeitig an die AMA abgesandt wurde und der beschwerdeführenden Partei daher auch für diese Tiere für das Antragsjahr 2016 die gekoppelte Stützung zu gewähren ist.
Der Beschwerde war daher stattzugeben, der angefochtene Bescheid spruchgemäß abzuändern und der AMA gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 aufzutragen, gemäß den Vorgaben im Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen sowie das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache aus den oben beschriebenen Gründen nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534) sowie aktuell VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117-5.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die o.a. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Almmeldung, Berechnung, Bescheidabänderung, Direktzahlung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W118.2163954.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.06.2019