TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/17 W113 2204583-1

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Veröffentlicht am 17.04.2019
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Entscheidungsdatum

17.04.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §19 Abs3
MOG 2007 §19 Abs7
MOG 2007 §6
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W113 2204583-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Katharina DAVID über die Beschwerde von XXXX , Betriebsnummer XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 31.10.2017, Zahl II/4-EBP/13-7634186010, nach Beschwerdevorentscheidung vom 28.03.2018, Zahl II/4-EBP/13-9967631010, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2013, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerdevorentscheidung wird ersatzlos behoben.

II. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass keine Flächensanktion verhängt wird.

III. Der belangten Behörde wird gemäß § 19 Abs. 3 Marktordnungsgesetz 2007 aufgetragen, gemäß den Vorgaben dieses Erkenntnisses die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis der beschwerdeführenden Partei bescheidmäßig mitzuteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei stellte fristgerecht einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2013 und beantragte u.a. die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) für die in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierten Flächen.

2. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (in der Folge: AMA oder belangte Behörde) vom 03.01.2014, Zahl II/7-EBP/13-120762673, wurde der beschwerdeführenden Partei eine Einheitliche Betriebsprämie (EBP) für das Antragsjahr nicht gewährt. Die belangte Behörde ging von 37,67 vorhandenen Zahlungsansprüchen, einer beantragten Fläche von 35,24 ha und einer ermittelten Fläche von 27 ha aus, was eine Differenzfläche von 8,18 ha zur Folge hat.

3. Mit erstem Abänderungsbescheid der belangten Behörde vom 30.10.2014, Zahl II/7-EBP/13-121825714, wurde der beschwerdeführenden Partei die EBP für das Antragsjahr in Höhe von EUR 4.152,59 gewährt. Die belangte Behörde ging von 37,67 vorhandenen Zahlungsansprüchen, einer beantragten beihilfefähigen Fläche von 35,23 ha und einer ermittelten Fläche von 35,17 ha aus. Ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurde nicht eingebracht.

4. Mit zweitem Abänderungsbescheid der belangten Behörde vom 26.03.2015, Zahl II/4-EBP/13-124828232, wurde der beschwerdeführenden Partei die EBP für das Antragsjahr nur mehr in Höhe von EUR 3.801,86 gewährt. Die belangte Behörde ging von 37,67 vorhandenen Zahlungsansprüchen, einer beantragten beihilfefähigen Fläche von 35,23 ha, einer ermittelten Fläche von 34,09 ha und einer Differenzfläche von 1,08 ha aus. Eine Flächensanktion in Höhe von EUR 267,08 wurde nicht verhängt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle Flächenabweichungen über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt worden seien, weshalb eine Flächensanktion zu verhängen gewesen sei.

5. Mit drittem Abänderungsbescheid der belangten Behörde vom 27.08.2015, Zahl II/4-EBP/13-126707778, wurde der beschwerdeführenden Partei die EBP für das Antragsjahr in Höhe von EUR 4.035,69 gewährt. Die belangte Behörde ging von 37,67 vorhandenen Zahlungsansprüchen, einer beantragten beihilfefähigen Fläche von 35,23 ha und einer ermittelten Fläche von 34,09 ha aus. Eine Flächensanktion wurde nicht verhängt. Begründend verwies die belangte Behörde auf eine Vor-Ort-Kontrolle vom 10.07.2014 und eine VOK-Abweichung ohne Sanktion von 1,07 ha. Ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurde nicht eingebracht.

6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2016, Zahl W156 2119576-1/3E, wurden die Verfahren über die Beschwerden gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 03.01.2014 und 26.03.2015 eingestellt.

7. Mit viertem, nunmehr angefochtenem Abänderungsbescheid der belangten Behörde vom 31.10.2017 wurde der beschwerdeführenden Partei die EBP für das Antragsjahr nur mehr in Höhe von EUR 3.348,31 gewährt. Die belangte Behörde ging von 35,57 vorhandenen Zahlungsansprüchen, einer beantragten beihilfefähigen Fläche von 35,23 ha, einer ermittelten Fläche von 31,55 ha und einer Differenzfläche von 2,54 ha aus. Eine Flächensanktion wurde in Höhe von EUR 471,09 verhängt. Begründend verwies die belangte Behörde auf Vor-Ort-Kontrollen vom 28.06.2016 und 10.07.2014, bei welchen 3,62 ha an Flächenabweichungen, davon 1,07 ha ohne Sanktion, ermittelt worden seien. Ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurde nicht eingebracht.

8. Dagegen richtet sich die binnen offener Frist erhobene Bescheidbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen ausführt, dass sie bloßer Auftreiber auf die Almen sei und keinen direkten Einfluss auf die Beantragung bzw. Feststellung der Almfutterflächen habe. Ihres Wissens hätten sich die Almbewirtschafter jedoch auf den Referenzflächenvorschlag bzw. eine vorangegangene Vor-Ort-Kontrolle verlassen und somit die Flächen nach bestem Wissen und Gewissen beantragt. Vor allem bei der Vor-Ort-Kontrolle der Alm XXXX sei eine geänderte Vorgehensweise der belangten Behörde in Bezug auf die Feldstücksbildung erkennbar.

Der Beschwerde beigefügt war ein Konvolut an Unterlagen, insbesondere ein Schreiben an die belangte Behörde vom Mai 2017, in dem der Almobmann der Alm XXXX im Wesentlichen ausführt, dass sich die Vorgehensweise der belangten Behörde in Bezug auf die Flächenfeststellung und Auffassung, ob Futterfläche vorliege oder nicht, bei Gemeinschaftsweiden während der Förderperiode zum Nachteil der Antragsteller geändert habe und somit ein Behördenirrtum vorliege und keinesfalls ein Verschulden der Bewirtschafter bzw. Auftreiber der gegenständlichen Alm. Vormals seien große Feldstücke mit vielen Schlägen, auch 0-%-Schläge gebildet worden. Dies entspreche auch der Vorgehensweise im Zuge der Almfutterflächenermittlung, Gemeinschaftsweiden würden in ähnlicher Art und Weise wie Almen genutzt bzw. bewirtschaftet. Jetzt würden viele Feldstücke, vergleichbar mit der Schlagbildung zuvor gebildet und Flächen mit einer Futterfläche < 20 % würden nicht mehr berücksichtigt. Auf Grund dessen habe sich die Summe der Feldstücke (Brutto) vom tatsächlichen, nach wie vor zur Verfügung stehenden und genutzten Weidegebiet von über 400 ha auf lediglich ca. 125,26 ha im Zuge des Referenzflächenvorschlages bzw. 126,58 ha im Zuge der VOK 2016 reduziert. Diese Flächendifferenz sei weder in der Natur noch am Luftbild nachvollziehbar, siehe Luftbildervergleich der beiden Jahre. Jedenfalls dürften aufgrund der Tatsache der geänderten Flächenfeststellung und somit geänderten Vorgehensweise der belangten Behörde keine Rückforderungen erfolgen. Das zur Verfügung stehende Weidegebiet erstrecke sich nach wie vor auf über 400 ha, das aufgetriebene Weidevieh sei über die Jahre ziemlich konstant geblieben und auch die tatsächliche Weidefläche habe sich in der Natur nur unwesentlich geändert. Trotz dieser Tatsachen hätten sich die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen über die Jahre um über 50 % (19,12 / 37,78 * 100 = 50,6 %) verringert.

9. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 28.03.2018 wurde der beschwerdeführenden Partei die EBP für das Antragsjahr in Höhe von EUR 3.760,73 gewährt. Die belangte Behörde ging von 35,57 vorhandenen Zahlungsansprüchen, einer beantragten beihilfefähigen Fläche von 35,23 ha und einer ermittelten Fläche von 31,55 ha aus. Eine Flächensanktion wurde nicht verhängt. Begründend verwies die belangte Behörde auf Vor-Ort-Kontrollen vom 28.06.2016 und 10.07.2014, bei welchen 3,62 ha an Flächenabweichungen ohne Sanktion ermittelt worden seien.

10. Dagegen richtet sich der binnen offener Frist eingebrachte Vorlageantrag, in dem im Wesentlichen ausgeführt wird, dass zwar die Sanktion behoben worden sei, jedoch auf den Einwand hinsichtlich des Behördenirrtums wegen der geänderten Vorgehensweise bei Flächenfeststellungen auf Gemeinschaftsweiden nicht eingegangen worden sei.

11. Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und führte im Zuge dessen im Wesentlichen aus, dass die Kompression nicht durchgeführt werde, da sich die Anzahl der Zahlungsansprüche nach der Kompression nicht verringern würde (Kompressionsgrad: 1,00, vgl. Art. 18 VO (EG) 1120/2009) und die komprimierbare Fläche aller Almen im Antragsjahr (das sind 23,47 ha) größer oder gleich der Almfläche des Referenzzeitraumes (20,82 ha) sei (Art. 18 Abs. 1 VO (EG) 1120/2009).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der beschwerdeführenden Partei standen im Antragsjahr 2013 anstatt der beantragten 35,23 ha lediglich 31,55 ha an landwirtschaftlichen Flächen zur Verfügung. Sie verfügte im Antragsjahr über 35,57 Zahlungsansprüche.

Der angefochtene Bescheid wurde am 03.11.2017 erlassen, die Beschwerdevorentscheidung am 29.03.2018.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Umfang der vorhandenen landwirtschaftlichen Flächen sowie der Zahlungsansprüche ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid. Die bescheidmäßigen Feststellungen beruhen zum Großteil auf den Ergebnissen einer Vor-Ort-Kontrolle vom 28.06.2016 auf der Alm XXXX , auf die die beschwerdeführende Partei im Antragsjahr ihre Raufutter verzehrenden Großvieheinheiten (RGVE) aufgetrieben hat. Die Ergebnisse dieser Vor-Ort-Kontrolle wurden von der beschwerdeführenden Partei nicht materiell bestritten, sie bringt lediglich allgemein und ohne Details anzuführen vor, dass eine Vor-Ort-Kontrolle des Jahres 2016 eine untaugliche Berechnungsbasis für die Jahre 2011 bis 2013 sei, da sich die Vorgehensweise der belangten Behörde sowie die Auffassung ihrer Kontrollorgane bezüglich Feststellung von Futterflächen völlig geändert hätten. Nähere Angaben, welche Kontrollfeststellungen bezüglich welcher Schläge objektiv unrichtig seinen, bleiben sowohl Beschwerde als auch Vorlageantrag schuldig. Der große Unterschied in den Flächenfeststellungen zwischen den Vor-Ort-Kontrollen 2009 und 2016 sind für die Beurteilung der Richtigkeit der Vor-Ort-Kontrolle 2016 irrelevant. Für das Gericht sind auch keine sonstigen Gründe hervorgekommen, von den Ergebnissen der Vor-Ort-Kontrolle 2016 Abstand zu nehmen, weshalb diese seiner Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. I Nr. 376/1992 idgF iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

Zu A)

3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Die Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19.01.2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 ABl L 2009/30, 16 (im Folgenden VO (EG) 73/2009) lautet auszugsweise:

"Artikel 19

Beihilfeanträge

(1) Jeder Betriebsinhaber muss für die Direktzahlungen jedes Jahr einen Antrag einreichen, der gegebenenfalls folgende Angaben enthält:

a) alle landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs und im Fall der Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 die Anzahl und den Standort der Ölbäume auf der Parzelle,

b) die für die Aktivierung gemeldeten Zahlungsansprüche,

c) alle sonstigen Angaben, die in dieser Verordnung oder von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgesehen sind.

[...]"

"Artikel 33

Zahlungsansprüche

(1) Betriebsinhaber können die Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn sie

a) Zahlungsansprüche besitzen, die sie gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 erhalten haben;

b) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung [...] erhalten haben.

[...]"

"Artikel 34

Aktivierung von Zahlungsansprüchen je beihilfefähige Hektarfläche

(1) Eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die Zahlung der darin festgesetzten Beträge.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Ausdruck "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs und jede Fläche mit Niederwald mit Kurzumtrieb (KN-Code ex060290 41), die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird,

[...]

Artikel 35

Meldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Der Betriebsinhaber meldet die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen diese Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat für die Änderung des Beihilfeantrags festgesetzten Zeitpunkt liegen darf.

(2) Die Mitgliedstaaten können unter ordnungsgemäß begründeten Umständen den Betriebsinhaber ermächtigen, seine Anmeldung zu ändern, sofern er die seinen Zahlungsansprüchen und den Bedingungen für die Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie für die betreffende Fläche entsprechende Hektarzahl einhält."

"Artikel 37

Mehrfachanträge

Für die beihilfefähige Hektarfläche, für die ein Antrag auf Zahlung der einheitlichen Betriebsprämie gestellt wurde, kann ein Antrag auf alle anderen Direktzahlungen sowie alle anderen nicht unter diese Verordnung fallenden Beihilfen gestellt werden, sofern in der vorliegenden Verordnung nichts anderes vorgesehen ist."

Die Verordnung (EG) 1122/2009 der Kommission vom 30.11.2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor ABl L 2009/316, 65 (im Folgenden VO (EG) 1122/2009) lautet auszugsweise:

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Rahmen dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen von

Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009. Es gelten auch folgende Begriffsbestimmungen:

[...]

23. "ermittelte Fläche": Fläche, die allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt; im Rahmen der Betriebsprämienregelung ist die beantragte Fläche nur zusammen mit der entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen als ermittelte Fläche zu betrachten;

[...]"

"Artikel 12

Inhalt des Sammelantrags

(1) Der Sammelantrag muss alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere

a) die Identifizierung des Betriebsinhabers;

b) die betreffende(n) Beihilferegelung(en);

c) die Identifizierung der Zahlungsansprüche entsprechend dem Identifizierungs- und Registrierungssystem gemäß Artikel 7 im Rahmen der Betriebsprämienregelung;

d) die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs, ihre Fläche ausgedrückt in Hektar mit zwei Dezimalstellen, ihre Lage und gegebenenfalls ihre Nutzung mit dem Hinweis, ob die Parzelle bewässert wird;

e) eine Erklärung des Betriebsinhabers, dass er von den Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfen Kenntnis genommen hat.

[...]"

"Artikel 57

Berechnungsgrundlage in Bezug auf die angemeldeten Flächen

(1) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angemeldeten Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angemeldete Fläche berücksichtigt.

(2) Bei einem Beihilfeantrag im Rahmen der Betriebsprämienregelung gilt Folgendes:

-

ergibt sich eine Abweichung zwischen den angemeldeten Zahlungsansprüchen und der angemeldeten Fläche, so wird für die Berechnung der Zahlung die niedrigere der beiden Größen zugrunde gelegt;

-

liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so werden die angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt.

(3) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen die im Sammelantrag angemeldete Fläche über der ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird die Beihilfe, unbeschadet der gemäß den Artikeln 58 und 60 vorzunehmenden Kürzungen und Ausschlüsse, auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.

Unbeschadet von Artikel 30 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 wird jedoch im Falle, dass die Differenz zwischen der ermittelten Gesamtfläche und der für Zahlungen im Rahmen von Beihilferegelungen gemäß den Titeln III, IV und V der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 angemeldeten Gesamtfläche 0,1 ha oder weniger beträgt, die ermittelte Fläche mit der angemeldeten Fläche gleichgesetzt. Für diese Berechnung werden nur Übererklärungen auf Kulturgruppenebene berücksichtigt.

Unterabsatz 2 gilt nicht, wenn diese Differenz mehr als 20 % der für Zahlungen angemeldeten Gesamtfläche beträgt."

"Artikel 73

Ausnahmen von der Anwendung der Kürzungen und Ausschlüsse

(1) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.

(2) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung auf die betreffenden Teile des Beihilfeantrags, wenn der Betriebsinhaber die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, der Betriebsinhaber hat von der Absicht der zuständigen Behörde Kenntnis erlangt, bei ihm eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, oder die zuständige Behörde hat den Betriebsinhaber bereits über Unregelmäßigkeiten in Bezug auf den Beihilfeantrag unterrichtet.

Die nach Unterabsatz 1 erfolgte Mitteilung des Betriebsinhabers führt zu einer Anpassung des Beihilfeantrags an die tatsächliche Situation."

"Artikel 80

Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge

(1) Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 2 berechneten Zinsen verpflichtet.

(2) Die Zinsen werden für den Zeitraum zwischen der im Rückforderungsbescheid an den Begünstigten angegebenen Zahlungsfrist, die nicht mehr als 60 Tage betragen sollte, und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung bzw. des Abzuges berechnet.

Der anzuwendende Zinssatz wird nach Maßgabe der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften festgesetzt, darf jedoch nicht niedriger sein als der bei der Rückforderung von Beträgen nach einzelstaatlichen Vorschriften geltende Zinssatz.

(3) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte.

Bezieht sich der Irrtum auf Tatsachen, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist."

Das Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 - MOG 2007), BGBl I 2007/55, lautet auszugsweise:

"3. Abschnitt

Gemeinsame Bestimmungen

Vorschriften zu Bescheiden und Rückzahlung

§ 19. (1) Die AMA spricht gleichzeitig mit der Entscheidung über die Prämiengewährung eines Antragsjahres auch über alle dieses Antragsjahr betreffenden Anträge, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der entsprechenden Stützungsregelung stehen, ab.

(2) Bescheide zu den in §§ 7, 8 bis 8h und 10 angeführten Maßnahmen können zusätzlich zu den in § 68 AVG angeführten Gründen von Amts wegen von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, aufgehoben oder abgeändert werden, soweit dies zur Erfüllung unionsrechtlicher Vorgaben erforderlich ist.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht kann der AMA auftragen, gemäß den Vorgaben im Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.

(4) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts abändern, aufheben oder ersetzen, ist die AMA an die für die Erkenntnisse maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden.

(5) Soweit es zur Durchführung von Regelungen des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts erforderlich und notwendig ist, können in Verordnungen nach den §§ 7 und 10 auch Dritte, die Marktordnungswaren erzeugen, gewinnen, be- oder verarbeiten, verbringen, ein- oder ausführen, besitzen oder besessen haben oder unmittelbar oder mittelbar am Geschäftsverkehr mit solchen Waren teilnehmen oder teilgenommen haben, zur Rückzahlung von Vorteilen aus zu Unrecht gewährten Vergünstigungen im Sinne dieses Bundesgesetzes verpflichtet werden.

(6) Die Höhe des rückzuzahlenden Betrages ist durch Bescheid festzusetzen.

(7) Abweichend von § 14 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, beträgt die Frist für eine Beschwerdevorentscheidung vier Monate.

(7a) Erwachsen dem Bundesverwaltungsgericht bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür der Beschwerdeführer aufzukommen. § 76 AVG ist sinngemäß anzuwenden.

(7b) Das Bundesverwaltungsgericht kann das zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes erforderliche Ermittlungsverfahren durch eine von ihm zu bestimmende, sachlich in Betracht kommende Behörde durchführen oder ergänzen lassen.

(8) Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Bundesminister oder der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus die im Bereich der Gemeinsamen Marktorganisationen gefällten Erkenntnisse in technisch geeigneter Weise nachrichtlich zu übermitteln.

(9) Der Bundesminister oder die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus kann wegen Rechtswidrigkeit gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts Revision erheben."

3.3. Rechtliche Würdigung:

3.3.1. Beschwerdevorentscheidung

Der angefochtene Bescheid wurde laut Angaben der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerdeschrift am 03.11.2017, die Beschwerdevorentscheidung am 29.03.2018 zugestellt. Gemäß § 19 Abs. 7 MOG beträgt die Frist für eine Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde vier Monate, nach Ablauf dieser Frist geht die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Beschwerde ex lege auf das Bundesverwaltungsgericht über. Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdevorentscheidung deutlich nach Ablauf dieser Frist und somit von einer unzuständigen Behörde erlassen, weshalb die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos zu beheben war.

3.3.2. angefochtener Bescheid

Nach den oben angeführten Rechtsvorschriften erfolgt die Auszahlung der Einheitlichen Betriebsprämie auf Grundlage eines Antrages des Beihilfeempfängers. Eine Vor-Ort-Kontrolle hat eine Reduktion der Almfutterfläche ergeben. Die Behörde war daher nach Art. 80 der VO (EG) 1122/2009 verpflichtet, jenen Betrag, der aufgrund des ursprünglich eingereichten Antrages zuerkannt worden war, aber den nunmehr zustehenden Betrag übersteigt, zurückzufordern (VwGH 09.09.2013, 2011/17/0216).

Das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle ist, wie sich aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergibt, nicht zu beanstanden, der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Rückforderung der zuviel ausgezahlten Prämie ist daher nicht entgegenzutreten.

Bezüglich der verhängten Flächensanktion ist folgendes auszuführen:

Bei der Vor-Ort-Kontrolle vom 07.09.2009 wurde hinsichtlich der Alm XXXX eine Futterfläche von 56,70 ha ermittelt. Im Jahr 2012 wurde die Alm mit einer Futterfläche von 56,75 ha, im Antragsjahr von 54,34 ha beantragt. Es wurden daher 2012 und 2013 annähernd das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2009 beantragt, sodass von einem Vertrauen des Antragstellers auf die VOK 2009 ausgegangen werden kann. Somit liegen im gegenständlichen Fall hinsichtlich der Alm XXXX die Voraussetzungen gemäß Art. 73 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 vor, um von den ausgesprochenen Flächensanktionen Abstand zu nehmen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gegenständlich abgesehen werden, da das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft und die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten wurden. Das Gericht konnte so aufgrund des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention EMRK) BGBl 1958/2010 in der geltenden Fassung, oder Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) ABl C 2012/326, 391, bedeutet hätte (VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es liegt auch dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit,
Berechnung, Bescheidabänderung, Beschwerdevorentscheidung,
Direktzahlung, einheitliche Betriebsprämie, Entscheidungsfrist,
ersatzlose Behebung, Flächenabweichung, Fristablauf,
Fristüberschreitung, Fristversäumung, INVEKOS, Irrtum, Kassation,
Kontrolle, Kürzung, Mehrfachantrag-Flächen, Mitteilung,
Prämienfähigkeit, Prämiengewährung, Rechtzeitigkeit, Rückforderung,
unzuständige Behörde, Unzuständigkeit BVwG, Verschulden, verspätete
Entscheidung, Verspätung, Vertrauensschutz, Vorlageantrag,
Zahlungsansprüche, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W113.2204583.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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