TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/18 W119 2144987-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W119 2144987-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.12.2016, Zahl: IFA 831831106 + VZ 2312432, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4.3.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. § 57 AsylG wird nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Volksrepublik China, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Dazu gab er anlässlich seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag zunächst an, der Volksgruppe der Han anzugehören sowie ohne Bekenntnis, verheiratet und Vater von zwei Kindern zu sein. In der Heimat habe er die Schule bis zur Matura besucht und er sei Beamter in der Provinz XXXX gewesen.

Zu seinem Fluchtgrund brachte er vor, dass er mit einem Mann um Geld gestritten und ihn zusammengeschlagen habe, sodass diese Person ins Krankenhaus gemusst hätte. Der Beschwerdeführer wäre zu einer Geldstrafe verurteilt worden und hätte seinen Job verloren. Zudem hätte das Opfer noch Rache ausüben wollen. Bei einer Rückkehr fürchte er sich einerseits vor der Rache des Gegners sowie - wegen Nichtzahlung der Geldstrafe - vor der Polizei.

Am 21.9.2016 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) einvernommen. Dabei brachte er zunächst vor, dass sein Sohn 1996 und seine Tochter 1992 geboren sei. Seine letzte Adresse sei in der Stadt XXXX in der Provinz XXXX gewesen. Als Beamter im Familienplanungsbüro habe er 2000 RMB verdient.

Am 19. Oktober 2013 hätte er China mit einem Direktflug verlassen und sei am nächsten Tag in Österreich gelandet, zwischen seiner Ankunft und seiner Antragstellung habe er nichts gemacht. Die Nächte hätte er teilweise im Freien, teilweise an öffentlichen Plätzen und teilweise bei Freunden verbracht. Als er bei einem Freund gewesen sei, sei es zu einer Polizeikontrolle gekommen und der Beschwerdeführer bei dieser festgenommen worden. In der Haft habe er den Asylantrag gestellt. Dass er dies nicht vorher getan hätte, erklärte er damit, sich nicht ausgekannt zu haben und nicht Deutsch zu können. Vorgehalten, er sei in dem Restaurant, wo er festgenommen worden sei, bereits zweimal angetroffen und sein Chef angezeigt worden, weil der Beschwerdeführer unangemeldet als Küchenkraft beschäftigt gewesen sei und nach Angaben dort auch geschlafen habe, erklärte er, er hätte im Jahr 2015 dort ebenfalls "die Freundin" besucht.

Zu seinem Fluchtgrund brachte er vor, jemand wäre schwer verletzt worden und man hätte dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dies getan zu haben. Aufgefordert, genauere Angaben zu machen, gab er an, die Regierung hätte im August 2011 sein Ackerbauland und sein Haus enteignen wollen. Pro Mu hätte er mindestens 30 000 RMB erhalten sollen, jedoch sei die Regierung bereit gewesen, ihm lediglich etwas mehr als 10 000 RMB pro Mu zu bezahlen. Aus diesem Grund sei er mit der geplanten Enteignung nicht einverstanden gewesen. Um ihn aus dem Haus zu vertreiben, habe man ihm den Strom abgedreht und Leute von der Mafia zu ihm geschickt. Dass es sich um Mafiaangehörige handle, wisse er, weil es in dieser Gegend üblich sei, in so einem Fall Mafialeute zu engagieren. Die Regierung habe mit Spekulanten zusammengearbeitet, die Mafialeute seien von diesen Spekulanten geschickt worden. Die Betroffenen hätten versucht, dies zu verhindern. Es sei zu Handgreiflichkeiten gekommen, dabei wären zwei Personen ums Leben gekommen, vier Betroffene verletzt und manche in das Krankenhaus gebracht worden. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer weggelaufen. Obwohl er selbst niemanden verletzt habe, hätte man ihn dessen beschuldigt. Am Ende wäre die Polizei eingeschaltet worden; als diese gekommen sei, wären alle weggelaufen, um einer Festnahme zu entgehen und der Beschwerdeführer nach Peking gefahren, wo er sich bis zu seiner Ausreise aufgehalten habe.

Nochmals aufgefordert, die Handgreiflichkeiten näher zu beschreiben, erklärte der Beschwerdeführer, sie seien gekommen und hätten die Häuser zwangsenteignen und abreißen wollen. Es habe sich um mehr als zehn Personen gehandelt, einige von ihnen seien Leute der Mafia gewesen. Sie hätten Eisenstangen gehabt, die Betroffenen hingegen nur Holzstangen und Schaufeln. Dann sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen, bei denen manche verletzt worden seien, manche hätten die Polizei oder die Rettung angerufen. Nach seiner Rolle gefragt, gab der Beschwerdeführer an, nur anwesend und nicht daran beteiligt gewesen zu sein. Er habe nichts gemacht. Das Ereignis habe vor den Häusern auf der Baustelle stattgefunden, sehr viele Personen seien anwesend gewesen. Wie viele, könne er nicht aufzählen. Alleine von der Mafia wären es mehr als zehn, es seien Unzählige gewesen. Betroffen seien insgesamt mehr als zehn Haushalte des Dorfes gewesen. Dieses befinde sich in der Provinz XXXX , in der Stadt XXXX , im Kreis XXXX .

Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit seinen Eltern, seiner Ehefrau und seinen Kindern in seinem elterlichen einstöckigen Haus gewohnt. Seine Frau habe sich mittlerweile einen anderen Mann gesucht, die Eltern und die Kinder würden bei seiner älteren Schwester in einem anderen Dorf leben. Er selbst sei nicht zu seiner Schwester gezogen, um einer Festnahme zu entgehen.

Die Sicherheitsbehörde hätte ihn festnehmen wollen, weil ein weiterer Festgenommener angegeben habe, dass der Beschwerdeführer auch an den Handgreiflichkeiten beteiligt gewesen wäre. Die Behörde hätte ihn gesucht, im Falle einer Inhaftierung würde man ihn verurteilen und er müsste eventuell mit einer Todesstrafe rechnen. Er selbst sei woanders hingelaufen und habe sich dort versteckt gehalten. In den nächsten zwei Wochen habe er nichts gemacht und sei kurze Zeit nach dem Vorfall mit einem Zug nach Peking gefahren. Dass er gesucht werde, habe er von seinen Angehörigen erfahren. Während des Aufenthalts in Peking habe er gelegentlich gearbeitet und bei diversen Freunden gewohnt.

Vorgehalten, der Beschwerdeführer habe bei seiner ersten Befragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen völlig anderen Sachverhalt geschildert, erwiderte er, dort gar nicht so genau befragt worden zu sein. Zudem sei die Dolmetscherin eine Österreicherin gewesen, die in China studiert hätte.

Weiters brachte er vor, dass sein jüngerer Bruder an den Handgreiflichkeiten beteiligt gewesen wäre. Deshalb habe er das letzte Mal so ausgesagt, damit dieser aus der Sache rausgehalten werde. Sein Bruder befinde sich zu Hause in China. Nachgefragt, welchen Einfluss diese Erzählung über seinen Bruder mit seinem Asylverfahren zu tun habe, antwortete der Beschwerdeführer, man habe ihn letztes Mal nicht richtig verstanden. Sein Bruder habe das getan, man habe den Bruder festnehmen wollen, aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer hierher geflüchtet. Der Bruder sei Beamter im Hygieneamt. Als der Beschwerdeführer noch in China gewesen sei, habe er, um seinen Bruder zu schützen, sogar zugegeben, selbst an den Handgreiflichkeiten beteiligt gewesen zu sein. Dies sei Mitte August 2011 gewesen, als den Beschwerdeführer Leute von der Sicherheitsbehörde zu Hause aufgesucht hätten. Danach hätte die Regierung den Beschwerdeführer festnehmen wollen, weswegen er weggelaufen sei. Auf der Liste, damit sei eine Vorladung zur Sicherheitsbehörde gemeint, sei der Name des Beschwerdeführers gestanden. Deshalb seien die Leute von der Sicherheitsbehörde bei ihm zu Hause gewesen und hätten im festnehmen wollen. Glücklicherweise habe er sich zu dem Zeitpunkt nicht dort befunden, sondern sei "unterwegs" gewesen. Als er von seinen Familienangehörigen davon erfahren habe, habe er sich nach Peking begeben. Dort hätte er Gelegenheitsjobs ausgeübt, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Danach sei er ausgereist.

Nachgefragt, was aus dem Verfahren gegen ihn geworden sei, erklärte er, wenn man in China Geld schulde, müsse man dies zurückgeben, wenn man jemanden töte, erhalte man die Todesstrafe. Seine Angaben in der Erstbefragung vorgehalten, zu einer Geldstrafe verurteilt worden zu sein, erwiderte der Beschwerdeführer, demjenigen Geld zu schulden, den er verletzt habe. Es handle sich um Entschädigungszahlungen. Auf Vorhalt, er hätte nunmehr ausgesagt, jemanden geschlagen zu haben und dieser Person Geld zu schulden, vorhin wäre dies noch sein Bruder gewesen, erklärte der Beschwerdeführer, er hätte selbst jemanden wegen dieser Enteignung verletzt und müsse deswegen Schmerzensgeld bezahlen. Vorgehalten, er hätte anfangs gesagt, dass Leute von der Mafia gekommen wären und er an den Handgreiflichkeiten unbeteiligt gewesen sei, später erklärte, es sei eigentlich sein Bruder gewesen und der Beschwerdeführer hätte die Schuld auf sich genommen, wäre aber trotzdem unbeteiligt gewesen und bringe nun vor, selbst jemanden verletzt zu haben, antwortete der Beschwerdeführer, die Mafialeute seien nicht nur das eine Mal dagewesen, sondern sogar fast täglich. Bei dem einen Mal, als sein Bruder jemanden verletzt hätte, sei er selbst nicht vor Ort gewesen. Es habe mehrere Vorfälle gegeben. Beim dritten Mal hätte er selbst jemanden verletzt. Da er beim ersten Mal nicht so genau gefragt worden sei, sei es zu Missverständnissen gekommen.

Bei einer Rückkehr nach China fürchte er, festgenommen zu werden.

In Österreich habe er eine Obdachlosenmeldung und schlafe manchmal an Bahnhöfen und bei Freunden.

Mit dem gegenständlichen, im Spruch angeführten, Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i. V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Volksrepublik China abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 57 und 55 Asylgesetz nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 Asylgesetz i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Volksrepublik China zulässig sei (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde festgelegt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Dagegen wurde in vollem Umfang Beschwerde erhoben. Darin brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dort, wo sein Elternhaus liege, Ackerbauland von drei Mu zu besitzen. Die Behörde hätte das Ganze enteignen wollen, weil sie meistens mit Spekulanten zusammenarbeite. Die Entschädigung hätte mindestens 30 000 RMB betragen sollen, man habe ihm aber nur 10 000 RMB bezahlen wollen. Der Beschwerdeführer sei deshalb mit dem Angebot nicht einverstanden gewesen und beharrlich in seinem Zuhause geblieben. Um ihn aus dem Haus zu vertreiben, habe man ihn den Strom abgedreht und Leute zu ihnen geschickt. Das Ganze betreffe nicht nur ihn, sondern auch die anderen Bewohner seines Dorfes. Die Situation sei eskaliert und es sei zur Rauferei zwischen diesen Leuten und den Betroffenen gekommen, unter denen auch der Beschwerdeführer gewesen sei. Dabei seien zwei Personen ums Leben gekommen und vier verletzt worden. Nachdem die Polizei eingeschaltet worden sei, habe dem Beschwerdeführer die Festnahme gedroht.

Am 4.3.2019 hielt das Bundesverwaltungsgericht im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Chinesisch eine öffentliche mündliche Verhandlung ab.

Dabei brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, sich nicht an seine Angaben vor dem Bundesamt erinnern zu können, er fürchte, an Alzheimer zu leiden. Da er nicht krankenversichert sei, sei er nicht beim Neurologen gewesen. Seine Freunde hätten für ihn Medikamente gekauft. Zudem habe er Schmerzen in der linken Schulter, die in den linken Oberarm ausstrahlen würden. Gegen die Schmerzen nehme er Medikamente. Zudem habe er ein Mittel gegen Zahnschmerzen.

Von seinen Angehörigen würden noch seine Frau und seine Kinder sowie sein jüngerer Bruder in China leben. Wo genau, wisse er nicht, er stehe nicht in Kontakt zu ihnen. In der Heimat habe er in der Regierung gearbeitet zwar in dem Bereich für "Steuerkassierer für Bauern und für die Einkindpolitik und dann für die Sicherheit". Sein Bruder arbeite in dem Büro für Grundstücke.

China habe er wegen der Immobilien und der Regierung verlassen. Sie hätten sein Grundstück kaufen wollen und er sei nicht einverstanden gewesen, weshalb es eine Streiterei gegeben habe. Er könne sich an das, was passiert sei, nicht mehr erinnern, weil er sein Gedächtnis verliere. Jemand aus XXXX habe bei ihnen das Grundstück abkaufen wollen, um ein Stahlwerk zu errichten. Derjenige, der das Stahlwerk errichten wolle, arbeite mit der Regierung zusammen und habe den Bauern weniger Entschädigung zahlen wollen. Teile der Bauern seien einverstanden gewesen und andere dagegen. Diese Person habe auch Mafiosi beauftragt, um die Häuser mit Gewalt abzureißen. Beide Seiten hätten Verletzungen erlitten. Der Beschwerdeführer habe an dieser Schlägerei nicht teilgenommen, aber man habe ihm eine Beteiligung unterstellt und ihn zu Hause gesucht, weshalb er dort nicht mehr bleiben hätte können. Wer ihm die Beteiligung unterstellt habe, wisse er nicht, man könne dies auch nicht erfahren. Er selbst sei bei der Schlägerei anwesend gewesen, hätte jedoch nicht mitgemacht, sondern versucht, die Leute auseinander zu bringen. Einer sei dabei schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert worden, eine weitere Person verstorben. Mitglieder seiner Familie seien nicht dabei gewesen, sondern zu Hause. Die Schlägereien hätten auf dem Grundstück, außerhalb des Hauses stattgefunden. Von den Unterstellungen gegen ihn habe er deshalb erfahren, weil ihn jemand von der Regierung gesucht habe. Zudem habe der Beschwerdeführer seine Arbeit verloren. Dass ihn jemand gesucht habe, habe er gemerkt, weil er zu Hause gewesen sei. Dieser habe ihn jedoch nicht gefunden, weil er von zu Hause nach Peking gegangen wäre, wo er gearbeitet habe. Sein Job in Peking sei von einem Bekannten vermittelt worden und sobald dieser von den Geschehnissen erfahren hätte, wäre es dem Beschwerdeführer nicht mehr möglich gewesen dort zu arbeiten. Bei einer Rückkehr nach China fürchte er, getötet zu werden.

Vorgehalten, der Beschwerdeführer habe beim Bundesamt angegeben, dass sein Bruder jemanden verletzt hätte, erwiderte der Beschwerdeführer, dieser sei gar nicht in der Nähe gewesen.

Deutsch habe der Beschwerdeführer nicht gelernt, weil er mit niemanden Kontakt habe und wie ein Wanderer lebe. Er arbeite nicht und habe während des Tages nichts zu tun. Die Dame, die ihn zur Verhandlung begleitet habe, sei die Mutter eines Freundes. Er kenne einige Personen, die hier ein Chinarestaurant führen würden. Eine Freundin habe er nicht und auch keine Kontakte zu Österreichern. Weder habe er einen Kurs besucht noch sei er Mitglied in einem Verein.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer die Länderfeststellungen zur Situation in der VR China übergeben und ihm zur Abgabe einer Stellungnahme eine zweiwöchige Frist eingeräumt. Eine solche Stellungnahme ist bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Volksrepublik China, gehört der Volksgruppe der Han an und ist ohne Bekenntnis. Er stammt aus der Stadt XXXX in der Provinz XXXX , reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt ins Bundesgebiet ein und stellte am 13.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er verdiente in der VR China seinen Lebensunterhalt als Beamter im Familienplanungsbüro. Der Beschwerdeführer ist verheiratet, seine Ehefrau, seine Kinder sowie seine Eltern halten sich weiterhin in der VR China auf. Zudem leben noch ein jüngerer Bruder, der ebenfalls im Staatsdienst ist, sowie eine Schwester in China.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in der VR China durch Behörden, Mafia-Angehörige oder sonstige Privatpersonen einer Verfolgung ausgesetzt war oder im Fall seiner Rückkehr ausgesetzt sein würde.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung und es besteht auch kein längerfristiger Pflege- oder Rehabilitationsbedarf.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten und keinen Freundeskreis. Er besitzt keine Deutschkenntnisse, die ihm eine auch nur einfache Kommunikation ermöglichen würden. Er erwirtschaftete in Österreich nie ein legales Einkommen, ist obdachlos und nicht krankenversichert. Zudem besuchte er weder Kurse noch übte er ehrenamtliche Tätigkeiten aus.

Zur Situation in der Volksrepublik China:

Sicherheitslage

Proteste auf lokaler Ebene haben in ganz China stark zugenommen. Sie richten sich vor allem gegen steigende Arbeitslosigkeit und Vorenthaltung von Löhnen, hauptsächlich von Wanderarbeitern. Bei den bäuerlichen Protesten auf dem Land geht es meistens um die (entschädigungslose oder unzureichend entschädigte) Enteignung von Land und fehlende Rechtsmittel. Auch stellen die chemische Verseuchung der Felder durch Industriebetriebe oder Umweltkatastrophen Gründe für Proteste dar. Nachdem die Anzahl sogenannter. "Massenzwischenfälle" über Jahre hinweg rasch zunahm, werden hierzu seit 2008 (mehr als 200.000 Proteste) keine Statistiken mehr veröffentlicht. Zwei Aktivisten, die seit 2013 durch eigene, über Twitter veröffentlichte Statistiken diese Lücke zu schließen versuchten, wurden im Juni 2016 verhaftet. Die lokalen Behörden verfolgen in Reaktion zumeist eine Mischstrategie aus engmaschiger Kontrolle, die ein Übergreifen nach außen verhindern soll, gepaart mit einem zumindest partiellen Eingehen auf die Anliegen (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 15.12.2016)

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 31.8.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Führung unternimmt Anstrengungen, das Rechtssystem auszubauen. Dem steht jedoch der Anspruch der Kommunistischen Partei (KP) auf ungeteilte Macht gegenüber. Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden ausdrücklich abgelehnt. Von der Verwirklichung rechtsstaatlicher Normen und einem Verfassungsstaat ist China noch weit entfernt. Im Alltag sind viele Chinesen weiterhin mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert (AA 4.2017a). Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China folglich nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 15.12.2016). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2016). Die KP dominiert das Rechtssystem auf allen Ebenen und erlaubt Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KP zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen durch die Anwendung sog. "Leitlinien". Während Bürger in nicht-politischen Fällen ein gewisses Maß an fairer Entscheidung erwarten können, unterliegen diejenigen, die politisch sensible Fragen oder die Interessen mächtiger Gruppen berühren, diesen "Leitlinien" der politisch-juristischen Ausschüsse (FH 1.2017a). Seit dem vierten Jahresplenum des 18. Zentralkomitees 2014 betont die Führung die Rolle des Rechts und ergriff Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität gerichtlicher Verfahren und zum Aufbau eines "sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung" unter dem Motto "yi fa zhi guo", wörtlich "den Gesetzen entsprechend das Land regieren". Echte Rechtsstaatlichkeit im Sinne der Achtung des Legalitätsprinzips in der Verwaltung und der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wird dabei aber dezidiert abgelehnt. Das in den Beschlüssen reflektierte Verständnis von Recht soll die Macht des Staates, dh. der Partei, keinesfalls einschränken, sondern vielmehr stärken (ÖB 11.2016).

Die wichtigste Einrichtung der KP zur Kontrolle des Rechtssystems ist die Kommission des Zentralkomitees für Politik und Recht (ZKPR). Das ZKPR ist in unterschiedlichen Unter-Formaten auf jeder gerichtlichen Ebene verankert, wobei die jeweiligen Ebenen der übergeordneten Ebene verantwortlich sind. Die Macht des Komitees, das auf allen Ebenen auf Verfahren Einfluss nimmt, wurde auch seit den Beschlüssen des Vierten Plenums der KP im Oktober 2014 bewusst nicht angetastet (ÖB 11.2016).

Die Richter-Ernennung erfolgt auf Provinzebene durch Rechtskomitees, welchen hochrangige Partei-Funktionäre angehören und welche von einem KP-Inspektorat überwacht werden. Richter sind verpflichtet, über Einflussnahmen seitens lokaler Politiker auf Verfahren Bericht zu erstatten. Es ist für Richter schwierig, zwischen "Unabhängigkeit" von lokalen politischen Einflüssen, und Loyalität zur KP-Linie (welche regelmäßig miteinander und mit einflussreichen Wirtschafts- und Privatinteressen verbunden sind) zu navigieren. Trotz laufender Reformbemühungen gibt es - vor allem auf unterer Gerichtsebene - noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern (ÖB 11.2016).

Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll "Fehlverhalten" von Justizbeamten und Staatsanwälten in juristischen Prozessen unterbinden. Das Oberste Volksgericht (OVG) unter seinem als besonders "linientreu" geltenden Präsidenten und die Oberste Staatsanwaltschaft haben in ihren Berichten an den Nationalen Volkskongress im März 2014 in erster Linie gefordert, "Falschurteile" der Gerichte zu verhindern, die Richterschaft an das Verfassungsverbot von Folter und anderen Zwangsmaßnahmen bei Vernehmungen zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass Verurteilungen sich nicht allein auf Geständnisse stützen dürfen. Die Regierung widmet sowohl der juristischen Ausbildung als auch der institutionellen Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften seit mehreren Jahren große Aufmerksamkeit (AA 15.12.2016).

Das umstrittene System der "Umerziehung durch Arbeit" ("laojiao") wurde aufgrund entsprechender Beschlüsse des 3. Plenums des ZK im November 2013 offiziell am 28.12.2013 abgeschafft. Es liegen Erkenntnisse vor, wonach diese Haftanstalten lediglich umbenannt wurden, etwa in Lager für Drogenrehabilitation, rechtliche Erziehungszentren oder diese als schwarze Gefängnisse weiter genutzt werden (AA 15.12.2016).

Mit der letzten großen Novellierung 2013 sieht die Strafprozessordnung genaue Regeln für Festnahmen vor, führt den "Schutz der Menschenrechte" an und verbietet Folter und Bedrohung bzw. Anwendung anderer illegaler Methoden zur Beweisermittlung. Es besteht jedoch eine teilweise erhebliche Divergenz zwischen den Rechtsvorschriften und deren Umsetzung, und werden diese zum Zwecke der Unterdrückung von politisch unliebsamen Personen instrumentalisiert. Laut Strafprozessordnung müssen auch im Falle einer Festnahme wegen Terrorismus, der Gefährdung der Staatssicherheit oder der schwerwiegenden Korruption die Angehörigen von in Untersuchungshaft sitzenden Personen innerhalb von 24 Stunden über die Festnahme informiert werden, nicht jedoch über den Grund der Festnahme oder über den Aufenthaltsort. Zudem besteht diese Informationspflicht nicht, wenn durch diese Information die Ermittlungen behindert würden - in diesen Fällen müssen Angehörige erst nach 37 Tagen informiert werden. Was eine "Behinderung der Ermittlung" bedeutet, liegt im Ermessen der Polizei, es gibt kein Rechtsmittel dagegen. Da Verdächtige sich formell in Untersuchungshaft befindet, muss der Ort der Festhaltung laut Gesetz auch in diesen Fällen eine offizielle Einrichtung sein. Der Aufenthaltsort kann auch außerhalb offizieller Einrichtungen liegen. Diese Möglichkeit wurde mit der Strafprozessnovelle 2012 eingeführt und von Rechtsexperten wie dem Rapporteur der UN-Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances wegen des inhärenten Folterrisikos als völkerrechtswidrig kritisiert (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

Willkürliche Verhaftungen oder Hausarrest ("soft detention") ohne gerichtliche Verfahren kommen häufig vor. Die Staatsorgane griffen verstärkt auf den "Hausarrest an einem festgelegten Ort" zurück - eine Form der geheimen Inhaftierung ohne Kontakt zur Außenwelt, die es der Polizei erlaubt, eine Person für die Dauer von bis zu sechs Monaten außerhalb des formellen Systems, das die Inhaftierung von Personen regelt, und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand der eigenen Wahl, zu Familienangehörigen oder anderen Personen der Außenwelt festzuhalten. Dadurch wurden diese Personen der Gefahr ausgesetzt, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Diese Inhaftierungspraxis dient dazu, die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern - einschließlich der von Rechtsanwälten, politisch engagierten Bürgern und Angehörigen von Religionsgemeinschaften - zu unterbinden (ÖB 11.2016; vgl. AA 15.12.2016, AI 22.2.2017).

Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem "Verwaltungsstrafen" verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer "Verwaltungshaft" (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten "black jails" kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren (AA 15.12.2016).

Das 2013 in Kraft getretene revidierte Strafverfahrensgesetz verbessert v.a. die Stellung des Verdächtigen/Angeklagten und der Verteidigung im Strafprozess; die Umsetzung steht aber in der Praxis in weiten Teilen noch aus. Auch der Zeugenschutz wird gestärkt. Chinesische Experten gehen davon aus, dass die Durchsetzung dieser Regeln viele Jahre erfordern wird (AA 15.12.2016). Der Schutz jugendlicher Straftäter wurde erhöht (ÖB 11.2014).

2014 wurden schrittweise weitere Reformen eingeleitet, darunter die Anordnung an Richter, Entscheidungen über ein öffentliches Onlineportal zugänglich zu machen sowie ein Pilotprojekt in sechs Provinzen um die Aufsicht über Bestellungen und Gehälter auf eine höhere bürokratische Ebene zu verlagern. Beim vierten Parteiplenum im Oktober 2014 standen Rechtsreformen im Mittelpunkt. Die Betonung der Vorherrschaft der Partei über das Rechtssystem und die Ablehnung von Aktionen, die die Unabhängigkeit der Justiz erhöhen würden, wurde jedoch beibehalten. Dies führte zu Skepsis hinsichtlich der tatsächlichen Bedeutung der Reform (FH 1.2015a).

Das chinesische Strafgesetz hat die früher festgeschriebenen "konterrevolutionären Straftaten" abgeschafft und im Wesentlichen durch Tatbestände der "Straftaten, welche die Sicherheit des Staates gefährden" (Art. 102-114 chin. StG) ersetzt. Danach können vor allem Personen bestraft werden, die einen politischen Umsturz/Separatismus anstreben oder das Ansehen der VR China beeinträchtigen. Gerade dieser Teil des Strafgesetzes fällt durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe auf (AA 15.12.2016). Die Regierung hat weitere Gesetze zur nationalen Sicherheit ausgearbeitet und verabschieden lassen, die eine ernste Gefahr für den Schutz der Menschenrechte darstellen. Das massive landesweite Vorgehen gegen Menschenrechtsanwälte und politisch engagierte Bürger hielt das ganze Jahr über an (AI 22.2.2017). Prozesse, bei denen die Anklage auf Terrorismus oder "Verrat von Staatsgeheimnissen" lautet, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Was ein Staatsgeheimnis ist, kann nach chinesischer Gesetzeslage auch rückwirkend festgelegt werden. Angeklagte werden in diesen Prozessen weiterhin in erheblichem Umfang bei der Wahrnehmung ihrer Rechte beschränkt. U.a. wird dem Beschuldigten meist nicht erlaubt, Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen; nur in seltenen Ausnahmefällen wird vom Gericht überhaupt eine Verteidigung bestellt (AA 15.12.2016).

Auch 2016 setzten sich die Übergriffe der Behörden auf Menschenrechtsanwälte das ganze Jahr hindurch mit Verhaftungen und strafrechtlichen Verfolgungen fort (FH 1.2017a). Rechtsanwälte, die in kontroversen Fällen tätig wurden, mussten mit Drangsalierungen und Drohungen seitens der Behörden rechnen, und in einigen Fällen wurde ihnen die weitere berufliche Tätigkeit verboten. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Zugang der Bürger zu einem gerechten Gerichtsverfahren sehr stark eingeschränkt war. Mangelhafte nationale Gesetze und systemische Probleme im Strafrechtssystem hatten weitverbreitete Folter und anderweitige Misshandlungen sowie unfaire Gerichtsverfahren zur Folge (AI 22.2.2017).

Seit der offiziellen Abschaffung der administrativen "Umerziehung durch Arbeit" im Jänner 2014 werden Menschenrechtsaktivisten vermehrt auf Basis der Strafrechtstatbestände der Unruhestiftung oder des Separatismus verurteilt und somit in Strafhaft gesperrt, wobei aufgrund der vagen Tatbestände ein strafrechtsrelevanter Sachverhalt relativ leicht kreiert werden kann (ÖB 11.2016). Häufig wurden Anklagen wegen "Untergrabung der staatlichen Ordnung", "Untergrabung der Staatsmacht", "Anstiftung zum Separatismus" "Anstiftung zu Subversion" oder "Weitergabe von Staatsgeheimnissen", sowie "Weitergabe nachrichtendienstlicher Informationen an das Ausland" erhoben und langjährige Gefängnisstrafen verhängt (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

Wegen der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz wählen viele Betroffene von Behördenwillkür den Weg der Petition bei einer übergeordneten Behörde (z.B. Provinz- oder Zentralregierung). Petitionen von Bürgern gegen Rechtsbrüche lokaler Kader in den Provinzen nehmen zu. Allein in Peking versammeln sich täglich Hunderte von Petenten vor den Toren des staatlichen Petitionsamts, um ihre Beschwerde vorzutragen. Chinesischen Zeitungsberichten zufolge werden pro Jahr landesweit ca. 10 Mio. Eingaben eingereicht. Petenten aus den verschiedenen Provinzen werden häufig von Schlägertrupps im Auftrag der Provinzregierungen aufgespürt und in ihre Heimatregionen zurückgebracht. Zwischen Februar und April 2014 wurden verschiedene Reformen des Petitionssystems verabschiedet, die eine schnellere Bearbeitung und Umstellung auf mehr Online-Plattformen beinhaltet. Das4. Plenum des Zentralkomitees der KP hat im Oktober 2014 weitere Schritte zur Regelung des Petitionswesens getroffen, deren Umsetzung aber noch aussteht. Diese Reformen werden von Beobachtern dafür kritisiert, dass sie die Effektivität der Bearbeitung der Petitionen kaum steigern, sondern vor allem dazu dienen, Petitionäre von den Straßen Pekings fernzuhalten (AA 15.12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5, Zugriff 2.8.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - China, http://www.ecoi.net/local_link/336465/479116_de.html, Zugriff am 18.8.2017

-

FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/china, Zugriff 17.8.2017

-

FH - Freedom House (1.2015a): Freedom in the World 2015 - China, http://www.ecoi.net/local_link/295269/430276_de.html, Zugriff 20.8.2015

-

ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht Volksrepublik China

-

ÖB Peking (11.2014): Asylländerbericht Volksrepublik China

Sicherheitsbehörden

Sicherheitsbehörden sind das Ministerium für Staatssicherheit, das Ministerium für Öffentliche Sicherheit, und die Bewaffnete Volkspolizei (BVP) der Volksbefreiungsarmee. Das Ministerium für Staatssicherheit soll vor Staatsfeinden, Spionen und konterrevolutionären Aktivitäten zur Sabotage oder dem Sturz des chinesischen sozialistischen Systems schützen. In die Zuständigkeit dieses Ministeriums fallen auch der Inlands- und Auslandsgeheimdienst. Die BVP ist in 45 Divisionen unterteilt, bestehend aus Innensicherheitspolizei, Grenzüberwachung, Regierungs- und Botschaftsbewachung, sowie Funk- und Kommunikationsspezialisten. Ein wesentlicher Anteil der in den letzten Jahren vorgenommenen Truppenreduktionen in der Volksbefreiungsarmee war in Wahrheit eine Umschichtung von den Linientruppen zur BVP. Darüber hinaus beschäftigen zahlreiche lokale Kader u.a. entlassene Militärangehörige in paramilitärischen Schlägertrupps. Diese Banden gehen häufig bei Zwangsaussiedlung im Zuge von Immobilienspekulation durchaus auch im Zusammenspiel mit der BVP gegen Zivilisten vor. Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit beaufsichtigt alle innerstaatlichen Aktivitäten der zivilen Sicherheitsbehörden (außer derjenigen, die in die Zuständigkeit des Staatssicherheitsministeriums fallen), sowie die BVP. Konkret umfassen seine Aufgaben innere Sicherheit, Wirtschaft und Kommunikationssicherheit, neben der Zuständigkeit für Polizeieinsätze und Gefängnisverwaltung. Die Organisationseinheit auf niedrigster Ebene sind die lokalen Polizeikommissariate, die für den alltäglichen Umgang mit der Bevölkerung verantwortlich sind und die Aufgaben von Polizeistationen erfüllen. Darüber hinaus besteht ein enges Netz an lokalen Partei-Büros welche mittels freiwilliger "Blockwarte" die Bewegungen der Bewohner einzelner Viertel überwachen und mit der Polizei zusammenarbeiten (ÖB 11.2016).

Die Behörde für Staatssicherheit kann seit Mitte April 2017 Beträge zwischen 10.000 und 500.000 Yuan (etwa 68.000 Euro) für nützliche Hinweise an Informanten auszahlen, welche durch ihre Mitarbeit bei der Enttarnung von ausländischen Spionen helfen. Informationen können über eine speziell eingerichtete Hotline, Briefe oder bei einem persönlichen Besuch bei der Behörde gegeben werden. So sich die Hinweise als zweckdienlichen herausstellen, soll der Informant das Geld erhalten (FAZ 11.4.2017).

Zivile Behörden behalten die Kontrolle über Militär- und Sicherheitskräfte bei (USDOS 3.3.2017). Die Zentrale Militärkommission (ZMK) der Partei leitet die Streitkräfte des Landes (AA 15.12.2016). Nach dem Gesetz zur Landesverteidigung von 1997 sind die Streitkräfte nicht dem Staatsrat, sondern der Partei unterstellt (AA 4.2017a).

Für die innere Sicherheit sind zuständig sind (1) Polizei und Staatsanwaltschaften, die Rechtsverstöße des Normalbürgers verfolgen; (2) Disziplinar-Kontrollkommission der KPCh, die gegen Verstöße von KP-Mitgliedern einschreitet; (3) Einheiten des Ministeriums für Verwaltungskontrolle, die für Pflichtverletzungen im Amt zuständig sind; (4) Staatsschutz (Guobao) für die Beobachtung und Verfolgung politischer bzw. als potentiell staatsgefährdend wahrgenommener Aktivitäten von Bürgern und Ausländern (AA 15.12.2016).

Für den Bereich der Gefahrenabwehr ist primär das dem Staatsrat unterstehende Ministerium für Öffentliche Sicherheit mit seinen Polizeikräften verantwortlich, das daneben auch noch für Strafverfolgung zuständig ist und in Teilbereichen mit nachrichtendienstlichen Mitteln arbeitet. Aufgaben der Polizei sind sowohl die Gefahrenabwehr als auch die Strafverfolgung, bei der ihr u. a. die Anordnung von Administrativhaft als Zwangsmaßnahme zur Verfügung steht. Im Bereich der Strafverfolgung ist sie für die Durchführung von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren originär zuständig. Bei Delikten, die von Polizisten aufgrund ihrer Amtsstellung begangen werden, ermittelt die Staatsanwaltschaft selbst, während sie sonst primär die Tätigkeit der polizeilichen Ermittlungsorgane beaufsichtigt und auf Grundlage deren Empfehlung über die Erhebung der Anklage entscheidet (AA 15.12.2016).

Das Ministerium für Staatssicherheit (MSS) ist u.a. zuständig für die Auslandsaufklärung sowie für die Überwachung von Auslandschinesen und von Organisationen oder Gruppierungen, welche die Sicherheit der VR China beeinträchtigen könnten. Es überwacht die Opposition im eigenen Land, betreibt aber auch Spionageabwehr und beobachtet hierbei vielfach auch die Kontakte zwischen ausländischen Journalisten und chinesischen Bürgern. Darüber hinaus verfügen auch die Streitkräfte über einen eigenen, sorgfältig durchstrukturierten Nachrichtendienst, die 2. Hauptverwaltung im Generalstab. Zudem sind viele Arbeitseinheiten parallel mit der Beschaffung von Informationen bzw. mit Überwachungsaufgaben von in- und ausländischen Bürgern befasst. Vor allem das Internationale Verbindungsbüro unter der politischen 1. Hauptverwaltung des Generalstabs ist zuständig für Informationen aus dem Ausland, für die Entsendung von Agenten in Auslandseinsätze, meist unter diplomatischer "Tarnung", und für die Überwachung des eigenen diplomatischen Personals. Zahlreiche "Think tanks" sind für die Beschaffung von Auslandsinformationen zuständig (AA 15.12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html%20-%20doc334570bodyText5, Zugriff 9.8.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

-

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (11.4.2017): Peking belohnt Bürger für Enttarnung ausländischer Spione, http://www.faz.net/aktuell/politik/china-bezahlt-buerger-fuer-enttarnung-auslaendischer-spione-14967307.html, Zugriff 14.9.2017

-

ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht Volksrepublik China

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 17.8.2017

Folter und unmenschliche Behandlung

China ratifizierte bereits 1988 die UN-Konvention gegen Folter. Nach Art. 247 und 248 StGB wird Folter zur Erzwingung eines Geständnisses oder zu anderen Zwecken in schweren Fällen mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen mit bis zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe oder Todesstrafe geahndet (AA 15.12.2016). In den letzten Jahren wurden außerdem einige Verordnungen erlassen, die formell für Tatverdächtige im Ermittlungsverfahren einen besseren Schutz vor Folter bieten sollen. Ein großes Problem bleibt jedoch die mangelnde Umsetzung dieser Rechtsinstrumente, die Sicherheitsbehörden genießen weiterhin auch aufgrund des Mangels an Kontrolle und Transparenz einen großen Handlungsspielraum. Sicherheitskräfte setzen sich routinemäßig über rechtliche Schutzbestimmungen hinweg. Für die Polizei stellt Straflosigkeit im Falle von Brutalität und von verdächtigen Todesfälle in Gewahrsam die Norm dar (ÖB 11.2016; vgl. FH 1.2017a).

Das Problem der Folter ist nach einem im Dezember 2015 veröffentlichten Bericht eines UN-Komitees gegen Folter "systembedingt": Zwar wurden einige Verbesserungen - wie die breitere Nutzung von Überwachungs-Kameras während der Befragung - anerkannt, doch zeigt der Bericht auch auf, inwieweit Folter in das chinesische Strafrechtsystem eingebettet ist (USDOS 3.3.2017). Die chinesische Führung erklärte am 4. Parteiplenum 2014 zum Ziel, die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern und Folter, Misshandlungen und Missstände in der Justiz zu verhindern. Gleichzeitig wird radikal gegen unabhängige Rechtsanwälte, Menschenrechtsverteidiger, und Medien vorgegangen, sodass das Ziel einer Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit in Frage gestellt wird. Neben politischen Absichtserklärungen und einigen wenigen "Vorzeigefällen", in denen Fehlurteile - etwa nach vollzogener Todesstrafe posthum - revidiert wurden, ist jedoch nicht bekannt, dass strukturelle Maßnahmen getroffen werden, um das Risiko von Folter und Misshandlungen zu vermindern (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

Das revidierte Strafverfahrensrecht schließt die Verwendung unter Folter oder anderweitig mit illegalen Mitteln zustande gekommener Geständnisse und Zeugenaussagen (neuer Art. 53) und illegal erlangter Beweismittel (Art. 54) im Strafprozess ausdrücklich aus. Trotzdem soll Folter in der Untersuchungshaft häufiger vorkommen als in regulären Gefängnissen (AA 15.12.2016). Die Anwendung von Folter zur Erzwingung von Geständnissen ist nach wie vor weit verbreitet und wird eingesetzt, um Geständnisse zu erhalten oder politische und religiöse Dissidenten zu zwingen, ihre Überzeugungen zu widerrufen (FH 1.2017a). Soweit die chinesische Regierung und die staatlich gelenkte Presse Folterfälle einräumen, stellen sie diese als vereinzelte Übergriffe "unterer Amtsträger" dar, gegen die man energisch vorgehe (AA 15.12.2016).

In einem seltenen Fall bestätigte ein Berufungsgericht in Harbin, Provinz Heilongjiang, im August 2014 die Schuldsprüche gegen vier Personen wegen Folter. Sie waren zusammen mit drei anderen Personen von einem Gericht der ersten Instanz für schuldig befunden worden, im März 2013 mehrere Straftatverdächtige gefoltert zu haben. Die Täter erhielten Haftstrafen von einem bis zu zweieinhalb Jahren. Nur drei der sieben Personen waren Polizeibeamte; bei den übrigen handelte es sich um "Sonderinformanten" - gewöhnliche Bürger, die der Polizei bei der Aufklärung von Straftaten "behilflich" sein sollen. Eines der Opfer starb in der Haft an den Folgen der Folter (AI 25.2.2015). Im Dezember 2016 entschied ein Gericht, keine Anklage gegen fünf Polizisten zu erheben, welche im Mai 2016 am Tod eines in Gewahrsam befindlichen Verhafteten involviert waren (FH 1.2017a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - China, http://www.ecoi.net/local_link/336465/479116_de.html, Zugriff am 24.8.2017

-

AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty International Report 2014/15 - The State of the World's Human Rights - China, http://www.ecoi.net/local_link/297304/434266_de.html, Zugriff 20.8.2015

-

FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/china, Zugriff 17.8.2017

-

ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht Volksrepublik China

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 24.8.2017

Korruption

Korruption ist auf allen Ebenen weit verbreitet. Die Beamtenschaft der öffentlichen Sicherheit und der städtischen Verwaltung sind an Erpressungen, außergerichtlichen Inhaftierungen, und Übergriffen beteiligt. In vielen Fällen auch in stark von der Regierung regulierten Bereichen wie Landnutzung, Immobilien, Bergbau und Entwicklung der Infrastruktur - die anfällig für Betrug, Bestechung und Schmiergeld sind. Trotz der Bemühungen der Regierung die Korruption zu bekämpfen, bleibt diese bestehen. Die Strafverfolgung ist sehr selektiv und undurchsichtig, sodass persönliche Netzwerke und interne Machtkämpfe innerhalb der Kommunistischen Partei (KP) die Ausgänge der Verfahren beeinflussen (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 12.1.2017).

Seit der Übernahme der Führung der KP im Jahre 2012, verfolgte Xi Jinping eine der umfangreichsten Kampagnen zur Korruptionsbekämpfung. Gegen Parteifunktionäre und Beamte der Partei einschließlich des Sicherheits-Apparates, des Militärs, des Außenministeriums, staatlicher Unternehmen und staatlicher Medien wurden bis Ende 2016 Untersuchungen eingeleitet und Strafen verhängt (FH 1.2017a). Während des gesamten Jahres 2014 setzte der Präsident die mit großem Aufwand betriebene Kampagne zur Korruptionsbekämpfung fort, die sowohl niedere als auch ranghohe Staatsbedienstete ins Visier nahm (AI 22.2.2017).

Im Jahr 2013 langten bei der Zentralen Kommission für Disziplinaruntersuchungen 1,95 Millionen Korruptionsvorwürfe ein,

172.532 Fälle wurden untersucht und 182.038 Disziplinarverfahren verhängt (USDOS 25.6.2015). Diese Zahlen sind im Jahr 2015 auf 2,8 Millionen eingebrachte Korruptionsvorwürfe, 330.000 untersuchte Fälle und 336.000 Disziplinierungsmaßnahmen gestiegen (USDOS 3.3.2017).

Die Regierung ist bestrebt, durch den Abschluss von Rechtshilfe- und Auslieferungsabkommen in Strafsachen die Verfolgung von Tatverdächtigen im Ausland zu erleichtern. Dabei geht es der chinesischen Regierung vor allem darum, ihre Korruptionsbekämpfung im Rahmen der Aktionen "Fuchsjagd" und "Himmelsnetz" auf das Ausland auszuweiten (AA 15.12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - China, http://www.ecoi.net/local_link/336465/479116_de.html, Zugriff am 24.8.2017

-

FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/china, Zugriff 28.8.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/334766/476520_de.html, Zugriff 24.8.2017

-

USDOS

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten