Entscheidungsdatum
18.04.2019Norm
BBG §40Spruch
W115 2179980-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom XXXX , OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines bis XXXX befristeten Behindertenpasses liegen aufgrund des festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von fünfzig (50) von Hundert (vH) vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom XXXX hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) den Antrag des Beschwerdeführers vom
XXXX auf Ausstellung eines Behindertenpasses aufgrund des in Höhe von 40 vH festgestellten Grades der Behinderung abgewiesen.
1.1. Dieser Entscheidung wurde das Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, zugrunde gelegt, worin, basierend auf der am XXXX durchgeführten persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, ein Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH festgestellt wurde.
2. Am XXXX hat der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
2.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am XXXX mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 40 vH bewertet wurde.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH festgestellt.
Begründend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH ergeben habe. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, welche einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Da somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien, sei der Antrag abzuweisen gewesen.
In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG.
Als Beilage zum Bescheid wurde von der belangten Behörde das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX übermittelt.
4. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.
Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde vom Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass im aktuellen Gutachten der gleiche Grad der Behinderung ausgewiesen werde wie im Gutachten vom XXXX , obwohl er durch die Hüftoperation sehr eingeschränkt sei. Aus diesem Grund könne er auch keine öffentlichen Verkehrsmittel benützen. Es sei zudem nicht berücksichtigt worden, dass auch die rechte Hüfte in Mitleidenschaft gezogen worden sei und aus diesem Grund eine baldige Operation erforderlich sei. Er leide bei jeder Bewegung an unerträglichen Schmerzen und verliere außerdem Harn in großen Mengen. Es sei daher sehr bedenklich, dass sein Allgemeinzustand als gut bezeichnet worden sei. Auch habe er aus Scham verschwiegen, dass er unter Depressionen leide. Er nehme deswegen Medikamente, um den Alltag bewältigen zu können.
5. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.
5.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschwerdeführer mit Schreiben vom XXXX darauf hingewiesen, dass im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 46 BBG neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen.
5.2. Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom XXXX , eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX , weitere medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht.
5.3. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH bewertet wurde.
Weiters wurde von der Sachverständigen ausgeführt, dass eine Nachuntersuchung für XXXX aufgrund einer zu erwartenden Besserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers erforderlich ist.
5.4. Mit Schreiben vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG unter neuerlichem Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu zu äußern.
5.5. Weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde habe Einwendungen vorgebracht. Der Beschwerdeführer hat am XXXX dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass er mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme einverstanden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.
1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 vH. Es ist eine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten.
1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen.
Thorax: symmetrisch, elastisch. Atemexkursion seitengleich, sonorer
Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch. Blutdruck: 105/60.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.
Integument: Oberschenkel rechts lateral Mitte: Pigmentläsion, dunkel livid, Durchmesser 1 cm.
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten: Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive
Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten: Die Beinachse ist im Lot, annähernd symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, beidseits Varizen, keine trophischen Störungen. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Hüftgelenk links: Narbe nach Hüfttotalendoprothese. Bewegungsschmerzen in allen Ebenen, kein Stauchungsschmerz.
Hüftgelenk rechts: Bewegungsschmerzen in allen Ebenen. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive
Beweglichkeit: Hüften S links 0/85, rechts 0/90, IR/AR beidseits 10/0/20, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist rechts bis 60° bei KG 5, links bis 40° möglich.
Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, geringgradig verstärkte Kyphose der BWS, Streckhaltung der LWS, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, kein wesentlicher Hartspann, geringgradig Klopfschmerz über der unteren LWS, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei. Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich. BWS/LWS: FBA: Kniegelenke werden erreicht unter Angabe von Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, in allen Ebenen zur Hälfte eingeschränkt beweglich. Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität - Gangbild: Gangbild ohne Schuhe und ohne Gehhilfe etwas verlangsamt, unsicher, kleinschrittig, leicht vorgeneigt, etwas breitspurig sowie geringgradig links hinkend. Das Aus- und Ankleiden wird selbstständig im Stehen durchgeführt.
Neurologischer Status: Im Kopf- und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Keine Halbseitenzeichen. Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe im Bereich der oberen Extremitäten. An den unteren Extremitäten sehr schwach ausgeprägter Patellarsehnenreflex und fehlender Achillessehnenreflex. Tonus und Kraft weitgehend seitengleich, nur links Schmerzangabe bei Heben des Oberschenkels. Sensibilität beidseits in Form von Dys- und Parästhesien bis zum Knie gestört. Romberg, Unterberger, Zehen- und Fersenstand unsicher und wackelig. Bücken nicht ausreichend sicher möglich. Steigen auf einen 20 cm hohen Schemel sehr mühsam und nur mit Unterstützung möglich.
Psychischer Status: bewusstseinsklar und allseits orientiert, keine Denkstörungen, keine psychotische Symptomatik. Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit regelrecht. Gedankenductus regelrecht. Befindlichkeit schlecht, depressiv, antriebsvermindert, pessimistisch und fokussiert auf die Gesundheitsschädigungen. Keine Suizidalität.
1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Zustand nach bösartiger Neubildung der Prostata XXXX Oberer Rahmensatz, da eine Belastungsharninkontinenz vorliegt (operative Sanierung vorgesehen).
13.01.02
40 vH
02
Hüfttotalendoprothese links, Hüftgelenksarthrose rechts Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da mäßig eingeschränkte Beweglichkeit beidseits.
02.05.08
30 vH
03
Depression Zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da unter Medikation weitgehend stabil, aber beginnende soziale Rückzugstendenzen.
03.06.01
30 vH
04
Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Diät und orale medikamentöse Therapie für ausgeglichene Stoffwechsellage erforderlich.
09.02.01
20 vH
05
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Lumboischialgie Oberer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden bei mäßig eingeschränkter Beweglichkeit ohne neurologisches Defizit.
02.01.01
20 vH
06
Hepatitis C Unterer Rahmensatz, da kein Nachweis entzündlicher Aktivität.
07.05.01
10 vH
Gesamtgrad der Behinderung
50 vH
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 vH, da das führende Leiden 1 durch Leiden 3 um eine Stufe erhöht wird, da eine wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussung besteht. Die weiteren Leiden erhöhen nicht weiter, da keine wesentliche funktionelle Relevanz besteht.
Eine Nachuntersuchung ist aufgrund einer möglichen Besserung des Gesundheitszustandes für XXXX erforderlich.
1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am XXXX bei der belangten Behörde eingelangt.
1.4. Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am XXXX im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
1.5. Die nachgereichten medizinischen Beweismittel sind nach dem XXXX vorgelegt worden.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung des Beschwerdeführers gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX und auf das im Beschwerdeverfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf den persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers am XXXX und XXXX , sowie auf die vom Beschwerdeführer bis XXXX vorgelegten medizinischen Beweismittel.
Die Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX sind schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der bis XXXX vorgelegten medizinischen Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die bis XXXX vorgelegten medizinischen Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die befassten Sachverständigen haben sich im Rahmen der Gutachtenerstellung eingehend damit auseinandergesetzt. Diese Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.
Zur Erörterung der Rechtsfrage, dass die nach dem XXXX vorgelegten medizinischen Beweismittel unberücksichtigt bleiben, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II.3.1.
Die beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden in den eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und im Einklang mit den bis XXXX vorgelegten Befunden und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen klinischen Befund unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt.
Die Beurteilung des Hüftleidens erfolgte durch Dr. XXXX im Einklang mit den Vorgaben der Anlage zur Einschätzungsverordnung unter der Positionsnummer 02.05.08 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH, da im Rahmen der persönlichen Untersuchung nur eine mäßig eingeschränkte Beweglichkeit beidseits objektiviert werden konnte. Dieser Einschätzung ist auch in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachten nicht entgegengetreten worden, sondern wurde die Beurteilung des Hüftleidens - unter Berücksichtigung des im Rahmen der persönlichen Untersuchung am XXXX erhobenen Untersuchungsbefund - durch Dr. XXXX unverändert übernommen. Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgebrachten Schmerzzustände ist festzuhalten, dass aus vorliegenden Funktionseinschränkungen resultierende Schmerzzustände aus gutachterlicher Sicht immer in der Diagnoseerstellung inkludiert sind und somit im Rahmen der Beurteilung des Grades der Behinderung mitberücksichtigt worden sind. Bezüglich des Beschwerdevorbringens, dass auch hinsichtlich der rechten Hüfte eine baldige Operation angezeigt ist, ist auszuführen, dass zukünftige Entwicklungen bei der Beurteilung der relevanten, objektivierbaren Gesundheitsschädigungen und Funktionsbehinderungen nicht berücksichtigt werden können. Bevorstehende Operationen sind durch den, diese indizierenden, zum Beurteilungszeitpunkt vorliegenden, Gesundheitszustand berücksichtigt. Im Übrigen ist dazu anzumerken, dass ein derartiger Eingriff im Regelfall der Verbesserung des Gesundheitszustandes dient. Sollte es im Rahmen der Operation zu Komplikationen kommen, welche eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes nach sich ziehen, steht es dem Beschwerdeführer frei, einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass zu stellen.
Auch die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde angeführte Inkontinenz wurde bei der Beurteilung des Grades der Behinderung berücksichtigt. So wird von Dr. XXXX schlüssig und nachvollziehbar hinsichtlich des führenden Leidens 1 (Zustand nach bösartiger Neubildung der Prostata XXXX ) ausgeführt, dass der obere Rahmensatz dieser Positionsnummer heranzuziehen ist, da eine Belastungsharninkontinenz vorliegt. Dies steht im Einklang mit der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Positionsnummer 13.01.02 für entfernte Malignome mit abgeschlossener adjuvanter Behandlung nach Abschluss der Heilungsbewährung mit einem Grad der Behinderung von 30 bis 40 vH vorsieht, wenn maßgebliche Funktionseinschränkungen als Dauerzustand festgestellt werden. Durch die Heranziehung des oberen Rahmensatzes dieser Positionsnummer mit einem Grad der Behinderung von 40 vH wurde der beim Beschwerdeführer vorliegenden Belastungsharninkontinenz ausreichend hoch Rechnung getragen.
Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Depression wurde nunmehr im Gutachten Dris. XXXX im Einklang mit dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Untersuchungsbefund sowie der Art und Schwere der Erkrankung entsprechend unter die Positionsnummer 03.06.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 30 vH eingeschätzt. Die Sachverständige begründet die erfolgte Beurteilung fachärztlich überzeugend damit, dass der Beschwerdeführer zwar unter Medikation stabil ist, aber bereits beginnende soziale Rückzugstendenzen bestehen. In diesem Zusammenhang ist ergänzend anzumerken, dass die Neuaufnahme dieses Leidens durch Dr. XXXX gegenüber der Beurteilung von Dr. XXXX keinen Widerspruch darstellt, sondern aufgrund des Beschwerdevorbringens und der daraufhin durchgeführten psychiatrisch-neurologisch fachärztlichen Untersuchung erfolgt ist.
Zusammenfassend wird von Dr. XXXX schlüssig und anschaulich dargestellt, dass im Vergleich zu jener sachverständigen Beurteilung, welche dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden ist, nunmehr der Gesamtgrad der Behinderung 50 vH beträgt, da es zu der Neuaufnahme von Leiden 3 (Depression) mit einem Grad der Behinderung von 30 vH gekommen ist und dadurch das führende Leiden 1 wegen dem Vorliegen einer wechselseitigen ungünstigen Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht wird. Diesbezüglich wird von der Sachverständigen fachärztlich überzeugend ausgeführt, dass vom Beschwerdeführer die Harninkontinenz als so lebenseinschränkend und den Alltag so belastend erlebt wird, dass dadurch die Depression getriggert wird und somit eine Verbesserung der Depression hintangehalten wird. Aufgrund dessen war eine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung auf 50 vH gerechtfertigt. Zum Erfordernis einer Nachuntersuchung im XXXX aufgrund einer möglichen Besserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers wird von Dr. XXXX nachvollziehbar ausgeführt, dass hinsichtlich der aus Leiden 1 resultierenden Belastungsharninkontinenz eine operative Sanierung vorgesehen ist und bei einer erfolgreich durchgeführten Operation eine Besserung bzw. sogar Beseitigung der vorliegenden Harninkontinenz zu erwarten ist. Da ein derartiger Eingriff im Regelfall der Verbesserung des Gesundheitszustandes dient, ist das Erfordernis einer Nachuntersuchung schon aus diesem Grund angezeigt. Weiters ist nach den Ausführungen der Sachverständigen durch eine zu erwartende Besserung des Leidenszustandes hinsichtlich Leiden 1 auch eine Besserung von Leiden 3 zu erwarten. Diese Ausführungen der Sachverständigen vermögen zu überzeugen, da zwischen Leiden 1 und Leiden 3 eine wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussung besteht. Diese Beurteilung hinsichtlich einer zu erwartenden Verbesserung des Gesundheitszustandes ist vom Beschwerdeführer im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gewährten Parteiengehörs auch nicht bestritten worden. Vielmehr hat der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX mitgeteilt, mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme einverstanden zu sein.
Die Beurteilung von Leiden 4 bis 6 wurde vom Beschwerdeführer schon im Rahmen der Beschwerde nicht beeinsprucht.
Die dokumentierten Gesundheitsschädigungen sind in Zusammenschau mit dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen Status somit vollumfänglich - soweit ein einschätzungsrelevantes Leiden vorliegt - berücksichtigt worden.
Ebenso wurde die Krankengeschichte des Beschwerdeführers umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Die Angaben des Beschwerdeführers waren sohin geeignet, das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten zu entkräften und eine geänderte Beurteilung herbeizuführen.
Die Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Vielmehr haben die Verfahrensparteien das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen bzw. wurde vom Beschwerdeführer - wie bereits vorhin ausgeführt - ausdrücklich erklärt, mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme einverstanden zu sein.
Die Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
Zu 1.3.) Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum XXXX auf.
Zu 1.4.) Das Schreiben, mit welchem die Beschwerdevorlage durch die belangte Behörde erfolgt ist, weist am Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes das Datum XXXX auf.
Zu 1.5.) Das Schreiben, mit welchem der Beschwerdeführer weitere medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht hat, weist am Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes das Datum XXXX auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 54 Abs. 12 BBG treten § 1 sowie § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft.
Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am XXXX gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Da ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH festgestellt wurde, liegen die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses vor. Da eine Besserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers und somit eine Änderung in den Voraussetzungen iSd § 42 Abs. 2 BBG zu erwarten ist, ist der Behindertenpass befristet auszustellen.
Gemäß § 46 BBG idF des BGBl. I Nr. 57/2015 dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.
Mit der Novelle BGBl. I Nr. 57/2015 wurde für Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Neuerungsbeschränkung geschaffen. In den Erläuterungen zu dieser Novelle (GP XXV RV 527, Seite 4) wurde dazu ausgeführt, dass sich in der Praxis gezeigt hat, dass neu vorgelegte medizinische Befunde und die oftmals erforderliche Beiziehung von neuen Sachverständigen häufig einen zeitnahen Abschluss der Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wesentlich erschweren. Es soll daher die für Beschwerdevorentscheidungen vorgesehene zweimonatige Entscheidungsfrist auf zwölf Wochen verlängert werden. Hierdurch bleibt es einerseits Menschen mit Behinderung unbenommen, im Verfahren vor dem Sozialministeriumservice bzw. in einer allfälligen Beschwerde gegen einen Bescheid alle Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Außerdem wird es dem Sozialministeriumservice ermöglicht in erster Instanz eine fundierte Entscheidung zu treffen, sodass die Menschen mit Behinderung durch eine gesamt zu erwartende kürzere Verfahrensdauer schneller zu ihrem Recht kommen. Im Gegenzug soll eine auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht begrenzte Neuerungsbeschränkung geschaffen werden.
Da die gegenständliche Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am XXXX vorgelegt worden ist, waren die vom Beschwerdeführer nach diesem Zeitpunkt vorgelegten Beweismittel nicht zu berücksichtigen.
Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens in Zusammenhang mit der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist festzuhalten, dass die entsprechende Zusatzeintragung nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides - welcher lediglich über den Grad der Behinderung abspricht - gewesen ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ist "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 erster Satz AVG für die Berufungsbehörde die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat und nicht das, was der Berufungswerber zum Inhalt der Berufungsschrift gemacht hat (VwGH vom 11.11.1991, 90/19/0505).
Diese Judikatur ist auf die Begrenzung des Beschwerdegegenstandes der Verwaltungsgerichte übertragbar. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049).
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Ein im Beschwerdeverfahren vorgebrachtes Begehren, welches den Gegenstand des angefochtenen Verfahrens überschreitet, kann den zulässigen Beschwerdegegenstand nicht darüber hinaus erweitern.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen, der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung sowie ob eine Änderung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher im erstinstanzlichen und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers basierende fachärztliche Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Es wurden auch keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen.
Das Beschwerdevorbringen war geeignet, relevante Bedenken an den Feststellungen der belangten Behörde hervorzurufen. Die vorgebrachten Argumente wurden im vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt und resultiert daraus die geänderte Beurteilung. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter (VfGH 09.06.2017, E 1162/2017-5).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W115.2179980.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.06.2019